E.B.E. : Der Stand des geweihten Lebens

 

 

Der CIC besagt, dass „der Stand des geweihten Lebens seiner Natur nach weder klerikal noch laikal ist” (canon 588). Die Gestalt des geweihten Laien ist eine Schöpfung neueren Datums, die den Ordensleuten die Möglichkeit geben soll, „Tätigkeiten in der Welt“ zu entfalten. Die geweihten Laien haben ihre Vorläufer in den Dritten Orden, deren Mitglieder sich je nach Möglichkeiten die Spiritualität und das Leben ihrer Mutterorden zu eigen machten.

Aber das Opus Dei hat wie immer Talent, die Dinge, die einfach sein sollten, kompliziert zu machen. Und das hat Methode. Denn es könnte ja auch so aufgefasst werden, dass die Mitglieder des Opus Dei, namentlich die zölibatären, Ordensleute sind, ohne sich so zu nennen. „Du willst Märtyrer werden. - Ich will dir ein Martyrium in deiner Reichweite zeigen: Apostel sein und dich nicht Apostel nennen; Missionar mit Sendung sein und nicht Missionar heißen; Mensch Gottes sein und als Mensch der Welt erscheinen: verborgen bleiben! ” (Der Weg, Nr. 848).

Es bleibt darauf hinzuweisen, dass Escrivá nicht das Wort „weltlich“ verwendet, sondern „Mensch der Welt“: anscheinend hatte er einen „Ordensmann“ vor Augen, der sich als Laie tarnt (vgl. die Untersuchung von Haenobarbo). Ich wollte in Wirklichkeit kein Märtyrer sein und auch keine Berufung dazu haben, aber Escrivá fühlte sich berufen andere zu Märtyrern zu machen. Mintunter erinnert mich  das Satz Escrivás an die Worte des „Paten“:  „Ich will dir ein Angebot machen, zu dem du nicht nein sagen kannst”. Und ich denke, dass hier einer der Angelpunkte der pathologischen Verfassung Escrivás zugrunde liegt: Er wollte etwas anderes scheinen als er war. Das ist ein mentales Martyrium, mehr noch, eine Grausamkeit. Es ist ein Betrug.

Eine solche Zweideutigkeit gefiel Escrivá. Und vielleicht gehen mehr Fische ins Netz, wenn das Meer aufgewühlt ist. So gefiel ihm der Fischfang! Und so versteht man den Zusammenhang besser.

Wenn man den einzelnen Kapiteln des  CIC folgt, sind die zölibatären Mitglieder des Opus Dei etwas mehr als geweihte Laien, ohne aber Ordensleute im strikten Sinn, vom juridischen Standpunkt aus zu sein. Warum? Im Anhang zu „La Clausura del carisma“ (Aufsatz des gleichen Autors) findet sich eine kleine Zusammenfassung von Punkten des CIC, die Bezug zur Praxis del Opus Dei haben; dort entdeckt man dass einige mit den Säkularinstituten übereinstimmen, viele andere aber, und das ist die Mehrzahl, entsprechen den Religiosen. Darin besteht das Problem.

Ich täusche mich nicht, es liegt eine Gewaltsamkeit darin, eine Berufung  hinzubiegen, die nicht das ist, was sie auf de ersten Blick zu sein scheint. Denn rein juridisch handelt es sich nicht nur um geweihte Laien, sondern de Kandidaten wird, ohne dass sie dem zugestimmt hätten, wie das Gesetz es erfordert, die Lebensform der Ordensleute übergestülpt. Das ist Kafka in Reinkultur, und ich will es noch deutlicher machen.

Nicht einmal die geweihten Laien haben eine ähnlich anspruchsvolle Lebenspraxis wie die „Laien“ des Opus Dei. Anders gesagt, während sich die Laien des Opus Dei für „normaler“ als irgendein geweihter Laie halten,  erfüllen sie in Wahrheit Ansprüche, die typisch für Ordensleute sind und ihrem Status als geweihte Laien nicht entsprechen.

Sehen wir uns die Erfordernisse an, die der CIC für die Ordensleute, nicht aber für die geweihten Laien festgelegt hat.

Ordensleute

Assoziierte/Numerarier

geweihte Laien

machen ein obligato­risches Testament (Can 668, §1)

ja

nein

tägliche Gewissenserforschung (Can 664)

ja

nein

Die Ordensleute leben in einem eigenem Haus mit dem Allerheiligsten (608 und 665)

ja (Numerarier)

nein

eine Dispens vom Familienleben ist erforderlich

ja (Numerarier)

nein

der Obere darf sich nicht aus dem Haus entfernen (629)

der Direktor darf sich nicht aus dem Haus entfernen

nein

Beschränkungen bei Fernsehen, Kino  etc. (Canon 666)

ja

nein

Abgabe der Einkünfte (668)

ja

nein

Einschränkungen in der beruflichen Arbeit (671)

ja

nein

Nachweis von Taufe und Firmung vor der Zulassung (Noviziat) (Can 645)

ja

nein

können die Weihe empfangen und bereiten sich darauf vor (659)

ja  („alle Numerarier und viele Assoziierte sind dazu disponiert, sich zum Priester weihen zu lassen, wenn sie vom Vater dazu ein­ge­laden werden „) (Katechismus des Werkes, 5. Aufl. Nr. 44).

nein (588, 3)

 

Das Dokument Provida Mater Ecclesia sagt seinerseits deutlich, „da die Säkularinstitute die drei öffentlichen Gelübde und das gemeinsame Leben unter einem Dach“ ihren Mitgliedern nicht auferlegen, so „können sie sich nicht im eigentlichen Sinne Ordensleute oder Gesellschaften des gemeinsamen Lebens“ nennen.

Nun gut, neben anderen ordensüblichen Praktiken leben die Numerarier in Gemeinschaft und bedürfen einer Dispens, wenn sie dies nicht tun. Wir befinden uns in einem Szenario frei nach Kafka. Denn aufgrund des Gesagten ist klar, dass die Mitglieder des Opus Dei  geweihte Laien sind, aber die Lebenspraxis der Ordensleute in vollem Umfang angenommen haben. Deshalb gilt:

 

Außerdem ist anzumerken, dass einer Personalprälatur geweihte Laien nicht ohne weiteres angehören können, denn diese gehören immer einer Art Vereinigung an. Das ist ein weiteres Problem und eine Folge davon, dass Escrivá seinen Jüngern auferlegt hat, etwas anderes zu scheinen als sie wirklich sind.

Ich kann mir jedenfalls nicht erklären, wie alle diese Ungereimtheiten seit 1947 durch alle Kontrollen schlüpfen konnten.

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