Elternführer durch das Opus Dei

Parents'  Guide to Opus Dei - Guide sur l'Opus Dei à  l'usage des parents

 

Joseph J. M. Garvey / Willibald Feinig

 

An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. (Mt 7,16)
Das erste Grundgesetz der Geschichte lautet: Keine Lüge verbreiten; das zweite: Ohne Angst die Wahrheit sagen. (Leo XIII.)

 

Eine Untersuchung des Opus Dei auf der Grundlage des im Anhang neu übersetzten Dokuments Per rispondere ("Sekten und neue religiöse Bewegungen - eine Herausforderung für die Seelsorge") des Heiligen Stuhls vom 7. Mai 1986[i] und der Aussagen der Schrift, der Tradition und des Lehramtes über die Familie, herausgegeben von der internationalen katholischen Elternselbsthilfegruppe zur Verteidigung des Vierten Gebots

 

 

Elternführer durch das Opus Dei

(Guide sur l'Opus Dei à l'usage des parents - Parents'  Guide to Opus Dei)

übersetzt und neu bearbeitet von Willibald Feinig

nach der 3. Auflage, New York (Sicut Dixit Press), 1993, herausgegeben von

Our Lady and Saint-Joseph in Search of the Lost Child / Ad Hoc Alliance to defend the Fourth Commandment  (305 Madison Avenue, Suite 1146, New York City, NY 10165)

©1989 J. Garvey

© 1993, für die deutsche  Fassung , Willibald Feinig

© 1995 , für die überarbeitete deutsche Fassung und Neuübersetzung  von "Per rispondere", Willibald Feinig

© 2002, für die aktualisierte 3. Auflage, Willibald Feinig

 

"Eine Gottesgabe für viele Familien"

Reaktionen auf den "Elternführer durch das Opus Dei"

"Ich habe (den Elternführer) genau durchgelesen und gratuliere Ihnen zu der guten Arbeit. Wie Sie wissen,  gebrauche ich  im Bezug auf das Opus Dei nicht das Wort "Sekte". Es untersteht den kirchlichen Autoritäten und wir sind gegenwärtig im Gespräch - in der Hoffnung, sie gehen andere Wege. Allerdings wissen Sie auch, daß ich mit Ihnen ganz und gar einer Meinung bin: (Im Opus Dei) werden starke Waffen eingesetzt , wird manipuliert und überwacht."

James J. LeBar, National Consultant on Cults, Sektenreferat der Erzdiözese New York

"Der Elternführer durch das Opus Dei ist eine der besten Arbeiten über eine Sekte überhaupt. Ein wichtiger Beitrag, der  die katholische Welt zum Nachdenken bringen wird. Im Erscheinen dieses Büchleins sehe ich Gottes Hand am Werk, es ist gute Arbeit, und so notwendig."

Walter Debold, Asst.Prof.of World Religions, Seton Hall University, Interkonf. Vereinigung zur Sektenaufklärung (ICCC)

"Vielen herzlichen Dank für die Zusendung des Elternführers durch das Opus Dei. Ich bin sicher, Ihr Büchlein wird viele Eltern und Hirten von vielen blinden Flecken betreffend die Struktur und die Praktiken dieser besonderen religiösen Bewegung heilen. Mit besten Wünschen"

Corazon C. Aquino, Präsidentin der Philippinen

"Eine Fundgrube, eine Gottesgabe für viele Familien. Ich schließe mich Ihrer Hoffnung an, daß der Heilige Vater  die Notwendigkeit einer Änderung in dieser Organisation einsieht."

Kent Burtner OP (National Consultant on Cults),  Leo J.Ryan-Preisträger 1983 für Beiträge zur Sektenaufklärung

"Herzlichen Dank für den wichtigen Text über das Opus Dei."

Paul Michael Zulehner, Univ.prof. für Pastoraltheologie, Wien

"Ihre Arbeit ist so gründlich und gut, daß ich  Ihnen postwendend schreibe, um Sie zu beglückwünschen. Ich stimme allen Ihren Aussagen vollinhaltlich zu. Wir gehören zu einer großen Gruppe von Ex-Numerariern - über hundert in Guatemala allein. Sie können auf unsere Unterstützung für Ihre hervorragende Initiative zählen. Der Führer ist ein bemerkenswertes Projekt und zielt genau in die richtige Richtung."

Prof. Carlos Alex Olivares,  Ex-Opus-Dei-Numerarier (22 Jahre lang)

"Sehr nachdenklich machend (wenn auch kaum Neues enthaltend)."

Wolfgang Beilner, Univ.prof für Neutestamentliche Bibelwissenschaft, Salzburg

"Sehr wertvoll für mich ist Ihre Arbeit, weil ich jetzt besser verstehe, warum viele Christen dem Opus Dei gegenüber so kritisch bzw. ablehnend eingestellt sind."

Dekan i.R. Anton Nenning, Au (Vorarlberg)

"Gott sei Lob und Dank für das, was Sie getan haben. (Ihr Büchlein) könnte keine bessere Darstellung auf so knappem Platz beinhalten."

David Turner OSB, Ph.D., Illinois Benedictine College

 

Inhalt 

 

 

Einführung: Warum ein Elternführer durch das Opus Dei?

 

 

Die vatikanischen Richtlinien - Vergleich der Praktiken  des Opus Dei und der destruktiven religiösen Bewegungen

 

1.  Täuschungsmethoden und andere subtile Taktiken der Annäherung

2. Love-bombing u.ä.. als Mittel der Vereinnahmung

3.  Patentantworten

4. und 5. Schmeichelhafte Aufmerksamkeit(en); Mitgliederkontrolle durch Geld- und Medikamentenverteilung

6. Bedingungslose Hingabe an den Gründer, den "leader"

7. Isolierung der KandidatInnen; Ausschalten des Einflusses von Familie und Freundeskreis

8. Abwendung der KandidatInnen von ihrem bisherigen Leben

9. Gehirnwäsche; Einsatz von Klischees, die selbständiges Denken verhindern

10.Dauerbeschäftigung und Überwachung der Rekrutierten

11.Stärkste Ausrichtung auf den "Gründer" 

 

Die Struktur des Opus Dei; Beobachtungen; Hilfen

 

Eine autoritäre Organisation

    Die Mitglieder-Struktur

    Frauenfeindlichkeit

    Stereotype Auskünfte der Opus-Dei-Sprecher und -Informationsbüros

    Die Anziehungskraft der neuen Sekten

    Frühe Anzeichen von  Manipulation

    Das Klischee: "Der Papst hat seine Zustimmung gegeben"

 

Eine unkatholische Praxis

    Der voreilige Wunsch, Gott zu dienen

    Bewußte Verwechslung von Eltern-Benachrichtigung und elterlicher Zustimmung

    Mitgliederwerbung durch Verfälschung der Heiligen Schrift

    Die katholische Tradition der Schriftauslegung

    Die Kirchenväter und -lehrer

 Das katholische Lehramt über die Familie

     Erziehungspflicht - was das bedeutet

     Bedeutung der Familie

     Unsere "ersten Freunde"

Bibliographie

Nachwort des Übersetzers  /The Translator’s postface

 

Anhang

 

I "Maria-und-Josef-auf-der-Suche-nach-dem-verlorenen-Kind ": Programm  der internationalen Selbsthilfegruppe zur Verteidigung des Vierten Gebots

II Sekretariat für die Einheit der Christen u.a. (Hrsg.): Sekten und neue religiöse Bewegungen - eine Herausforderung für die Seelsorge (Per rispondere), Rom 1986

III Sechs Anfragen aufgrund des vatikanischen Dokuments " Sekten und neue religiöse Bewegungen - eine Herausforderung für die Seelsorge"

IV Hinweise

V Offener Brief vom 25.2.2002 des österreichischen  Psychoanalytikers und Pastoraltheologen Alfred Kirchmayr an Kardinal Schönborn, Wien, und Bischof Kapellari, Graz
 

 

WARUM EIN ELTERNFÜHRER DURCH DAS OPUS DEI?

 

Einführung

Die Verfasser dieses Führers sind Katholikinnen und Katholiken, Eltern und andere, die mit allen Mitteln ihrer Kirche, dem Papst und dem Lehramt die Treue halten wollen. Sie kümmern sich um geistliche Berufungen bei ihren eigenen  und anderen Kindern und sehen in ihnen einen außerordentlichen göttlichen Segen. In einer pastoralen Warnung hat der Heilige Stuhl im Mai 1986 selbst darauf hingewiesen, daß diese Berufungen durch immer brutalere und wirksamere Angriffe neuer religiöser Bewegungen in Frage gestellt sind, die mit manipulativen Methoden Anhänger werben. Dieser Führer wurde mit dem Ziel verfaßt, Eltern und Kindern die Information an die Hand zu geben, die  sie brauchen, um nach den vatikanischen Richtlinien eine dieser Gruppen zu beurteilen, die "Priestergemeinschaft vom Heiligen Kreuz und Opus Dei", bekannter als "Opus Dei" (zu deutsch "Werk Gottes").

Die vatikanischen Richtlinien finden sich im Dokument" Sekten und neue religiöse Bewegungen  - eine Herausforderung für die Seelsorge" ,das von vier Kurienbehörden erarbeitet und am 6.5.1986 verlautbart wurde. In diesem Bericht geht es um das sehr aktuelle Problem der neuen religiösen Bewegungen sowohl innerhalb wie außerhalb der Kirche. Es sammelt charakteristische Merkmale der destruktiven Sekten, insbesondere ihre Anwerbungs-, Ausbildungs- und Indoktrinierungspraktiken. Weil diese "Einstellungen und Methoden...die Persönlichkeit zerstören,  die Familien und die Gesellschaft zerrütten können,...sollen die Gläubigen, besonders jugendliche Gläubige, gewarnt und informiert werden" (vgl. S. 32ff). 

 

Die Seelsorger und alle Erziehungseinrichtungen werden aufgefordert, diese Merkmale zu studieren, damit sie den Katholiken, vor allem den Eltern und ihren Kindern, helfen können, die psychischen und geistigen Schäden zu vermeiden, die aus der Zugehörigkeit zu solchen Sekten erwachsen.

Die Vatikan-Erklärung sagt weiters, daß  es erfahrungsgemäß "wenig oder  keine Chancen für einen Dialog mit Sekten gibt" . Für katholische Eltern, deren Kinder sich heimlich dem Opus Dei angeschlossen und dann ihr Elternhaus ohne ihre Billigung und ohne Einspruchsmöglichkeit verlassen haben, ist dieser Satz umso schmerzlicher,  als er eine grausame persönliche Erfahrung festhält. Gegenteiligen öffentlichen Erklärungen zum Trotz ist die Entfremdung der Kinder von ihren Familien ein Phänomen, das überall auftaucht, wo das Opus Dei  seine Wirksamkeit entfaltet.

In Nord- und Südamerika, Europa, einem Teil Afrikas und in Asien verbreitet, hat das Opus Dei seine Wurzeln in Spanien. In letzter Zeit hat es an Bedeutung innerhalb der katholischen Kirche gewonnen. Sein  Gründer, Josémaria Escrivá de Balaguer, genannt "Unser Vater" oder "El padre", schreibt:"Das Opus Dei entstand durch die Gnade des Herrn im Jahre 1928, um den Christen in Erinnerung zu rufen, daß Gott den Menschen schuf , damit er arbeite, wie es im Buch Genesis (11,15) heißt."[ii]

Wie so oft beim  Opus Dei, besteht hier ein deutlicher Unterschied, wenn nicht Widerspruch zu dem, was die Katholiken den offiziellen Katechismen nach glauben, nämlich, daß Gott uns erschaffen hat, damit wir ihn erkennen, ihn lieben, ihm in dieser Welt dienen und mit ihm vereint in der anderen Welt selig sind.

Ziel der Organisation ist laut vatikanischem Annuario Pontificio "das Streben nach christlicher Vollkommenheit mitten in der Welt,  in allen Gesellschaftsklassen, insbesondere unter den Intellektuellen".Anders als die großen Orden der Kirche, die alle in einer bestimmten Zeit als Anwort auf besondere Nöte geschaffen wurden, ist das Opus Dei laut Gründer"von vornherein universell, für alle Zeiten und Länder" konzipiert[iii].

Nach Escrivá kann man Opus-Mitglieder nur verstehen, wenn man sie mit den ersten Christen vergleicht: "Sie (die ersten Christen) unterschieden sich äußerlich nicht von anderen Bürgern. Auch  ein Opus-Dei-Assoziierter ist ein normaler Bürger; er leistet normale Arbeit; er lebt mitten in der Welt als das, was er ist: Ein Bürger und Christ, der den Anforderungen seines Glaubens voll und ganz entsprechen will."[iv]

Katholische Eltern haben festgestellt, daß diese Beschreibung der Opus-Dei-Mitglieder nicht stimmt. Ihre Söhne und Töchter, die Mitglieder geworden sind, verhalten sich nicht wie normale Menschen, und sie leben und arbeiten nicht in der Welt, wie sie es vor dem Beitritt taten. Ihr Verhalten erscheint wie aufgesetzt und künstlich und ihre Reaktionen haben offensichtlich das Ziel,  die Eltern und andere Familienmitglieder, mit denen sie früher vertraut waren, auf Distanz zu halten. Die normale Kommunikation innerhalb der Familie verändert sich entscheidend.  Darüberhinaus erhalten die Eltern keine wirklichen Auskünfte von Opus-Dei-Verantwortlichen über diese  Persönlichkeits- und Verhaltensänderung;  auch nicht darüber, ob die kirchliche Vorschrift  der "Zustimmung in Mündigkeit und Verantwortung"[v] (vgl. S. 32ff) eingehalten wurde, als ihre Kinder sich dieser von manchen so genannten "Vereinigung freier Laien" anschlossen.

 

Die Antworten auf Elternfragen, wie sie Opus-Dei-Verantwortliche aller Länder geben, lassen an eine geplante, systematische Vertuschungspolitik denken. Beispiele solcher häufigen Antworten sind:

 

"Die Eltern verstehen das Opus Dei nicht."

"Wenn Eltern nicht einverstanden sind, dann, weil sie nicht wollen, daß ihre Kinder einer geistlichen Berufung folgen."

"Wer das Opus Dei kritisiert, kennt es nicht."

"Der Papst hat seine Zustimmung gegeben, daher sind Einwände oder  Anfragen  nicht am Platz."

"Es handelt sich um einen Einzelfall, wo ein einzelnes Mitglied aus übertriebenem Eifer gehandelt hat, und nicht um eine für das Opus Dei typische Verhaltensweise" (anläßlich eines x-beliebigen Falls der Anwerbung unter offenkundigem Zwang oder der Verletzung von persönlichen,  elterlichen oder familiären Rechten).

"Jeder, der negative Informationen über das Opus Dei verbreitet, steckt unter einer Decke mit Häretikern und/ oder Feinden der Kirche."

 

Diese immer gleichen, mechanischen Antworten dienen den Opus-Dei-Verantwortlichen eindeutig als Gemeinplätze, die weiteres Nachdenken unterbinden sollen.  Wie wir durch den vorliegenden Führer zu zeigen  hoffen, tragen sie nicht zur Verbreitung solider Information bei. Die Eltern, deren Kinder sich über Nacht vor ihnen verschließen oder nicht mehr an den normalen Familienzusammenkünften ( wie Ferien, Geburtstage, Hochzeiten, Erstkommunionfeiern) teilnehmen können,  sind am Boden zerstört, wenn sie entdecken, was vor sich geht: Das bewußte und entschiedene Abschneiden vertrauensvoller familiärer Bindungen. Ein gewaltiges, verstecktes und minutiös geplantes Unternehmen ist daran, sich in ihre elterlichen Rechte einzumischen und die Loyalität der Kinder ihren Eltern gegenüber  zu untergraben. Und weil sie Vertrauen zur kirchlichen Obrigkeit haben, sind diese Eltern gewöhnlich völlig überrumpelt.

Um  zu verstehen, wie so etwas passieren kann, muß  man sich informieren. Aufgrund der Struktur und Politik des Opus Dei wird diese Information allerdings sehr erschwert, wenn nicht unmöglich. Ein Beispiel: In die 32 Jahre lang geltenden Konstitutionen des Opus Dei konnte kein Außenstehender Einsicht nehmen. (Die nunmehrigen offiziellen Statuten, die nicht die ganze Praxis des Opus Dei regeln, werden den Bischöfen der Diözesen, in denen das Opus Dei errichtet ist, zugestellt.)(Ü) Ein vom Opus Dei ausgewählter Biograph, Jean-Jacques Thierry, schreibt: "Die vier Kapitel mit 479 Artikeln umfassenden Konstitutionen und Instruktionen, die schon erschienen sind oder in  Hinkunft erscheinen werden, sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sowenig wie alles, was die Leitung des Werkes betrifft. Mehr noch, es heißt dort in Art.193: 'Ohne Erlaubnis des Vaters dürfen die lateinisch geschriebenen nicht in die Vulgärsprachen übersetzt werden." [vi]

Nur durch Indiskretionen und dank der Anstrengungen von Ex-Mitgliedern wurden die von 1950 bis 1982 im "Werk" geltenden Konstitutionen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, z.B. 1986 in einem Taschenbuch des Madrider Magazins Tiempo. (Diese Veröffentlichung des lateinischen Orginaltexts und einer spanischen Übersetzung trägt den Titel " Constituciones, Sociedad de la Santa Cruz de la Obra de Dios, Roma, 1950").[vii] Seit 1982 verfügt das Opus Dei als "Personalprälatur" über offizielle Statuten, in denen die Geheimhaltungspraxis nicht erwähnt ist. Das (interne) "Vademecum für die örtlichen Räte" von 1987 (s.Anm.7) regelt allerdings wie zuvor die Konstitutionen genauestens die Geheimhaltung der Ausbildungs-Unterlagen und anderen maßgeblichen Vorschriftensammlungen (Vademecum, 135 ff).(Ü)

Die Praxis der Geheimhaltung der grundlegenden Normen, Verhaltensregeln und Vorgangsweisen wird mit Ausdrücken wie "private Angelegenheiten" oder "Diskretion" verschleiert. Öffentlich erklären Opus-Dei-Sprecher gern, es gebe im Opus Dei keine Geheimnisse.[viii]  KatholikInnen, die von katholischen Gruppierungen erwarten, daß sie sich an das Wort Jesu halten ("Euer Ja  sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen" ,Mt 5,37),  sehen in  dieser Unterscheidung zwischen "privat" und "geheim" allerdings nichts anderes als ein bewußtes Täuschungsmanöver.

Wie dem auch sei: Feststeht, daß das Opus Dei mehr als jede andere Organisation  in einer Verteidigungshaltung verharrt. Seine Mitglieder reagieren in der Regel auf Kritik mit persönlichen Angriffen, sie ignorieren alle Anklagen und tun in ihren Antworten so, als sei die Kirche auf der Anklagebank und nicht das Werk selbst.[ix]

Es ist traurig,  aber wahr: "So edel die Absichten des Gründers, so lobenswert die ursprünglichen Ziele gewesen sein mögen, in der jüngeren Vergangenheit  hat das Opus Dei in der Praxis mehr durch Angst als durch Liebe gewirkt ".Der das sagt, ist ein früheres Mitglied, Father Vladimir Felzmann, heute Leiter der Jugendarbeit in der Diözese Westminster und Priester an der Westminster Cathedral in London, der Bischofskirche des verstorbenen Kardinals  Basil Humes.(Ü) In einem Leserbrief in der Irish Times (11.11.82) erklärte  Felzmann, er sei 1981 nach 22 Jahren Zugehörigkeit ausgetreten "wegen des Klimas der Angst im Opus Dei,  das es ihm unmöglich gemacht habe, weiter Mitglieder zu werben".

Unsere Erfahrung als Katholiken und Eltern läßt sich genau mit den Worten von Father Jim MacDonald, Pfarrer von  Pierrefond/Montreal, Kanada,  zusammenfassen, der selbst heimlich vom Opus Dei angeworbene Neffen hat: "Wenn sie (die Organisation Opus Dei) sehr früh, in zunehmendem Maß und auf heimtückische Art und Weise die Rolle der Eltern im  Leben ihrer Kinder übernimmt, so ist das zweifellos eine Gemeinheit. Kann sein, daß es Eltern gibt,  die selbst mit der Bewegung sympathisieren... und die die Dinge nicht so sehen. Eltern aber, die selbst nicht dazugehören und nicht  alles schlucken (buy the whole thing), wird das Opus Dei schlußendlich immer von ihren Kindern entfremden." (Interview im kanadischen Fernsehen, 22.1.85,  im Rahmen der Sendung "Der Fünfte Stand: Werk Gottes?")

 

"Maria-und-Josef-auf-der-Suche-nach-dem-verlorenen-Kind"/ Selbsthilfegruppe zur Verteidigung des Vierten Gebots ist eine Hilfsorganisation von und für Eltern und Familien (s. Anhang I). Unsere Familien sind durch die geheimen Werbe- und Ausbildungspraktiken des Opus Dei tief verletzt worden. Seit 1981 sammelt die Gruppe Informationen über das Opus Dei  aus Frankreich, Deutschland, Spanien, Lateinamerika, England, Irland, Kanada und aus den USA. Quellen für diesen Führer sind vor allem die Schriften und Erklärungen der Opus-Dei-Verantwortlichen, insbesondere des Gründers, Aussagen von Ex-Mitgliedern und Erfahrungsberichte von Familien, aus denen Mitglieder oder Ex-Mitglieder kommen.

 

Einige Anmerkungen zur hauptsächlich verwendeten  Literatur (die Bibliographie umfaßt auch einige wichtige deutschsprachige Veröffentlichungen zum Thema, die dem amerikanischen Autor nicht zur Verfügung standen. Informationen daraus, die in die deutsche Fassung eingearbeitet wurden, sind  durch Ü(bersetzer) gekennzeichnet. Ü ): "Der Weg" ist eine Sammlung geistlicher Leitsätze des Gründers;  Cronica  heißt eine Opus-Dei-interne  Publikation. Bei dem Werk von J.J.Thierry handelt es sich wie gesagt um eine offizielle "Biographie" des Opus Dei, geschrieben von einem Sprecher des Werks. Vocation (Berufung) von Msgr.J.L.Soria, dem früheren Regionalvikar von Opus Dei Kanada, ist ein Werbe-Handbuch des Opus Dei. Eine Reihe von Zitaten   aus päpstlichen Rundschreiben zu Familienfragen zeigen den offenkundigen Widerspruch zwischen  Opus-Dei-Praxis und Aussagen des katholischen Lehramts.

 

J.J.M.Garvey,

Generalsekretär der Selbsthilfegruppe zur Verteidigung des Vierten Gebots, New York City, N.Y.

 

Vorstand der Elternselbsthilfegruppe:

M.et Mme. Paul Andrès (Chilly-Mazarin, Frankreich)

Warren Carroll, Ph.D. (Christendom College, Front Royal, VirginIa/USA)

Paul Ferris (Pound, Wisconsin/USA)

Hamish Fraser + (Ayrshire, Schottland)

M. Barrett Garvey, NGO-Delegierter, US-Coalition for Life (UNO)

Raymond T. Kelly (Leominster, Massachusetts/USA)

GARDAI SuperintENDENT I.R. & Mrs. DaniEL KENNEDY (DUBLIN/IRLAND)

Mr. and Mrs. Vernon L. Moore  (Dallas, Texas/USA)

John J. Roche, Ph.D.( Oxford University, Oxford/England)

J.G.Rubin,M.D. (Fredericksburg/Virginia)

als Beraterin: Margaret Gould, B.A.,C.Q.S.W., S.E.N. (Cheshire/England)

 

MERKMALE DESTRUKTIVER RELIGIÖSER BEWEGUNGEN

nach den Richtlinien des Heiligen Stuhls (vgl. Anhang II)

 

Die Richtlinien des Heiligen Stuhls beschreiben destruktive Bewegungen als "zumeist autoritär strukturiert"  und bemerken , daß sie" eine Art Gehirnwäsche und die Kontrolle der persönlichen Meinungen und Haltungen kennen", daß sie "Gruppendruck ausüben und Schuld- und Angstgefühle wecken".

In seinem Bericht fährt der Heilige Stuhl fort (Osservatore Romano, Nr. 20, 19.5.1986): "Gewisse Werbe- und Ausbildungs-Techniken ("training") und gewisse, von  sehr vielen Sekten angewandte und oft sehr ausgeklügelte Mechanismen geistiger Beeinflussung machen zu einem guten  Teil das Geheimnis ihres Erfolgs aus. Meist ziehen die Sekten mit diesen Mitteln Menschen an, die erstens nicht wissen, daß sie oft gezielt angesprochen werden , und zweitens keine Ahnung haben, dank welcher Machenschaften sie zur Bekehrung gebracht werden und welche Ausbildungsmethoden, welche soziale und psychische Manipulation auf sie warten. Von den Sekten werden oft ihre eigenen Denk-, Gefühls- und Verhaltensnormen auferlegt, im Gegensatz zur Vorgangsweise der Kirche, die eine Zustimmung in Mündigkeit und Verantwortung voraussetzt." (vgl. Anhang II)

 

Dabei bleibt unbestritten, daß der phänomenale Erfolg der neuen religiösen Bewegungen zusammenhängt mit den unpersönlichen  Strukturen der  gegenwärtigen Gesellschaft. Weil sie nicht aktiv am Leben einer Pfarrgemeinde teilnehmen können, haben viele das Gefühl, daß ihre Bedürfnisse und Bestrebungen in den Großkirchen vernachläßigt werden. Die neuen Bewegungen verdanken ihren Erfolg -  neben den betrügerischen Werbe-Methoden - dem Anspruch, diese verschiedenen Bedürfnisse und Bestrebungen befriedigen  zu können.

Anfangs ahnen die meisten Angeworbenen nicht einmal, daß man sie angeworben hat. Der römische Bericht will nicht zuletzt auf die die gefährliche Situation aufmerksam machen, die durch die Unkenntnis der angewandten manipulativen Methoden entsteht. Leider Gottes ist heutzutage schlicht und einfach Mißtrauen angebracht, sobald einem neue "Freunde" mit ihren Aufmerksamkeiten schöntun.

Die Techniken, die angewandt werden, um an jemanden heranzukommen, so der Heilige Stuhl, sind "oft eine Mischung aus Zuneigung und Täuschung und ... wirken zunächst positiv". Nachdem nur sehr wenige sich einer Sekte aus Neigung zum Bösen anschließen, geht das Wachstum der Sekten auf das Konto gutgesinnter Menschen und ihrer löblichen Absichten. Erst nach und nach bewirken die Werbemethoden eine geistige Kontrolle, eine Zensur der Gedanken und Meinungen, mittels betrügerischer Methoden der Verhaltensänderung. Die Menschen wenden sich den Sekten in Krisensituationen zu, so der Bericht, oder in einer Lage, in der  sie gefühlsmäßig und geistig  verwundbar  sind. Ihre Motivationen können besonders im jugendlichen Alter leicht ausgenützt werden. Die persönlichkeitszerstörenden neuen religiösen Bewegungen wenden ihrerseits raffinierte Mittel an, um bei normalen Menschen seelische und geistige Probleme entstehen zu lassen, die sie auf Lebenszeit von den Sekten abhängig machen.

Der vatikanische Rapport zählt neun Arten von Bedürfnissen und Bestrebungen auf, für  die die neuen religiösen Bewegungen angeblich eine Lösung bereithalten. Er listet auch die charakteristischen Prozesse der Werbung und Indoktrination auf und kommt zum Schluß, daß sie eindeutig eine Gefahr für die persönliche und gesellschaftliche Freiheit darstellen. Im folgenden vergleichen wir Punkt für Punkt die Merkmale des Opus Dei mit den im Dokument des Heiligen Stuhls zusammengetragenen.

1. Ein "subtiler Prozeß der Einführung des Bekehrten, die langsame Enthüllung seiner wahren Gesprächspartner"

Die Artikel 190 und 191  der geheimen Konstitutionen des Opus Dei verlangten von den Mitgliedern, daß sie "Außenstehenden" ihre eigene Mitgliedschaft oder die ihrer Kollegen nicht offenbaren.[x] Wenn Opus Dei-Informationsbüros heute immer wieder erklären, diese Konstitutionen seien nicht mehr in Kraft, so kommt das einer Irreführung nahe. Denn der entscheidende Abschnitt 89.2 der neuen Statuten erlaubt nur die Veröffentlichung der Namen ohnehin bekannter Mitglieder. Die weiterhin gültigen Vorschriften über die Geheimhaltung der Mitgliedschaft finden sich z.B. in der internen Schrift "Geist und fromme Gewohnheiten",  Fußnote 12, von 1990 (vgl. Anm.7).(Ü)

 Ebenfalls abgeraten  wird von allen Versuchen von Mitgliedern, ihren Lebensweg, ihre "Berufung" wem immer, und seien es "heiligmäßigen Personen" (Eltern eingeschlossen) verständlich machen zu wollen (de facto werden diese Versuche verboten).[xi]

Schweigen über das Werk wird allen Mitgliedern dringend empfohlen und "Diskretion" genannt.[xii]

Daraus ergibt sich, daß neue Mitarbeiter in den verschiedenen Arbeitsfeldern des Opus Dei (die kaum je als solche kenntlich sind), nur selten wissen, wer zum Werk gehört und welchen Rang er darin einnimmt, und wer nur Gast ist. Im ganzen Opus Dei wird eine verfeinerte Form von Verschleierung und falschem Zeugnis praktiziert, die  dunkle Schatten auf das strahlende Bild wirft, das man Neubekehrten gern vorzeigt. Diese Art der Täuschung erstreckt sich  auf viele andere Aktivitäten; sie wird mit der irreführenden Erklärung entschuldigt, das Zeugnis eines Mitglieds bestehe "in seinem Leben , nicht in seinen Worten". [xiii] 

 

2."Verwendung von 'Techniken' der Vereinnahmung wie 'love bombing'  usw."   Opus-Dei-Mitglieder werden in einer Technik der Anwerbung ausgebildet, die "Anwerbung  via  Freundschaft" heißt.[xiv] Laut Jean-Jacques Thierry sind die internationalen Zentren (Residenzen) zugleich die Zentren der Mitgliederwerbung für das  Opus Dei. Alle Schulen des Opus Dei, die Herbergen, Klubs, Kulturzentren, Hotelfachschulen, Universitäten, StudentInnenwohnheime, Verlage usw. dienen allerdings genauso der Rekrutierung neuer Mitglieder,[xv] nur sind sie selten als Opus-Einrichtungen zu erkennen. "Zufällig" werden sie  von Opus-Dei-Mitgliedern finanziert, personell ausgestattet und geleitet, aber sie "gehören"  de jure nicht der Organisation Opus Dei.[xvi]

Die Internationalen Zentren  liegen in noblen Wohnvierteln, gewöhnlich in Universitätsnähe. Hier werden nach der samstäglichen oder sonntäglichen Gebetsstunde mit Segen "Versammlungen " extra für die  Besucher veranstaltet. Das wohlabgestimmte Ambiente gibt den Mitgliedern  Gelegenheit, mit möglichen neuen Jüngern des "padre" zu "schwätzen", die nicht wissen, daß sie ins Visier genommen sind. Wesentlicher Bestandteil dieses Ambiente ist die schmeichelhafte Aufmerksamkeit, mit der man  die Neuankömmlinge umgibt ("love bombing").[xvii] Da hört man Lachen, Melodien werden gepfiffen,  Burschen gegenüber wird ein "Macho"- Verhalten  an den Tag gelegt (Mädchen gegenüber benimmt man sich betont ungezwungen); kleine Scherze sollen die Besucher bezaubern.[xviii] Das alles schaut wie spontan aus, ist aber in Wirklichkeit insgeheim in allen Details vorbesprochen und vororganisiert.  "Die wichtigste Tätigkeit im Leben jedes einzelnen Opus-Dei-Mitglieds ist die Werbung, auch 'Proselytismus' genannt."  [xix] Msgr. Escrivà, der Gründer, betonte  diese Forderung immer wieder mit Nachdruck. [xx] Die Anstrengungen gelten allen Erfolgreichen, allen ernsthaft engagierten und aktiven Katholiken, allen jungen und weniger jungen Freiberuflern. Die größten Werbeanstrengungen macht man allerdings bei Jugendlichen, die Numerarier, d.h. ledige Ganz-Mitglieder, werden sollen.

Die Rekrutierung von Neumitgliedern wird genauestens vorbereitet und gelenkt, den häufigen gegenteiligen  Beteuerungen des Gründers in der Öffentlichkeit zum Trotz.[xxi] Zweck der meisten apostolischen Kontakte ist es, "jedermann dafür zu gewinnen,  daß er ein  Opus-Dei-Zentrum besucht und sich später dem Werk anschließt. "[xxii]

Einzelne Mitglieder werden ausgewählt, um die  Kandidaten intensiv zu "bearbeiten". Im Namen der "Freundschaft"[xxiii] folgen dann wöchentliche  Plauderstunden, regelmäßige Telefonate, Krankenbesuche, Briefe während der Ferien, Glückwunschkarten zum Geburtstag mit lustigen Bemerkungen der Numerarier des Opus-Dei-Zentrums. Einige Empfänger solcher Aufmerksamkeiten teilen mit, daß nicht einmal Beschimpfungen die Fortsetzung der Behandlung zu beeinflussen scheinen. Den sensiblen jungen Leuten werden  Schuldgefühle  eingeimpft; auch wenn ihnen der allgegenwärtige und  widernatürliche Druck zuwider ist, fühlen sie sich schließlich nicht ganz wohl bei dem Gedanken, die Mitarbeit an den "katholischen" Aktivitäten zu verweigern.

Die Erklärung für diese aggressive, rücksichtslose Vorgangsweise findet sich in den Ermahnungen des Gründers: "Geht auf die großen Straßen und Gassen und drängt die, die ihr trefft, in meinem Haus Wohnung zu nehmen; drängt sie...Wir müssen ein bißchen verrückt sein...Ihr müßt euch aufreiben in der Bekehrungsarbeit..."[xxiv]  "Redet die Besten an...habt keine Angst, euch in das Leben anderer einzumischen."[xxv]

 

3.  "Patentantworten und Entscheidungen werden den Angeworbenen beinahe aufgezwungen."

Unter dem nachhaltigen Einfluß der "Versammlungen" und "Kreise" (circulos) werden die Angeworbenen (gelegentlich  kaum mehr als zwölf Jahre alt) nach und nach dahin gebracht, ihr privates, persönliches Leben zwecks "brüderlicher Zurechtweisung" (correctio fraterna) und persönlicher "Formung" offenzulegen (später kommt dann die wöchentliche verpflichtende "vertrauliche Aussprache" /charla fraterna). Zugleich mit der Unterweisung in der katholischen Lehre wird der "Geist des Opus Dei" eingebleut und der unverrückbare Weg zur Heiligkeit gepriesen, wie ihn der Gründer vorgezeichnet hat. Im Laufe dieser Glaubensunterweisung werden die anderen authentischen und erprobten katholischen Lebensformen nicht behandelt (vgl. Anm.27). Jeder Angeworbene erhält "Normen", die er täglich erfüllen muß und damit ein rigoroses Training in gruppenkonformem Denken, Fühlen und Verhalten. Die Sätze des "Wegs" von Escrivá werden ihm eingehämmert, vor allem die, die  Stillschweigen gegenüber Außenstehenden (Nr.n 639 - 656) und Gehorsam verlangen (Nr. 636: "Du wirst ein Apostel, um dich zu unterwerfen, dich auszulöschen";  Nr. 941: " Gehorchen..., ein sicherer Weg. Dem Oberen blind gehorchen..., der Weg der Heiligkeit").

In der Öffentlichkeit behaupten die Opus-Dei-Sprecher trotzdem das Gegenteil: "Wohlgemerkt, unser Gründer legte großen Wert auf die verantwortliche Ausübung der persönlichen Freiheit . Und wir halten uns daran. Wir lieben die Freiheit. Wir leben ein Leben in Freiheit." [xxvi]

 

4. und 5. "Schmeichelhafte Aufmerksamkeiten"; "Mitgliederkontrolle durch Geld- und Medikamentenverteilung"

Auf die besonderen Nettigkeiten und Aufmerksamkeiten, die man Anfängern erweist, haben wir bereits hingewiesen.

Die Geldverteilung wird unter Numerariern praktiziert, die der Verbuchung ihres Lohns auf ein Konto zugestimmt haben, von dem sie selbst nicht abheben können. Mit peinlicher Genauigkeit wird ihnen ein  Betrag entsprechend ihrer beruflichen Stellung ausgezahlt, über dessen Verwendung sie genau Rechenschaft ablegen müssen. Auf diese Art können selbst  ärztliche und zahnärztliche Behandlungen kontrolliert werden. Was am Anfang ein Akt der Großzügigkeit seitens des Mitglieds war, entpuppt sich als Verlust materieller Freiheit und erzeugt direkte Abhängigkeit und Kontrolle durch die Oberen.

 

6. "Die Forderung nach bedingungsloser Hingabe an den Gründer, den leader" 

Die Nr. 941 des "Wegs" von Escrivá de Balaguer wurde bereits erwähnt: "Gehorchen..., ein sicherer Weg. Dem Oberen blind gehorchen..., der Weg zur Heiligkeit. In Ausübung deines Apostolats gehorchen..., der einzig mögliche Weg, denn man kann ein Werk Gottes nur vollbringen in der Gesinnung : Gehorchen oder gehen." (Übersetzung nach dem Original, die deutsche Übersetzung des Opus-Dei-Verlags (Adamas, Köln) beschönigt den Ausdruck "blind gehorchen". ))  Auch die  Nummern 614 ("Bei der  apostolischen Arbeit  darf es nicht die Spur von Ungehorsam geben" )  und  617 verdienen hier Erwähnung ("Gehorcht wie ein Werkzeug in den Händen des Künstlers - ein Werkzeug fragt nicht, warum er dies oder jenes tut...").

Hier gilt es, sorgfältig  zu unterscheiden - zwischen blindem Gehorsam und "Glauben ohne zu sehen" (Jo 20,29).  Letzterer  ist angebracht den  tiefen, unerforschlichen  Geheimnissen unserer heiligen katholischen  Religion gegenüber.  Schließlich sind wir alle solche, die glauben, ohne gesehen zu haben.

Dagegen darf kein menschliches Wesen, keine menschliche Einrichtung für sich blinden,  unkritischen  Gehorsam beanspruchen - der kollektive Selbstmord einer Sekte im Urwald von Guyana hat  die Bedeutung dieses Grundsatzes wieder in Erinnerung gerufen.

Soll er verdienstvoll sein, muß christlicher Gehorsam der bewußte, demütige und verantwortete Akt eines informierten Gewissens sein, niemals aber  einfach unkritische Unterwerfung. Die traditionelle Askese, die sich aus den Situationen des monastischen Lebens entwickelt hat, ist im Opus Dei  entstellt worden, vielleicht, weil es so viele schlecht ausgebildete Laien als "geistliche Leiter" in den Zentren gibt. Weil aber die Funktion eines geistlichen Leiters so eng mit der des Beichtvaters verbunden ist, besteht größte Ursache zur Sorge.  Das Kirchenrecht (CIC 630) verbietet ausdrücklich jedem Nichtpriester, auch Ordensoberen, den Eingriff in die Gewissenssphäre. Die großen Heiligen Katharina von Siena, Franz von Assisi, Teresa von Avila und Ignatius Loyola (vor seiner Weihe) stellen äußerst seltene Ausnahmen dar, die diese Regel bestätigen.

7."Isolierung  (der Neubekehrten), Kontrolle ihres Denkens, Fernhalten jeder Information oder jedes Einflusses von außen (Familie,  Freunde, Zeitungen, Zeitschriften, TV, Radio, medizinische Behandlung usw.), die die Begeisterung und  den Prozeß der  Aneignung von Gefühlen und Einstellungen und von Verhaltensmustern  bremsen könnten."

Für  Eltern ist dieser Punkt wahrscheinlich der wichtigste. Alle anderen Meinungen müssen zuerst ausgeschaltet werden, bevor der Mechanismus der "Bekehrung" greifen  kann. Unter dem Deckmantel katholischer Glaubensunterweisung wird bei jeder Gelegenheit das Weltbild des  Opus Dei,  der "Geist des Opus Dei" als einzig korrekte Auslegung des Katholizismus gelehrt.[xxvii] Von Anfang an werden die ausersehenen künftigen Opus-Dei-Mitglieder von ihren Familien  ferngehalten und für ihre wöchentlichen "Kreise" in homogenen Gruppen zusammengefaßt:  Kinder im Grundschulalter, Gymnasiasten, Studenten,  Menschen um die dreißig usw.  Dort dürfen sie laut Cronica (1965) gelehrig und untertänig die Rolle von "Jüngern"einnehmen," die gekommen sind,  einen Meister zu hören" . "Sie diskutieren nicht... Wenn die schädliche Gegenwart von Zuschauern ausgeschaltet ist, ist es leicht, ihnen zu helfen." Indem er sie sich  in diesen sorgfältig zusammengestellten "Kreisen" einzeln vornimmt, indoktriniert  der "geistliche Leiter" (ein Laien-Numerarier) die künftigen Kandidaten auf vier Arten: 1. Indem er ihr Vertrauen gewinnt. 2. Indem er ihnen  ein Idealbild des Opus Dei entwirft (dadurch wird jeder Kritik der Wind aus den Segeln genommen).3. Indem er eine geistliche Leitung aufbaut und regelmäßige Beichten bei einem Opus-Dei-Priester anbahnt. 4. Indem er den Kandidaten zur Verinnerlichung des sehr wichtigen "Lebensplans" führt.

Ein Priester und Ex-Mitglied, Vladimir Felzmann, beschreibt diesen Vorgang so: "Sie (die geistlichen Leiter des Opus Dei) entwickelten nach und nach diesen Lebensplan... Gebete, Rosenkranz, geistliche Lesung, Messe, Heilige Kommunion usw., innerliches Beten. Und  von da an wurden  Sie  immer vertrauter, bis der geistliche Leiter und das Kind einander sehr, sehr nahe waren - fast in Symbiose lebten -  sosehr, daß es für das Kind sehr schwer war, nein zu sagen, wenn  der Erwachsene sagte, es soll das oder jenes tun." [xxviii]

Dieser (den Eltern oder einem anderen Beichtvater unbekannte) Lebensplan dient als Basis  einer Vertrautheit, die die Manipulation des künftigen Mitglieds  mehr durch Andeutungen als durch direkte Befehle möglich macht. Er wird auch benützt, um die Berufungskrise auszulösen. Der Gründer beruhigt die Mitglieder bezüglich der Wirksamkeit der Methode: "Zuerst fällt es ihnen schwer, sich Jüngeren (gemeint sind Numerarier, AdÜ) mit ihren kleinen Geheimnissen und Sorgen aller Art anzuvertrauen, (aber) später empfinden sie das Bedürfnis danach." (Cronica, 1963)

Die gesamte Unterweisung im katholischen Glauben geschieht anhand von Texten, die vom Opus Dei approbiert sind, vor allem anhand eines Opus-Dei-eigenen catechismo, und  wird ausschließlich von Opus-Dei-Lehrern erteilt.[xxix]

Die Lektüre und die Informationen aus dem Fernsehen oder anderen Medien werden sorgfältig überwacht und  verfolgt. In den neuen  Statuten von 1982 findet sich zwar  kein Index  verbotener Bücher, Filme etc., und  in Art. 109 heißt es: "Die Gläubigen der Prälatur genießen... dieselbe Freiheit wie die übrigen katholischen Gläubigen." Das ändert aber  nichts daran, daß  das "Vademecum für die örtlichen Räte" von 1987 bis ins kleinste Detail  Lektüre und Studium im Opus Dei regelt, auch für die Jugendlichen von "St.Raphael" (=Institution für jugendliche KandidatInnen). Die Befolgung dieser sehr ausführlichen Zensurvorschriften, die vor allem theologische Literatur betreffen, wird eine "schwerwiegende moralische Verpflichtung" genannt; Nichtbefolgung führt zum Ausschluß (Vademecum..., 95ff; vgl. Anm.7). (Ü)

Persönliche Post  von Freunden oder von der Familie wird vom geistlichen Leiter gelesen und mit  dem Neubekehrten diskutiert, ohne Wissen und Zustimmung des Absenders.[xxx] Auf diese Art soll vermieden werden, daß die Aneignung der Lebensform der "neuen Familie" unterbrochen wird.

 

8. "Abwendung der Neubekehrten von ihrer Vergangenheit; dauernde Hinweise auf früheres Fehlverhalten, z.B.  Drogenkonsum oder  sexuelle Verfehlungen; Spott über seelische Ängste oder Kontaktmangel usw."    

Anhand eines Idealbilds christlichen Lebens ("Geist des Opus Dei") können aggressive Werber idealistischen katholischen Jugendlichen leicht Schuld- und Angstgefühle einflößen. Indem man die üblichen  katholischen Wege geistlicher Vervollkommnung geschickt  mißbraucht (Lebensplan, Beichte, Gebet, eine besondere geistliche Leitung - wenn nötig, letztere allein), kann man  starken psychologischen Druck ausüben. Gelegentlich kann dieser aufgrund der genauen und besonderen Kenntnis der Seelenlage unerträglich werden.[xxxi] Nur eine ihrer selbst sehr sichere Persönlichkeit  vermag Widerstand zu leisten, wenn eine solche Autorität zu verstehen gibt, daß man eine Berufung zum Opus-Dei-Mitglied habe[xxxii], und wenn sie "vorhersagt", daß sowohl der Auserwählte selbst als auch seine Eltern deswegen "Schweres durchmachen" würden[xxxiii]. Nur sehr schwer kann man dem dringenden "Rat"  zurückweisen, nichts zu sagen,  denn "die Eltern verstehen es nicht" [xxxiv] oder die brutale Behauptung in Zweifel zu ziehen, daß " unser Herr uns seit Ewigkeiten für die Ewigkeit berufen hat. Schwierigkeiten sollten daher kein Hindernis sein. Dieser radikalen Entscheidung gegenüber darf man nicht hartnäckig Widerstand leisten, ...auch wenn sie alle Zukunftspläne und - träume des Betreffenden oder seiner Familie und Freunde wie ein Kartenhaus einstürzen läßt." [xxxv]

9. "Methoden der Gewissensbeeinflussung, die zu kognitiven Störungen führen ("intellektuelles Bombardement"); Verwendung von Klischees, die selbständiges Denken verhindern; geschlossene Denksysteme; Denkverbote"

Bei einem solchen Bekehrungseifer erscheint  es von entscheidender Bedeutung, jede Information zu kontrollieren, die in die Hände der Angeworbenen kommt. Die Sentenzen des "Wegs" lehren, daß Schweigen und blinder Gehorsam die Regel sind. Das Berufungshandbuch fügt hinzu, daß "inneres Schweigen, das wir durch die Überwachung unserer Blicke, unserer Neugierde, unserer Phantasie erreichen, notwendig ist", um den Anruf des Heiligen Geistes zu vernehmen.[xxxvi] "Die Ausrede, man verstehe nicht recht (was die innere Stimme sagt), kommt in Wirklichkeit der wahrhaft teuflischen Versuchung bewußter Gleichgültigkeit gleich".    Diese kann , "wie überhaupt jede Opposition gegen das Wirken des Heiligen Geistes,  schwerwiegendste Folgen haben". [xxxvii]

"Johannes, Petrus, Judas. Die drei stehen für verschiedene Antworten auf die Berufung. Beim  heiligen Johannes: Treue und Ausdauer. Beim  heiligen Petrus mehrere ernsthafte Rückfälle. Und dann gibt es die Antwort des Judas, kennzeichnend für die bewußte Weigerung, auf das Wort Jesu zu hören, und damit schlußendlich gleichbedeutend mit Verrat und dem Abkommen vom geraden Weg."[xxxviii]

 Geschickt überzeugt der Werber den potentiellen Kandidaten, daß eine eventuelle religiöse Berufung nichts anderes als die Berufung zum Opus Dei heißen kann. Zeugenaussagen zufolge werden die traditionellen  Wege, Gott in der Kirche zu dienen,  mit Verachtung gestraft.

Dieses intellektuelle  Bombardement bedient sich gewisser Klischees, die das Denken außer Kraft setzen, z.B.: "Eltern können das nicht verstehen"; "jede Berufung ruft notwenigerweise Gegnerschaft hervor". Oder: "Wenn man in der Kirche auf die Einwendungen der Eltern gehört hätte, würden der katholischen Kirche heute  eine ganze Reihe ihrer großen Heiligen fehlen."[xxxix] Ein immer wiederkehrender Refrain lautet: "Der Papst hat seine Zustimmung gegeben."  Ziel solcher Klischees ist die Verhinderung weiterer Diskussion; man braucht damit auch nicht mehr auf direkte Fragen zu antworten, kurz, man  kann sich dem Fragenden, sei es ein Elternteil, ein Kandidat oder wer immer, entziehen.

 

10. "Dauerbeschäftigung der Angeworbenen; sie werden nie allein gelassen; Dauer-Ermahnungen und -belehrungen mit dem Ziel, einen Zustand geistiger Überspannung, die Abstumpfung des Gewissens und automatische Unterwerfung unter die Weisungen zu erreichen; Brechen jedes Widerstandes und Widerspruchsgeistes; Angst wird in einer Weise beantwortet, daß oft noch  mehr  Angst entsteht"  

Vom künftigen Mitglied wird strikte "Verfügbarkeit für das Werk" verlangt, die zugleich Nicht-Verfügbarkeit für andere, vor allem familiäre Aktivitäten bedeutet. Dadurch isoliert man den Kandidaten noch mehr. Nach und nach wird die Freizeit herangezogen, vor allem die  Zeiten, die normalerweise  für Zusammenkünfte typisch katholischer Familien reserviert sind: Weihnachten, Ostern, die Geburtstage, Hochzeiten, die Erstkommunion von Geschwistern. Schließlich kommt man  vielleicht nicht einmal mehr zu Begräbnissen von Familienmitgliedern oder auf  Krankenbesuch ins Spital. Das Terrain soll unmerklich bereitet werden für eine gänzliche Loslösung  von seiner natürlichen Familie.[xl]

Father Felzmann schreibt, daß man  jugendlichen Mitgliedern droht, sie würden Gott beleidigen, und sie so "davon abbringt, ihren Familien zu sagen, daß sie dem Werk beigetreten sind, bis die Berufung  der Kandidaten gereift ist" ( das heißt jahrelang!) [xli]. Man arbeitet auch mit der Angst der "Berufenen", ihre unsterbliche Seele endgültig zu verlieren: "Was kommt bei einem solchen Leben à la Judas  heraus? ...Es gibt viele, die davon überzeugt sind, daß mangelnde Ausdauer in der Berufung nichts anderes bewirkt als die ewige Verdammnis..." [xlii]

In Zweiflern und Zögerern wird mit unzweideutigen Worten größte Angst vor drohenden Folgen geweckt: "Wenn eines meiner Kinder den Kampf aufgibt, ...sollt ihr es wissen lassen, daß das ein Verrat an uns allen ist, an Jesus Christus, an der Kirche, an seinen Geschwistern im Werk... Verrat wäre schon die Zustimmung zum kleinsten Akt der Untreue." [xliii]

 

11. "Stärkste Ausrichtung auf den 'leader'; gewisse Gruppen (christliche Sekten) spielen sogar die Bedeutung Christi zugunsten  des 'leaders' herunter"  

Obwohl es keine Anhaltspunkte für eine Abwertung Jesu durch das Opus Dei gibt, kann man leicht zahlreiche Beweise für eine Überbewertung des Gründers - heute im Opus Dei "Vater", ja sogar "Unser Vater, der im Himmel ist" genannt - und für die Abwertung der übrigen katholischen Kirche finden.

Der größte Teil der enormen Öffentlichkeitsarbeit des Opus Dei gilt dem Gründer. Aufwendige Veröffentlichungen des Werks verherrlichen  den "Vater" und sein bemerkenswertes und aufopferungsvolles Leben. Da das Werk mit allen seinen Gliederungen "durch eine göttliche Inspiration am 2. Oktober 1928" entstand [xliv], kann es sich nicht verändern. "Wir sind seine Kinder", sagte  Msgr. del Portillo, der zweite Generalobere des Opus Dei,  gern, "er ist unser Vater, und wir können unseren Vater nicht kritisieren." [xlv] Die Mitglieder werden sogar ermutigt, ihre früheren Gebete um Fürsprache vieler Heiliger aufzugeben und statt dessen eifrig um die Fürsprache des nunmehr seliggesprochenen Gründers zu beten.[xlvi] Luxuriöse Magazine, sorgfältig ausgestattet und zusammengestellt und hervorragend illustriert, dienen als Hauptträger der Image-Kampagne  für den Gründer als zentrale Gestalt des Opus Dei. Seine Heiligsprechung wird mit größtem Einsatz  vorangetrieben. Sein Elternhaus, der Marienwallfahrtsort, wo er 1904 "geheilt" wurde, die Häuser , in denen er lebte (heute jeweils  mit einer Gedenktafel versehen), sogar der Taufbrunnen, über dem er getauft wurde (heute restauriert und nach Rom überführt) sind Orte und Gegenstände des Kultes.[xlvii]

Jedes Jahr begeben sich Mitglieder und potentielle "Berufungen" nach Rom, auf den ersten Blick, um die Heilige Stadt kennenzulernen und den Papst zu treffen. Integrierender Bestandteil dieser Reisen ist stets der Besuch am Grab des Gründers im Mutterhaus, Viale Bruno Buozzi 75. Lang vor seinem Tod hat  Msgr. Escrivà selbst den Bau seiner Grabstätte überwacht, und sich dessen gerühmt.[xlviii] (Ü) Er wollte folgende Grabinschrift angebracht wissen: "Ein Sünder. Betet für ihn. Er zeugte Söhne und Töchter." [xlix] Nur die Worte "El padre" (Der Vater) wurden schließlich eingemeißelt.  "Den Willen des 'Vaters' erfüllen"  ist ein Gemeinplatz und von allen geteilter Wunsch im Opus Dei.

Neumitglieder müssen alle Fotos, die sie im Kreis ihrer Herkunftsfamilie zeigen, nach Hause schicken. Gelegentlich geschieht das in Form einer Collage auf selbstgemachten Weihnachts- oder Geburtstagskarten, für die Gesichter fein säuberlich ausgeschnitten werden. Portraits von Msgr. Escrivà, von seiner  Mutter und seinem Vater werden dagegen in jedem Opus-Dei-Haus in Ehren gehalten. Das sei Absicht, wird einem erklärt, es soll unterstreichen, daß das Werk eine Familie mit einem Vater als Oberhaupt ist. [l]

In fast allen seinen Plaudereien, Homelien oder Ansprachen vor Opus-Dei-Mitgliedern, spricht sie "der Vater" als "seine Kinder" an; oft  bittet er sie, "das für mich zu tun", "den Willen des Vaters zu erfüllen" usw. In jedem Haus gibt es da und dort Nipp-Sachen, Enten oder  Esel aus Porzellan z.B., von denen man weiß, daß sie der "Vater" mochte. So wird die Erinnerung an ihn dauernd wachgehalten.

Unausweichlich trägt eine solche Praxis  zur Übertragung normaler familiärer Gefühle auf die "neue Familie", das Opus Dei, bei. Keine normale  Familie kann bestehen  neben der Familie dieses heiligmäßigen Monsignore. Der Kontrast wirkt, und sei er noch so subtil. Die erzwungene Wahl zwischen dieser "heiligen Familie"[li] und der "Blutsfamilie"[lii] mit ihrer Gebrechlichkeit und Vergänglichkeit  wird  über das Unterbewußtsein erleichtert. Mehr noch, wenn man einmal überzeugt ist, den Willen Gottes zu befolgen durch den Eintritt und weiß, daß der geistliche Leiter und "wahre Freund" sich über diesen großmütigen Entschluß freuen  wird, kann der Beitritt für jemand,  der nicht ausreichend vorgewarnt ist,  etwas Unausweichliches werden.

 

BEMERKUNGEN ÜBER DIE STRUKTUR DES OPUS DEI

Beobachtungen und Hilfen

 

Wie wir gesehen haben, beschreibt die Erklärung des Heiligen Stuhls die ausgefeilten Bekehrungs- und Indok- trinationsmethoden, die soziale und psychische Manipulation, die von einigen neuen religiösen Bewegungen angewandt werden. Das vatikanische Dokument hält auch fest, daß Bewegungen, die sich dieser Mittel und Wege bedienen, persönlichkeitszerstörend und familien- und gesellschaftsschädigend wirken. Weil die  Werbemethoden und die Ausbildung im Opus Dei in allen angeführten elf Merkmalen genau den  Beschreibungen des Berichts entsprechen, sind wir als katholische Eltern verpflichtet, alles zu tun, um "die Gläubigen, besonders jugendliche Gläubige" zu warnen und zu informieren.

Wir stimmen zu, wenn der Vatikan erklärt, daß "sektiererische Geisteshaltungen ..., z.B. Intoleranz  und  aggressiver Proselytismus, allein ... noch nicht notwendigerweise eine Sekte aus[machen] und ...  jedenfalls nicht aus[reichen], um eine solche zu charakterisieren. Es gibt derlei Verhaltensweisen auch bei Gruppen von Christgläubigen innerhalb der Kirchen". Daher wollen wir mit diesem Elternführer auch das Opus Dei nicht als Sekte hinstellen, obwohl viele seiner Mitglieder  durch Intoleranz und aggressiven Proselytismus gekennzeichnet sind. Das Urteil über die Sektenhaftigkeit des Opus Dei überlassen wir den zuständigen kirchlichen Autoritäten.

Allerdings ist das Opus Dei offenkundig eine neue religiöse Bewegung, auf die die Definition des Heiligen Stuhls paßt: "... religiöse Gruppierung mit einem eigenen Weltbild, das von den Lehren einer der großen Weltreligionen abgeleitet, aber nicht mit ihnen identisch ist" .

 

EINE AUTORITÄRE STRUKTUR

 

 Die Mitglieder-Hierarchie

 

Darüberhinaus weist das Opus Dei effektiv auch die anderen Merkmale einer Sekte auf: Es ist "autoritär strukturiert", es kennt, wie wir gezeigt haben, "die Kontrolle der persönlichen Meinungen und Haltungen, üb[t] Gruppendruck aus und weck[t] Schuld- und Angstgefühle".

Eine absolut autoritäre Struktur breitet sich vom Kopf des Werks aus.  Im Opus Dei gibt es keine Wahlen außer der Wahl des  Nachfolgers des Prälaten ("Vaters") durch einen inneren Kreis eheloser männlicher Numerarier(priester), die vom Prälaten auf Lebenszeit ernannt werden (quasi als "Kardinäle" des Opus Dei )). Die zölibatären Numerarier-Priester und -LaiInnen stehen ganz dem Opus Dei zur Verfügung. Teils leiten die LaiInnen unter ihnen die Häuser der "obra" und führen die  Geschäfte, teils gehen sie normalen Berufen nach. In die obersten Ämter können nur Priester gelangen, in die mittlere Führungsebene des Gesamt-Opus-Dei nur zölibatäre Männer.(Ü) Dann gibt es  die Assoziierten, auch sie Ehelose, die ihr ganzes Leben dem  Opus Dei weihen, aber außerhalb der Häuser des Werks leben und werben, und,  so J.J. Thierry, wenigstens in Frankreich "kein Universitätsdiplom oder keine gehobene Schulbildung haben". Eine Parallelstruktur, die Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz, wird von Numerarier-Priestern gebildet und von Diözesanpriestern, die geistlich vom Prälaten des Opus Dei und disziplinär vom Ortsbischof abhängen (Ü), aber keine Gelegenheit versäumen, über ihre pfarrlichen oder anderen priesterlichen Dienste für den Eintritt in das Opus Dei zu werben.

Die Hilfsnumerarierinnen sind Dienstbotinnen auf Lebenszeit in den Opus-Dei-Häusern; es handelt sich um ledige Frauen, die schon als Jugendliche angeworben und in Opus-Dei-eigenen Hotelfachschulen ausgebildet wurden. Meist kommen sie aus ländlichen Gegenden. Sobald sie einmal von ihrer Berufung überzeugt wurden, gibt es für sie keine weitere Ausbildung und keinen sozialen Aufstieg mehr - sie bedienen,  ohne mit ihnen auf vertraulichem Fuß zu stehen, die Numerarierinnen und Numerarier  mit Hochschulabschluß (letztere  gelegentlich und unter Anleitung von Nummerarierinnen)(Ü).

Frauenfeindlichkeit

 

Ein kleiner Einschub zur generellen Minderstellung der Frauen (nicht nur der Hilfsnumerarierinnen) im "Werk Gottes". Diese wird in offiziellen Aussagen geleugnet, etwa von Le Tourneau (vgl.Anm.13): "Msgr. Escrivá betonte... die prinzipielle Rechtsgleichheit zwischen Mann und Frau, da die Frau als Person und als Kind Gottes die gleiche Würde besitzt wie der Mann...Dasselbe gilt für die Stellung der Frau im Leben der Kirche. Gerade in dieser Beziehung ist das Opus Dei der Zeit um Jahrzehnte voraus gewesen" (212f). Angesichts der geltenden "Internen Regeln für die Verwaltungen (=Frauenabteilungen)" von 1985 (vgl. Anm.7) erscheinen solche Aussagen jedoch als leere Worte. Aus den zahllosen Vorschriften spricht ein Mißtrauen gegenüber Frauen, das krankhaft genannt werden muß. (Art.11,§2: "Es ist stets zu vermeiden, daß man von der Verwaltung  aus die Residenz (=Männerabteilung eines Opus-Zentrums) und von der Residenz aus die Verwaltung sehen kann."  Art.32: "Die Direktorin (der "Verwaltung") notiert in einem Heft...sämtliche... Angelegenheiten, über die man sich durch das interne Telefon (mit dem Direktor der "Residenz") besprochen hat." Art. 48: "Die Verwaltungspersonen (=Hilfsnumerarierinnen) begeben sich stets gruppenweise, nie jede für sich, zur Reinigungsarbeit (in die Residenz der Männer)". Nach Maria del Carmen Tapia, die jahrelang in Rom mit dem Gründer zu tun hatte, geht diese neurotische Einstellung auf Escrivá zurück und ist keine spätere Fehlentwicklung des "Werks".(Ü)

 

Die unterste Ebene der Opus-Dei-Hierarchie bilden die SupernumerarierInnen, Ledige und Verheiratete, die in einem normalen Beruf tätig sind. Ihre Hauptverpflichtung besteht in der Heiligung ihres Alltagslebens unter der Anleitung des Opus Dei  und im unermüdlichen Aufspüren  möglicher "Berufungen" im Kreis ihrer Familie oder am Arbeitsplatz. Sie führen soviele Leute als möglich den attraktiven Herzeige-Projekten des Opus Dei zu.

Obwohl das Kanonische Recht den Anschluß von Jugendlichen unter 18 verbietet, hat das Opus Dei einen Weg gefunden, um dieses Hindernis zu umgehen: Die Kategorie der Aspiranten oder Kandidaten. " Nichts steht dem entgegen, daß ein Kandidat welchen Alters auch immer, während eines gewissen Zeitraums vor Vollendung des 17. Lebensjahrs als Aspirant betrachtet wird", lesen wir in den Statuten von 1982 (20.1.4). Vom Standpunkt des Opus Dei aus kann  der Wunsch nach Mitgliedschaft, geäußert von einem kaum Zwölfjährigen, aus Jugendlichen per se heimliche Mitglieder machen, ohne daß man für nötig hält, die zuständigen Autoritäten, nämlich die Eltern,  zu verständigen.

Aspiranten werden durch das sogenannte "Programm der anfänglichen Formung" ab dem Alter von 14 1/2 Jahren als zukünftige Zölibatäre in das Opus Dei eingegliedert, "denn de facto besteht diese gegenseitige Übereinkunft  (künftiger Ganzmitgliedschaft)" (Vademecum für die örtlichen Räte,19). (Ü)

Auch Seminaristen können noch vor der Diakonatsweihe  als Aspiranten in die Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz aufgenommen werden.

Diese Niveaus der Mitgliedschaft  sind  gewöhnlich  nicht austauschbar; Information gibt es auf jedem Niveau nur soweit sie für jemanden "nötig" ist. Supernumerarier sind z.B. gewöhnlich schockiert, wenn sie erfahren, daß Numerarier sich normalerweise  jeden Samstag geißeln, täglich (außer sonntags) mindestens zwei Stunden einen Bußgürtel tragen, gänzlich auf ihr Gehalt verzichten; oder wenn sie erfahren, daß jungen  Menschen, auch Minderjährigen, üblicherweise geraten wird, ihren Eltern nichts zu sagen, wenn sie beitreten.

Keine Mitglieder i.e.S. sind die MitarbeiterInnen: FreundInnen, SympathisantInnen, ArbeitskollegInnen und sogar solche, die als einfache TeilnehmerInnen an Besinnungstagen ohne ihr Wissen als MitarbeiterInnen betrachtet werden.  Was sie anzieht, ist die konservative katholische Spiritualität, von den Praktiken des Opus Dei als solchen wissen sie so gut wie nichts.

 

 

 

 

 Stereotype Antworten der  Sprecher und Informationsbüros

 

Wie bereits in der Einführung erwähnt, haben die Opus-Dei-Sprecher ein ganzes System von kritikverhindernden Klischees ausgearbeitet, die sie in ihren mündlichen Antworten den Eltern oder anderen Informationswilligen gegenüber einsetzen. Auch auf schriftliche, öffentliche Kritik, die ein längere Antwort erfordert, wird nach einem stereotypen Muster geantwortet.

Die Opus-Dei-Reaktionen auf öffentliche Kritik weisen die folgenden oder einen Teil der folgenden  Merkmale auf:

* Man weist die Anklagen zurück und läßt durchblicken, daß alle Anklagen ungerecht sind, weil sie aus notwendigerweise "uninformierten" Quellen stammen;

* man wirft den Herausgebern vor, sie hätten nicht die Loyalität gehabt,  das Opus Dei vor der Drucklegung über diese Anschuldigungen zu informieren;

*man zieht die Qualifikation und die persönliche Integrität des Kritikers in Zweifel;

*man deutet an, daß der Herausgeber einen schweren Fehler begangen und das Niveau seiner Zeitschrift durch die Veröffentlichung so schrecklicher, kirchenfeindlicher Anschuldigungen gesenkt hat;

*wenn  Fragen zu einer bestimmten Eigenart des Opus Dei kommen, werden Antworten des  kirchlichen Lehramts oder des Codex Iuris gegeben, als würde die Kirche  angegriffen , und nicht das Opus Dei.

 Zum Beispiel stellt jemand die Frage: "Stimmt es, daß Mitglieder des Opus-Dei  nur bei Opus-Dei-Priestern beichten dürfen?"   Er wird etwa folgende Antwort bekommen:  "Die Gläubigen der Prälatur haben die gleichen Rechte wie die übrigen katholischen Gläubigen. Zu diesen Rechten gehört das Recht, bei den Priestern zu beichten, bei denen sie wollen,  mögen sie der Prälatur des Opus Dei angehören oder nicht." (So die Antwort des Opus-Prälaten del Portillo in einer Erklärung gegenüber der deutschen Bischofskonferenz , 3. Sept. 1984.  Dabei betonte Escrivá immer wieder - allerdings intern, z.B. in Crónica (2/1972):"Wenn ihr den rechten Geist habt, dann geht ihr immer bei einem Priester des Werks beichten". In den Cuadernos (zit. nach Opus Dei - Stoßtrupp Gottes oder Heilige Mafia?, 101) wird er  zu dieser Frage folgendermaßen zitiert: "Alle meine Söhne haben die Freiheit, bei irgendeinem vom Ortsbischof approbierten Priester zu beichten, und man ist nicht verpflichtet, den Direktoren des Werks zu sagen, daß man das getan hat. Sündigt, wer das tut? Nein. Hat er einen guten Geist? Nein. Er ist auf dem Weg, auf die Stimme des schlechten Hirten zu hören."  -  Hervorhebung durch den Übersetzer )(Ü)

Jemand anderer fragt zum Beispiel: "Der Gründer sagt in Nr. 399 des 'Wegs', daß Mitglieder berechtigt sind, beim Anwerben heiligen Zwang auszuüben. Ist das  die übliche Verhaltensweise im Opus Dei?", und erhält die typische Antwort: "Das kanonische Recht  der katholischen Kirche untersagt jeden Zwang im Zusammenhang mit religiösen Berufungen, sei es von seiten der Familie oder anderer Personen." Eine solche Art von Antwort, die die Organisation mit dem Mantel der Kirche zudeckt und ihr erlaubt, ihre Machenschaften zu verbergen, ist bis jetzt von den Gesprächspartnern in- und außerhalb der Kirche akzeptiert worden. Auch das Argument "Das Werk ist von der Kirche approbiert" wurde bis jetzt mit großem Erfolg verwendet, um notwendige Untersuchungen zu hintertreiben.

Die Eltern der Selbsthilfegruppe haben bereits die Erfahrung gemacht, daß es "im allgemeinen wenig oder keine Chancen für einen Dialog" mit dem Opus Dei gibt , weder über die Rekrutierungsmethoden noch über die  geltenden Statuten, Normen und Vorschriften. Wir sind überzeugt, daß die echten Berufungen junger Katholiken vor Mißbräuchen geschützt werden müssen. Die kirchliche Norm (volle Mündigkeit, Zustimmung in voller Kenntis der Sachlage) muß in allen Fällen befolgt werden. Wir sind dem Heiligen Stuhl für sein Pastoralschreiben zu den religiösen Sondergemeinschaften und Sekten dankbar, erinnert es doch alle KatholikInnen daran, daß es verwerflich ist, im Zusammenhang  mit religiösen Berufungen Bekehrungs- oder Indoktrinationsmethoden manipulativer Art einzusetzen.

 

 

Das Verführerische an den neuen Sekten

 

Es ist wichtig, daß sich die Eltern klar werden, wie verführerisch neue religiöse Bewegungen wie das Opus Dei sein können.

Das Vatikan-Papier führt aus: "Man kann sagen, daß die Sekten zu leben scheinen, was sie glauben, mit Überzeugung, Hingabe und starkem, oft sehr anziehenden Engagement. Sie holen die Menschen dort ab, wo sie stehen, gehen auf sie mit Wärme, persönlich und direkt zu, holen das Individuum aus  der Anonymität heraus, unterstreichen Mitverantwortung, Spontaneität, Verantwortungssinn, Einsatzfreude..." und fährt fort: "Kurz gesagt, sie präsentieren sich selbst als  die einzige Antwort, als die gute Nachricht  in einer chaotischen Welt."

Diese Beschreibung paßt wie angegossen auf das Opus Dei. An besonders verführerischen äußeren Merkmalen sind zu vermerken: Eine immer wieder betonte Treue dem Lehramt und dem Papst gegenüber, Rechtgläubigkeit der Lehre, Würdigkeit der Liturgie, die tägliche Kommunion, die wöchentliche Beichte, und eine genau überwachte Gebets- und Bußpraxis. In einem Katholizismus solcher Art steckt die Verheißung, sein Leben mit Gott in Ordnung zu bringen, Tag für Tag, Stunde für Stunde.

Andere zieht die Aussicht an, nicht seinen ganzen Besitz verkaufen und ihn den Armen geben zu müssen, ohne schlechtes Gewissen seinen gehobenen Lebensstandard beibehalten zu können und zugleich persönliche Heiligkeit  durch eifrige Bekehrungstätigkeit zu  erlangen. In dieser heiligen Ehe zwischen dem "Kaiser" (Ansehen, Machtposition, Gruppenstolz) und  der Askese glaubt  man, dem gekreuzigten Herrn nachzufolgen , der "keinen Ort hat, wohin er sein Haupt betten könnte" (Lk 9,58), und trotzdem in einem Palast wohnen zu können. In der Tat scheint das "Apostolat des Nichts-Schenkens" wie es in Nr. 979 des "Wegs" empfohlen wird,[liii] Gratisarbeit für andere auszuschließen. Professionelle, uneigennützige und großzügige Hilfe Bedürftigen gegenüber wird entschieden abgewertet. In der materialistischen Welt von heute ist das eine besonders verführerische Botschaft.

 

Frühe  Anzeichen von Manipulation

 

Die Botschaft des Heiligen Stuhls ist sehr klar: Die Eltern und alle Familienmitglieder müssen über das geistige  Wohlergehen ihrer eigenen Familie wachen. Sie dürfen sich vom Augenschein nicht täuschen lassen und müssen imstande sein, die Anzeichen von Manipulation durch welche Gruppierung immer zu erkennen; dazu gehören:

* ausweichende und wechselnde Antworten auf direkte Fragen;

* ein Mangel an Humor der eigenen Gruppe gegenüber und Andeutungen von Herablassung oder Überheblichkeit gegenüber anderen katholischen Gruppierungen;

* die dauernde Tendenz, keine offene Antwort auf kritische Fragen zu geben;

* die gnostische Unterstellung, nur diese Gruppe könne die völlig verdorbene Kirche retten;

* persönliche und unhaltbare Angriffe gegen jeden, der Kritik äußert, wobei Kritik überhaupt als böse, übelwollend und "vom Dämon kommend" hingestellt wird - typisches Merkmal einer sektiererischen Mentalität;

* Klubs, Programme und andere Aktivitäten, die willkürlich Mann und Frau, Kinder und Eltern oder Geschwister voneinander trennen;

* eine religiöse Erziehung der Kinder, die vor allem ihr Schuld- und Sündenbewußtsein pflegt

 

 

Das Klischee: "Der Papst hat seine Zustimmung gegeben"

 

"Der Papst hat seine Zustimmung gegeben": Geben Sie sich nie mit dieser lähmenden  Floskel zufrieden, wenn sie eine Antwort auf eine kritische Anfrage sein soll. Der Papst hat auch den Charismatikern, den Jesuiten, den Franziskanern und zahllosen anderen  Gruppen seine "Zustimmung" gegeben, die sich in ihren Absichten und Idealen als katholisch deklarieren. Das ändert nichts an der Notwendigkeit, sie kritisch zu untersuchen.

Und haben nicht Päpste in der langen Geschichte der Kirche ihre "Zustimmung" auch Dingen, Personen und Gruppen gegeben, die dringend solcher kritischen Untersuchung bedürfen? (Ü)

Mit den Worten von Vladimir Felzmann: "Nach außen hin tut das Opus Dei viel Gutes. Aber um welchen Preis an Wahrheit, Leben ,  ja,  persönlicher Integrität? Wieder einmal liefert das Leben den Beweis, daß alles, was nicht lauter und ehrbar ist, irgendwo im Dunkel das Brandmal der Korruption trägt." (Leserbrief in der Irish Times, 11.11.82)

 

EINE UNKATHOLISCHE PRAXIS

 

Nun kann man der Meinung sein, die Formung durch das Opus Dei könne immerhin manchen nützen, schließlich baue sie auf dem Katholizismus auf. Aber auch  die wirksamste Ausbildung der Welt wurde und wird von der katholischen Kirche aller Zeiten verabscheut,  wenn sie mit betrügerischen Mitteln arbeitet. Nicht einmal ein Ziel wie die ewige Glückseligkeit darf  auf  unreine, unmoralische Weise erreicht werden.

Außerdem ist es eine Perversion von Grund auf, das vierte Gebot außer Kraft zu setzen, indem man  sich die Elternrolle erschleicht. Junge Leute zum falschen Zeugnis ihren Eltern und Familien gegenüber verleiten (ein Vergehen gegen das achte Gebot), Bibelzitate mißbrauchen und ein falsches Bild von der Kirche zeichnen, das alles ist zutiefst unrecht.  Unser Herr hat diesbezüglich die Pharisäer gewarnt: "Sehr geschickt setzt ihr Gottes Gebot außer Kraft und haltet euch an eure eigene Überlieferung. Mose hat gesagt: 'Ehre deinen Vater und deine Mutter!' und: 'Wer Vater oder Mutter verflucht, soll mit dem Tod bestraft werden.' Ihr aber lehrt: Es ist erlaubt, daß einer zu seinem Vater oder seiner Mutter sagt: Was ich dir schulde, ist Qorban, d.h. eine Opfergabe. Damit hindert ihr ihn daran, weiter für seinen Vater  oder seine Mutter zu sorgen. So setzt ihr durch eure eigene Überlieferung Gottes Wort außer Kraft." (Mk 7, 9-13)

Auch in Mt 23, 15-22 warnt Jesus die Pharisäer wegen ihrer aggressiven und gierigen Bekehrungs- und Werbemethoden: "Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht über Land und Meer, um einen einzigen Menschen für euren Glauben zu gewinnen; und wenn er gewonnen ist, dann macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, der doppelt so schlimm ist wie ihr selbst."

 

Der voreilige Wunsch, Gott zu dienen

 

Wir erinnern noch einmal an die wichtige päpstliche Weisung bezüglich der Kinder, wenn sie den  übereilten Wunsch hegen, Gott zu dienen. Johannes Paul II. hat klar und eindeutig die  unveränderte Deutung der Wiederauffindung Jesu im Tempel durch die Kirche  formuliert: "Jesus kehrt nach Nazaret zurück und ist Josef und Maria untertan. Dieser Gehorsam meint einmal kindlichen Gehorsam, zugleich  aber auch die gehorsame Offenheit des Menschen überhaupt, der  es immer wieder nötig hat, im Schoß der Familie zu lernen." (Osservatore Romano, 26.12.82) Die Geistesbildung der Kinder ist Pflicht und Recht der Eltern. Andere können sie höchstens an ihrer Stelle und nur mit ihrer Erlaubnis übernehmen.

Wenn Opus-Dei-Priester minderjährigen Jugendlichen raten, ihre Eltern nicht darüber zu informieren, daß sie entschlossen sind, dem Opus Dei beizutreten, dann tun sie damit so, als seien die Kinder autonom (was sie nicht sind) und stellten eine Art rechtmäßiger "Beute"  für erwachsene Bekehrungsapostel dar. Den Eltern die Möglichkeit eines Einspruchs, ja überhaupt der Information zu nehmen, bedeutet eine schwere Verletzung der Rechte und Pflichten, die ihnen Gott gegeben hat, ein Vergehen gegen das vierte Gebot. Lehrt man Kinder noch dazu, der legitimen Autorität gegenüber falsches Zeugnis abzulegen, so kommt, wie gesagt,  eine Verletzung des achten Gebots hinzu.

 

Absichtliche Verwechslung von Information  der Eltern und Zustimmung der Eltern

 

Wir müssen hier festhalten, daß die Unterscheidung zwischen elterlicher Information und elterlicher Zustimmung bewußt verwischt wird.  Die Eltern müssen informiert werden, denn ohne Information kann kein Elternteil die Entscheidungen treffen, die  aufgrund der schweren Erziehungsverantwortung nötig sind. Ob Eltern die Entscheidungen ihrer Kinder billigen oder nicht, ist wieder eine ganz andere Sache.

Zahlreiche Gruppen vermischen diese beiden Dinge bewußt und mit dem Ziel, umso leichter die "Parentektomie" (= Elternentfernung, eine Wortneubildung von Dr.med. Robert Mendelsohn) durchführen zu können.  Zu diesen Gruppen gehören sogenannte 'Sexualerzieher', gehören Familienplanungsstellen, viele  Sozialämter, alle aggressiven religiösen Sekten und leider Gottes, wie wir gezeigt haben, auch das Opus Dei.

 

 

Mitgliederwerbung durch Verfälschung der heiligen Schrift

 

Mit etwas Skrupellosigkeit können aus dem Zusammenhang der Gesamtbotschaft des Christentums gerissene Bibeltexte leicht für Zwecke der Verwirrung und Desorientierung  benützt werden. Zwei Beispiele: Mk 13, 12f, wo es heißt: "Brüder werden einander dem Tod ausliefern und Väter ihre Kinder, und die Kinder werden sich gegen die Eltern auflehnen ... um meines Namens willen..." und eine ähnliche Stelle Lk 14, 26: "Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein eigenes Leben gering achtet, kann er nicht mein Jünger sein." Diese zwei Beispiele stammen aus dem Werbe-Handbuch Vocation von J.L.Soria, einem kanadischen Opus-Dei-Leiter.

 

Die katholische Tradition der Schriftauslegung

 

Wie bei fast allen Teilen der Offenbarung handelt es sich hier um geheimnisvolle Worte, schon im Zusammenhang schwer zu verstehen, außerhalb des Zusammenhang aber völlig unverständlich. Um zu erfassen, was der Herr uns sagen hat wollen, hält sich die katholische Tradition  an einige Grundprinzipien. Erste Auslegungsregel: Keine Auslegung eines Teils der Schrift ist erlaubt, die auch nur den Anschein erweckt, daß Christus  den Geboten des Vaters  oder seiner eigenen Lehre widerspricht. Man darf die herausgegriffenen Texte auch nicht dazu verwenden,  Spaltung unter Christen zu erzeugen, denn sie haben das klare Gebot des Herrn, einander zu lieben.

 

 

 

 

 

Die Kirchenväter  und -lehrer

 

Zweite Auslegungsregel: Der Bezug zu den Kirchenvätern. Augustinus z.B. faßt die zweifache Botschaft der Kirche an die Welt so zusammen: "Die Erfüllung und das Ziel der Schrift ist die Liebe zu Gott und zum Nächsten." Er fügt hinzu: "Jeder also, der glaubt , die heiligen Schriften oder einen Teil davon zu verstehen, dabei aber einer Deutung anhängt, die nicht die doppelte Liebe zu Gott und zum Nächsten fördert, hat  sie noch nicht so verstanden, wie er sollte." (De doctr. christ., 36)

Und wem sollten wir uns  zuerst zuwenden, um die Nächstenliebe zu lernen, wenn nicht unseren Eltern? Fragen wir wieder einen Kirchenlehrer: Thomas von Aquin lehrt, daß die Reihenfolge  der zehn Gebote etwas von der abnehmenden Bedeutung  der Personen widerspiegelt, denen gegenüber der Mensch Verpflichtungen hat. Die ersten drei Gebote  betreffen die Verpflichtungen Gott gegenüber; "daher kommt unter den  Vorschriften, die die Beziehungen des Menschen zu seinen Nächsten regeln, der erste Platz dem Gebot zu, das den Eltern gewidmet ist." (S.th. Ia,IIae,qu.100,art.6).

Um nochmals  auf den heiligen Augustinus zurückzukommen: "Jede Schriftauslegung muß bestrebt sein, die doppelte Liebe zu Gott und zum Nächsten zu stützen" - wobei unsere ersten "Nächsten" unsere Eltern sind.

 

DAS KATHOLISCHE LEHRAMT ÜBER DIE FAMILIE

 

Hier muß man den katholischen Eltern in Erinnerung rufen, daß das Lehramt der Kirche stets unverändert auf der Unversehrtheit der Lebensgemeinschaft Familie beharrt. So sagte z.B. Leo XIII. in der Enzyklika "Humanum genus",  geschrieben  als Warnung vor den Gefahren der Geheimgesellschaften, insbesondere der Freimaurerei, allen Katholiken: " Die religiösen Erzieher tun  gut daran, wenn sie in allen ihnen Anvertrauten die feste Entschlossenheit wecken, sich nie irgendeiner Gruppe ohne Wissen der Eltern anzuschließen." (Hum.gen. 36,14-18)

Während die Opus-Dei-Sprecher immer wieder behaupten, die Eltern wüßten genau, welche Art von Ausbildung ihre Kinder erhalten, wenn sie in die Häuser des Opus Dei gehen,[liv]  weisen die Aussagen einer beunruhigenden Zahl von Eltern in die gegenteilige Richtung. Ohne Zweifel können die Eltern, denen man die Kenntnis des geheimen Opus-Dei-Programms vorenthält, ihrer Erziehungsverpflichtung nicht nachkommen. Die Enzyklika Summi pontificatus  Pius' XII. vom 20. Oktober 1939 über die Rolle des Staates in der heutigen Welt enthält folgende Passage über die Elternrechte: "Die den Eltern von Gott anvertraute Sendung, für das materielle und geistige Wohl ihrer Kinder zu sorgen und ihnen eine harmonische, von wahrhaft religiösem Geist durchdrungene Erziehung angedeihen zu lassen, kann ihnen nicht ohne schweren Rechtsbruch genommen werden."

Das Zweite Vatikanische Konzil widmet der besonderen Bedeutung der Eltern als erste geistige Erzieher ihrer Kinder breitesten Raum. Hier nur eine von vielen schönen Stellen: "Die erzieherische Rolle der Eltern ist von solcher Bedeutung, daß es für sie, wenn sie ausfallen,  nur schwer einen Ersatz gibt... Die Familie ist die erste Schule der sozialen Tugenden, ohne die keine Gesellschaft bestehen kann." (Erklärung über die christliche Erziehung "Gravissimum educationis",  3)(Ü)

 

Was "erziehen" heißt

 

Johannes Paul II. verdeutlicht, was die Kirche  unter der elterlichen Verpflichtung versteht,  die Kinder zu "erziehen" : "Die Formung einer reifen Persönlichkeit, als Erbe und Aneignung der grundlegenden  Werte des Lebens, ist  eine  besondere Verantwortung der Eltern ihren Kindern  gegenüber." (Ansprache im Päpstl. Institut Utriusque Iuris, 26.4.86).

Während der anderthalb Jahrzehnte seiner Lehrtätigkeit hat der Papst die Eltern stets in diesem  Punkt bestärkt, besonders in der Enzyklika "Familiaris consortio",36:  "Erziehungsrecht  und -verpflichtung der Eltern sind als wesentlich zu bezeichnen, da sie mit der Weitergabe des menschlichen Lebens verbunden sind; als unabgeleitet und ursprünglich, verglichen mit der Erziehungsaufgabe anderer, ...als unersetzlich und unveräußerlich, weshalb sie anderen nicht zur Gänze  übertragen noch von anderen in  Beschlag genommen werden können."

 

 

Bedeutung der Familie

 

Wachsame Eltern finden in den Aussagen des gegenwärtigen Papstes eine verläßliche Stütze. Er unterstreicht unzweideutig die zentrale Rolle der Familie als "Hauskirche", die die Kirche immer klarer erkennt: "Für jede Familie gilt dasselbe wie für Nazareth: Gott wird gegenwärtig  und wohnt unter den Menschen. Die Familie ist also ein bevorzugter Platz, ein Heiligtum. Daher kann sie durch nichts ersetzt werden, daher müssen wir sie mit allen unseren Kräften verteidigen.... Wir müssen alles unternehmen, was die Familie und die Würde verantworteter Vater- und Mutterschaft schützen und das gegenseitige Vertrauen zwischen den Generationen stärken kann!"  Wieder und wieder lehrt der Heilige Vater: "Es ist traurig, daß gewisse Ideologien die Familie zerstören wollen, die Entfremdung bewirken und Konflikte verursachen soll!  Es tut weh, daß so viele Jugendliche ihr Elternhaus in Bitterkeit und Verzweiflung verlassen! Das ist nicht der Weg, das kann nicht der Weg sein!" [lv]

Zahlreiche katholische Familien sind heute aufgrund ihrer Erfahrungen sicher, daß es aber tatsächlich der "Weg" Monsignore Escrivás ist, die "Bekehrungs"- und Indoktrinationspolitik des Opus Dei: Sie hat ihnen mittels  Methoden versteckter Manipulation ihre Kinder entfremdet.

Jede Art von Zwang im Zusammenhang mit religiösen Berufungen, auch unter dem Anschein von Frömmigkeit, Bußfertigkeit und Disziplin, vergewaltigt die  Heilige Schrift, die Tradition und die Aussagen des Lehramts. Sie muß ein Ende haben. Die einzige annehmbare Methode der Bekehrung und Werbung ist die unseres Herrn: Er hat offen jeden und jede eingeladen, und er hat nicht eingegriffen, wenn die Einladung manchmal zurückgewiesen wurde. Aber er hat seine Botschaft nie geheimgehalten, er hat nie Zwang ausgeübt, er hat nie getäuscht, er hat nie manipuliert.

 

Unsere "ersten Freunde"

 

Zum Abschluß ein Wort Johannes Pauls II.,  das er an  Studenten aus Rom und Umgebung gerichtet hat: "Etwas Drittes ist von größtem Wert in eurem Alter: Die Anhänglichkeit euren Familien, besonders euren Eltern gegenüber. Stellt eine Beziehung voll wirklicher, großer Zuneigung  zu euren Eltern her und pflegt sie immer: Sie sind eure ersten Freunde. Euer zukünftiges Leben hängt zu einem großen Teil von der Eintracht und vom Respekt ab, den ihr ihnen zollt, ihnen, die euch gezeugt und erzogen haben. Gewiß kommt einmal der Augenblick der Trennung, und ihr müßt euch darauf und auf die künftige größere Verantwortung vorbereiten;  aber  laßt eure menschlichen und familiären Wurzeln nie absterben, sonst wird euer Leben unfruchtbar und gerät aus den Fugen."[lvi]

 

Die Selbsthilfegruppe zur Verteidigung des Vierten Gebots schließt sich Papst Johannes Paul II. in seinem täglichen Gebet für jede einzelne Hauskirche an. Mögen die Mutter Gottes und der heilige Josef auf der Suche nach dem verlorenen Kind uns immer führen und begleiten.

 

 

QUELLEN, BIBLIOGRAPHIE (Ü)

 

1. In diesem Führer behandelte Schriftstellen

Gen 11,15

Ex 20,12 (Dt 5,16)

Ex  20,16 (Dt 5,20)

Mt 5,37

Mt 23,15-22

Mk7,9-13

Mk 13,12f

Lk 2,41-52

Lk 9,58

Lk14,26

Jo 20,29

 

2. Kirchenlehrer

 

Augustinus, De doctrina christiana , Corp.Christ.Lat. Bd.32, Turnhout 1962 (Kap.36)

Thomas v.A., Summa  theologiae (1.Teil des 2.Teils, qu.100,art.6)

 

3. Lehramt

 

Leo XIII., Humanum genus (1884)

Pius XII., Summi pontificatus (1939)

Zweites Vatikanisches Konzil, Gravissimum educationis (Erklärung über die christliche Erziehung)  in: Kleines Konzilskompendium, Freiburg/Brsg. 1966

Johannes Paul II., Familiaris consortio (Apostolisches Schreiben über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute), in: Dem Leben in Liebe dienen, Freiburg/B. etc. 1982

Johannes Paul II, The Family: Domestic Church (= Reden und Schriften über die christliche Familie 1978 - 1982), Athlone (Irland) o.J.

Sekretariat für die Einheit der Christen/  Sekretariat für die Nicht-Christen/ Sekretariat für die Nicht-Gläubigen/ Päpstlicher Rat für die Kultur,  Sekten und neue religiöse Bewegungen - eine Herausforderung für die Seelsorge (7.5.1986) (deutsche Fassung siehe Anhang II, S.32ff)

4. Schriften (im Auftrag) des Opus Dei

 

Constituciones, Societad Sacerdotal de la Santa Cruz de la Obra de Dios, Rom 195o, y Los Estatudas Secretos del Opus Dei, 1982, Tiempo (Madrid), 1986

Codex Iuris Particularis Operis Dei, Rom 1982

Vademecum für die örtlichen Räte (Vademecum de los Consejos Locales, Rom 1987), dt.e Auszüge in: Peter Hertel, "Ich verspreche euch den Himmel". Geistlicher Anspruch, gesellschaftliche Ziele und kirchliche Bedeutung des Opus Dei, Düsseldorf 19924, 214-217

De Spiritu et de piis servandis Consuetudinibus (Geist und fromme Gewohnheiten), Rom 1990

Regulae internae pro Administrationibus (Interne Regeln für die Frauenabteilungen), Rom 1985, 6.Aufl.

Cuadernos (Hefte), Rom o.J. (Auszüge aus den letztgenannten drei Schriften im Paulus-Akademie-Band (s.u.), S.35 ff)

Josémaria Escrivá de Balaguer, Der Weg, Köln 1982 (Original: Camino, Madrid 1939)

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, Köln 1971

Jean-Jacques Thierry, L'Opus Dei, mythe ou réalité, Paris 1973

Dominique LeTourneau, Das Opus Dei, Stein a.Rh. 1987

Peter Berglar, Opus Dei - Leben und Werk des Gründers Josémaria Escrivá, Salzburg 1983

Russel Shaw, Escrivá: The man and his work in: National Catholic Register (Kansas City), 26.12.87

J.L.Soria, Vocation, New York (Scepter Booklets 68)(= London, Tamezin Publications 10) o.J.

Vittorio Messori, Der "Fall" Opus Dei, Aachen 1995

H(ans) Gasper, M(assimo) Introvigne, Ch(ristoph Kardinal) Schönborn, H(ans)Maier, H(ans) Thomas, M(artin) Rhonheimer, Sektendebatte. Stellungnahmen aus der Kirche, Wien 1997² (Schriftenreihe der Karlskirche, H.9)

Andrés Vázquez de Prada, Il Fondatore dell'Opus Dei. La biografia del Beato Josemaría Escrivá. Milano 1999

Crónica (Die  angeführten Leitartikel etc. aus dieser Werk-internen, öffentlich nicht zugänglichen Zeitschrift  und andere nicht öffentlich zugängliche Dokumente können gegen Quellenangabe und Portokostenersatz schriftlich angefordert werden bei Dr. John Roche, Linacre College, Oxford University, Oxford OX1 3JA, Großbritannien.)

 

5. Schriften über das Opus Dei

Erfahrungsberichte:

Maria Angustias Moreno, El Opus Dei: Anexo a una Historia, Barcelona (Planeta) 1976

Klaus Steigleder, Das Opus Dei - eine Innenansicht. Einsiedeln etc.19925

Vladimir Felzman, Interview in: Peter Hertel, "Ich verspreche euch den Himmel" (s.u.) 1992 (4.Aufl.)

John J. Roche, Winning Recruits in Opus Dei - a personal experience in: Clergy Review (London), vol. LXX, no 10 (1985) (48 Great Peter Square, London SW1P 2HB)

Maria del Carmen Tapia, Hinter der Schwelle. Ein Leben im Opus Dei. Der schockierende Bericht einer Frau. Zürich etc. 1993.

Javier Ropero, Hijos en el Opus Dei, Barcelona 1993 (die deutsche Übersetzung, J.R., Im Bann des Opus Dei. Familien in der Zerreißprobe, Düsseldorf 1995, enthält auch die 2. Auflage des vorliegenden Elternführers durch das Opus Dei)

Kritische Gesamtdarstellungen mit weiterführender Literatur:

Peter Hertel, "Ich verspreche euch den Himmel". Geistlicher Anspruch, gesellschaftliche Ziele und kirchliche Bedeutung des Opus Dei. Düsseldorf 19924

Paulus-Akademie (Hrsg.), Opus Dei - Stoßtrupp Gottes oder 'Heilige Mafia'? Macht und Einfluß des Opus Dei in der Schweiz und anderswo,  Zürich 1992

Harald Schützeichel (Hrsg.), Opus Dei. Ziele, Anspruch und Einfluß (= Freiburger Akademieschriften, hrsgg. v.d. Kath. Akademie der Erzdiözese Freiburg, Band 5), Düsseldorf 1992

Giancarlo Rocca, L'Opus Dei, Appunti e documente per una storia, Rom 1985

Michel Walsh, The secret world of Opus Dei, London 1989 (Grafton Books, 8  Grafton Street, London  W1X 3LA)

"Opium Dei" - Le monde secret de l'Opus Dei = Golias (F-69615 Villeurbane), no 30, 1992

Peter Hertel, Geheimnisse des Opus Dei, Freiburg  1995³ (italien. Ausgabe: I segreti dell'Opus Dei, Torino 1997)

 

Zur Theologie des Opus Dei:

Hans Urs von Balthasar, Integralismus in: Wort und Wahrheit, Wien etc., Dez.1963

Hans Urs von Balthasar, Integralismus heute in: Diakonia, Wien etc., 4/1988

Anton Rotzetter, Opus-Dei-Mentalität oder christliche Spiritualität in: Paulus-Akademie (Hrsg.), Opus Dei - Stoßtrupp Gottes (s.o.), 1992

Willibald Feinig, Katholischer Nihilismus wird seliggesprochen in: Kultur, Dornbirn, Juni 1992

Werner Krebber, Ich bin der Weg... in: A.Zottl (Hrsg.),Weltfrömmigkeit,  Eichstätt 1985

 

Das Opus Dei und der Integralismus in der römisch-katholischen Kirche:

Gordon Urquhart, Im Namen des Papstes, München 1995

Thomas A. Hofer, Gottes rechte Kirche, Wien 1998

Peter Hertel, L'Europe à l'heure de la reconquête catholique, Villeurbane 1999

Peter Hertel, Glaubenswächter. Katholische Traditionalisten im deutschsprachigen Raum, Würzburg 2000

 

Auswahl weiterer Quellen (Zeitungsberichte und TV-Sendungen):

The Times (London), 14.1.81

New York Times Magazine, 8.1.84

Concilium (Mainz etc.), 5/1987

El Pais (Madrid), 11.11.79

profil (Wien), 2.11.1987

aufbruch (Fribourg) 4/1994

Le Monde Diplomatique (Paris), janvier 1995

CBC-TV (Kanada), The 5th Estate: Work of God?, 22.1.85

ORF (Österreich), Soldaten Gottes, Inlandsreport, 2.2.89

ARD (Deutschland) Opus Dei - Irrenhaus Gottes? (4.5.84)

Antena 3 (Spanien), La Clave,  .5.1984

[Kardinal] Tarancón, sorprendido por la rapidez de la beatification de fundador de Opus Dei, El Pais (Madrid), 11.7.1991

Herbert Kohlmaier, Offener Brief, Die Furche (Wien), 17.1.2002 (Teils.)

Alfred Kirchmayr, Offener Brief (unveröff.), Wien, 25.2.2002 (vgl. Anhang V)

 

 

 

 

 

 

 

NACHWORT DES ÜBERSETZERS

Angesichts dieser Untersuchung im Licht der römischen pastoralen Richtlinien von 1986 "liegt der Schluß nahe, daß sich der Vatikan mit der Seligsprechung des Opus-Dei-Gründers selbst widersprochen hat". So schreibt der Herausgeber des  Sammelbandes (Nr.30, 1992) von Golias (Villeurbane), in dem die französische Übersetzung  dieses Eltern-Führers erschienen ist. An sie lehnt sich die vorliegende deutsche Fassung weitgehend an; sie wurde aktualisiert und wo nötig und möglich an die Bedürfnisse von Leserinnen und Lesern, insbesondere betroffenen Müttern und Vätern, aus dem deutschen  Sprachraum angepaßt.

Der Selbsthilfekreis katholischer Eltern, deren Kinder in den Bann des Opus Dei geraten sind, hat mit diesem 'Führer' eine Arbeit im Geist des II. Vatikanischen Konzils geleistet.  Heißt es doch in der dogmatischen Konstitution Lumen gentium (Über die Kirche), unterzeichnet von allen Bischöfen der Weltkirche mit fünf Ausnahmen, die Laien sollen den Kirchenverantwortlichen "ihre Bedürfnisse und Wünsche mit der Freiheit und dem Vertrauen eröffnen, wie es den Kindern Gottes und Brüdern (und Schwestern,AdÜ) Christi zusteht. Entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit und ihrer Stellung haben sie die Möglichkeit, bisweilen auch die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, zu erklären ...in Wahrhaftigkeit, Mut und Klugheit gegenüber denen, die aufgrund ihrer Weihe und ihres Amtes die Stelle Christi einnehmen, mit Ehrfurcht und Liebe "(37).Und nicht, ohne vorher zu beten, möchte man nach der Lektüre dieser Seiten hinzufügen. Ohne Gebet führt erlittenes Unrecht leicht zu Verbitterung.

Die theologische Gründlichkeit dieser Arbeit zeigt sich auch  darin, daß sie den Zusammenhang zwischen den vom Opus Dei angewandten  Methoden  insbesondere der Mitgliederanwerbung und dem Geist bzw.  den  Äußerungen des Gründers herstellt. Hierin stimmen die Eltern nicht nur mit der Analyse von Hans Urs von Balthasar überein, sondern auch mit den Zeugnissen bedeutender Ex-Mitglieder des Werks (z.B. Maria del Carmen Tapia (Hinter der Schwelle), deren Aussage beim Prozeß über die Seligsprechung des Opus-Dei-Gründers durch üble Tricks verhindert wurde.

Der Übersetzer sieht sich durch den Führer der Eltern-Selbsthilfegruppe schließlich in der bereits mehrmals öffentlich geäußerten Überzeugung bestärkt,  daß Opus-Dei-Mitglieder und -Mitarbeiter schwerlich dazu berufen sind,  in der katholischen Kirche Verantwortung im Bereich der Ehe- und Familienseelsorge zu übernehmen.

Die Aktionsgemeinschaft "Kirche sind wir alle", entstanden als Reaktion auf die Ernennung eines Opus-Dei-Regionalvikars zum Bischof von Feldkirch, will laut Grundsatzprogramm "das Selbstbewußtsein fördern, daß alle Christinnen und Christen aus dem Glauben berufen sind, mitzudenken, mitzuhandeln und mitzuentscheiden", will "gegenseitige  Ermutigung und Solidarität üben" und "Strukturen des Unrechts aufdecken und verändern" helfen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß sie sich für die Verbreitung dieses Führers in Mitteleuropa einsetzt, der katholischen Eltern und ihren Kindern Hilfe und Information bringt. 

Für die kritische Durchsicht des Manuskripts und alle  Hilfe danke ich Peter Hertel, der sich um die Aufklärung des  'katholischen Falles' Opus Dei  bleibende Verdienste erworben hat. Wichtigere Aktualisierungen gegenüber dem amerikanischen Original und der französischen Vorlage sind durch (Ü) gekennzeichnet.

6. August 1993 (Verklärung des Herrn)                                                                                       Willibald Feinig                     

 

Vor der Übernahme  in das mutige Benziger-Verlagsprogramm wurde der Text überarbeitet und  vor allem eine Neuübersetzung des vatikanischen Pastoralschreibens "Per rispondere" hinzugefügt. Die Tragweite  der Aussagen des "Elternführers" wird dadurch deutlicher.

Gründonnerstag 1995                                                                                                                                    W.F.

 

"Alle, die sich auf den Namen Jesu taufen lassen, sind durch ihn geheiligt. Eine andere Heiligkeit hat es in der Kirche Jesu noch nie gegeben. Abgesehen davon bezweifle ich nicht, dass im vergangenen Jahrhundert in Spanien Heilige (herausragende ChristInnen) gelebt haben. Ceferino Giménez Malla z.B., ein Caló ("Zigeuner") aus Barbastro, erschossen 1936, im Bürgerkrieg. Wen ein  Beispiel wie das von "El Pelé" (dargestellt von P. Josef Cascales, El Pelé, Wien-Klagenfurt 1997) nicht ergreift, dem ist nicht zu helfen.

Ob der Gründer des Opus Dei auch ein solcher 'Heiliger' war? Trotz und gerade wegen Hochglanzbroschüren und gegenwärtig wieder rollender p.r.-Lawinen bezweifle ich es.Wenn Hans Urs von Balthasar mit seiner noch gegen Lebensende erhobenen Warnung  vor kirchlicher Geilheit nach gesellschaftlichen Machtpositionen Recht hat; wenn von den übergangenen Zeugenaussagen hochrangiger Ex-Opus-Dei-Mitglieder (Vladimir Felzman, Maria del Carmen Tápia z.B.) nur ein Teil stimmt; wenn amerikanische Eltern ihre Kinder durch diese Organisation wirklich 'verloren' haben, wie sie in ihrem "Elternführer durch das Opus Dei" (von mir ins Deutsche übersetzt, Solothurn-Düsseldorf 1995) dem Vatikan in aller Eindringlichkeit darlegen, begründet auf die Aussagen des Lehramts zu Familie und Sektenpastoral; wenn die Sisyphus-Arbeit eines Peter Hertel nur ein Körnchen Wahrheit zu Tage gefördert hat - dann ist Josemaría Escrivá Balaguér ein armer Mensch, für den man beten muss. Bei Gott also vielleicht doch etwas anderes als ein 'Heiliger'."

Dieser Leserbrief erschien am 10.2.2002 im Vorarlberger Kirchenblatt (Feldkirch), das ausführlich über die geplante Heiligsprechung des Opus-Dei-Gründers berichtet hatte. In der nächsten Ausgabe stand folgende Erwiderung des Herausgebers:

"Es ist Willibald Feinig unbenommen, seine eigene Meinung zur Heiligkeit des Opus-Dei-Gründers Escriva zu haben und seinen Verdacht auszusprechen. Es gibt jedoch Gewährsleute von zumindest derselben Gewichtung, wie die in seinem Leserbrief zitierten, die Kardinäle König, Schönborn, Bischof Koch u.a., die sich wertschätzend zu dieser modernen kirchlichen Bewegung äußern. Sie hat über 80.000 Mitglieder, was auch einiges über die Anziehungskraft und die Qualität aufzeigt. Leider behindert Feinig durch seine Verdächtigungen für nicht wenige eine faire, offene Sicht auf die spirituellen Impulse [... und die] institutionellen Eigenheiten dieser kirchlichen, stark von Laien getragenen Einrichtung. Dr. Elmar Fischer, Generalvikar"

Die Buchausgabe des "Elternführers" ist vergriffen. Dass ein kirchlicher Verantwortungsträger  mit so wenig Wertschätzung  die achtsame und achtungsvolle, auf eigener Erfahrung basierende und in ihrer Kirchlichkeit unübertroffene Arbeit des New Yorker Elternkreises abtut, ist ein Alarmzeichen und hat den Übersetzer neben der Nachfrage zur erneuten Aktualisierung und Publikation via Internet bewogen.

Die angeführten Gewährsleute in Ehren: Es mindert ja auch nicht die künstlerischen Verdienste eines Picasso oder Aragon, dass sie lange Zeit dem Stalinismus -  aus sicherer Entfernung - die Stange gehalten haben.

Mai 2002                                                                                                                                                       W.F.

 

THE TRANSLATOR'S  POSTFACE

Having read this investigation in the light of the Roman pastoral guidelines of 1986, "one is inclined to draw the conclusion that the Vatican contradicted itself by beatifying the Opus Dei founder". That's the opinion expressed by the editor of Golias (Villeurbane, No 30, 1992), where the French translation of this Parent's Guide was published. The present German version is largely based on the above mentioned edition, after having been brought up to date and - as far as it seemed necessary and possible - adapted to the needs of the readers, especially those of german-speaking mothers and fathers.

With this guide the Ad-hoc-organization of Catholic parents whose children have got under the influence of Opus Dei, has done an important job in the spirit of Vatican II. For, as we can read in the dogmatic constitution Lumen gentium (About the Church), signed by  all the bishops of the universal  church with the exception of only a few, the ordinary Christians should reveal to their superiors "their needs and wishes in church matters with that degree of  freedom and confidence that is appropriate to the children of God and brothers (and sisters, transl.) of Christ. According to their knowledge, competence and position they are allowed and sometimes even obliged to express their opinion on matters relating to the welfare of the Church ... in truthfulness, courage and wisdom towards those who - on account of their ordination and their office - take place of Christ, with reverence and love." And not without having prayed before, one is tempted to add after reading these pages. For without prayer injustice that has been suffered often leads to bitterness.

The theological thoroughness of this Guide is also shown by the fact that the connections between the methods applied by Opus Dei, in particular those of recruiting new members, and the spirit and teachings of its founder are clearly established.

In this respect, the parents do not only confirm the analysis of Hans Urs von Balthasar, but also the testimonies of important ex-members of  the Opus (e.g. most recently Maria del Carmen Tapia / Tras el umbral -  Behind the Threshold);  by evil tricks, these people have been hindered from giving evidence before the Roman beatification court.

The Parents' Guide has reassured the translator in his conviction (which he has expressed publicly on several occasions) that Opus Dei members, affiliates and friends are hardly called to take on responsability in  family and matrimony pastoral work within and outside the Church.

The Aktionsgemeinschaft 'Kirche sind wir alle' (= We all are the Church), which originated as a reaction to the nomination of an Opus Dei "Regionalvikar"  as Bishop of Feldkirch , Austria, pursues the aim "to foster the consciousness that all Christians have - by their very faith - a mission to participate in the process of thinking, acting  and decision-making"; 'Kirche sind wir alle' wishes to exercise "mutual encouragement and solidarity" and to help "to reveal and change patterns of injustice". Needless to say  it is committed to the spreading of this Guide in Central Europe, as it offers Catholic parents and their children help and information.

I wish to thank Peter Hertel for his critical evaluation of the manuscript. He has achieved great merits by casting light on the catholic case of Opus Dei.

Wherever the American original and the French edition have been brought up to date, these passages have been marked (Ü).

August  6th 1993 (Transfiguration of the Lord)                                                                           Willibald Feinig

 

(After-address translated by courtesy of Gert Kilga)

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ANHANG

I

MARIA-UND-JOSEF-AUF-DER-SUCHE-NACH-DEM-VERLORENEN-KIND       /        SELBSTHILFEGRUPPE ZUR VERTEIDIGUNG DES VIERTEN GEBOTS, 305 MADISON AVENUE, SUITE 1146, NEW YORK CITY, NY 10165, USA

PROGRAMM

Die Gruppe "Maria-und-Josef-auf-der-Suche-nach-dem-verlorenen-Kind" ist eine Selbsthilfegruppe zur Verteidigung des Gebots "Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt" (Ex 20, 12).  Sie will eine katholische Antwort auf ein spezifisch katholisches Problem geben.  Inmitten der katholischen  Kirche ist eine Organisation namens Opus Dei (= Werk Gottes) zu Bedeutung und Einfluß aufgestiegen. In ihrem Kielwasser bleiben verwundete und oft der Verbitterung nahe katholische (und auch andere) Familien zurück - Opfer der Rekrutierungs- und  Indoktrinationsmethoden der Organisation.

Wir möchten diese Familien unterstützen; wir strecken ihnen in dieser unsicheren und traurigen Lage unsere Hand entgegen. Nachdem wir alle das gleiche erlitten haben, versuchen wir, Eltern aufzurichten  durch Gebet, Information und  Erfahrungsaustausch. Gemeinsam freuen wir uns auf den Tag, wo unsere Mutter, die Kirche, auf  unsere Stimme hören wird.

Um die Exzesse der Opus-Dei-Werber (manche davon sind heute  unsere eigenen Kinder) wiedergutzumachen, beten und fasten wir und pflegen die eucharistische Gemeinschaft. Wir laden alle Katholiken ein, für die Schwestern und Brüder zu beten, die dank der Politik des Opus Dei von ihren Familien getrennt sind - besonders am Fest der heiligen Familie, unserem alljährlichen Einkehrtag. Wir schließen uns dem  Gebet des Papstes für jede einzelne Haus-Kirche an.

Wir laden auch zum Beten und Meditieren des Rosenkranzes ein, im Kreis der Familie und vor ausgesetztem Allerheiligsten. Beim fünften Geheimnis des freudenreichen Rosenkranzes  (Jesu Wiederauffindung im Tempel) beten wir, daß die Tugend des Gehorsams in der Art verstanden wird, wie sie Johannes Paul II. im Namen der Kirche interpretiert hat: ""Jesus kehrt nach Nazaret zurück und ist Josef und Maria untertan. Dieser Gehorsam meint einmal kindlichen Gehorsam, zugleich  aber auch die gehorsame Offenheit des Menschen überhaupt, der  es immer wieder nötig hat, im Schoß der Familie zu lernen." (Osservatore Romano, 26.12.82) Wir beten darum, daß die Opus-Dei-Verantwortlichen mit ihrer falschen Auslegung dieses Geheimnisses aufhören mögen.

In Demut und mit Nachdruck bitten wir den Heiligen Vater, den gegenwärtigen Papst Johannes Paul II., er möge dafür sorgen,

1. daß alle vom Opus Dei unterstützten, geleiteten und initiierten Aktivitäten klar und deutlich als solche erkennbar sind;

2. daß die Statuten und geltenden Normen und Regeln unverzüglich veröffentlicht, in die Umgangssprache übersetzt und allen Betroffenen  zugänglich gemacht werden, damit der Beitritt zu dieser Organisation  wirklich aufgrund vorheriger Information erfolgen kann;

3. daß die Werbemethoden und die Rekrutierungspolitik des Opus Dei, die nun schon jahrzehntelang Familien in Angst und Not stürzt und junge Menschen ihren Herkunftsfamilien entfremdet, unverzüglich aufgegeben  und von Grund auf  geändert werden;

4.  daß die Sektenmentalität, die im Opus Dei herrscht und die  die Mitglieder oft zur Entstellung oder Verformung der Wahrheit den legitimen Autoritäten gegenüber treibt, klar und deutlich angeprangert, abgeschafft und durch eine wirklich katholische Transparenz den Menschen gegenüber ersetzt wird.

 

 

 

 

II

SEKTEN UND NEUE RELIGIÖSE  BEWEGUNGEN - EINE HERAUSFORDERUNG  FÜR DIE SEELSORGE  (PER RISPONDERE)

Zwischenbericht des Sekretariats für die Einheit der Christen, des Sekretariats für die Nichtchristen, des Sekretariats für die Nicht-Gläubigen und des Päpstlichen Rats für die Kultur , erstellt unter Einarbeitung von 75 Antworten nationaler und regionaler Bischofskonferenzen bis Ende  Oktober 1985,  veröffentlicht am 7. Mai 1986 in Rom (Vatikan)

 

Vorwort

Als Antwort auf eine  von Bischofskonferenzen in aller Welt geäußerte Sorge haben die Sekretariate für die Einheit der Christen, für die Nichtchristen und für die Nicht-Gläubigen  und der Päpstliche Rat für die Kultur eine Untersuchung über die Verbreitung und Tätigkeit von Sekten, neuen religiösen Bewegungen und Kulten durchgeführt. Die erwähnten Dikasterien und das Staatssekretariat teilen diese Sorge seit langem.

Als erster  Schritt wurde im Februar 1984 vom  Sekretariat für die Einheit der Christen im Namen der genannten Dikasterien des Heiligen Stuhls ein Fragebogen an Bischofskonferenzen und ähnliche Gremien gesandt mit dem Ziel, zuverlässige Informationen  und Anregungen  für pastorale Maßnahmen  zu erhalten  und  weitere Untersuchungen anzuregen. Bis jetzt (Oktober 1985) sind  viele Antworten von nationalen und regionalen Bischofskonferenzen und bischöflichen Gremien aus allen Teilen der Erde eingegangen. Einige Antworten enthielten genaue Informationen aus verschiedenen Diözesen; beigelegt waren Hirtenbriefe, Broschüren, Artikel und Studien.

Es ist natürlich unmöglich, die eingesandten umfangreichen Dokumente zusammenzufassen, die außerdem ständig aktualisiert werden müssen, um als Grundlage für eine konstruktive pastorale Antwort  auf die Sekten, neuen religiösen Bewegungen und  Gruppen  brauchbar zu sein. Im folgenden Bericht kann lediglich ein erstes Gesamtbild auf der  Basis der eingegangenen Antworten und Dokumente gezeichnet werden.

 

1. Einleitung

Definitionsprobleme

1.1. Was sind "Sekten"? Was versteht man unter "Kulten"?  Als erstes gilt es festzuhalten, daß die Begriffe, Definitionen und die Terminologie Schwierigkeiten bereiten.  Die Ausdrücke "Sekte" und (im englischen Sprachraum)"Kult" klingen irgendwie abfällig und beinhalten ein  eher negatives Werturteil. Manche würden neutralere Ausdrücke wie "neue religiöse Bewegungen", "neue religiöse Gruppen" vorziehen. Um die Definition dieser "neuen Bewegungen" oder "Gruppen" im Unterschied zu "Kirche" oder "legitimen Bewegungen innerhalb einer Kirche"  wird gerungen.

Hilfreich ist die Unterscheidung  zwischen Sekten, die ihren Ursprung in der christlichen Religion haben, und solchen, die von einer anderen religiösen oder humanitären Quelle herkommen. Heikel wird die Sache, wenn es sich um Gruppen christlichen Ursprungs handelt.  Trotzdem muß diese Unterscheidung getroffen werden, denn gewisse sektiererische  Geisteshaltungen und Verhaltensweisen wie z.B.  Intoleranz und aggressiver Proselytismus allein  machen noch nicht notwendigerweise eine Sekte aus, und reichen jedenfalls nicht aus, um eine solche zu charakterisieren: Es gibt derlei Verhaltensweisen auch bei Gruppen von Christgläubigen innerhalb der Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Diese Gruppen können sich jedoch durch eine vertiefte Glaubensbildung und durch Kontakte mit Mitchristen  zum  positiven ändern und sich so eine mehr und mehr kirchliche Haltung  aneignen.

Das Unterscheidungskriterium zwischen Sekten christlichen Ursprungs auf der einen und Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften  auf der anderen Seite könnte in den Quellen der Lehre dieser Gruppen zu finden sein. So könnte man Sekten z.B. jene Gruppen nennen, die über die Bibel hinaus andere "Offenbarungen" oder "prophetische Botschaften" kennen; oder aber Gruppen, die bestimmte kanonische Bücher  aus der Bibel ausschließen oder ihren Inhalt radikal verändern. Eine Antwort auf Frage 1 des Fragebogens lautete:

"Aus praktischen Gründen wird ein Kult oder eine Sekte zuweilen definiert als  'religiöse Gruppierung mit einem eigenen Weltbild, das von den Lehren einer der großen Weltreligionen abgeleitet, aber nicht mit ihnen identisch ist'. Da wir aber hier von besonderen Gruppen  sprechen, die gewöhnlich eine Gefahr für die Freiheit  der Menschen und der Gesellschaft  überhaupt darstellen, wurden  Kulte und Sekten auch durch eine Reihe von unterscheidenden Merkmalen charakterisiert. So sind sie zumeist autoritär strukturiert, kennen eine Art Gehirnwäsche und die Kontrolle der persönlichen Meinungen und Haltungen, üben Gruppendruck aus und wecken Schuld- und Angstgefühle. Die grundlegende Arbeit über diese Merkmale stammt von dem Amerikaner Dave Breese (Know the Marks of Cults, Victor Books, Wheaton Ill., 1985)."

Bei aller Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Sekten christlichen Ursprungs hier und Kirchen, kirchlichen Gemeinschaften  oder  christlichen Bewegungen dort lassen die Umfrageergebnisse zuweilen auch  einen schwerwiegenden Mangel an Verständnis für und Wissen über andere christliche Kirchen und kirchliche Gemeinschaften  erkennen. Einige bezeichnen als "Sekten"  Kirchen und kirchliche Gemeinschaften, die nicht in voller Gemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche stehen. Auch Anhänger bedeutender Weltreligionen (Hinduismus, Buddhismus usw.) werden von manchen als Sektenangehörige abgestempelt.

Dringlichkeit

1.2. Abgesehen von solchen Schwierigkeiten halten fast alle Lokalkirchen  übereinstimmend das Auftauchen und die rasche Verbreitung  aller Arten von "neuen" religiösen und pseudoreligiösen Bewegungen, Gruppen und Praktiken fest. Das Phänomen wird in den allermeisten Antworten als ernstes, in manchen als alarmierendes Problem betrachtet; nur in ganz wenigen Ländern (z.B. in überwiegend moslemischen Staaten) scheint es nicht zu existieren.

In einigen Fällen taucht das Phänomen in den Großkirchen selbst auf (sektiererische Einstellungen). In anderen Fällen  begegnet es außerhalb der Kirchen  (Unabhängige oder Freikirchen; messianische oder prophetische Bewegungen) oder richtet sich gegen die Kirchen (Sekten, Kulte) und weist oft selbst kirchenähnliche Strukturen auf.  Nicht alle können jedoch dem  Inhalt (der Lehre) und dem Ziel nach als religiös bezeichnet werden.

 

Pastorale Probleme

1.3. Das Sektenphänomen wächst rasch, ist oft ziemlich erfolgreich und wirft pastorale Probleme auf.  Das naheliegendste pastorale Problem ist die Frage, wie man mit dem Mitglied einer katholischen Familie umgehen soll, das in eine Sekte hineingeraten ist. Der Pfarrer oder Pastoralassistent oder andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge haben es zunächst und vor allem einmal mit den Verwandten und Freunden eines solchen Menschen zu tun. Oft kann man an die betroffene Person nur indirekt herantreten. In Fällen, in denen man direkt an jemand herantreten kann, um ihr oder ihm Orientierungshilfe zu geben oder um einem ausgeschiedenen Sektenmitglied Hilfestellung bei der kirchlichen und gesellschaftlichen Wiedereingliederung zu leisten, sind psychologisches Geschick und Qualifikation gefordert.

Die am meisten betroffenen Gruppen

1.4.  Verwundbare kirchliche Gruppen, vor allem Jugendliche, scheinen am meisten betroffen. Wenn sie "entwurzelt", arbeitslos, nicht aktiv am Pfarrleben oder  an  ehrenamtlicher Arbeit in der Gemeinde beteiligt sind, aus labilen Familienverhältnissen kommen, einer ethnischen Minderheit angehören oder weit entfernt vom kirchlichen Einzugsgebiet wohnen, werden sie leichter zu Zielscheiben neuer Bewegungen und Sekten. Einige Sekten scheinen vorwiegend Menschen der mittleren Alterstufe anzuziehen. Andere werben ihre Mitglieder in wohlhabenden Familien und solchen mit hohem Bildungsstand.  In diesem Zusammenhang müssen Universitäten erwähnt werden, die oft einen günstigen Nährboden  bzw. Werbeplatz für Sekten darstellen. Darüber hinaus  können ein gestörtes Verhältnis zum Klerus oder  irreguläre  eheliche Verhältnisse zum Bruch mit der Kirche und Anschluss an eine neue Gruppe führen.

Nur sehr wenige Menschen scheinen sich einer Sekte aus niedrigen Motiven anzuschließen. Vielleicht ist es der größte Trumpf der Sekten, daß sie auf gute Leute und gute Beweggründe in diesen Leuten anziehend wirken. Gewöhnlich haben sie am meisten Erfolg, wenn  Gesellschaft und Kirche  diese guten Beweggründe brachliegen haben lassen.

1.5.  Die Gründe für den Erfolg unter Katholiken sind vielfältig und liegen auf verschiedenen Ebenen. Erstens hängen sie mit Bedürfnissen und Sehnsüchten zusammen, die offensichtlich in den Großkirchen unerfüllt bleiben, weiters mit den Werbe- und Schulungstechniken der Sekten; sie können aber auch außerhalb der Kirchen oder  neuen Bewegungen selbst liegen  (wirtschaftliche Vorteile, politische Interessen, politischer Druck, reine Neugier usw.).

Eine Beurteilung dieser Gründe ist nur von Fall zu Fall, innerhalb des jeweils sehr verschiedenen Kontexts sinnvoll. Trotzdem kann  und wird eine allgemeine Problemübersicht (wie sie dieser Bericht bieten will) eine ganze Reihe verschiedener Ursachen für den Erfolg der Sekten offenbaren, die so gut wie allgemeingültig sind. Die wachsende Vernetzung der Welt von heute mag eine Erklärung dafür sein.

Das Phänomen scheint symptomatisch  für die entpersonalisierenden Strukturen der heutigen  Gesellschaft, wie sie der Westen schafft und weithin in die restliche Welt exportiert;  durch sie gerät der Einzelne wie  die Gesellschaft in vielfältige Krisensituationen. In diesen Krisen  werden verschiedene Bedürfnisse, Sehnsüchte und Fragen  wach, die eine psychologische und  spirituelle Antwort verlangen. Die Sekten nehmen für sich in Anspruch, diese Antwort zu haben und zu geben. Und zwar sowohl auf gefühlsmäßiger als auch auf kognitiver Ebene, wobei sie oft auf die gefühlsmäßigen Bedürfnisse in einer Weise eingehen, daß der Verstand ausgeschaltet wird.

Diese  Grundbedürfnisse können beschrieben werden als vielfältige Ausdrucksformen der menschlichen Suche nach  Ganzheit und Harmonie, Beteiligung und Verwirklichung auf allen Ebenen  menschlicher Existenz und Erfahrung; als vielfältige Versuche, dem  Streben des Menschen nach Wahrheit und Sinn, nach den Grundwerten zu entsprechen, die zu bestimmten Zeiten  im Leben eines Volkes aber auch in der Lebensgeschichte des Einzelnen verborgen, zerbrochen oder verloren zu sein scheinen. Besonders ist das bei Menschen der Fall, die rascher gesellschaftlicher Wandel, akuter Streß, Zukunftsangst usw. aus dem Gleichgewicht gebracht haben.

Eine pastorale Herausforderung

1.6.  Auch wenn in  manchen Antworten der aggressive Proselytismus mancher Sekten für das  Hauptproblem gehalten wird, zeigen die Umfrageergebnisse, daß das Phänomen nicht  sosehr als Bedrohung der Kirche zu betrachten ist,  sondern vielmehr als pastorale Herausforderung. In einigen Antworten wird hervorgehoben, daß wir zwar jederzeit unsere eigene Integrität und Redlichkeit wahren , aber auch  jeder religiösen Gruppe das Recht zugestehen sollen, ihren eigenen Glauben zu bekennen und nach ihrer eigenen Überzeugung zu  leben.  Es wird betont, daß wir im Umgang mit einzelnen Gruppen die Pflicht haben, uns nach den Grundsätzen des religiösen Dialogs zu verhalten, wie sie vom Zweiten Vatikanischen Konzil und in späteren kirchlichen Dokumenten festgelegt wurden. Weiters wird dringend an die jedem Einzelnen gebührende Achtung erinnert und daran, daß unsere Haltung aufrichtigen Gläubigen gegenüber eine solche der  Offenheit und des Verstehens  und  keine verurteilende sein sollte.

Die Antworten auf die Umfrage lassen einen großen Bedarf an Information, Weiterbildung der Gläubigen und  pastoralem Umdenken  deutlich werden.

 

2. Gründe für die Verbreitung der neuen Bewegungen und Gruppen

 

In Krisensituationen oder bei allgemeiner Verwundbarkeit können Bedürfnisse und/oder Wünsche auftauchen, die zur Hinwendung zu Sekten führen, und zwar auf der Verstandes- ebenso wie auf der Gefühlsebene. Sie betreffen wesentlich Beziehungen , d.h. das Verhältnis zwischen "Ich" und den "anderen" (gesellschaftlich), die Beziehung zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (kulturell, existentiell) und zur Transzendenz (religiös).  Diese Ebenen und Dimensionen hängen untereinander zusammen.  Die Bedürfnisse und Wünsche lassen sich in neun Hauptgruppen gliedern,  die sich freilich im Einzelfall oft überschneiden.  Jedem Bedürfnis wird im folgenden das entsprechende Angebot der neuen religiösen Bewegungen gegenübergestellt. Hier liegen wohl die Hauptursachen für ihre Erfolge - wenngleich die  Werbemethoden und  Indoktrinierungstechniken  vieler Sekten nicht vergessen werden sollen (s.u., 2.2.).

 

Bedürfnisse und Wünsche - und was Sekten zu bieten scheinen

2.1.1. Das Zugehörigkeitsbedürfnis (Gemeinschaftsgefühl):

 In vielen Gemeinschaften ist das Gefüge zerstört; überlieferte Lebensstile wurden aufgegeben; Familien sind auseinandergerissen; Menschen fühlen sich  entwurzelt und einsam: Daher das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. In den Antworten werden dafür folgende Begriffe verwendet:  Zugehörigkeit, Liebe, Gemeinschaft, Kommunikation, Wärme, Anteilnahme, Sorge, Unterstützung, Freundschaft, Zuneigung, Brüderlichkeit, Hilfe, Solidarität, Begegnung, Gespräch, Trost, Akzeptiertwerden, Verständnis, Teilen, Nähe, Gegenseitigkeit, Beisammensein, Kameradschaft, Versöhnung, Toleranz, Verwurzelung, Sicherheit, Zuflucht, Schutz, Geborgenheit, Unterkunft, Heim(at).

Was Sekten zu bieten scheinen:  Menschliche Wärme, Fürsorge und Hilfe in kleinen, eng verflochtenen Gemeinschaften; eine gemeinsame Zielsetzung, Kameradschaft; Beachtung für den Einzelnen;  Schutz und Sicherheit, besonders in Krisensituationen; Wiedereingliederung von  Menschen, die an den Rand der Gesellschaft geraten sind (z.B. Geschiedene oder  Einwanderer); oft übernimmt die Sekte das Denken für den Einzelnen.

2.1.2. Die Suche nach Antworten:

 In komplexen und verworrenen Situationen suchen Menschen selbstverständlich nach Antworten und Lösungen.

Was Sekten zu bieten scheinen: Einfache Patentantworten auf schwierige Fragen und Situationen; vereinfachte und verkürzte Fassungen überlieferter Wahrheiten und Werte; eine pragmatische und erfolgsorientierte Theologie; eine theologische Mixtur, die als "neue Offenbarung" und  "neue Wahrheit" angeboten wird, besonders solchen, die  wenig  mit der "alten" Wahrheit anfangen können; klare Richtlinien;  den Anspruch auf moralische Überlegenheit; Beweise "übernatürlicher" Art: Zungenreden, Trance, mediale Fähigkeiten, Prophetie, Besessenheit usw.

2.1.3.  Das Ganzheitsbedürfnis:

Viele Menschen haben  das Gefühl, mit sich selbst, mit anderen, mit ihrer Kultur und Umgebung nicht im Einklang zu stehen. Sie erleben einen Bruch, wurden von Eltern oder Lehrern, von Kirche oder Gesellschaft verletzt. Sie haben das Gefühl, vergessen worden zu sein. Sie haben das Bedürfnis nach einem religiös geprägten Weltbild, das alles und jeden miteinander in harmonische Beziehung  bringen kann. Sie sehnen sich nach einem Gottesdienst, der Raum läßt für Leib und Seele, für  schöpferische Beteiligung und Spontaneität. Sie erwarten Heilung, nicht bloß im übertragenen Sinn (insbesondere die Antworten aus Afrika weisen nachdrücklich auf diesen Punkt hin).

In den Antworten werden folgende Ausdrücke für das Bedürfnis nach Ganzheit verwendet: Heilwerden, Ganzheit, Integration,  Integrität,  Harmonie, Friede, Versöhnung, Spontaneität, Kreativität, Beteiligung.

Was Sekten zu bieten scheinen: Eine befriedigende religiöse Erfahrung, Rettung, Bekehrung; Raum für Gefühle und Emotionen, für Spontanes (z.B. bei religiösen Feiern);  körperliche und geistige Gesundung;  Hilfe bei Drogen- und Alkoholproblemen - und das alles angemessen für die jeweilige Lebenssituation.

2.1.4.  Das Streben nach kultureller Identität hängt sehr eng mit dem Ganzheitsbedürfnis zusammen. In vielen Ländern der sogenannten Dritten Welt hat ein gewaltiger Bruch mit den überlieferten kulturellen, sozialen und religiösen Werten stattgefunden. Auch traditionell Gläubigen ist dieses Gefühl vertraut.

In den Antworten werden in diesem Zusammenhang hauptsächlich folgende Ausdrücke  verwendet: Inkulturation, Inkarnation, Entfremdung, Modernisierung.

Was Sekten zu bieten scheinen:  Viel Raum für die Tradition, für das kulturelle und religiöse Erbe, Kreativität, Spontaneität, Beteiligung, einen Gebets- und  Predigtstil, der  der Kultur und den Wünschen der Menschen mehr entgegenkommt.

 

 

2.1.5. Das Bedürfnis, anerkannt zu werden,  jemand Besonderer zu sein:

Die Menschen haben das Bedürfnis, aus der Anonymität herauszutreten, eine eigene Identität zu entwickeln, zu spüren, daß sie in irgend einer Weise etwas Besonderes und nicht nur eine Nummer oder gesichtsloser Teil einer Masse sind. Große Pfarrgemeinden und Ordensgemeinschaften, Bürokratie und Klerikalismus lassen wenig Spielraum, um sich jedem Menschen persönlich und entsprechend seiner Lebenssituation zu widmen.

Selbstachtung, Bestätigung, Chancengerechtigkeit, Beachtung, Beteiligung: Mit diesen Ausdrücken umschreiben die Antworten das Grundbedürfnis nach Anerkennung als Person.

Was Sekten zu bieten scheinen: Sorge um den Einzelnen; gleiche Chancen in Bezug auf Dienste, Leitungsfunktionen, Beteiligung, Verkündigung und Artikulation; Förderung der Fähigkeiten und Möglichkeiten, die im Individuum ruhen, Zugehörigkeit zu einer Elitegruppe.

2.1.6. Im  Bedürfnis nach Transzendenz kommt eine tiefe geistige Not, ein gottgebener Drang zum Ausdruck, etwas jenseits des Offensichtlichen, des Vordergründigen, Bekannten, Kontrollierbaren und Materiellen zu suchen, eine Antwort auf die letzten Fragen des Lebens zu finden und an etwas zu glauben, das das eigene Leben einschneidend ändern kann. Der menschliche Sinn  für das Geheimnis und das Geheimnisvolle fühlt sich angesprochen, die Sorge um das Kommende, das Interesse für Verheißung und Prophetie. Oft wissen  Betroffene entweder nicht, was die Kirche anzubieten hat, oder sie werden durch eine ihrer Meinung nach einseitige Betonung der Moral oder durch das Erscheinungsbild der Kirche als Institution abgeschreckt.

In einer Antwort ist die Rede von " Suchern ohne Ansprechpartner": "Forschungen zeigen, daß ein erstaunlich großer Teil der Bevölkerung auf eine entsprechende Frage zugibt, religiöse oder spirituelle Erfahrungen gemacht zu haben; weiters gestehen sie ein, daß ihr Leben dadurch in irgendeiner Weise verändert wurde, und  fügen in aller Regel hinzu, daß sie nie irgendjemandem von diesen Erfahrungen erzählt haben ... Viele junge Menschen sagen, sie  hätten befürchtet, ausgelacht oder für Sonderlinge gehalten zu werden, wenn sie das Thema spirituelle oder religiöse Erfahrung angeschnitten hätten; sie hätte oft Schwierigkeiten gehabt, einen Lehrer oder Geistlichen für ein Gespräch über ihre wichtigsten und letzten Fragen zu finden - geschweige denn für eine Antwort darauf."

Folgende Begriffe werden in den Antworten gebraucht: Transzendenz, das Heilige, Mysterium, Mystik, Meditation, Feier, Verehrung, Glaube, Spiritualität, Sinn, Ziele, Werte, Zeichen, Gebet, Freiheit, Erweckung, Überzeugung.

Was Sekten zu bieten scheinen: Die Bibel und biblische Unterweisung; einen Sinn für Rettung und Heil; Gaben des Geistes; Meditation; geistliches Wachstum. In einigen Gruppierungen  können letzte Fragen in einer "sicheren" sozialen Umgebung nicht nur gestellt und behandelt werden, sie bieten auch eine Sprache und Begrifflichkeit dafür an - und ein Paket klarer, relativ unzweideutiger Antworten.

2.1.7.  Das Bedürfnis nach geistlicher Führung erwächst sei es aus dem Mangel an elterlicher Unterstützung in der Familie des Suchenden, sei es aus Mangel an Kompetenz, Geduld oder Einsatz auf seiten kirchlicher Autoritäten oder Erzieher.

Hierhergehörende Begriffe aus den Antworten: Führung, Hingabe, Einsatz, Bestätigung, Führung, Guru.

Was Sekten zu bieten scheinen: Leitung und Orientierung durch starkes charismatisches Führertum. Die Person des  Meisters,  Führers oder Gurus spielt eine wichtige Rolle bei der Einbindung der Jünger. Zuweilen tritt nicht nur Unterwerfung sondern emotionale Auslieferung und sogar fast hysterische Verehrung eines starken geistlichen Führers (Messias, Proheten, Gurus) auf.

2.1.8. Das Bedürfnis nach einer Vision:

Die Welt von heute ist eine sehr stark vernetzte Welt voll von Feindseligkeit und Konflikten, Gewalt und Angst vor Zerstörung. Viele blicken voll Sorge in die Zukunft, oft verzweifelt,  hilflos, ohne Hoffnung und machtlos. Sie halten Ausschau nach Zeichen der Hoffnung, nach einem Ausweg. Einige haben - sei es auch vage - den Wunsch, die Welt zu verbessern.

Ausdrücke aus den  eingegangenen Antworten: Vision, Erweckung, Einsatz, etwas Neues, eine neue Ordnung, ein Ausweg, Alternativen, Ziele, Hoffnung.

Was Sekten zu bieten scheinen: Eine "neue Vision" des  Ichs, der Menschheit, der Geschichte, des Kosmos. Sie versprechen den Beginn eines neuen Zeitalters, einer neuen Ära.

2.1.9. Das Bedürfnis nach Beteiligung und Einbeziehung hängt eng mit dem vorigen zusammen. Viele Suchende verspüren nicht nur das Bedürfnis nach einer Vision für die die heutige Weltgesellschaft und im Hinblick auf die Zukunft; sie wollen auch teilhaben  an den Prozessen der Entscheidung, Planung und Verwirklichung.

In den Antworten werden dafür hauptsächliche folgende Ausdrücke verwendet: Beteiligung, aktives Zeugnis, Aufbauarbeit, Elite, soziales Engagement.

Was Sekten zu bieten scheinen: Einen konkreten Auftrag für eine bessere Welt; einen Ruf zur Ganzhingabe; Beteiligung auf den meisten Ebenen.

 

Zusammenfassend kann man feststellen, daß die Sekten  das zu leben scheinen, was sie glauben, mit Überzeugung, Hingabe und starkem, oft sehr anziehenden Engagement. Sie holen die Menschen dort ab, wo sie stehen und gehen auf sie mit Wärme, persönlich und direkt zu. Sie holen  das Individuum  aus der Anonymität heraus, unterstreichen Mitverantwortung,  Spontaneität, Verantwortungssinn und Einsatzfreude. Durch zahlreiche Kontakte, Hausbesuche,  kontinuierliche Unterstützung und Leitung praktizieren sie eine intensive Nachfolge.

Sie helfen, die eigenen Erfahrungen zu interpretieren, die eigenen Werte neu zu überdenken und sich den letzten Frage im Rahmen eines umfassenden Systems zu stellen.  Im Gebrauch des Wortes - in Predigt, Literatur und  Massenmedien (bei christlichen Gruppen unter starker Betonung der Bibel) - sind sie in der Regel erfolgreich, oft auch durch Heilungsdienste. Kurz gesagt präsentieren sie sich selbst  als die einzige Antwort, als die gute Nachricht in einer chaotischen Welt dar.

All das erklärt weitgehend den Erfolg der Sekten; es gibt aber auch andere Gründe wie die Methoden, die bei der Anwerbung von Mitgliedern und bei ihrer Schulung angewendet werden, oder die Indoktrinierungsverfahren in bestimmten Sekten.

Werbe- und Schulungsmethoden, Indoktrinierungsverfahren

2.2. Gewisse Werbe- und Ausbildungs-Techniken ("training") und gewisse, von  sehr vielen Sekten angewandte und oft sehr ausgeklügelte Mechanismen geistiger Beeinflussung machen zu einem guten  Teil das Geheimnis ihres Erfolgs aus. Meist ziehen die Sekten mit diesen Mitteln Menschen an, die erstens nicht wissen, daß sie oft gezielt angesprochen werden , und zweitens keine Ahnung haben, dank welcher Machenschaften sie zur Bekehrung gebracht werden und welche Ausbildungsmethoden, welche soziale und psychische Manipulation auf sie warten. Von den Sekten werden oft ihre eigenen Denk-, Gefühls- und Verhaltensnormen auferlegt, im Gegensatz zur Vorgangsweise der Kirche, die eine Zustimmung in Mündigkeit und Verantwortung voraussetzt.

Verunsicherte Jugendliche ebenso wie Erwachsene fallen leicht solchen Techniken und Methoden zum Opfer, die oft eine Mischung  aus Zuneigung und Täuschung sind (z.B. "Love-bombing", "Persönlichkeitstest" oder "Lebensübergabe"). Die Verfahren, die religiöse Sondergemeinschaften anwenden, wirken zunächst positiv, entpuppen sich jedoch nach und als Kontrollmechanismen; mißbräuchlich werden Methoden der Verhaltensänderung eingesetzt.

Folgende Merkmale sind anzuführen:

2.2.1. Ein subtiler Prozeß der Einführung des Bekehrten, die langsame Enthüllung seiner wahren Gesprächspartner

2.2.2. Techniken der Vereinnahmung wie "Love-bombing", Einladung zu einem "Freundschaftsessen in einem internationalen Zentrum", "Flirting fishing" (Prostitution als Werbemethode)

2.2.3. Patentantworten und Entscheidungen werden den Angeworbenen beinahe aufgezwungen.

2.2.4. Schmeichelhafte Aufmerksamkeiten

2.2.5. Mitgliederkontrolle durch Geld- und Medikamentenverteilung

2.2.6. Die Forderung nach bedingungsloser Hingabe an den Gründer, den "leader"

2.2.7. Isolierung  (der Neubekehrten), Kontrolle ihres Denkens, Fernhalten jeder Information oder jedes Einflusses von außen (Familie,  Freunde, Zeitungen, Zeitschriften, TV, Radio, medizinische Behandlung usw.), die die Begeisterung und  den Prozeß der  Aneignung von Gefühlen und Einstellungen und von Verhaltensmustern  bremsen könnten.

2.2.8. Abwendung der Neubekehrten von ihrer Vergangenheit; dauernde Hinweise auf früheres Fehlverhalten, z.B.  Drogenkonsum oder  sexuelle Verfehlungen; Spott über seelische Ängste oder Kontaktmangel usw.

2.2.9. Methoden der Gewissensbeeinflussung, die zu kognitiven Störungen führen (intellektuelles Bombardement); Verwendung von Klischees, die selbständiges Denken verhindern; geschlossene Denksysteme; Denkverbote

2.2.10. Dauerbeschäftigung der Angeworbenen; sie werden nie allein gelassen; Dauer-Ermahnungen und -belehrungen mit dem Ziel, einen Zustand geistiger Überspannung, die Abstumpfung des Gewissens und automatische Unterwerfung unter die Weisungen zu erreichen; Brechen jedes Widerstandes und Widerspruchsgeistes; Angst wird in einer Weise beantwortet, daß oft noch  mehr  Angst entsteht

2.2.11.  Stärkste Ausrichtung auf den Führer/Gründer; gewisse Gruppen (christliche Sekten) spielen sogar die Bedeutung Christi zugunsten des "leaders" herunter.

 

3. Pastorale Herausforderungen und  Vorgangsweisen

 

Der Zusammenbruch traditioneller Gesellschaftsstrukturen, kultureller Muster und Wertordnungen durch Industrialisierung, Verstädterung, Migration, rasche Entwicklung von Kommunikationssystemen und technokratische Rationalisierung verwirrt, entwurzelt, verunsichert, ja verwundet schlußendlich viele. Daß sie in einer solchen Lage nach einer Lösung suchen - oft nach dem Motto: Je einfacher, desto besser - ist natürlich.Dabei besteht die Gefahr, daß sie die gefundene Lösung für die einzige und endgültige halten.

Die Auswertung der Antworten ist zugleich eine Auflistung vieler Symptome des Krankheitsbildes, das heutige Gesellschaften bieten. Viele leiden darunter. Sie machen sich Sorgen um die eigene Identität und um die Zukunft (Arbeitslosigkeit, drohender Atomkrieg). Sie fragen nach dem Wesen der Wahrheit und wie sie zu finden ist, angesichts politischer Unsicherheit und Hilflosigkeit, wirtschaftlicher und ideologischer Unterdrückung, sie fragen nach dem Sinn des Lebens, nach dem Verhältnis zu anderen, zu dem, was geschieht, zu  Zuständen, Dingen; sie fragen nach dem Leben "danach".

Sie leiden an Ziel- und Orientierungslosigkeit, sind in keine Entscheidungsprozesse eingebunden. Auf ihre eigentlichen Fragen bekommen sie keine Antworten. Angesichts der verschiedenen Formen von  Gewalt, Konflikt und Auseinandersetzung verspüren sie Angst; Angst vor einer ökologischen Katastrophe, vor Krieg und atomarem Holocaust, vor  sozialen Konflikten und Manipulation.

Sie sind frustriert, entwurzelt, unbeheimatet, schutz-, hoffnungs- und hilflos und infolgedessen unmotiviert; einsam in den eigenen vier Wänden, in der Schule, bei der Arbeit, an der Universität, in der Stadt; anonym, isoliert, an den Rand gedrängt, entfremdet. D.h., sie haben das Gefühl, daß sie nirgends dazugehören, mißverstanden, betrogen, unterdrückt, getäuscht, ferngehalten werden, bedeutungslos sind, daß man sie nicht hört, nicht akzeptiert und nicht ernstnimmt.

Sie haben ihre Illusionen über die technisierte Gesellschaft, das Militär, die Großunternehmen, Arbeitswelt, Ausbeutung, Erziehungswesen, Kirchenrecht und -praxis und die Regierungspolitik verloren.

Sie haben zwar vielleicht gelernt, daß sie nach ihrem Gewissen handeln und sich nicht ziellos oder als Egoisten und Opportunisten treiben lassen sollten, wissen aber oft nicht, was  tun und wie.

Sie fühlen sich verunsichert in verschiedenen "Zwischen"-Zeiten: Zwischen Schule und Universität, zwischen Schulabgang und Eintritt in den Beruf, zwischen Ehe und Scheidung, zwischen Land und Stadt.

Sie werden entweder freudlos, gleichgültig oder aggressiv, oder sie werden zu Suchenden.

Zusammenfassend könnte man sagen, daß alle diese Symptome Erscheinungsformen von Entfremdung (von sich selbst, von anderen, von den eigenen Wurzeln, von der eigenen Kultur usw.) sind. Man könnte sagen, daß die Bedürfnisse und Wünsche, die in den Antworten auf den Fragebogen zum Ausdruck kommen, auf  verschiedenste Weise die  Sehnsucht nach Sein, Leben, "Präsenz" ausdrücken : Man will da-sein - sich selbst gegenüber, den anderen gegenüber, Gott gegenüber.Wer sich verloren fühlt, will, daß man ihn findet. Mit anderen Worten: Es gibt eine Leere, die danach schreit, gefüllt zu werden. Von daher werden nicht nur die in vielen Antworten ausgesprochene Kritik an der Kirche verständlich,  sondern auch die pastorale Sorge und die vorgeschlagenen Strategien. Die Antworten weisen auf viele Mängel und Unzulänglichkeiten im gegenwärtigen Verhalten der Kirche hin, die den Erfolg der Sekten sicher begünstigen. Wir wollen jedoch weniger darauf als auf die positiven pastoralen Strategien eingehen, die vorgeschlagen oder gefordert werden. Nach ihrer Umsetzung könnte sich die Herausforderung der Sekten als nützlicher Impuls für die geistige und kirchliche Erneuerung herausstellen.

Gemeinschaftsgefühl

3.1. Fast alle Antworten verlangen ein Überdenken der traditionellen Pfarrstruktur (zumindest unter vielen von Ort zu Ort verschiedenen Bedingungen): Die Entwicklung geschwisterlicher Gemeinschaftsstrukturen, die menschengemäßer sind, den Lebenssituationen der Menschen mehr entsprechen; mehr basiskirchliche Gemeinschaften, in denen Glaube, Liebe (Wärme, gegenseitige Annahme, Verständnis, Versöhnung, Kameradschaft) und Hoffnung gelebt werden; Gemeinschaften, die feiern und beten; missionarische Gemeinschaften, die keine Berührungsängste und Sprachhemmungen haben; Gemeinschaften, die Menschen mit besonderen Problemen offenstehen: geschiedenen Wiederverheirateten, Randgruppen.

Schulung und Weiterbildung

3.2. Die eingegangenen Antworten betonen sehr stark die Notwendigkeit der Evangelisierung der Glaubenden, der  Katechese, Erziehung und ständigen biblischen, theologischen und ökumenischen Weiterbildung im Glauben  auf der Ebene der Gemeinden, des Klerus wie der für die Ausbildung Verantwortlichen. (Eine Antwort tritt für Supervisionskurse für Lehrer, Jugendleiter, Kleriker und Ordensleute ein.)

Dieser Prozeß der Weiterbildung sollte informieren - d.h. Informationen über unsere eigene katholische Tradition (Glaubensinhalte, Praktiken, Spiritualität, Meditation, Kontemplation usw.),  über andere Traditionen und neue religiöse Gruppen beinhalten -  aber auch bilden , dh. den persönlichen Glauben und den der Gemeinde fördern,  den Sinn für Transzendenz, Eschatologie, religiöses Engagement, Gemeinschaftsgeist usw. stärken. Die Kirche sollte nicht nur ein Zeichen der Hoffnung für die Menschen sein, sondern auch die Gründe dieser Hoffnung darlegen. Sie sollte helfen, Fragen zu stellen und zu beantworten. Die Heilige Schrift sollte dabei nach einhelliger Meinung im Zentrum stehen, die Massenmedien verstärkt und besser genützt werden.

Ganzheitliche Persönlichkeit

3.3. Den Menschen muß geholfen werden, sich selbst als einzigartig zu erkennen, als jemand, der von einem persönlichen Gott geliebt wird und eine persönliche Geschichte von der Geburt bis zum Tod und zur Auferstehung hat. Die "alte Wahrheit" sollte für sie zunehmend zur "neuen Wahrheit", der Sinn für echte Erneuerung entwickelt werden, wobei Kriterien und ein geistiger Rahmen nötig sind, die nicht von jeder neuen Mode gesprengt werden. Besonders wichtig erscheint hier die Ebene der Erfahrung, d.h. die persönliche Entdeckung Christi durch Gebet und Hingabe (wie z.B. in den charismatischen und Wiedergeburts-Bewegungen). Viele Christen leben als wären sie nie (neu) geboren! Ebenso wichtig ist der Dienst der Heilung durch Gebete, Versöhnung, kameradschaftlichen und fürsorglichen Umgang miteinander. Seelsorge sollte nicht eindimensional sein, sollte nicht nur die spirituellen, sondern auch die körperlichen, seelischen, gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Belange umfassen.

Kulturelle Identität

3.4. Die Frage der Inkulturation ist grundlegend. Das unterstreichen besonders die Antworten aus Afrika, die  Befremden angesichts westlicher Formen des Gottesdienstes und westlichen Amtsverständnisses ausdrücken: Sie  haben für die Alltagskultur und die Lebenssituation der Menschen so gut wie keine Bedeutung. Aus einer Antwort:

"Afrikaner wollen Christen sein. Wir haben ihnen Unterkunft gewährt, aber kein Heim geschaffen. ... Sie wollen ein einfacheres Christentum, das aus ihrem afrikanischen Alltag mit allen seinen Leiden, Freuden, Arbeiten, Wünschen, Ängsten und Bedürfnissen nicht herausfällt. Die Jugend entdeckt in den Freikirchen echte Ableger der afrikanischen Tradition, die Alltag und Religion verbindet."

Gebet und Gottesdienst

3.5. Von einigen wird ein Überdenken der klassischen Samstagabend/Sonntagmorgen-Liturgie angeregt, die oft lebensfremd bleibt. Das Wort Gottes sollte als wichtiges gemeindebildendens Element wiederentdeckt werden. Offenheit und Treue zur Überlieferung sollten gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Es muß Raum geschaffen werden für Kreativität, Freude, der Glaube an christliche Begeisterung und Erfindungsgabe muß wachsen können, ebenso wie der sinn für gemeinsames Feiern. Auch hier ist Inkulturation unabdingbar (unter gebührender Beachtung des Wesens der Liturgie und bei aller notwendigen Universalität).

In vielen Antworten wird die biblische Dimension des Predigens betont, die Notwendigkeit, die Sprache der Menschen zu sprechen, die Notwendigkeit, Predigt und Liturgie sorgfältig vorzubereiten (wo immer möglich in Teamarbeit und unter Beteiligung von Laien). Predigen heißt nicht theoretisieren, abstrahieren und moralisieren, sondern setzt das Lebenszeugnis des Predigenden voraus. Predigt, Gottesdienst und gemeinschaftliches Gebet sollten sich nicht auf die traditionellen Gottesdienstorte und -zeiten beschränken.

Beteiligung und Leitung

3.6. Der zunehmende Priestermangel und die Abnahme der Ordensberufe ist den meisten Antwortenden bewußt. Eine stärkere Differenzierung der Dienste in der Kirche wird gefordert, ebenso dieFortsetzung der Ausbildung verantwortlicher Laien. Vielleicht könnten Laien, die innerhalb der Kirche und in Zusammenarbeit mit ihren Priestern sowohl geistig als auch pastoral eine führende Stellung haben, den Sekten (oder wenigstens den von den Sekten Angesprochenen) gegenüber eine wichtige Rolle spielen. Priester sollten weniger als Manager, Beamte oder Richter auftreten, mehr als Brüder, Begleiter, Tröster, Betende. Allzuoft gibt es eine Kluft zwischen den Gläubigen und dem Bischof, ja zwischen Bischof und Priestern. Der Bischofsdienst ist ein Dienst an der Einigkeit und Gemeinschaft, was für die Gläubigen erkennbar sein sollte.

4. ZUSAMMENFASSUNG

Welche Haltung sollen wir den Sekten und religiösen Sondergemeinschaften gegenüber einnehmen? Wie gehen wir vor?  Eine einfache Antwort auf diese Frage ist natürlich unmöglich. Zu verschieden sind die Sekten, zu unterschiedlich die religiösen, kulturellen und sozialen Verhältnisse. Auch kann die Antwort nicht die gleiche sein, je nachdem, ob es um den Einfluß der Sekten auf (der Kirche) Fernstehende, Nichtgetaufte und  Ungläubige oder auf getaufte Christen, insbesondere KatholikInnen oder ehemalige KatholikInnen, geht. Im folgenden haben wir vor allem  die letztgenannte Gruppe im Auge.

Naive Vertrauensseligkeit verbietet sich von selbst. Wir haben das Wirken der religiösen Sondergemeinschaften gründlich genug untersucht, um zu erkennen, daß die Einstellungen und Methoden einiger dieser Sekten die Persönlichkeit zerstören, die Familien und die Gesellschaft zerrütten können, und daß ihre Leitlinien von den Lehren Christi und der Kirche weit entfernt sind. Wir vermuten - und in einigen Fällen wissen wir es genau - , daß in vielen Ländern starke ideologische Kräfte, aber auch wirtschaftliche und politische Interessen sich der Sekten bedienen, denen das Anliegen echter Humanisierung völlig fremd ist, und die unter dem Deckmantel der Menschlichkeit unmenschliche Ziele verfolgen.

Die Gläubigen, besonders jugendliche Gläubige, sollen gewarnt und informiert werden, daß sie fachmännischen Rat, einen Rechtsbeistand usw. in Anspruch nehmen können. Fallweise haben wir entsprechende Aufklärungsmaßnahmen des Staates, wenn er in seinem Zuständigkeitsbereich tätig wird, zu unterstützen.

Aus Erfahrung wissen wir, daß es im allgemeinen wenig oder keine Chancen für einen Dialog mit Sekten gibt, und daß nicht nur sie selbst sich dem Dialog verschließen, sondern  daß sie auch ein ernstes Hindernis  für ökumenische Fortschritte und Bemühungen darstellen, wo immer sie aktiv sind.

Wenn wir aber unserem eigenen Glauben und unseren Grundsätzen  treu sein wollen  - Achtung vor dem Menschen, Achtung der Religionsfreiheit, Vertrauen in den heiligen Geist, der unermüdlich und immer neu Gottes Liebe der ganzen Menschheit, jedem Mann, jeder Frau, jedem Kind nahe bringt - , dann können wir uns nicht damit zufrieden geben, die Sekten zu verdammen und zu bekämpfen und sie vielleicht als außerhalb des Gesetzes und der Gesellschaft stehend zu betrachten. Es geht nicht an, Menschen gegen ihren Willen zu "deprogrammieren". Die Herausforderung der neuen religiösen Bewegungen besteht vielmehr darin, daß sie unsere eigene Erneuerung  vorantreiben und damit eine gründlichere, zielstrebigere Pastoral bewirken.

Ohne Zweifel muß in uns und in unseren Gemeinschaften der Geist Christi auch den Sekten gegenüber herrschen; wir müssen  versuchen, sie zu verstehen, und ihnen wenn möglich die Hand in christlicher Liebe entgegenstrecken.

Unsere Ziele müssen wir in Treue zur wahren Lehre Christi und in Liebe zu allen Männern und Frauen verfolgen. Es darf nicht so weit kommen, daß eine zu starke Fixierung  auf die Sekten unser Bemühen um echte Ökumene unter allen Christen lähmt.

 

 

[Das vatikanische Dokument enthält noch eine Zusammenfassung der Synode von 1985, eine Liste  von Forschungsvorhaben  und ein Literaturverzeichnis, abgedruckt z.B. in Sekten und neue religiöse Bewegungen - Eine Herausforderung für die Seelsorge, Dokumentation 2/86 des Referates für Weltanschauungsfragen des Erzbischöflichen Ordinariates Wien, Stephansplatz 6, 1010 Wien]

 

 

III

SECHS ANFRAGEN AUFGRUND DES DOKUMENTES " SEKTEN UND NEUE RELIGIÖSEN BEWEGUNGEN - EINE  HERAUSFORDERUNG FÜR DIE SEELSORGE" DES HEILIGEN STUHLS VOM 7. MAI 1986

 

Escrivá de Balaguer, Der Weg, Nr. 399: " Wenn wir Gewalt anwenden, um jemanden vor dem Selbstmord zu retten -  wer würde das  nicht begrüßen? - warum sollten wir nicht denselben, heiligen Zwang anwenden, um das Leben (das wahre, ewige Leben) derer zu retten, die alles daransetzen, ihre Seele  zu töten?"

FRAGE: Gehört die Anwendung "heiligen Zwangs" beim Aufspüren neuer Mitglieder zu den üblichen, vom Opus Dei gebilligten Vorgangsweisen?  CIC, art. 219 verbietet klar und eindeutig jede Form von Zwang im Zusammenhang mit der Wahl jedes Lebensstandes.

 

Der Weg, Nr.941: "Gehorchen...,ein sicherer Weg. Dem Oberen blind gehorchen..., der Weg zur Heiligkeit. In Ausübung deines Apostolats gehorchen.., der einzig mögliche Weg, denn man kann ein Werk Gottes nur vollbringen in der Gesinnung : Gehorchen oder gehen." (Übersetzung nach dem Original, die  deutsche Übersetzung des Opus-Dei-Verlags (Adamas, Köln) verwendet  einen beschönigenden Ausdruck für "blind gehorchen" AdÜ)

FRAGE: Wird von Opus-Dei-Mitgliedern blinder Gehorsam ihren Oberen gegenüber verlangt, wie ihn der Gründer fordert? Was die katholische Kirche von jedem Kandidaten und Mitglied einer katholischen Gruppierung verlangt, ist "Zustimmung in Mündigkeit und Verantwortung".

 

Der Weg, Nr.644:  "Schweige. Vergiß nicht: Dein Ideal ist wie ein eben angezündetes Flämmchen; ein Windhauch kann genügen, um es in deinem Herzen auszulöschen."

FRAGE: Ist es eine vom Opus Dei gebilligte Handlungsweise, das Sprechen über seine Berufung zu verbieten, weil sie sich allein schon dadurch in Nichts auflösen würde? Welchen Wert hat die  Ausbildung der neuzugelassenen Mitglieder im Opus Dei?

 

Der Weg, Nr.650: "Es gibt viele Leute, heiligmäßige Leute, die deinen 'Weg' nicht verstehen. Bemühe dich nicht, ihn ihnen verständlich zu machen; du würdest nur deine Zeit vergeuden und Indiskretionen verursachen."

FRAGE: Wieviele Eltern oder Ehegattinnen und Ehegatten sind unter diesen "vielen Leuten", diesen "heiligmäßigen Leuten, die deinen 'Weg' nicht verstehen"? Warum soll es eine Zeitvergeudung sein, ihnen verständlich zu machen, was  du erlebst? Und schließlich, um welche Art von Indiskretionen  geht es hier, wenn eine  "heiligmäßige Person" nicht in der Lage sein soll, sie zu verstehen?

 

 

(Michael di Sales in der New Oxford Review)

 

 

 

 

IV

Bei Sicut Dixit Press (305 Madison Ave., Suite 1146,  New York, N.Y 10165 USA) ist ebenfalls erschienen:  The Prelature's Reaction: The official Opus Dei response to Parents' Guide to Opus Dei , mit einem Kommentar von J.J.M. Garvey.

 

V

Akad.Prof. DDr. Alfred Kirchmayr

Rokitanskygasse 15/27

A-1170 Wien

 

Wien 25.2.2002

 

 

 

Offener Brief

 

 

 

 

An die Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz:

Eminenz Kardinal Christoph Schönborn und Exzellenz Bischof Egon Kapellari

Sekretariat d. Österr. Bischofskonferenz

1010 Wien, Wollzeile 2

 

 

 

Josemaria Escrivas „Der Weg“ protestiert gegen die Heiligsprechung eines katholisch verbrämten Kriegshetzers!

 

Als Pastoraltheologe, der im Geist des Konzils aufgewachsen ist und als Psychoanalytiker, der sich für die Entfaltung von psychosozialer Gesundheit einsetzt, muß ich gegen den Ungeist des spirituellen Standardwerks „Der Weg“ von Josemaria Escriva und somit gegen die Heiligsprechung des Gründers und „Führers“ des Opus Die energisch protestieren!

 

„Denn die Wächter des Volkes sind blind, sie merken allesamt nichts. Es sind lauter stumme Hunde. Sie können nicht bellen. Träumend liegen sie da und haben gern ihre Ruhe“ (Jes. 56, 10f).

 

Ich bin ein sechsmilliardstel Menschheit, das sich gemeinsam mit vielen anderen Menschen besonders heute große Sorgen um den Frieden in einer von global wachsendem Militarismus und Raffgierkapitalismus westlich-christlicher Prägung bedrohten Welt macht. Die katholische Kirche hat durch das Zweite Vatikanische Konzil geläutert an christlicher Spiritualität, Humanität und Friedensfähigkeit gewonnen. Doch drohen katholizistisch-fundamentalistische, ja fachistoide Tendenzen, diese neu gewonnene Spiritualität zu zersetzen.

 

Es ist mir in diesem Rahmen nicht möglich, die problematischen wirtschaftlichen und machtpolitischen Aspekte des Opus Dei zu analysieren – vor allem seine militante Bekämpfung der Befreiungstheologien und faktisch auch der päostlichen(!) Friedensbemühungen.

 

Ein fundamentalistisch-katholizistischer Irr-Weg

 

Die Analyse dieses Werkes eröffnet tiefe Einsichten in eine schwer pathologisch verzerrte Religiosität, die nicht zufällig mit Machtstreben, massiver Destruktivität und Militarismus verbunden ist. Dieses Werk, das vom Herausgeber als „Die Nachfolge Chisti in unserer Zeit“ bezeichnet wird, besteht aus 999 Aphorismen, Parolen und Sentenzen (Nr. 1-999). „Der Weg“, von dem H.U.v. Balthasar sagt, er setze bestenfalls eine Spiritualität voraus, habe aber selber keine, war bereits 1967 in 14 Sprachen übersetzt und in mehr als zwei Millionen Exemplaren verbreitet.

 

Totalitärer Gehorsam

 

Also schrieb Escriva: „Gehorchen – sicherer Weg. Dem Vorgesetzten mit rückhaltlosem Vertrauen gehorchen – Weg der Heiligkeit. Gehorchen in deinem Apostolatder einzige Weg; denn in einem Werk Gottes muß dies der Geist sein: daß man gehorcht oder geht (Nr. 941)... Gehorcht wie ein Werkzeug in der Hand des Künstlers gehorcht, das sich nie danach fragt, warum es dies oder jenes tut. Seid überzeugt, daß man euch nie etwas auftragen wird, das nicht gut ist und nicht zur Ehre Ggottes gereicht (Nr. 617) Ein Führer, du brauchst ihn. Um dich hinzugeben, um dich zu verschenken, im Gehorsam. Ein Führer, der dein Apostolat kennt und weiß, was Gott will.“ (Nr. 62).

 

Infantilität und Ent-eignung als Ideal

 

Also schrieb Escriva: „Dein eigener Wille, dein eigenes Urteil: Die sind es, die dich beunruhigen.(Nr.777) Sei Kind. Noch mehr Kind. Aber komme mir nicht in die Pubertätsjahre. (Nr. 854) Sei klein, sehr klein. Sei nicht älter als zwei, höchstens drei Jahre. (Nr. 868) Suche nicht, ein Erwachsener zu sein. Kind, immer Kind, auch wenn du vor Alter umfällst. (Nr. 870)... Die geistliche Kindschaft fordert die Unterwerfung des Verstandes. Das ist schwerer als die Unterwerfung des Willens. (Nr.856) Klein sein: Die großen Kühnheiten werden immer von Kindern vollbracht. (Nr. 857)...Wenn du wirklich ein Kind bist, bist du allmächtig“ (Nr. 863).

 

In diesen Texten werden Infantilität, Unreife und damit verbundene infantile Allmachtsphantasien als höchstes Ideal hingestellt.

 

Pathologischer Narzißmus

 

Besonders in den von Escriva geforderten Inhalten des Gebetes kommt die Tendenz zu einem schwer pathologischen Narzißmus zum Ausdruck. H.U.v. Balthasar kommentiert dies so: Dieses Beten kreist fast ausschließlich um das Ich, das da “groß und stark und mit heldischen Tugenden ausgestattet und napoleonisch werden soll”.

Sagt doch der Gründer: „Dutzendmensch werden? Du...zum großen Haufen gehören, der du zur Führung geboren bist?!..(Nr.16)...Führender Mann sein! Vermännliche deinen Willen, damit Gott dich zu einem Führenden macht. Siehst du nicht, wie die gottfeindlichen Geheimbünde vergehen?...(Nr.833) Das Gebet ist das Fundament des geistlichen Gebäudes. Das Gebet ist allmächtig“. (Nr. 83)

 

Sadomasochistische Welt– und Selbst-Entwertung

 

Also sprach Escriva:“Die Augen! Durch sie geht viel Böses in dein Inneres ein. ... Was mußt du herumgucken, wenn du deine Welt in dir trägst?(Nr. 183f.) Vergiß nicht, was du bist: Ein Kehrrichteimer!...Demütige dich. (Nr. 592) ...Wenn du dich siehst, wie du bist, muß es dir natürlich erscheinen, daß sie dich verachten (Nr.593)...Ich nenne dir die wahren Schätze des Menschen auf dieser Erde, damit du sie dir nicht entgehen läßt: Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Schmerz, Schande, Armut, Einsamkeit, Verrat, Verleumdung, Gefängnis. (Nr. 194) ... Gesegnet sei der Schmerz.- Geliebt sei der Schmerz. – Geheiligt sei der Schmerz. – Verherrlicht sei der Schmerz!“(Nr. 208).

 

Angesichts der schwer pathologischen sadomasochistischen Tendenzen in diesen Texten erübrigt sich jeder Kommentar. Abtöten, Töten und Heiliger Krieg sind die logische Konsequenz dieser totalen Pervertierung christlicher Spiritualität.

 

Verachtung der Leibes, der Frauen, der Sexualität

 

Also spricht der selige Escriva: “Wenn du begriffen hast, das der Leib dein Feind ist und Feind der Verherrlichung Gottes, weil er deine Heiligung bedroht, warum faßt du ihn da so weich an? (Nr. 227) Es bedarf eines Feldzuges für Männlichkeit und Reinheit, um die verheerende Arbeit derjenigen zu durchkreuzen und auszulöschen, die den Menschen für ein Tier halten. Dieser Feldzug ist eure Sache. (Nr. 121) ... Laß dich nicht auf eine Zwiesprache mit der Begehrlichkeit ein. Verachte sie.“

 

Heilige Kriegsgshetzerei der „Soldaten Christi“

 

Also spricht Escriva: „Es ist Krieg! Der Krieg hat ein übernatürliches Ziel, sagst du, das der Welt verborgen ist. Der Krieg ist für uns. Der Krieg ist das größte Hindernis für einen bequemen Weg. – Aber schließlich werden wir ihn lieben müssen wie ein Mönch seine Bußgeißeln. (Nr. 311) ... Kämpft, meine Kinder, kämpft. Handelt nicht wie diejenigen, die sagen, daß die Firmung uns nicht zu Soldaten Christi macht.“ (16)

Jedes fundamentralistische religiöse System zeichnet sich durch das infantile Bewußtsein aus, der „heilige Rest“ zu sein, von Gott dazu auserwählt zu sein, in einer feinlichen, von satanischen Mächten besetzten Welt das Heil zu wirken.

 

Abwehr jeglicher System-Kritik

 

Jede Kritik am Opus Die wr immunisiert und zur Verfolgung hochstilisiert, mit „Mangel an übernatürlicher Sicht“ erklärt, als Stolz, Dummheit oder Bosheit abgetan und aggressiv zurückgewiesen. Es gibt außerdem nur Kritik „von oben nach unten“. Hören wir Escriva  dazu: „Schon wieder! Man habe geredet. Man habe geschrieben. Halbwahrheiten. Verleumdungen...Du Dummkopf! Du Schwachkopf! Wenn du geradewegs auf dein Ziel losgehst, Kopf und Herz berauscht (!) von Gott – was kümmert dich dann ... das Muhen, das Grunzen und das Wiehern ringsum?“(Nr. 688).

 

Macht korrumpiert

 

Die gefährlichste Abweichung von der Wahrheit ist nicht die bewußte Lüge, sondern der weithin unbewußte Irrtum. Ich zweifle nicht an der guten Absicht der meisten Mitglieder des Opus Die, die oft irregeführt, irre geführt sind. Tragisch ist, daß sie so viele innere und äußere Realität entwerten, verdrängen und verleumden müssen. Denn das hat verheerende psychische, soziale, wirtschaftliche und politische Auswirkungen. Die Ehrfurcht vor der Schöpfung und vor der Fleischwerdung Gottes, der Inkarnation, wird mit Füssen getreten.

 

Vladimir Felzman, der 22 Jahre lang Mitglied des Opus war und Escriva persönlich nahe stand, sagte angesichts dieses Phänomens:“Wie viel Schaden kann durch gute Menschen angerichtet werden, ohne daß sie es wissen! ... Wenn man überhaupt etwas sagen kann, dann: Macht korrumpiert“.

 

Mir ist klar, Herr Dr. Schönborn und Herr Dr. Kapellari, daß Sie als Bischöfe diesbezüglich in einer sehr schwierigen Position sind: Einerseits sind sie zum Gehorsam dem Papst gegenüber verpflichtet, andererseits haben sie sich eigenverantwortlich um das Wohl ihrer Diözesen zu kümmern.

Aber der Papst, der sich in der Geiselhaft von Opusdeisten befindet, die derzeit im Vatikan herrschen, darf von Ihnen nicht im Stich gelassen werden! Ich bin davon überzeugt, daß Johannes Paul II. icht weiß, was sich im Opus Dei alles abspielt.

 

Ich erwarte von Ihnen, Eminenz Schönborn und Exzellenz Kapellari, eine klare Stellungnahme zu meiner besorgten Analyse des „Weges“ von Escriva.

 

 

Mit herzlichen Grüßen und besten Wünschen

 

Alfred Kirchmayr

D.g.

 

 

 

 


 

[i]"Per rispondere" wurde um der Lesbarkeit willen neu übersetzt. Die Neuübersetzung (Anhang II) berücksichtigt soweit wie möglich die Fassung von Hans Gasper und Friederike Valentin und die englische Übersetzung im Anhang der amerikanischen  Ausgabe (3. Aufl., 1993) dieses Elternführers.(Ü)

[ii]J.J.Thierry, L'Opus Dei, mythe ou réalité (= Das O.D. - Mythos oder Wirklichkeit), Paris 1973, 9

[iii]Thierry, a.a.O., 12

[iv]Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, Köln 1971, Nr.24 (hier zit. nach der frz. Ausgabe, Entretiens avec Mgr. E.de B.)

[v] Sekten und neue religiöse Bewegungen - eine Herausforderung für die Seelsorge: "Von den Sekten werden oft ihre eigenen Denk-, Gefühls- und Verhaltensnormen auferlegt, im Gegensatz zur Vorgangsweise der Kirche, die eine Zustimmung in Mündigkeit und Verantwortung voraussetzt."

[vi]Thierry, a.a.O., 49f

[vii]Seit der Erhebung zur "Personalprälatur" sind die offiziellen, päpstlich approbierten Statuten des Opus Dei publik; sie tragen im lateinischen Original den Titel "Codex Iuris Particularis Operis Dei" (Rom 1982) (dt.: "Codex des Sonderrechts des Opus Dei", Rom 1982).  Soweit sie nicht ausdrücklich  von diesen offiziellen Statuten aufgehoben wurden, gelten allerdings laut dispositiones finales (2) derselben Statuten die  viel konkreteren Normen der (geheimen) Konstitutionen weiter, die z.T. wörtlich in die folgenden und einige andere interne Schriften der "Obra" eingegangen sind: "De Spiritu et de piis servandis Consuetudinibus" (Geist  und fromme Gewohnheiten, Rom, 9.4.1990), "Regulae internae pro Administrationibus" (Interne Regeln für die Verwaltungen (= Frauenabteilungen), Rom 1985, 6. Aufl.), "Vademecum de los Consejos Locales" (Vademecum für die örtlichen Räte,7 Bände, Rom, 1987), " Cuadernos" (9 Bände, o.J.); die 5 Bände der "Glosas", streng unter Verschluß zu halten, regeln die "Formung" der KandidatInnen.

Auf deutsch ist davon zugänglich:  Vademecum für die örtlichen Räte (Auszüge, aus dem Spanischen übersetzt) in: P. Hertel, 'Ich verspreche euch den Himmel'. Geistlicher Anspruch, gesellschaftliche Ziele und kirchliche Bedeutung des Opus Dei, Düsseldorf 1991, 4. Aufl., 214-217.

Eine gute Übersicht über die offiziellen Statuten und internen Regeln, ihren Geltungsbereich und den Umgang des Opus Dei mit ihnen bietet derselbe Autor in seiner Dokumentation "Intelligent gehorchen, aber blind" - Ein Wegweiser durch den Dschungel offizieller und geheimer Dokumente des Opus Dei, in: Paulus-Akademie (Hrsg.), Stoßtrupp Gottes oder heilige Mafia? Macht und Einfluß des Opus Dei in der Schweiz und anderswo, Zürich 1992, 33 - 151.(Ü)

[viii]"Dieser Schleier des Geheimnisses, der das Opus Dei bedeckt,... ich glaube, er kommt von den Leuten  außerhalb des Opus Dei, und nicht vom Opus Dei selbst. Denn im Opus Dei gibt es überhaupt kein Geheimnis", erklärte z.B. der Opus-Dei-Priester G. Haddock im kanadischen Fernsehen (CBC-TV, 22.1.85). Vgl. das bemerkenswerte Statement des Gründers im Pariser Figaro (16.5.66): "Ich habe nie auch nur das kleinste Geheimnis gehabt. Die Mitglieder des Werks hassen das Geheimnis, denn es sind Gläubige wie du und ich, Leute genau wie alle anderen". (zit. nach 'Gespräche mit Msgr. E. de B.')

[ix]Auf die öffentliche Klage eines Elternteils, die Post der Mitglieder werde von den Opus-Dei-Verantwortlichen ohne Wissen und Zustimmung des Absenders gelesen und diskutiert, erklärte R.Shaw im National Catholic Register (10.8.87): "Das Opus Dei hat einfach keine Lust, seine internen Angelegenheiten vor Neugierigen und Bösgesinnten auszubreiten."

[x]Aus Art. 190: "Consequenter, vel ipsa aggregatio instituto nullam externam manifestationem  patitur; extraneis, celatur numerus sociorum: immo de his cum extraneis nostri ne colloquantur" (Folglich verträgt die Mitgliedschaft beim Institut (= Opus Dei) keinerlei Bekanntgabe nach außen; Außenstehenden gegenüber ist die Anzahl der Mitglieder (des Instituts) geheimzuhalten; mehr noch, darüber haben unsere Mitglieder mit Außenstehenden nicht zu sprechen). Aus Art. 191: "Quapropter socii Numerarii atque Supernumerarii probo sciant se prudens silentium  semper observaturos circa nomina aliorum sodalium; et nemini umquam semetipsos revelaturos ad Opus Dei pertinere, nec quidem eiusdem Instituti diffusionis gratia, sine expressa licentia proprii Directoris localis"  (Daher sollen  Numerarier (= Vollmitglieder, ledig) und Supernumerarier (= verheiratete Mitglieder u.ä.) wissen, daß sie immer vorsichtiges Schweigen über die Namen der anderen Opus-Dei- Angehörigen zu wahren haben; niemals dürfen sie irgendjemandem enthüllen, daß sie selbst zum Opus Dei gehören, auch nicht zum Zwecke der Ausbreitung des erwähnten Instituts, außer ihr eigener lokaler Leiter erlaubt es ausdrücklich.) (lat. Text zit.  nach Constituciones, Sociedad Sacerdotal de la Santa Cruz de la Obra de Dios, Roma 1950, etc., veröffentlicht  in Tiempo, Madrid, 1986).

[xi]Vgl. Escrivá de Balaguer,  Der Weg,  Nr. 650: "Es gibt viele Leute, heiligmäßige Leute, die deinen 'Weg' nicht verstehen. Bemühe dich nicht, ihn ihnen verständlich zu machen; du würdest nur deine Zeit verlieren und Indiskretionen verursachen."

[xii]Im "Weg"  ist ein ganzes Kapitel der "Diskretion" gewidmet (Nr.n 639 - 657). Nr. 639: "Daß du geschwiegen hast, wird dir nie leid tun; wohl aber sehr oft, daß du geredet hast." Nr.644:  "Schweige. Vergiß nicht: Dein Ideal ist wie ein eben angezündetes Flämmchen; ein Windhauch kann genügen, um es in deinem Herzen auszulöschen."

[xiii]Einige Beispiele: Russell Shaw,  langjähriges Opus-Dei-Mitglied und Autor zahlreicher Texte zur Verteidigung und Verbreitung des Werks, schreibt eine Lobeshymne auf den Gründer,  Msgr. Josémaria Escrivá, im National Catholic Register  (Kansas City) vom 10.8.87 . Darin wirft er  den Kritikern des Opus Dei vor, sie wären "nicht gerade lernbereit" (was das Werk betrifft) und empfiehlt ein eben erschienenes Buch. Nicht einen Augenblick denkt er daran, sich als langjähriges Opus-Dei-Mitglied vorzustellen, er teilt auch nirgends mit, daß der Autor dieses neuerschienenen Buches ein ebenso altgedientes Mitglied und daß das Buch im Opus-Dei Verlag , Scepter Press, erschienen ist. Im Register wird Shaw nur vorgestellt als  "Sekretär für öffentliche Angelegenheiten bei der katholischen Konferenz der USA." .

1983 erschien  das Buch "Opus Dei - Leben und Werk des Gründers Josémaria Escrivá" (Salzburg 1983) des Historikers und Biographen Peter Berglar. Mit keinem Wort erwähnte der bis dahin als seriös geltende Autor, daß er seit einigen Jahren Mitglied des Werks war. Auch das Informationsbüro des Opus Dei Deutschland, das  laut P. Hertel, a.a.O. (10),  Berglars Darstellung in seiner 'Objektivität' dem Erfahrungsbericht des Ex-Numerariers Klaus Steigleder  gegenüber empfahl ( Das Opus Dei - eine Innenansicht, Einsiedeln etc. 1983), erwähnte Berglars Mitgliedschaft mit keiner Silbe.(Ü)

Als Band der populärwissenschaftlichen Taschenbuchreihe "Que sais-je?", (Presses Universitaires de France, Paris) erschien eine hymnische Opus-Dei-Monographie von Dominique LeTourneau (deutsche Ausgabe: Das Opus Dei, Stein a.Rh., 1987) mit einer peinlich unkritischen Literaturliste. Was der Leser nie erfährt: Der "Verfasser (,der) hofft, die Hauptzüge des Opus Dei zutreffend ...dargestellt" zu haben (9), ist Opus-Dei-Priester in Straßburg.(Ü)

[xiv]Thierry, a.a.O., 7o

[xv]Vgl. J.J.Roche (Universität Oxford), Mitglieder werben für das Opus Dei - eine persönliche Erfahrung in: The Clergy Review LXX, Okt.85, 349: "Daher ist das Hauptziel aller sozialen Aktivitäten (corporate activities) des Opus Dei die Anwerbung neuer Mitglieder und Mitarbeiter". (Nach 14 Jahren im Dienst des Opus Dei trat Dr. Roche aus und kehrte an die Oxford University zurück.)

[xvi]So der englische Opus-Dei-Leiter Philip Sherrington, als man ihn darauf aufmerksam machte, daß der Vorstand der Netherhall Educational Association, bekannt als Besitzer zahlreicher Gebäude, in denen das Opus Dei seine Aktivitäten entfaltet, zur Gänze aus Opus-Dei-Numerariern besteht (BBC-TV, 19.3.83).

[xvii]Roche, Mitglieder werben..., 354: "Dem potentiellen Kandidaten wird mit Aufmerksamkeit, Lächeln, guter Laune und  Freundschaft begegnet".

[xviii]Roche, Mitglieder werben..., 352

[xix]Roche, Mitglieder werben..., 349

[xx]Roche schreibt an der gleichen  Stelle: "Im Opus Dei gibt es eine umfangreiche Literatur zum Thema Mitgliederwerbung, darunter einige spezielle "Briefe des Vaters", Handbücher, Tonbandaufzeichnungen des Gründers. "Vgl. im "Weg" die Kapitel 'Proselytismus' (Nr.n 790-812), 'Taktik' (831-851), 'Der Apostel' (929-959), 'Das Apostolat' (960-982). Vgl. auch Maria Angustias Moreno, El Opus Dei: Anexo a una Historia, Barcelona 1976, 26, 217-223 (B).

[xxi]z.B. Gespräche mit Msgr. E.de B., Nr. 19: "Die persönliche und apostolische Spontaneität hat bei uns absoluten Vorrang (...) und nicht die Strukturen der Organisation, die Anweisungen, Taktiken und von oben, von der Leitung vorgegebenen Pläne. Natürlich gibt es ein Minimum an Organisation, mit einer zentralen Leitung und regionalen Leitungen. Aber alle diese Organismen haben wesentlich nur ein Ziel: Sie sollen den  Mitgliedern den geistigen Beistand sichern, den sie für ihr  frommes Leben brauchen, und eine für sie passende Geistesbildung im religiösen und menschlichen Bereich und im Bereich der Glaubenslehre. Im übrigen heißt es bei uns: Finde dich selber zurecht!"

Ganz anders klingt, was der Gründer in Cronica V, 1963 sagt: "Wir kennen kein anderes Ziel als das gemeinsame Ziel, den Proselytismus,  das Gewinnen von Bekehrungen."

[xxii]Roche, a.a.O., Anm. 39; Cronica I/1967: "Wie gewohnt wird sich unser apostolischer Eifer dadurch zeigen, daß wir unsere Freunde mit der  apostolischen Arbeit des Werks in Kontakt bringen." Ebenso Cronica VII/1968: "Keines meiner Kinder kann mit sich zufrieden sein, wenn es nicht jedes Jahr vier oder fünf verläßliche Berufungen weckt."

[xxiii]Der Gründer in Cronica I/1967: "Mit  heiligem Geschick und immer unter Beachtung ihrer Freiheit, müssen wir sie drängen, nach und nach, aber ohne Unterbrechung... Ihr müßt alle Mittel einsetzen, denn sie dienen ja dem  Apostolat (...). Was ihr tut, stellt die höchste Form der Freundschaft dar."

[xxiv]Der Gründer in Cronica IV/1971

[xxv]Der Gründer in Cronica IV/1964

[xxvi]Der Opus-Dei-Priester Gregory Haddock im kanadischen TV (CBC-TV, "Der Fünfte Stand", 22.1.85)

[xxvii]Roche, a.a.O., 353: "Die Möglichkeit einer Berufung zu irgend einer anderen religiösen Organisation kommt nie zur Sprache.  Gleichzeitig wird eine geistige Entwicklung eingeleitet, die am Ende  den Rest der Kirche  als verdächtig erscheinen läßt."

[xxviii]Father Felzmann, früherer Opus-Dei-Priester, ist heute als Priester Jugendverantwortlicher der Erzdiözese Westminster (London). (Ü) Zitat nach CBC-TV, 22.1.85. In der  Irish Times vom 11.11.82 gab er folgende Gründe als ausschlaggebend für seinen Austritt aus dem Opus Dei im Jahr 1981 an: Eine zunehmend von Angst geprägte Atmosphäre; die Entfremdung der Jugendlichen von ihren Familien; die peinliche und immer neu genährte Verdächtigung der "anderen" katholischen Theologie und die "Abschottung von und Verdächtigung der Welt, die der Geist des Opus Dei eigentlich zu schätzen lehrt".

[xxix]Ein Beispiel für solch tendenziösen privaten (in der Öffentlichkeit abgeleugneten) Religionsunterricht ist die Opus-Dei-Deutung der Wiederauffindung Jesu im Tempel durch seine Eltern. Wir lesen in der Mitschrift einer Kandidatin: "Er (Jesus) ließ zu, daß seine Eltern leiden (noch bevor er seine Sendung offenbarte).  Jesus war ihnen gehorsam von diesem Moment an - aber innerhalb gewisser Grenzen. Er erlaubte ihnen, für ihn  zu sorgen, wie er uns erlaubt hat, für ihn zu sorgen in den Heiligtümern dieser Welt."  Und am Ende, unterstrichen, die folgende Behauptung: "Wenn Gott die Bühne betritt, verlieren  die elterlichen Rechte ihre Geltung."

Im strikten Gegensatz dazu faßt Johannes Paul II. die kirchliche Deutung dieses Geheimnisses folgendermaßen zusammen:  "Jesus kehrt nach Nazaret zurück und ist Josef und Maria untertan. Dieser Gehorsam meint einmal kindlichen Gehorsam, zugleich  aber auch die gehorsame Offenheit des Menschen überhaupt, der  es immer wieder nötig hat, im Schoß der Familie zu lernen." (Osservatore Romano, 26.12.82)

[xxx]Aussage von Mitgliedern gegenüber ihren Eltern, die der Selbsthilfegruppe angehören.

[xxxi]Häufige Aussage  von Ex-Mitgliedern: Nach der Lossprechung, aber immer noch im Beichtsstuhl, wird ein persönliche "Aussprache" vorgeschlagen. Später wird klar, daß  der "geistliche Leiter" (ein Laien-Numerarier) den Inhalt dieser "Aussprachen" kennt,  die der Beichtende  durch das Beichtgeheimnis geschützt glaubte.

[xxxii]Thierry, a.a.O., 70: "Man kann die Mitgliedschaft beantragen oder aber das Werk selbst tritt auf Vorschlag eines  Mitglieds an mögliche Kandidaten heran und lädt sie zum Eintritt ein."

[xxxiii]"Es ist wahr: Jede Berufung ist schwierig und wird ganz sicher auf viel Widerstand sowohl im eigenen Inneren als auch von der Umgebung her treffen" , heißt es im Werbehandbuch Vocation  des Opus-Dei-Leiters J.L.Soria, Opus Dei Kanada, S. 35, erschienen im Opus-Dei-Verlag Scepter Booklets, New York,  und auch bei Tamezin Publications, London (2 Chelsea Embankment, London SW3).

[xxxiv]"In gewissen Fällen, wenn ein Jugendlicher sagt, daß er sich uns anschließen will,  raten (sic!) wir ihm, seinen Eltern davon nichts zu sagen. Warum? Weil die Eltern uns nicht verstehen."  (der Opus-Dei-Priester Andrew Dyrne, London, im Daily Mail vom 7.1.81).  Ebenso rät der Opus-Dei-Priester J.A.Kelly  siebzehnjährigen oder noch jüngeren Jugendlichen: "Sagt immer nur, was ihr zur Zeit tut: 'Ich gehe jeden Tag in die Messe, ich bete regelmäßig meinen Rosenkranz' (statt die Eltern vom Vorhaben des Opus-Dei-Eintritts zu informieren). Die Eltern einzuweihen und ihnen Gelegenheit zu einem Einwand zu geben, würde eher die Freiheit des Kindes beeinträchtigen."(New York Times, 8.1.84)

[xxxv]J.L.Soria, Vocation, 34. Vgl. auch Roche, a.a.O.,355: "Bevor einer bereit ist, zu 'pfeifen' (= dem Opus Dei beizutreten), wird er einem enormen  gefühlsmäßigen, moralischen und religiösen Druck ausgesetzt, der oft von Furcht begleitet ist. Die Leute bekommen Angst. Sie sind erstaunt über unseren Eifer, andere Seelen Gott zuzuführen, damit sie IHM dienen", schreibt der Gründer (in Cronica IV/1971).  Und an einer anderen Stelle sagt er: "Dieser heilige Zwang ist notwendig. Compelle intrare, sagt uns Unser Herr (Zwinge sie einzutreten)... den Verbohrten gegenüber gibt es die Verpflichtung, diesen heiligen Beistand zu leisten. Diese Aufgabe müssen wir als Mitglieder des Opus Dei erfüllen...Es gibt Augenblicke, wo der Mensch sich dem Anruf Gottes verweigert...die Berufungskrise. Nein sagen zu diesem Ruf würde radikale Opposition dem Willen Gottes gegenüber bedeuten...Es handelt sich gar nicht um Zwang, sondern um eine Hilfestellung, die wir Unserem Herrn leisten, der Arbeiter (für seinen Weinberg) sucht." (Cronica VIII/1959)        

[xxxvi]Soria,a.a.O.,25

[xxxvii]Soria, a.a.O.,25

[xxxviii]Soria,a.a.O.,38

[xxxix]Dwight G. Duncan, Leiter des Opus-Dei-Informationsbüros USA, New York City, in New Oxford Review, Juli/August 1984, Leserbrief.

[xl]Soria, Werbehandbuch Vocation, 34: "Die Berufung ist eine Aufforderung, seinen Anteil an der Welt hinter sich zu lassen, seine Familie und seine Heimat...Gott hat das verlangt, wie er  einst verlangte, daß ihm die Erstlingsfrüchte ohne Fehler und Makel als Opfer dargebracht würden." Man beachte den horrenden Widerspruch zum Brief Escrivás vom 24.März 1930, zit. bei Thierry, 74: "Wir sind ganz gewöhnliche Männer und Frauen, wir unterscheiden uns in nichts von unseren Kameraden oder Kollegen, von denen, die  in unserem Milieu leben  und unter den gleichen  Lebensbedingungen wie wir. "

[xli]Felzmann, Irish Times, 11.11.82.Vgl. die  Zeugnisse gleichen Inhalts der Ex-Mitglieder Maria del Carmen Tapia, Klaus Steigleder und Alberto Moncada, abgedruckt in  "Opus Dei - Stoßtrupp Gottes oder Heilige Mafia? (vgl.Anm.7),78. (Ü)

[xlii]Soria,a.a.O.,46

[xliii]Cronica, Bd.11(1972)

[xliv]Alvaro del Portillo, Prälat des Opus Dei, in einem Interview in National Catholic Register, 26.1.82

[xlv]Alvaro del Portillo,  zit. nach New York Times, Secret World of Opus Dei, 8.1.84, 40

[xlvi]persönliche Erfahrungen von Mitgliedern der Selbsthilfegruppe

[xlvii]Michael Walsh, The secret World of Opus Dei, London (Grafton), 1989, 193f

[xlviii]Maria del Carmen Tapia, Hinter der Schwelle.Ein Leben im Opus Dei. Der schockierende Bericht einer Frau, Braunschweig 1993,18 und 404. Die Spanierin M. Tapia, geb. 1925, gehörte 18 Jahre lang dem 'Werk' als Numerarierin in leitender Position an; sie lehrt heute an der Universität von Kalifornien in Santa Barbara. Aufgrund ihrer Erfahrungen hat sie zwei persönliche Briefe an Papst Johannes Paul II. geschrieben, um ihn vor einer Seligsprechung  des Opus-Dei-Gründers zu warnen, jedoch nie eine Antwort darauf  bekommen. (Ü)

[xlix]M.Walsh,a.a.O., 94

[l]New York Times, 8.1.84, 40

[li]zumindest dem Anschein nach; vgl. die Aussage des Gründers über seine Eltern, die ein Numerarierpriester des Opus Dei berichtet, in M. Tapia, Hinter der Schwelle, 411. (Ü)

[lii]so der Opus-Dei-Ausdruck, der den Unterschied unterstreichen soll (M.Tapia, Hinter der Schwelle, 402)(Ü)

[liii]Escrivà, Der Weg, Nr. 979: "Menschlich: Was nichts kostet, ist nichts wert.  Deswegen rate ich dir zum "Apostolat des Nichts-Schenkens". Versäume nie, den gerechten und vernünftigen Lohn für deine Tätigkeit zu verlangen, wenn sie ein Werkzeug deines Apostolats ist."

[liv]"Natürlich  sind die Eltern informiert, wenn  ihre Söhne oder Töchter Opus-Dei-Zentren besuchen, und sie wissen Bescheid über die Art geistiger Ausbildung, die dort erteilt wird ." (Dwight G.Duncan, Leiter des Informationsbüros von Opus Dei USA, Leserbrief an die New York Review, 7/84)

[lv]Osservatore Romano, 1.3. 79, vgl. auch 4.5. 81, 22.9. 80 u.ö.

[lvi]Osservatore Romano, 17.3. 80