Pantagruel:

Meine kleine Geschichte

 

(5. Juli 2010)

 

Geschätzte Leser, ich erzähle euch eine kleine, wahre Geschichte von meinem Leben als Assoziierter.

Von Klein auf war ich in einem Privatgymnasium des Werkes, über das ich nichts Schlechtes sagen kann, denn  was dort gelehrt wurde, war in Ordnung. Allerdings wurde, als ich um  die 14 war, die Kontrolle und der Zwang heftig. Dann war meine Grundausbildung abgeschlossen. Meine Eltern waren keine praktizierenden Katholiken, und da das Gymnasium des Werkes für die wirtschaftliche Lage meiner Familie unverhältnismäßig teuer war, maturierte ich in einer Klosterschule in meiner Stadt. Im zarten Alter von 14 Jahren hatte ich schon gepfiffen.

Als “Assoziierter” wohnte ich weiterhin zuhause bei meinen Eltern. Nach dem Abitur wurde meine Berufung eine zweischneidige Sache. Das Zusammenleben mit meinen “Brüdern” war gut: Es gab Ausflüge, einige spielten Gitarre, es gab Konvivenzen (“Urlaubs-“-Tagungen). Ich absolvierte meine Studien. Die Stimmung in der Etage, die ich zusammen mit anderen Assoziierten und Numerariern bewohnte, war ohne spontane Freude. Es gab viele „brüderliche Zurechtweisungen“. Ich habe nie den Bußgürtel verwendet, ich habe auch nie auf dem Boden geschlafen, wie es mir gesagt worden war. Ich ging in die Messe, sobald es mir mein später Schlaf gestattete, und oft sperrte ich mich im Bad ein, um auf dem Boden ausgestreckt zu schlafen. Am nächsten Tag fragte mich der „Direx“: „Was hast du so lange im Bad gemacht? Hast du dich nackt im Spiegel betrachtet?“ Man beachte die Frage, und man beachte die verdorbene Phantasie – alles ist auf Sex fixiert.

Oft kam ich zu spät ins Zentrum, weil ich noch am Strand war. Ich entschuldigte mich damit, dass mich unterwegs eine Auslage fasziniert habe. Meine Zerstreuung existierte aber nur in Gedanken, denn ich besaß keinen Groschen. Das Geld, das sie mir gaben, reichte gerade für die Miete, denn ich wohnte mit einem älteren Assoziierten zusammen (heute bin  ich ihm dankbar, dass er mich so wenig kontrollierte). Als das Studium abgeschlossen war, bekam ich Arbeit in einem Unternehmen des Werkes. Ich lebte in einem Zentrum, in dem alles kontrolliert und kritisiert wurde. Ich fing an abzunehmen. Mein Gesundheitszustand begann sich zu verschlechtern, aber als ein (Supernumerarier-) Arzt kam, klärten sich alle Zweifel: Es ging mir hervorragend!!

Meine Entscheidung, das Werk zu verlassen, stand fest, als ich merkte, dass es keine Geheimnisse gab. Alles, was ich im „vertraulichen“ Gespräch erzählte, ging nach draußen. Ich ging dann nach zehn Jahren. Wie üblich, sagte man mir, dass ich auf einen Brief mit der Dispens warten müsse, um ein Leben außerhalb des Werkes beginnen zu können, und zum Abschied gaben sie mir den Satz mit: „Wir können nicht garantieren, dass du außerhalb des Werkes gerettet wirst“, und: „Wenn du heiratest, wirst du auch deinem Partner untreu werden“.

Ich warte noch immer auf den Brief, aber er kommt nicht. Ich warte auch vergeblich darauf, dass meine ehemaligen „Brüder“  mich grüßen. Aber ich habe eine glückliche und beglückende Beziehung angefangen.

Und ich frage mich: Wer sind sie eigentlich, dass sie, wie der Gründer, behaupten können, dass außerhalb des Werkes die Rettung nicht garantiert ist?  Vielleicht nicht ohne Jesus Christus, aber heißt den das Werk zu verlassen, die Kirche zu verlassen? Und wie können sie jemanden einfach so beschuldigen, dass er die Ehe brechen wird, auch wenn er bisher vielleicht noch nicht einmal daran gedacht hat zu heiraten?

Pantagruel

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