Husch ins Bett!
Neuzeitliche Jugendpastoral der Prälatur
(13. 11. 2010)
Es tut so weh. - Wenn man so tun muss, als wären einem die jungen Leute ein Anliegen, man aber selber nicht jung sein darf, sondern bestenfalls kindisch, und wenn man keine Zeitungen liest und die Augen fest zukneift angesichts der pädophilen Übergriffe von Amtsträgern der katholischen Kirche, Missbräuche, die nach und nach, dank eines neuen Selbstbewusstseins unter den Laien, zur Sprache kommen und geahndet werden und die Rom noch blutige Tränen kosten werden, dann könnte man allenfalls, wenn man sehr töricht ist und wenn man sehr viel Angst hat vor seinen Vorgesetzten, die verlangen, dass man ohne Personal, ohne Ambitionen und mit Stirnglatze das Potemkische Dorf eines geleiteten Jugendapostolats aufzieht, auf die grauenvolle Idee kommen, die Kleinen zu sich ins Bett zu nehmen. Genau das ist aber der - vermutlich buchstäblich - letzte Schrei beim Versuch, den "Jugendclub Delphin" der männlichen Abteilung des Opus Dei in Wien am Leben zu erhalten:
http://www.clubdelphin.org/de/images/content/2010-11%20Juniors%20Semesterprogramm.jpg
Im Semesterprogramm der "Juniors", also der Dreizehn- bis Achtzehnjährigen, wird ein tolles Angebot ausgebreitet: An zwei Tagen in der Woche, Dienstag und Mittwoch, kann man von 15.00 bis 17.00 Uhr im "Club" lernen; das Besondere daran ist offenbar, dass da auch ein "Numerarier" in Reichweite sitzt, der irgendwann irgend etwas studiert hat und vielleicht bei der Hausaufgabe helfen kann; nach einer Jause und dem Gebet gibt es die Möglichkeit zu einem "Tutorengespräch". Für die nicht Eingeweihten: Hier dürfen die Youngsters dem älteren "Freund" vertraulich alles mitteilen, was sie beschäftigt (dazu gehören natürlich auch Informationen über die Familie der Jungen, die Pläne der Geschwister, die berufliche Situation des Vaters) - und das Ergebnis dieser Mitteilung wird später im "Örtlichen Rat" von der Leitung des Club-Zentrums in Gegenwart des Beichtvaters zerpflückt, und es werden die nächsten Schritte für die Steuerung des jungen "Kandidaten" besprochen.
Einmal im Monat kann man dann auch unter dem Titel "Juniors Meeting" übers Wochenende bleiben und essen, schlafen und beten, aber auch die wunderbare hispanische Gewohnheit der "Tertulia", des Beisammenseins kennen lernen, das der Gründer des Opus Dei zweimal täglich zelebrierte, um sich in Szene zu setzen und um den Ordensleuten die "Rekreation" nachzumachen, ohne dass man´s merkt; die "weltlichen" Aktivitäten beschränken sich dabei auf zwei Stunden Lernen und auf ein Fußballspiel am Samstagnachmittag. Dabei können sich die Minderjährigen auf ein feudal-fades Salonchristentum abseits des Elternhauses vorbereiten, und man kann ihnen dabei auch en passant die Lebensgewohnheiten eines Numerariers als Selbstverständlichkeit einimpfen: tägliche Messe, kalte Dusche, Rosenkranz nach dem Mittagessen...
Früher sind sie wenigstens noch nach Hohewand, nach St. Corona oder auf den Bauernhof der Frau Brand ins Waldviertel gefahren, um mit dem Jeep durch den Wald zu kurven und so zu tun, als würde man attraktive Jugendarbeit machen. Aber die Numerarier der vierten Generation bieten ein Bild wie Philipp IV. von Spanien: Anämie, Feigheit und Inzucht... Der einzige Jungnumerarier, den man noch hat, wird als Staffage im teuer umgebauten Studentenhaus Birkbrunn gebraucht und kann nur mehr auf Stunden für den Jugendclub ausgeborgt werden.
Nicht Heiligung der Welt, der gewöhnlichen Lebensumstände, sondern Kloster auf Zeit. Und all das hat den Charme und die Atmosphäre einer Tetzelschen Ablassbude oder eines vatikanischen Münzklosetts: 5 € zahlen die Kids für die Miete der Fußballhalle, 3 €, wenn man zum Abendessen bleiben will, 50 Cent für die Jause, aber nur 7 € fürs Samstag-Paket, und 15 € fürs ganze Wochenende. Für die, die mehr spenden wollen, gibt es den U-Fonds.
Ich kann ja vielleicht verstehen, dass ein entnervtes Supernumerarierehepaar die Knete abdrückt, wenn sie mal ein ganzes Wochenende eine Leibesfrucht weniger zu beaufsichtigen haben; aber welcher normale Mensch vertraut den seltsamen Aposteln des Talmiheiligen sein Kind für einen solchen Mumpitz an?
P. A. KS
P.S.: Liebe Juniors, auch den Freizeitspaß kann man heiligen, und was man tut, soll man ordentlich tun. Ein kleiner Tipp dazu: Hinter der Tür zur Direktion steht ein brauner Kasten, und in den Fächern rechts findet ihr spanische Broschüren mit der Aufschrift "Cronica". Ihr könnt eine spielerische Note in das Leben eurer Tutoren bringen, wenn ihr mal, sagen wir zehn Exemplare, auf verschiedene kreative Verstecke im Club aufteilt.
Viel Spaß, und im Übrigen grüßen wir im Club mit "Pax"!