Financial Times Deutschland, 21.9.2010

 

(http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:verdaechtige-transaktionen-top-banker-des-papsts-unter-geldwaesche-verdacht/50172636.html)

Verdächtige Transaktionen

Top-Banker des Papsts unter Geldwäsche-Verdacht

 

Italiens Polizei ermittelt gegen den Chef der Vatikanbank und friert Millionen ein. Auslöser waren versuchte Überweisungen - auch nach Deutschland. Das Institut rutscht damit erneut ins Zwielicht.

 

Die italienische Polizei ermittelt gegen den Chef der Vatikanbank, Ettore Gotti Tedeschi, wegen des Verdachts der Geldwäsche. Sie hat zudem 23 Mio. Euro eingefroren, die die Vatikanbank auf einem Konto der italienischen Bank Credito Artigiano hält. Entsprechende Medienberichte bestätigten die Strafverfolger am Dienstag.

Der italienischen Notenbank waren zuvor zwei verdächtige Transaktionen aufgefallen. Vergangenen Mittwoch äußerte die Banca D'Italia Bedenken, nachdem zwei Mal versucht worden war, insgesamt 23 Mrd. Euro des Vatikans von dem Konto bei Credito Artigiano an unbekannte Begünstigte bei JP Morgan in Frankfurt und Banca del Fucino zu transferieren.

Der Vatikan sprach Tedeschi sein Vertrauen aus

 

Der Vatikan zeigte sich "überrascht", stellte sich aber hinter Tedeschi und sprach ihm das Vertrauen aus. Tedeschi, der früher Finanzethik an der Katholischen Universität von Mailand unterrichtete, ist ein enger Berater von Finanzminister Guilio Tremonti.

Die 1887 gegründete Vatikanbank, Institut für die religiösen Werke (IOR), steckt damit nicht zum ersten Mal in der Krise. Anfang der 1980er-Jahre war das Institut in einen weltweiten Skandal verwickelt, als die Banco Ambrosiano, damals Italiens größte Bank, nach Betrügereien Pleite ging. Der Präsident der Banco Ambrosiano, Roberto Calvi, wurde tot an der Blackfriars Bridge in London aufgehängt aufgefunden. Ob es Mord oder Selbstmord war, ist unklar.

Der Vatikan war damals ein Anteilseigner des kollabierten Geldhauses. Er bestritt jegliches Fehlverhalten, zahlte aber schließlich 244 Mio. Dollar an Gläubiger der Bank - die im Gegenzug ihre Forderungen gegen den Vatikan fallen ließen.

Diese und andere Episode arbeitete der Journalist Gianluigi Nuzzi auf. In dem Buch "Die Vatikan AG" schildert er, wie das Institut in den 70er- und 80er-Jahren in dunkle Machenschaften verstrickt war. Die Leitung hatte damals der Erzbischof Paul Casimir Marcinkus inne. Laut Nuzzi unterhielt das IOR damals intensive Beziehungen zu den mutmaßlichen Mafia-Bankiers Michele Sindona und Calvi.

Unter neuer Führung soll es nicht besser werden. Monsignore Donato De Bonis rückte 1989 auf das Amt des "Prälaten des IOR". Er soll insgesamt 17 chiffrierte Konten eingerichtet haben. An der Buchhaltung der Bank vorbei soll das Geld laut Nuzzis Recherche an italienische Poltiker und Geschäftsleute geflossen sein. Das erste Konto soll zu Giulio Andreotti geführt haben, der 1989 Italiens Ministerpräsident war. Laut Nuzzis Recherchen spielte die Vatikanbank auch eine wichtige Rolle im größten Korruptionsskandal des Landes. Dabei ging es um den Verkauf der Chemieaktivitäten der Familie Ferruzzi an die Staatsholding ENI. Mehr als 100 Mio. Euro an Bestechungsgelder sollen an Politiker geflossen sein. Als Vehikel soll IOR gedient haben. Nuzzi zufolge soll die Bank davon gewusst haben. Das stritt sie aber in ihrer offiziellen Verteidigungsstrategie immer ab.

Die Vatikanbank hat Schätzungen zufolge rund 5 Mrd. Dollar an Aktiva. Geschäftsberichte legt das Haus nicht vor. Hauptaufgabe ist die Verwaltung von Vermögen für den Vatikan und andere religiöse Einrichtungen, Orden etwa. Die Aufsicht liegt bei fünf Kardinälen, Aktionäre gibt es nicht. Die Gewinne werden für wohltätige Zwecke genutzt.

 

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Drei Dinge sind anzumerken:

 

1.  Ettore Gotti Tedeschi ist ein Mann des Opus Dei; vgl.

http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Vatikanbank-im-Visier-der-Ermittler/story/14014954/print.htmlhttp://www.sullanotizia.com/articoli/economia_e_finanza/ettore_gotti_tedeschi_allo_ior_l_opus_dei_mette_le_mani_sulla_banca_del_vaticano__.asp; http://www.sueddeutsche.de/geld/vatikanbank-gottes-neue-geldgeber-1.28934.

 

2. Gier ist, namentlich in kritischen Zeiten, ein schlechter Ratgeber; die Reformen bleiben der Kirchenzentrale auf Dauer nicht erspart, sie werden nur um so schmerzhafter,  je länger sie zuwartet.

3. Wieder einmal hat sich ein Wort des hl. Josefmaria erfüllt: „Wenn die Clique zu guter Letzt an die Führung eines universellen Unternehmens gelangt..., wie bald artet dann das universelle Unternehmen in eine Clique aus!“ (Der Weg, Nr. 963)