Das „Werk Gottes“
und die Theresianische Akademie in Wien
Am 4. August 2009, dem Fest des heiligen Pfarrers von Ars, dem sie als ihrem Fürsprecher besonders verbunden sind, wurden um die Mittagszeit sieben (!) Priester des Opus Dei gesichtet, die unter der Führung des ortansässigen Rectors ecclesiae, Pfarrer Christian Spalek, im Theresianum, der ehemals kaiserlichen Privatschule auf der Wieden, auf ein warmes Mittagessen vorbeischauten. Nun ja, wenn es wo etwas (fast) gratis gibt, dann kann man sich schon ranhalten, vor allem, wenn man die eigene apostolische Armut am liebsten auf Kosten anderer im gediegenen Rahmen herrschaftlicher Häuser auslebt; für die sieben Herren im Clergyman werden sich dabei wohl auch einige wehmütige Reminiszenzen eingeschlichen haben, stand die noble „Theresianische Akademie“ doch dereinst ganz oben auf dem Wunschzettel der Prälatur…
Als Anfang der siebziger Jahre dem Gründer die Expansion seines „Werkes“ zu langsam ging, kippte man bereitwilligst den bis dahin gültigen Grundsatz, mit Hilfe exzellent ausgeübter beruflicher Arbeit Kollegen und Vorgesetzte auf diese neue Spiritualität aufmerksam zu machen, und wandte sich der Anwerbung von Kindern zu; überall in der freien Welt entstanden „spontan“ Jugendclubs, und wo auch immer es möglich war, schuf sich das „Werk Gottes“ Privatgymnasien, obwohl der Gründer doch anfangs darüber gespottet hatte, sein Ziel sei es nicht, so wie manche Nonnenorden statt sozialer und karitativer Initiativen die Kinder der Reichen zu unterrichten. In Spanien und Lateinamerika hat das eine Zeitlang gut funktioniert; Scharen von Schülern sind der Sekte unter „heiligem Zwang“ beigetreten, und die zehn bis fünfzehn Prozent davon, die „treu geblieben“ sind, bilden heute das Rückgrat der Vereinigung; in Deutschland bemüht sich die Prälatur im Moment gegen heftige Widerstände von Kommune und Diözese, im Gebäude einer ehemaligen Kaserne in Potsdam ein Knabengymnasium zu installieren. In Österreich gab es, als One-man-Show, den unermüdlichen DDr. Ernst Burkhart, der nicht nur Mutti, Schwester und Bundesheerkameraden, sondern vor allem auch zahlreiche Schüler aus seinem Religionsunterricht im Gymnasium Rainergasse – und dann eben im Theresianum – für das Opus Dei fischte; der „Rekord“ liegt bei drei Zölibatären pro Klasse. Als der Ruf des Nobelinternats unter seinen spirituellen Gewaltakten zu leiden begann – die Eltern fanden es merkwürdig, dass Firmkandidaten nicht nur einmal, sondern ständig übers Wochenende zu „Bildungsveranstaltungen“ vergattert wurden –, wurde er durch den handzahmen Exbanker und Opuspriester Christian Spalek abgelöst.
Aber man wollte das Apostolat auf eine feste Grundlage stellen, eine eigene Schule bekommen, und womöglich eine, die man nicht erst für viel Geld bauen und die sich nicht erst etablieren müsse. Der Chemieprofessor Dr. Robert B. bemühte sich um Kontakte zu den Schwestern vom Armen Kinde Jesu, die ihre Schule in Maria Enzersdorf aus Mangel an Ordensnachwuchs aufgeben mussten; aber die Anstalt schien zu weit weg vom Schuss, das Ambiente zu „klerikal“. So kam Ende der achtziger Jahre der Marschbefehl an alle Mitglieder des Opus in Österreich, man solle die Mitarbeiter und „Supernumerarier“ (die verheirateten Mitglieder) möglichst dazu motivieren, ihre Kinder ins Theresianum zu schicken und sich selbst im Elternverein zu engagieren; einzelne Mitglieder wurden in den Lehrkörper eingeschleust, so Thomas P.; über private Kanäle wurde Minister Rudolf Scholten angestiftet, den wohlwollend gesonnenen Sektionschef Leo Leitner als Kurator auf Dauer zu installieren, und fast wäre es gelungen, den braven Chemieprofessor M., einen guten Freund des Werkes, in einer Ho-Ruck-Aktion als neuen Schulleiter einzusetzen. Das schlug dank einiger wachsamer Eltern fehl, aber auch aufgrund des zu zarten Nervenkostüms des Kandidaten – er lief erregt aus dem Hearing davon, als ihm die Gretchenfrage nach seinem Verhältnis zu Opus Dei gestellt wurde. Der Kelch ging vorüber, Waltraud Hauschka wurde als neue – und unbelastete – Direktorin installiert; und die Priester des Opus Dei, die sich nicht im geschützten Bereich einer eigenen Schule auf wehrlose Vierzehnjährige stürzen durften, um ihnen die „Schönheit einer übernatürlichen Berufung“ zu zeigen, die alles abverlangt und die viele in psychotischen Zwängen enden lässt, gingen essen, weil es nicht vorgesehen war, dass am Ausflugtag ihrer Sommerkonvivenz ihre „Schwestern“ für sie kochen…
Dietmar Scharmitzer