Schenkte das Opus Dei Bischof Woelki den Doktortitel?

 

13. April 2012

 

Wir haben auf dieser Seite bereits über die Beziehungen von Bischof Woelki zum Opus Dei geschrieben (Das Netzwerk Deutschland V: Rainer Maria Woelki). Bisher war dokumentiert und beschrieben, wie das Opus die Kirche ausspioniert, um mit Dossiers Hausmachtpolitik anzuspinnen (Bericht des Opus Dei über eine Diözese (Okt. 1980)); klar war auch, dass sich die Sekte mit Hilfe ihrer Fakultäten und Beziehungen („pimp my authority“) gefakte Dissertationen für ihre Gurus organisiert hat. Bei Escrivá selbst ist das durch die exzellente, auf Italienisch verfügbare Arbeit von Giancarlo Rocca dokumentiert, über Portillo und Echevarría gibt es aussagekräftige Zeugnisse. Neu ist, dass man damit auch Außenstehende ködert und sich verbindlich macht.

 

Die Spurensuche führt von Köln über rheinische Gemeinden nach Rom. "Der neue Erzbischof von Berlin beginnt sein Amt mit einer Lüge", sagt David Berger, ein Kölner Theologe und Enfant terrible der konservativen Katholiken, seit er sich im vergangenen Jahr als schwul geoutet und ein kenntnisreiches Buch über rechtskatholische Kreise geschrieben hat.

Berger war 2008 bei einem Festakt in der Kölner Opus-Dei-Gemeinde St. Pantaleon dabei, als Woelki in einer Predigt dem Gründer des "Werkes Gottes" Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás huldigte. "Beim Opus Dei wird als Redner nur eingeladen, wer entweder Mitglied oder dem Werk verbunden ist", sagt Berger. Auch reiche man seine Dissertation "nicht einfach so" bei der Opus-Dei-Universität Santa Croce in Rom ein, so Berger: "Dort bekommt man keinen Fuß auf den Boden, wenn man nicht sehr d'accord ist", sagt er.

(Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79408587.html; der Artikel datiert vom 11. 7. 2011)

 

Die Reporter des „Spiegel“ waren vor Ort und gaben sich die Arbeit angesehen:

 

Es dauert nur elf Minuten, bis der Universitätsbibliothekar aus dem Kellerarchiv ein schmales Büchlein mit gelb marmoriertem Einband geholt hat und es auf den Tisch mit dem Leselämpchen legt. Titel: "Die Pfarrei. Ein Beitrag zu ihrer ekklesiologischen Ortsbestimmung".

In der in Deutschland nicht auffindbaren Dissertation setzt sich Woelki mit Geschichte und Lage der katholischen Ortsgemeinde auseinander. Nur ein geweihter Priester kann, unter der Autorität eines Bischofs, eine Pfarrei leiten, schreibt er. Laien als Träger der Gemeinde, als Volk Gottes, kommen in Woelkis theologischem Weltbild nicht vor. Erst recht keine Frauen.


Eine genauere Analyse liefert der http://religionsphilosophischer-salon.venetus.de/1862_mit-erzbischof-woelki-ins-getto_religionskritik am 9. 9. 2011:

Die theologische Doktorarbeit Rainer M. Woelkis hat zwei Professoren der Opus Dei Universität Santa Croce in Rom als “Betreuer”: Prof. Antonio Miralles, ein spanischer Opus Dei Priester, und Prof. Klaus Limburg, ein deutscher Opus Dei Priester; Miralles wird vom Fach her, auf diversen Websites, manchmal als systematischer Theologe vorgestellt, manchmal als Liturgiespezialist. Der Zweitgutachter Prof. Klaus Limburg ist Spezialist für Altes Testament. Die Doktorarbeit Woelkis über die “Pfarrei” gehört zweifelsfrei in den Bereich praktischer Theologie oder der systematischen Theologie. Was hat da ein Alttestamentler als Zweitgutachter zu suchen? Einige wenige Seiten in der Doktorarbeit Woelkis sollen die Gemeinden im “alten Israel” behandeln, ein ausreichender Grund, einen Alttestamentler hinzuziehen? Sicher nicht. Woelki brauchte den Deutschen Prof. Klaus Limburg, weil sein Erstgutachter, der Spanier Prof. Antonio Miralles, gar nicht oder ganz wenig Deutsch spricht. So wurde eine Doktorarbeit auf Deutsch bei einem nicht oder kaum deutsch sprechenden Professor eingereicht und angenommen. Ein bißchen ungewöhnlich, meine Beobachter. Dass Miralles wenig oder kein Deutsch spricht, bezeugen Aussagen des emeritierten Theologen Prof. Anton Ziegenaus aus Augsburg, der selbst in den neunziger Jahren an der Opus Dei Universität Santa Croce lehrte und dem Opus Dei nahesteht; in einem Telefongespräch am 25.7. 2011 wurde von Ziegenaus bestätigt, dass Prof. Miralles nicht oder ganz wenig deutsch spricht. Prof. Klaus Limburg, jetzt Aachen, bestätigt in einem Telefongespräch am 9.9.2011 ebenso, dass Miralles nicht oder wenig Deutsch spricht. Wer die Publikationen des Erstgutachters Prof. Miralles durchschaut, findet in den Literaturlisten, etwa zur “penitenzia”, Buße, keine deutschen Literaturhinweise, obwohl gerade die Bußgeschichte in der deutschsprachigen Theologie gründlichst erforscht wurde und sozusagen erwähnt werden muss, will man auf der Höhe der Forschung sein. Das heißt abermals: Prof. Miralles kann offenbar auch nur sehr begrenzt Deutsch lesen. Summa summarum: Die Doktorarbeit Woelkis über die Pfarrei wurde letztlich von einem Alttestamentler, also einem Fachfremden Theologen, “betreut”. Es kam, so die Vermutung unserer Korrespondenten, offenbar nur darauf an, möglichst schnell und einfach einen Doktortitel zu haben.

Die folgenden Informationen gehen auf Anfang Juli 2011 zurück, wurden zu dem Zeitpunkt auch publiziert, sind immer noch bedenkenswert:
Am Dienstag, 5.7.2011, fand eine Art Fragestunde statt, zu der Bischof Rainer Maria Woelki, der neu ernannte Erzbischof von Berlin, eingeladen hatte. Nicht nur die eigentlich Betroffenen, zahlreiche Journalisten, waren dabei, sondern auch etliche Priester und Mitglieder der Gemeinden. So wurde kreuz und quer gefragt, nach der Bindung an Köln und der Einschätzung des Gesellenvaters Adolph Kolping…
IInformation am 7.7.2011: Der religionsphilosophische Salon erfährt, dass eine Zusammenfassung der Doktorarbeit Rainer M. Woelkis in der Kölner Dombibliothek plötzlich wieder aufgetaucht ist, sie ist dort lesbar, aber nicht zu entleihen. Es ist aber nicht die Doktorarbeit selbst, sondern eine art Kurzfassung.

Am 6. 7. wurde mitgeteilt:
- Uns irritiert zunächst: DER TAGESSPIEGEL meldet am 6. 7. die beiden Exemplare der Doktorarbeit Woelkis seien verschwunden, das Exemplar aus der römischen Uni und das Exemplar aus der Dom Bibliothek in Köln. Als Buch liegt die Doktorarbeit Woelkis nicht vor. Das Verschwinden der öffentlich einsehbaren Doktorarbeit ist sehr bedauerlich. Will man die Arbeiten entfernen, um etwas zu vertuschen? Woelki wurde bekanntermaßen im Jahr 2000 an der OPUS DEI Universität in Rom zum Dr. theol. promoviert. Dieses Detail wird in manchen kirchenoffiziellen biographischen Notizen bereits verschwiegen, wie : http://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/weihbischoefe/woelki.html. Gelesen am 5. 7. 2011 um 21.00.

Es ist auch nach der Pressekonferenz völlig unklar:
- Warum hat der damals in Bonn wohnende Woelki eine theologische Promotion nicht an der katholisch – theologischen Fakultät in Bonn selbst angestrebt? Da hätte er sich die weiten Wege nach Rom sparen können, denn ein Doktorand muss sich doch wohl ab und zu mal an seiner Uni blicken lassen. Das gilt doch wohl auch für die Opus Dei Universität?

- Ist die Arbeit eines Leiters eines Priesterseminars so wenig auslastend, dass man nebenbei promovieren kann?
- Warum wollte Woelki an einer Opus Dei promovieren? Die Entscheidung für „Santa Croce“ ist doch kein Zufallsergebnis. Diese Uni rühmt sich auf Ihrer website heute, (siehe die Startseite der Opus Dei Uni: http://www.pusc.it/ gelesen am 5. 7. Um 21. 15 Uhr )
dass einer der „ihren“ Erzbischof von Berlin wurde. Woelki gehört in der Sicht der Uni einfach dazu, er ist sozusagen bis heute Teil der Opus Dei Uni. Kann man das angesichts dieser Meldung im ernst leugnen?
Man muss nicht Mitglied im Opus Dei sein, um in den Kategorien dieser Vereinigung zu denken. Es gibt ja auch die Vereinigung der „Priester vom Heiligen Kreuz“, die mit dem Opus eng verbunden ist, mit 4.000 Mitgliedern. Wer mag da wohl alles Mitglied sein?
Das Bekenntnis, nicht zum Opus Dei zu gehören, sagte gar nichts. Was sind die theologischen Opus Dei Kennzeichen: Absoluter Gehorsam gegenüber dem Papst, Treue zum Katechismus, Treue zur vorgegebenen Lehre, an der nichts “gerüttelt” werden darf; “meine Hände sind gebunden”, dieses Wort fiel oft in der Pressekonferenz; also Eigeständnis, nicht eigenständig handeln zu können usw. usw.

- Warum also ausgerechnet eine Promotion bei der Opus Dei Universität Santa Croce? Ging es dort besonders schnell? War es dort aufgrund von Beziehungen besonders einfach?

Die Antwort könnte heißen: Weil dort sein Freund und Förderer Kardinal Meisner auch ein Freund des Hauses ist. 1997 z.B. hielt Meisner an dieser Opus Dei Universität einen Vortrag. Das ist keine Frage: Dort gehen nur Leute hin, die mindestens mit dem Opus Dei sympathisieren. Die anderen, denen grundlegende Reformen der römischen Kirche vorschweben, denen die “ecclesia semper reformanda” heilig ist”, würden sich vielleicht dort eher nicht so wohl fühlen…

- Dass die Doktorarbeit Woelkis verschwunden ist, stimmt nachdenklich: Jetzt ist sie offenbar plötzlich wieder da. Trotzdem beibt die Frage: Wer ist der Doktorvater und der Zweitgutachter? Dr. theol. Woelki wird das sicher alsbald mitteilen. Nebenbei: In der Entstehungszeit der Doktorarbeit Woelkis war Dr. Georg Gänswein, heute Sekretär des Papstes, an dieser Opus Dei Universität in Rom Dozent!

 

Die Querverbindungen reichen allerdings noch weiter; http://religionsphilosophischer-salon.venetus.de/1841_ein-freund-des-opus-dei-zu-gast-in-berlin_religionskritik  berichtet ausführlich über Erzbischof Ovido Perez Morales (geb 1932), der seit 7 Jahren emeritiert ist und für das Erzbistum Maracaibo von 1992 bis 1999 verantwortlich war, danach bis 2004 (Ruhestand) war er Bischof von Los Teques bei Caracas, immer mit dem Titel Erzbischof. Er hatte zahlreiche Leitungsfunktionen in der venezolanischen Kirche inne, fiel durch eine problematische Amtsführung auf

 

Interessant ist, dass der Gast aus Venezuela bei der Bischofsweihe von Herrn Woelki mehrfach dokumentierte Verbindungen zum Opus Dei in Venezuela hatte. Zum Beispiel: Im Jahr 2007 (also schon als emeritierter Bischof und damit ohne offizielle Repräsentationsverpflichtungen eines aktiven Bischofs, sondern offenbar aus purer Sympathie) nahm er einer Feier anlässlich des 25. Gründungstages der „Personalprälatur Opus Dei“ in Caracas teil, schon 1992 war er bei Opus Dei Feier zur Seligsprechung des Opus Dei Gründers J. Escrivá in Caracas dabei. Dass Erzbischof Perez Morales seit Jahren ein heftiger Gegner von Staatspräsident Chavez ist, wundert nicht.
Beobachter meinen, Bischof Perez Morales sei sozusagen der halboffizielle Opus Dei Vertreter bei der Amtseinführung Woelkis gewesen.