Sancho1964
“Fühlt die Pflicht heilig zu sein: heilig, das heißt
nicht, außerordentliche Dinge zu tun. Wenn ihr jeden Tag kämpft,
um die Normen gut zu erfüllen, geht ihr auf dem Weg der Heiligkeit.“
(„De nuestro Padre“ – „Von unserem Vater“.
Noticias VI-58, S. 18).
In der Folge erstelle ich eine Liste der Normen und Gewohnheiten
(soweit ich mich daran erinnere – die ein Numerarier aufgrund seines Versprechens,
„nach der Praxis und den Gewohnheiten des Opus Dei zu leben“, erfüllt
oder erfüllen muss.
Täglich:
Heroische
Minute, Stoßgebet „Serviam“
Aufopferung des Tagewerks
Viele geistliche Kommunionen
Eine halbe Stunde des Gebetes am
Morgen (in der „Familie“, gewöhnlich mit der Lektüre aus
den “Meditaciones”)
Heilige Messe
Heilige Kommunion
10 Minuten Danksagung
Gebet des “Trium Puerorum”
(Gebet der drei Jünglinge im Feuerofen)
Gebet des Angelus („Engel
des Herrn“) oder „Regina Coeli“ („Freu dich, o Himmelskönigin“)
Preces (das Tagesgebet der Mitglieder
des Opus Dei)
Eine halbe Stunde des Gebetes am
Nachmittag
Gebet des Rosenkranzes vom Tag,
Gebet oder Betrachtung der beiden anderen Rosenkränze
Zeit des „Stillschweigens
am Nachmittag“
Besuch beim Allerheiligsten
10 Minuten geistliche Lesung
3 Minuten Lesung des Evangeliums
Abtötung für den Vater
(üblicherweise ist das eine kalte Dusche)
Viele Stoßgebete tagsüber...
Evangelienkommentar
Partikularexamen („Besondere
Gewissenserforschung“)
Allgemeine Gewissenserforschung
„Nachtzeit“ (Zeit völligen
Stillschweigens von der Gewissenserforschung am Abend bis zur Danksagung nach
der Messe am folgenden Morgen, , die für Stoßgebete reserviert ist)
3 Ave Marias (am Abend vor dem
Schlafengehen mit ausgebreiteten Armen zu beten)
Gebrauch des Weihwassers (vor dem
Schlafengehen)
2 Stunden Bußgürtel
Teilnahme an den Beisammenseins
und sonstigen Familientreffen
Andacht zum Schutzengel des Zentrums
Grüßen und Sich-Verabschieden
vom Allerheiligsten
Bild der Jungfrau Maria in der
Brieftasche
Verehrung des Gründer, Andacht
zu Don Alvaro (und in Zukunft zu Don Javier... ich meine, das wird sich noch
verlängern...)
Andacht zur Großmutter, Tante
Carmen, Isidoro, Montserrat Grases (Verwandte des Gründers bzw. Mitglieder
des Werkes, für die Seligsprechungsprozesse angestrebt werden...
Besondere persönliche Frömmigkeitsübungen
Kampf, um den persönlichen
Hauptfehler auszumerzen
Gebrauch des Skapuliers Unserer
lieben Frau vom Berge Karmel
Wöchentlich:
Wöchentliche gehaltene Betrachtung
durch den Priester
Bußgeißel: einmal wöchentlich
in der Zeit, die man für ein kleines Gebet braucht (oder solange man den
Atem anhalten kann)
Wöchentliche Aussprache (bei
einem Laien, der vom Örtlichen Rat ausgesucht ist und diesem Rechenschaft
über den Inhalt des Gespräches schuldet): Reinheit, Glaube, Berufung,
das Partikularexamen, die berufliche Arbeit..., Freuden, Traurigkeiten, Erfolge,
Misserfolge...
Wöchentlicher Spaziergang
Wachetag. Es gilt, ihn auszunützen,
die Augen offen zu halten und besonders viele brüderliche Zurechtweisungen
zu erteilen
Sleeping: einmal in der Woche wird
ohne Matratze und Polster geschlafen und die Nacht für das Gebet genützt
(empfohlen ist hierfür die Nacht vor dem Wachetag) [Anmerkung: Die zölibatär
lebenden Frauen im Werk müssen generell ohne Matratze schlafen…]
Turnus: Messdienst mit Anzug und
Krawatte, Vorbeten beim Rosenkranz und diversen anderen Gebeten...
Auf dem Laufenden sein mit den
Festen A, B oder C. Im Fall eines A-Festes gibt es gehaltene Betrachtung, Anbetung
vor dem Allerheiligsten, Aperitif, Anzug und Krawatte. Schade, wenn du einen
versäumst.
Psalm II an den Dienstagen: Er
wird mit dem Rosenkranz in der Hand gebetet.
Gebet des „Trishagium Angelicum“.
Wöchentlicher kurzer Kreis.
(Es ist ein Zeichen guten Geistes, wenigstens einmal im Monat die „Emendatio“
zu machen, das heißt, nach der Gewissenserforschung nach Absprache mit
dem Leiter niederzuknien und eine Verfehlung, die keine Sünde ist, zu bekennen
und eine Bußübung zu erbitten.)
Gebet des Salve Regina am Samstag,
Aussetzung des Allerheiligsten.
Wöchentliche Beichte.
Kassastunde: Abgabe der laufenden
Einnahmen (Gehalt, Taschengeld, Geschenke, ohne Beleg), Entgegennahme des Taschengeldes
(gegen einen Beleg und gegen monatliche Erlegung des „Ausgabezettels“
und Abgabe der Kontobelege beim Direktor).
Apostolischer Auftrag: ein , zwei
oder drei Aktivitäten, um in der Freundschaft mit einem „Kandidaten“
zu wachsen.
Wöchentlicher Sport.
Für Mitglieder eines örtlichen
Rates ist mindestens ein wöchentliches Treffen notwendig.
Monatlich:
Monatliche Einkehrstunden (meistens
an einem Sonntag).
Kreuzweg.
Monatsanliegen der Region.
Allgemeines Anliegen (monatlich,
jährlich...).
Nachtwache vor dem Allerheiligsten
(vermutlich nur in den Zentren von St. Raphael).
Ausgabezettel.
Monatlicher Ausflug.
Monatlicher Armenbesuch mit einem
Freund.
Gespräch mit dem Priester.
Jährlich:
Sieben Sonntage des hl. Joseph.
Novene zur Immakulata.
Wallfahrt (zumindest im Mai) mit
einem Freund.
Für Mitglieder eines örtlichen
Rates: spezielle jährliche Konvivenz.
Jahreskurs (7 Tage für Supernumerarier,
14 für Assoziierte, 21 für Numerarier, für Mitglieder eines Studienzentrums
jeweils die doppelte Anzahl): Vorlesungen, Studium, Sport, Spaziergänge,
„Erholung“.
Jährliche Besinnungstage (5
Tage): Gelegenheit zu einer Generalbeichte und um Vorsätze für ein
ganzes Jahr zu fassen.
Brief an den Vater (es ist ein
Zeichen gutes Geistes, ihm einmal im Monat zu schreiben, aber mit einem jährlichen
Brief vom Jahreskurs ist die Verpflichtung jedenfalls erfüllt).
Zeremonien der Admission, Oblation
und der Fidelitas (bei der der Fidelitasring verwendet wird).
Testament zugunsten des Opus Dei.
Erstellen des Jahresbudgets und
Übergabe an den Sekretär des Zentrums.
Immer:
Unterstützung der apostolischen
Pläne des Zentrums.
Aufopferung der beruflichen Arbeit,
die mit Vollkommenheit verrichtet wird.
Andacht zu den heiligen Schutzengeln
(man grüßt die Engel der Personen, mit denen man Umgang hat).
Lektüre und Meditation der
Briefe des Vaters und der internen Leitungsdokumente.
Abgabe aller Geschenke, die man
empfängt, und aller Dinge, an denen man hängt.
Studium: Studenten sollten die
Besten ihres Jahrgangs sein, und auch nach dem Studium soll man der beruflichen
Weiterbildung, dem Erlernen von Fremdsprachen etc. „Stunden“ widmen.
Brüderliche Zurechtweisung
(wenn man nicht einmal eine im Monat macht, ist das ein Zeichen „schlechten
Geistes“).
Apostolischer Auftrag: einen Kreis
halten, an einem Jahreskurs teilnehmen, Aussprachen entgegennehmen, Mitglied
eines örtlichen Rates sein...
Erfüllung der Kriterien des
Umgang mit dem „anderen Geschlecht“.
Pflegen eines Hobbys, um sich zu
zerstreuen...
Pflege der Details des „Familienlebens“:
einen Bruder begleiten – beim Wäschekauf, zum Arzt, beim Essen, wenn
er nicht zur üblichen Zeit da sein kann. „Teppich sein, damit die
anderen weicher auftreten.“
Zwei Jahre dem Studienzentrum widmen.
Unterstützung der Leitungsarbeit
des Werkes (indem man sie als hauptberufliche Tätigkeit ausübt), als
Direktor, in einer Delegation oder Kommission.
Wenn du dich berufen führst,
berufen oder eingeladen bist oder einfach nicht Nein sagen konntest, bist du
großzügig und empfängst die Priesterweihe (aber letztlich muss
man sich nicht darum sorgen, denn dies ist nur ein „Wechsel der beruflichen
Tätigkeit“).
Zuletzt, wenn du keine wichtigen
internen Aufträge hast, oder trotz ihnen musst du eine tiefe und ernste
berufliche Arbeit entfalten, selbstständig sein, berufliches Prestige gewinnen
und Geld für die apostolischen Unternehmungen beitragen...
Ganz zuletzt: Ausnützung der
Zeit, denn „Müßiggang ist aller Laster Anfang“ (Wie kann
man den „Geist des Opus Dei“ leben, wenn man die Zeit nicht ausnützt?)
Dazu benützt man am besten
einen „Success-Kalender“, um alles, was ich vorher erwähnt
habe, nicht zu vergessen (vielleicht gilt auch ein Notebook?)
Von dem Augenblick an, in dem jemand als Numerarier um die Aufnahme bittet,
bleibt kein Fleckchen im Hirn, das nicht davon durchdrungen ist, dass er alle
diese „Pflichten“ erfüllen muss. Diese Praktiken und Gewohnheiten
werden nach und nach ergänzt, und bald fühlst du dich untergetaucht,
in einem Tunnel, dessen Ende nicht absehbar ist. Dein Leben verläuft darin,
und es kommt der Augenblick, in dem du nicht mehr frei atmen kannst. Und das
Ende des Tunnels ist dein eigener Sarg (wenn du nicht, aus einem Selbsterhaltungstrieb
heraus, aus dem Tunnel ausbrichst).
Wenn aus irgendeinem Grund jemand meint, glaubt oder sich beunruhigt bei dem
Gedanken, das wären zu viele Frömmigkeitsübungen und dass er
aus bestimmten beruflichen, persönlichen oder sonstigen Gründe Probleme
damit hat, kann er dies mit niemandem außer seinem geistlichen Leiter
besprechen, der ihn zwar für eine gewisse Zeit von der einen oder anderen
Norm dispensieren kann, aber es „wäre kein Zeichen guten Geistes,
wenn man dies für längere Zeit tun wollte, und der „Geist der
Werkes“ ist für alle Ewigkeit gemeißelt, und man muss sich
mit ihm identifizieren.
“Fühlt die Verpflichtung, heilig zu sein; und heilig zu sein heißt
nicht, besondere Dinge zu machen. Wenn ihr jeden Tag kämpft, um die Normen
gut zu erfüllen, geht ihr auf dem Weg der Heiligkeit."
Nun gut, ich versichere euch, wer so lebt, macht besondere Dinge. Er lebt nicht
wie jeder anderer in der Welt, sondern er lebt außerhalb der Welt und
ist ein anderer.
Und was das betrifft, auf dem Weg der Heiligkeit zu gehen... Ich zweifle nicht,
dass man vorhat fromm zu sein. Aber ich denke, dass die Worte Jesu „Liebt
einander“ nicht eine solche Verwicklung mit sich bringt. Diese Worte des
Gründers geben den Normen solche Bedeutung, dass er den Anschein macht,
er habe die Liebe vergessen.
Ich stelle mir die Frage, wie ein Mensch Zeit haben kann, zu reflektieren, an sich selbst zu denken und in der Tiefe des Verständnisses zu wachsen, ein gesundes und tiefes kritisches Bewusstsein zu entwickeln.
Ich habe immer gedacht, dass das grundsätzliche Problem
die Art und Weise ist, wie die „geistliche Leitung“ durchgeführt
wird, aber jetzt, beim Niederschreiben dieser Liste, weiß ich nicht mehr,
was schwerer wiegt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Lebensweise sich stärker von der
unterscheiden kann, die die ersten Christen, ja, die Apostel an der Seite Jesu
führten. Ja, ich glaube, das ist noch zu kurz gegriffen: Es scheint mir
nur schwer zu glauben, dass es eine Spiritualität innerhalb der Kirche
gibt, die so weit davon entfernt ist...