Häufig gestellte Fragen — und Antworten
1.
Ich habe Opusfrei im Internet gefunden und wundere mich über die große Anzahl an Lügen,
die so schamlos über eine von der katholischen Kirche approbierte Institution verbreitet,
die noch dazu von einem kanonisierten Heiligen gegründet wurde.
Beruhige
dich und lies erst einmal diesen Abschnitt zu Ende. Vergeude weder deine noch
unsere Zeit, um uns ungehalten das zu sagen, was wir auch schon von anderen
gehört haben.
Du
solltest beispielsweise nicht generalisieren und das, was du hier liest, rundweg
als „Lügen“ bezeichnen. Wenn dir wirklich die Wahrheit am Herzen liegt, bezeichne
konkret, was die als Lüge erscheint, und bringe deine Argumente mit Respekt
vor. Dann wirst du auch eine ordentliche Antwort erhalten. Wenn du Recht hast
und hier wirklich etwas veröffentlicht ist, was nicht der Wahrheit entspricht,
wird der Autor es richtigstellen. Wenn deine Hauptsorge allerdings nicht die
Wahrheit ist, sondern das Prestige, das das Opus Dei in der Öffentlichkeit
hat, solltest du deine (und unsere) Zeit nicht mit Opusfrei vergeuden. Es gibt andere Stellen im Internet,
wo man sich bemüht, ein ansprechendes Bild des Opus Dei zu zeichnen, auch
wenn es nicht der Wahrheit entspricht. Wir gehören nicht dazu.
Wenn es dich ärgert zu lesen, was nun einmal geschrieben
werden musste, dann schreib ein Mail, um dich zu beruhigen, aber schreib es
jemand anderem. Ob wir, die Autoren von Opusfrei, tatsächlich rachsüchtige, frustrierte und gescheiterte
Existenzen sind, darüber steht dir kein Urteil zu, solange du uns nicht persönlich
kennst.
2.
Was ist Opusfrei?
Opusfrei ist eine Seite über das Opus Dei, die als Anlaufstelle
für die Personen dient, die von den missbräuchlichen Praktiken der Organisation betroffen sind.
Das
Opus Dei ist eine Institution der katholischen
Kirche, die 1928 in Spanien gegründet
wurde. Seit dem 28. November 1982 hat es den kanonischen Status einer Personalprälatur
mit internationaler Reichweite und mit eigenen Statuten.
4.
Wozu dient eine weitere Homepage über das Opus Dei, wenn die Vereinigung ohnehin eine eigene Seite
hat, der man alles Wissenswerte entnehmen kann?
Die
Information, die das Opus Dei über sich selbst verbreitet, ist manipuliert
und vermittelt ein verfälschtes Bild. Dieses falsche Bild wirkt anziehend
und lockt ehrbare Menschen in den Dunstkreis dieser Organisation, bevor sie
sich der negativen Praktiken bewusst werden, die in dieser Institution üblich
sind.
5. Also ist Opusfrei eine Seite gegen das Opus Dei?
Nein.
Opusfrei stellt sich nicht gegen das Opus Dei. Die hier veröffentlichten Schriften richten sich
nicht grundsätzlich gegen das Opus Dei. Allerdings bieten wir hier
ein Forum, damit Menschen, die in Kontakt mit dem Opus Dei gekommen
sind, frei ihre Erfahrungen über diese Organisation austauschen können. In
der Mehrzahl bestehen diese Erfahrungen in einer Mischung aus guten und schlimmen
Aspekten.
Wir
folgen allerdings keiner vorgefassten Meinung wie die offiziellen Foren des
Opus Dei, wo es keinen Platz für Kritik und eigene Gedanken gibt. Allerdings
ist hier Platz für alle Zuschriften, die zum Thema gehören; wir veröffentlichen
nur die Meinung derer, die sich der Redaktion namentlich zu erkennen geben,
auch wenn sie ihre Ansicht anonym veröffentlichen wollen; und wir publizieren
Beiträge nur dann, wenn sie den Anforderungen eines kultivierten Umgangstons
Genüge tun.
6. Ist es nicht feige, hier
namentlich nicht gezeichnete Anschuldigungen gegen eine Institution der Kirche
zu veröffentlichen?
Hier
werden persönliche Zeugnisse und Erfahrungsberichte veröffentlicht, aber auch
Studien und Forschungsergebnisse. Wenn hier schwerwiegende Vorwürfe erhoben
werden sollten, so ist es Aufgabe der Kongregation für die Bischöfe, der das
Opus Dei als Personalprälatur untersteht, diesen nachzugehen und ihren Wahrheitsgehalt
zu überprüfen. Die Amtskirche hat sich bis jetzt herzlich wenig um die Belange
der Mitglieder des Opus Dei gekümmert, indem sie eher und in erster
Linie der offiziellen Stimme der Institution Gehör schenkte. Es ist unwahrscheinlich,
dass sich Tausende ehemaliger Mitglieder, die alle die Wirklichkeit des Opus
Dei am eigenen Leib erfahren mussten, sich irren können.
Die
Art des Geschilderten macht es allerdings ratsam, nicht jedem Leser die Identifizierung
zu ermöglichen, da es sich um persönliche, oft intime Details handelt. Dort,
wo das berechtigte Anliegen besteht, den Autor eines Beitrages persönlich
kennen zu lernen, werden wir uns bemühen, die Verbindung herzustellen.
7. Wer
steckt hinter Opusfrei?
Hinter Opusfrei stehen wir; Menschen, die das Leben innerhalb des Opus Dei erfahren haben und bereit sind, anderen in ihren Nöten zu helfen, und zwar auf der ganzen Welt.
Wir
haben uns von den traumatisierenden Erfahrungen freigemacht, die wir im Opus Dei machen mussten. Wir wurden psychologisch konditioniert
und sahen uns als untreue, schlechte, egoistische Menschen, als Judasse, die
die Gnade Gottes veruntreut haben und nun auf Erden nie wieder glücklich werden
können. Als wir entdeckten, dass andere dieselbe Erfahrung wie wir selbst
machen mussten, fühlten wir die Notwendigkeit, über das Geschehene zu sprechen
und um die Institution zu verstehen, so wie sie wirklich ist (nicht so, wie
sie sie uns verkauft haben, sondern so, wie wir sie erfahren haben. Denn diejenigen,
die uns am besten verstehen, sind die, die das Gleiche erlitten haben wie
wir, und deshalb sind wir bereit, dir zuzuhören.
8. Wie entstand Opusfrei?
Opusfrei entstand
mit dem Vorsatz, im Internet Texte über das Opus
Dei verfügbar zu machen, die nicht der offiziellen Linie
der Gemeinschaft folgen, so wie dies von unseren spanischen Freunden mit der
Webseite OpusLibros bereits auf vorbildliche
Weise und mit einer großen Breitenwirkung geschieht.
9. Was ist also das Ziel von Opusfrei?
Die
Mitgliedschaft im Opus Dei, vor allem als Zölibatär, hinterlässt schlimme
Spuren in den Seelen der Betroffenen. Denen, die sich über ihre traumatischen
Erfahrungen austauschen können, fällt es leichter, sich aus diesen Obsessionen
zu lösen.
Wir
möchten also
·
im Internet zuverlässige Informationen
über das Opus Dei veröffentlichen, zu denen sonst nur sehr wenige Zugang haben;
·
Menschen, die vorgefertigte Meinungen
haben, Einblicke in die Lebenspraxis des Opus Dei ermöglichen;
·
diejenigen Menschen besser zu informieren,
die nur zu den Angaben Zugang haben, die das Opus Dei über sich selbst
verbreitet;
·
Zeugenberichte über die Praktiken
des Opus Dei zu sammeln und zu veröffentlichen, die als dokumentierte
Grundlage für staatliche und kirchliche Maßnahmen dienen können.
10. Das Opus Dei ist eine Institution der Kirche. Greift ihr somit nicht die Kirche an?
Eine
Institution der Kirche zu kritisieren, bedeutet nicht
die Kirche selbst zu kritisieren.
Das Opus Dei ist nicht die Kirche,
es ist eine Organisation innerhalb der Kirche.
Vom katholischen Standpunkt aus bedeutet Kritik an einer Institution der Kirche,
dass diese Institution nicht solidarisch oder organisch mit der Kirche
zusammenwirkt und dass ihre Ziele nicht mit denen der Kirche
übereinstimmen. Das gilt insbesondere dann, wenn ihre Vorgangsweise der Kirche
Schaden zufügt oder wenn sie Praktiken aufweist, die mit der Botschaft des
Evangeliums oder der Lehre der Kirche unvereinbar sind.
Auch
ein Krebsgeschwür ist Teil des organischen Ganzen eines Körpers. Aber es handelt
sich dabei um ein Organ, das „verrückt spielt“ und sich nicht mehr in das
Ganze des Organismus harmonisch einfügt, sondern nur zum eigenen Nutzen und
auf eigene Rechnung handelt. Wenn das geschieht, besteht die Heilung des Organismus
vor allem darin, den Krebs zu bekämpfen, den dieser Organismus als einen Teil
von sich selbst betrachtet.
Die
Jahrtausende alte Geschichte der Kirche
kennt Beispiele von Institutionen oder Sondergruppen, die in ihrer Verwirrung
so weit gingen, sich mit der Kirche
selbst zu identifizieren und, konsequenterweise, alles das als kirchenfern
abzulehnen, was sich nicht mit dieser Gruppe identifizierte.
11. Kann sich ein Katholik nicht darauf
verlassen, dass die Kirche selbst durch die Heiligsprechung
des Gründers des Opus Dei garantiert, dass es sich um eine heiligmäßige
Gemeinschaft handelt?
Nein.
Für einen Katholiken bieten die Heiligsprechung des Gründers des Opus Dei
eine Garantie der Kirche, dass sich der Gründer des Opus
Dei „im Himmel“ befindet. Die Heiligsprechung einer Person durch die Kirche
bezieht sich nicht automatisch auch auf all
dessen gesamte Taten und Idee.
12. Bedeutet
für einen Katholiken nicht die Approbation des Opus Dei durch die Autoritäten
der Kirche eine Garantie, dass das Opus
Dei eine heilige Organisation ist?
Nein.
Für einen Katholiken bedeutet die Approbation des Opus Dei durch die
Autoritäten der Kirche, dass die Kirche
das Opus Dei als einen Teil seines organischen Ganzen anerkennt.
Das
bedeutet, dass das Opus Dei rechtmäßig
handelt, wenn es so handelt, wie die Kirche meint, dass es handeln
soll. In keinem Fall aber hat sie ihm einen Blankoscheck ausgestellt, um machen
zu können, was es will, ohne darauf zu achten, welche Mittel es anwendet und
ob seine Ziele noch die Ziele der Kirche
sind, sondern ganz andere. Genau
aus demselben Grund bedeutet eine solche Approbation auch, dass das Opus
Dei, so wie jede Institution der Kirche,
Irrtümern und Abweichungen ausgesetzt ist und deshalb auch der Kritik und
der Korrektur.
13. Wenn es aber der ausdrückliche Wille Gottes war,
dass das Opus Dei gegründet wurde, indem Er als treuestes Werkzeug
seinen heiligen Gründer gebrauchte, wie kann man da etwas gegen das Opus
Dei sagen, ohne dass es sich zugleich gegen Gott und die Kirche
richtet, die es anerkannt hat?
Dieser
Gedankengang ist nicht richtig.
Die
offizielle Version des Opus Dei über seine eigene Gründung ist nicht
so unumstritten, wie es diese Organisation glauben machen möchte. Der Gründer
selbst hat alle „Beweise“ für einen übernatürlichen Eingriff zerstört, wie
er selbst öffentlich mehr als einmal erklärt hat. Alles, was eine so gewagte
Aussage wie die einer übernatürlichen Inspiration durch Gott bei der Gründung
des Opus Dei stützen könnte, ist lediglich das Zeugnis des Gründers
selbst. Wir empfehlen die Lektüre des Aufsatzes La Obra como Revelación („Das
Werk als Offenbarung“) von E.B.E., dessen Übersetzung wir
in Kürze vorlegen werden, ebenso wie jenen Abschnitt aus „Heilige und Schurken“
von Joan Estruch i Gibert, der sich mit der Gründung des Opus Dei befasst.
Die
Approbationen der Kirche hinsichtlich des Opus Dei
implizieren keine Anerkennung des behaupteten übernatürlichen Ursprungs des
Opus Dei. Sie beschränken sich darauf, das Opus Dei als legitimen
Teil der Kirche
anzuerkennen und ihm seinen Platz innerhalb der Organisation zuzuweisen.
Wir
empfehlen auch, unvoreingenommen die Apostolische Konstitution “Ut Sit“ zu studieren, jenes Dokument,
mit dem die Kirche offiziell das Opus Dei
anerkannt und als Personalprälatur mit eigenen Statuten errichtet hat. Dort
sieht man, dass hier lediglich der Ausdruck „auf göttliche Eingebung hin gegründet“
(§ 1) gebraucht wird. Damit ist aber
nicht das gemeint, was das Opus Dei über seinen Ursprung versteht,
nämlich die außerordentliche und wunderbare Erleuchtung seines Gründers durch
Gott. In einem kirchlichen Dokument dieser Art ist allerdings die Wirkung
der Gnade in der Seele eines Gläubigen gemeint, nicht der unbestreitbare Beweis
für ein direktes übernatürliches Eingreifen Gottes.
14.
Wie ist dann die besondere übernatürliche Berufung zu verstehen, die die Mitglieder
des Opus Dei von Gott erhalten haben?
So
wie der Ausdruck “göttliche Eingebung”, gestattet auch das Wort “Berufung”
im traditionellen kirchlichen Kontext mehrere Interpretationen. In der offiziellen
Sprachregelung des Opus Dei bemüht man die radikalste dieser Interpretationen,
indem man die Berufung der Apostel durch Jesus selbst oder die der Propheten
des Alten Bundes zum Vergleich heranzieht. Kein einziges Dokument der Kirche
bezeichnet die Gläubigen des Opus Dei als Adressaten einer göttlichen
Berufung, die in diesem Sinn verstanden sein soll. Man sieht an der Mehrdeutigkeit
dieses Begriffes eine von vielen Manipulationen im Diskurs des Opus Dei.
Wir,
die wir das Opus Dei von innen
her kennen gelernt haben, sind Zeugen dafür, dass den Kandidaten gegenüber
eine sehr strenge Auffassung von Berufung, wie oben angedeutet, vermittelt
wird, während über sie salopp-pragmatisch vom „Pfeifen“, also der Bitte um
die Aufnahme als der Realisierung der Berufung, gesprochen wird.
15. Ist es euer Ziel, euer kritisches Augenmerk auch
auf anderen Gruppierungen innerhalb und außerhalb der Kirche zu richten?
Nein,
und zwar auch nicht dann, wenn ihre Ziele und Vorgangsweise denen des Opus
Dei ganz ähnlich sein mögen. Unser ausschließliches Augenmerk richtet
sich auf jenes Phänomen, das wir aus eigener Anschauung kennen: die Lebenspraxis
des Opus Dei.
16. Inwiefern sind die Praktiken, die das Opus Dei angeblich anwendet, verwerflich?
Vielen
von uns, die wir das Opus Dei verlassen haben, erscheinen jene Methoden als schmerzliche und fragwürdige
Missbräuche, die intern „Proselytismus“ genannt werden und die der Anwerbung
von Menschen für die Organisation dienen:
·
die Anwerbung Minderjähriger;
·
der Betrug, denen, die um ihre Berufung
ringen, ein Bild vom Leben im Werk zu zeichnen, das in nichts der Wirklichkeit
entspricht, die sie erwartet;
·
die ungerechte Ausnützung der Auxiliar-Numerarierinnen,
die in besonderer Weise im Opus Dei kaserniert werden und nur nach der Willkür
ihrer Vorgesetzten Kontakt zur Außenwelt haben könne;
·
in vielen Ländern wird das Gesetz
umgangen, das die Pflichtversicherung von Angestellten fordert; auf diese
Art sind Auxiliar-Numerarierinnen, die allenfalls die Organisation verlassen
wollen, jeder Erpressung ausgeliefert.
·
Der doppelte Betrug an denen, die
sich noch nicht endgültig in die Organisation eingegliedert haben, den man
setzt die, die sich nur „auf Zeit“ verpflichtet haben, einem unerträglichen
Gewissensdruck aus durch die Behauptung, die Hingabe sei „vom ersten Augenblick
an auf das ganze Leben ausgerichtet“. Die etappenweise Eingliederung in das
Opus Dei, wie sie die Statuten vorsehen, ist ein purer Formalismus, der mit
der Lebenspraxis im Werk nichts mehr zu tun hat, denn einerseits haben die
Mitglieder keinen Zugang zu den Statuten, andererseits erklärt man ihnen,
dass sie sich „mit der Admission ein für alle Male Gott hingegeben“ hätten.
·
Dieser Betrug ist zweifach, denn
abgesehen davon, dass die Mitglieder hintergangen werden, betrügen die Leiter
des Opus Dei die Kirche selbst. Wenn die Leiter des
Opus Dei von den Autoritäten der kirchlichen Hierarchie darüber befragt
werden, zeigen sie ihnen die Statuten und sagen, dass sich die Mitglieder
erst nach einer langen Probezeit und immer erst nach erlangter Volljährigkeit
an die Organisation binden.
17.
Inwiefern sind die Methoden der Anwerbung, die die Organisation anwendet (und
die sie in ihrem eigenen Jargon “Proselytismus” nennt) verwerflich?
Die Instrumentalisierung der Freundschaft, der psychologische
und moralische Druck, der bis an die Erpressung reicht, sind ebenso zu verurteilen
wie die Beeinflussung Minderjähriger, die ihren Familien emotional entfremdet
werden, damit sie diesem Druck nachher schutzlos ausgeliefert sind.
18. Inwiefern wird jemand, der überlegt,
um die Aufnahme in das Opus Dei zu bitten, darin getäuscht, dass man ihm ein
falsches Bild vom Leben in dieser Organisation vermittelt?
Jemand, der überlegt, um die Aufnahme in das Wer zu
bitten, bekommt das Leben im Opus Dei als eine Form der christlichen
Existenz präsentiert, die auf der freien Initiative und der persönlichen Verantwortung
des Postulanten basiert. Durch einige Ideen, die absichtlich unverbindlich
formuliert sind, verheimlicht man ihm, dass sein Leben ganz im Gegenteil von
der Organisation völlig reguliert und kontrolliert werden wird, und zwar nicht
mit dem Ziel, ihm bei seiner Vervollkommnung zu helfen — das ist lediglich
das, was man ihm sagt —sondern mit dem Zweck, dass er den Zielen der Organisation
dient. So macht man aus einem Menschen, dem man ein Panorama der Spontaneität
und Freiheit des Handelns gezeigt hat, ein Werkzeug der Organisation, dessen
Handlungen vollständig fremdbestimmt sind, durchgeplant und kontrolliert,
nach dem Vorschriften, die die Vorgesetzten innerhalb der Hierarchie entworfen
haben.
Abgesehen davon, dass dem Mitglied kaum Zeit und Energie
für andere Initiativen bleiben außer denen, die ihm seine Vorgesetzten auferlegen,
erstreckt sich diese Kontrolle auf alle
Aspekte seines Lebens, ganz im Widerspruch zu dem,
was man ihm vor der Bitte um die Aufnahme vor Augen gestellt hat: berufliche
Entscheidungen, die Sorte Partner, die zu einem passt (bei den Supernumerariern),
die Bücher, die er lesen darf, die Filme, die er ansehen darf, die Mobilität
innerhalb der Gesellschaft die ihm freigestellt ist, die Entscheidung, mit
welchen Menschen er Umgang hat, all das und noch viel mehr ist der Entscheidung
der Vorgesetzten unterworfen, und zwar mit einem Druck, der dem Kandidaten
unanständiger weise verschwiegen wurde. Dem Kandidaten erzählt man nur etwas
von „völliger Hingabe“ und lässt ihn dabei eine Bedeutung verstehen, die völlig
von dem verschieden ist, was er nachher in Wirklichkeit erlebt. Wenn jemand
später, nach der Aufnahme in die Organisation, den Unterschied zwischen dem,
was versprochen wurde, und der Realität anspricht, verüben die Vorgesetzten
eine moralische Erpressung und schieben das Versprechen einer „Ganzhingabe“
vor, die für das ganze Leben gilt und die man nachträglich nicht in Frage
stellen kann, ohne sein ewiges Heil in Gefahr zu bringen.