Geheimorden: Die Macht der erzkonservativen Katholiken im Vatikan ist nicht     zu unterschätzen Dominik Straub, Rom Als einen «Leichnam in stinkender Verwesung» hatte der spanische     Priester Josemaria Escriva die katholische Kirche Anfang der Siebzigerjahre     noch wahrgenommen, zugrunde gegangen am Virus des Liberalismus und der Befreiungstheologie.     Heute würde das Urteil des 1975 verstorbenen Opus-Dei-Gründers vermutlich     milder ausfallen. Die lateinamerikanischen Befreiungstheologen sind von Johannes     Paul II. kaltgestellt und die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils von     1962 blockiert worden. Die Kirche steht wieder im Dorf bzw. in Rom. Und dort hat das Opus Dei das Sagen, was durchaus wörtlich zu nehmen ist:     Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls ist Mitglied des sagenumwobenen Geheimordens.     Doch auch in allen anderen kirchlichen Machtzentren ist der Einfluss des «Werkes     Gottes» unter Papst Johannes Paul II. grösser geworden. Der tiefreligiöse     Pole war fasziniert von der heilen christlichen Welt des Opus, von der tiefen     Gläubigkeit, von der Abwesenheit jeglicher Selbstzweifel, welche die Ordensmitglieder     an den Tag legen , und er förderte die Gemeinschaft, die heute weltweit     rund 80 000 Mitglieder zählt, wo er nur konnte. Gründer wurde heiliggesprochen In Rekordzeit sprach Johannes Paul II. bereits 1992 Ordensgründer Escriva     selig , obwohl dessen Freundschaft zum spanischen Diktator Franco bekannt war     und obwohl die Stimmen nie verstummt sind, welche dem Opus Dei eine Beteiligung     an den rechtsextremen Todesschwadronen Lateinamerikas unterstellten. Zehn Jahre     später, im Oktober 2002, erfolgte im Beisein von vierzig Kardinälen     Escrivas Heiligsprechung. Bereits 1982 hatte Johannes Paul II. dem Opus-Dei-Ableger     «Priesterschaft vom Heiligen Kreuz» den Status einer «Personal-Prälatur»     verliehen , ein absolutes Novum in der katholischen Kirche, eine Art «Personaldiözese»,     die nicht an ein Territorium, sondern an eine Person gebunden ist: an den jeweiligen     obersten Führer des Opus Dei. Ein Opus-Dei-Mitglied als Papst? Viele Vatikankenner gehen davon aus, dass das Opus Dei im kommenden Konklave     eine entscheidende Rolle spielen wird und dass sogar ein Opus-Dei-Mitglied neuer     Papst werden könnte. Zwar haben sich von den wahlberechtigten Kardinälen     nur Juan Luis Cipriani Thorne (Lima) und der spanische Kurienkardinal Julian     Herranz Casado offen zu ihrer Mitgliedschaft bekannt, vermutlich sind es aber     einige mehr: Es liegt in der Natur eines Geheimordens, dass bei den meisten     Mitgliedern die Zugehörigkeit, wenn überhaupt, erst nach dem Tod bekannt     wird. Insgesamt, wird geschätzt, dürften wohl etwa 60 der 115 wahlberechtigten     Purpurträger dem Opus Dei zumindest nahe stehen. Darunter befinden sich diverse «papabili», also valable Nachfolger     von Johannes Pauls II. So trägt etwa der Dekan der Kardinalskongregation,     Joseph Ratzinger, den Ehrendoktorhut der Opus-Dei-Universität von Pamplona,     ebenso der ehemalige päpstliche «Aussenminister», der Franzose     Roger Etchegaray. Der meistgenannte Nachfolgekandidat aus Italien, der Mailänder     Erzbischof Dionigi Tettamanzi, outete sich 1999 als Opus-Dei-Fan, als er Escriva     als «Vorbild für das 3. Jahrtausend» bezeichnete. Der ebenfalls     zu den «papabili» gezählte Bischofvikar von Rom, Kardinal Camillo     Ruini, wird ebenso dem Dunstkreis des Opus Dei zugerechnet wie etwa der Patriarch     von Venedig, Angelo Scola. Kaum Chancen ohne Opus Dei Nach der «Säuberung» der lateinamerikanischen Kirche von den     Befreiungstheologen gelten auch deren Kardinäle in ihrer Mehrzahl als ordensnah.     Selbst der als relativ progressiv geltende Brasilianer Claudio Hummes hat in     jüngster Zeit Sympathien für das Opus Dei geäussert. Bei Hummes     , wie auch beim liberalen Belgier Godfried Danneels , mag bei derartigen Deklarationen     allerdings auch eine einfache taktische Überlegung mitgespielt haben: Nämlich     die, dass man sich nach dem 26-jährigen Pontifikat Johannes Pauls II. ohne     die Unterstützung des Opus Dei im Konklave nur wenig Chancen ausrechnen     kann, dessen Nachfolger zu werden. Quelle: Oltner Tagblatt, 15.04.2005 Eine Dienstleistung des Portals kath.ch (kath.ch) - Katholischer Mediendienst     (http://kath.ch/mediendienst)
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