Anna Calzada: Familie Escribà in Balaguer

 

Anfänge, die sich im Nebel der Vorzeit verlieren…

Die Hypothesen von Aurell kann man, weil vollkommen utopisch, beiseite lassen, wenn er über den Ursprung des Familiennamens in den Jahrhunderten X-XI fantasiert, die Escrivás seien aus dem französischen Midi gekommen (X-XI. Jh.), dann in die Grafschaft Urgell übersiedelt, um verantwortungvolle Positionen in der Verwaltung zu übernehmen (XII. Jh.), dann hätten sie sich im Königreich Valencia niedergelassen, um die von König Jaime I. begonnene Kolonisierung zu unterstützen (XIII-XV. Jh.) und sich in den folgenden Jahrhunderten in zahlreichen Verästelungen ausgebreitet „bis in unsere Tage“1. Wenn wir weitere Geschichten ausspinnen wollten, könnten wir auch noch von Julius Cäsar erzählen, der sich zweifellos in diesem Land aufgehalten hat, von den Griechen oder auch von den Karthagern. Aber wir wollen seriös bleiben.

Eine schöne Hypothese, die aber jeder Grundlage entbehrt, ist auch die Verwandtschaft der Escribà de Balaguer mit der Familie des Chronisten Bernat Desclot, der jener „Escrivá“ sein soll, der in Dokumenten aus der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts zitiert wird: Dazwischen stehen 400 Jahre, ohne dass es irgendeinen Hinweis gibt, der dies irgendwie plausibel macht. Ebensowenig sind Verbindungen zu den Escrivá in Valencia nachzuweisen: „Tatsächlich hat sich kein Beleg darüber erhalten, dass ein Mitglied der Familie Escrivá von Valencia nach Katalonien ausgewandert sei“.2 Es bleibt eine dritte Hypothese, die Aurell unerwähnt lässt: Der Familienname Escriba kann auch auf einen konvertierten Juden deuten (sei es 1391 gewesen, oder vielleicht 1492), wobei der Name auf seinen Beruf oder den seiner Vorfahren hinweist: Schreiber, das heiß so viel wie Notar [hebr. so·fér, סופר]. Das einzige, was sich aus diesem Familiennamen ableiten lässt, ist die Tatsache, dass sein erster Träger eine besondere, wenn nicht prominente Rolle unter seinen Mitmenschen gespielt haben wird. Selbstverständlich kann eine Berufsbezeichnung von verschiedenen Personen, zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten verwendet worden sein: „Die jüdischen Notare spielten eine höchst bedeutsame Rolle in den Aljamas, den jüdischen Gemeinden Aragoniens im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert“.3

Wir wissen, dass in Balaguer eine kleine Aljama, eine jüdische Gemeinde existierte: „Balaguer: Diese katalanische Ortschaft hat eine kleine, aber angesehene Call, die zwischen 100 und 150 Seelen zählt. Man nimmt an, dass sich das Judenviertel im heutigen Barrio Nuevo befunden hat du  dass aus der Synagoge die Kirche „Santa María del Miracle“ hervorgegangen ist, als 1391 die Juden vor der Verfolgung durch ihre Nachbarn auf die Burg flüchten mussten.”

„Nach dem Urteil Alfons des Gütigen  (1333) wurden die Juden vor die Stadtmauern vertrieben, und man nimmt an, dass damals die Judería [das Judenviertel] in den jetzigen Straßen Barri Nou, dels Teixidors, Miracle und Sant Josep sowie der Plaza del Mercadal entstand”. (Museu de la Noguera, „Das mittelalterliche Balaguer“).

Der Niedergang endete 1492, als alle Juden, die nicht zum Christentum konvertieren wollten, auf Befehl der Katholischen Könige offiziell ausgewiesen wurden. Die Juden, die blieben, übten ihre Gewohnheiten, ihren Glauben, ihre Traditionen und ihre Sprache nicht mehr offen aus, da sie sonst getötet worden wären oder durch die Inquisition den Feuertod erlitten hätten. Deshalb verschwanden in kürzester Zeit alle äußeren Zeichen der jüdischen Religion, wie die Synagogen oder die Mikven, die rituellen jüdischen Bäder. (Tarbut, amics lleidatans de la cultura hebrea).

Mit der Religion änderten sie auch den Namen: „Der Konvertit suchte fast immer einen neue, ganz anderen Namen, um sich von seiner Vergangenheit abzusetzen" (vgl. David Romano, Perspectivas de la historia judía de la corona de Aragón): Wir habe einige Namenslisten von Judenkonvertiten, die den alten jüdischen Namen und den neu angenommenen des Konvertiten zeigen (D. Romano, l. c.), aber die Daten sind dürftig; Pere Bonnin hat für sein Buch „Sangre judía“4 in den Listen der Inquisition gestöbert (Pönitenziarienlisten des Heiligen Offiziums), Steuerlisten der Judenviertel etc., die eventuell einen moderaten Hinweis auf die allfällige jüdische Herkunft eines bestimmten Familiennamens geben können. Escriba und Escriva sind darunter, aber da es sich um isolierte Aufzeichnungen handelt, sind sie nicht aussagekräftig; wir wollen uns hier ein wenig vertiefen.

 

KREDITVERMITTLER, HÄUSLER UND HÄNDLER

 

„Am 18. Oktober 1635 zahlt ein gewisser Juan Oriola, Landwirt aus dem Marktflecken Menarguens, an Gaspar Escrivá 30 Pfund die er ihm schuldete. Am gleichen Tag kauft Gaspar von Juan Oriola ein Grundstück „Los Bancales“, am unteren Garten der Stadt Balaguer, im Bereich der  Torre Bella. Der Kauf wird rechtskräftig am 30. Januar 1636 nach Bezahlung von 101 Pfund und 4 Schillingen in der Währung von Barcelona. Nach dem gleichen Dokument grenzt die Parzelle, die Gaspar Escrivá erworben hat, im Norden an das Grundstück eines gewissen Artigues, im Westen war der Nachbar Armengol Cristià, im Osten Pascasio Escrivà (vielleicht Pascual Escrivà, sein Sohn) und im Süden T(omás) Escrivà.

Hier scheinen also drei Mitglieder der Escrivá auf, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Balaguer oder seiner Umgebung niedergelassen hatten“ 5.

Diesem Notariatsakt könnte man entnehmen, dass Gaspar Escriba Kreditvermittler oder Kreditgeber war, ein im Judentum fest verwurzeltes Gewerbe, obwohl sich nicht nur sie dem Kreditwesen widmeten. Merkwürdig ist der vom gleichen Tag datierende Ankauf eines Landstücks durch die gleiche Person: Vielleicht handelte es sich nicht um einen Kauf, sondern vielmehr um eine Pfändung, weil die fälligen Zinsen nicht entrichtet werden konnten.

 „Drei Jahre später, nämlich 1638, erscheint Gaspar Escrivá nochmals in der Dokumentation; er hat in Pobla de Corp ein Haus und ein Ehrengut (ererbtes Land), Pascasio Escrivá, der ein Ehrengut in la Pobla de Corp und ein anderes in Trulls besitzt, nahe bei einem Bewässerungsgraben, und Jacinto Escrivá, mit einem Ehrengut in der Gegend von Bon Any”.6

 

„Pobla de Corb“ bedeutet auf Kastilisch „Rabendorf“, und „Rabe“ war eine despektierliche Bezeichnung der Christen für die Juden. Es ist auch kennzeichnend, dass die Escriba nicht in der Stadt Balaguer selbst leben, sondern in der Umgebung (wenn das nicht bedeutet, dass sie Ackerbau betreiben), und es erinnert uns daran, dass es den Juden nach den Ausschreitungen des vierzehnten Jahrhunderts zu ihrer eigenen Sicherheit verboten war, innerhalb der Stadtmauern zu wohnen.

„Der Vater von Tomás Escrivá Bardaxí, Francesc, erkannte, dass das ererbte Land, von dem er Ertrag bezog, weit von seinem Land entfernt war, und verpachtete deshlab einen Gutteil davon an einen französischen Arbeiter namens Antón Villa. 1677 entschied sich Tomás, einen Schritt zu tun, der ihn der Welt der Edelleute näherbrachte: Er verkaufte einige Ländereien am Garten von Balaguer an Jerónimo Cases um den Preis von 310 Pfund und, was das Bezeichnendsre daran ist, empfing dafür eine Pacht, die ihm eine gute Rente einbrachte“. 7

 

Die einzigen gesicherten Daten, über die wir bis jetzt verfügen, besagen, dass jene Escribas des siebzehnten Jahrhunderts Ländereien kauften und verkauften, die ihnen Zins und Pacht einbrachten. Eine ordentliche Rente konnte einen Menschen in eine angenehme Position bringen, aber erhob ihn noch nicht per se in den Adelsstand. Zwar ist es gewiss, dass eine Bourgoisie mit wachsendem Reichtum (Händler, Kaufleute…) den quasi-edlen Status eines „ehrbaren Bürgers“ anstrebten oder den Adelstitel durch eine kalkulierte Heirat oder Geld tatsächlich erlangten; etwa 300 Adelstitel hat etwa König Carlos II. (1665-1700) während seiner Herrschaft auf diese Weise gewährt.

 

„In diesen Jahren sind einige Verkäufe oder Verpachtungen von Ländereien beurkundet, die Francisco und Geromín, als Erben ihres Vaters Pascual, veranlassten. Diese Verkäufe wurden vermutlich durchgeführt, um die erwähnte Liegenschaft in der Calle d’Avall zu erwerben und um das Kapital wieder in einige kommerzielle Unternehmungen zu investieren, die als Ergebnis der Unterzeichnung des Pyrenäenfriedens am 7. November 1659 möglich geworden waren.

Und hier haben wir, zusammen mit den zuvor beschriebenen Aktivitäten, ein anderes ständiges Interessensgebiet der Escrivá im Lauf der Jahrhunderte: kommerzielle Betätigung, meist im kleinen oder mittleren Rahmen. Und diese Gestionen zeigen zugleich das geringe Interesse der Escrivá, selbst in der Landwirtschaft zu arbeiten: An- und Verkauf von Ländereien werden als Geschäft für sich verstanden, nicht als Mittel, um den Boden zu bearbeiten und zu nutzen.

 

Aurell deutet an, dass die Escribàs in der Stadt Balaguer unter anterem dem Textilhandel widmeten, einem in der jüdischen Tradition veankerten Gewerbe. Der Ausdruck „im kleinen oder mittleren Rahmen“ scheint darauf hinzuweisen, dass die Escribàs die Stoffe im Detailhandel verkauften, vielleicht in den Gewölben der Calle d’Avall oder an einem Stand bei einer Messe oder auf einem Markt; sie befanden sich ganz im Rahmen der Krämer, mit Seide oder Leinwand, die in die obere Klasse strebten; die Kaufleute der Effektenbörse.9 Vielleicht schaffte die nachfolgende Generation diesen Sprung:

 

„Wir befinden uns in der Epoche, als der katalanische Handel mit Amerika enorm zunahm, sich die Spinnerei  in ganz Katalonien ausbreitete.Es scheint, dass die  Escrivás  — und zwar Francisco Escrivá Moragues ebenso wie sein Bruder Domingo — sich an diesen Geschäften beteiligten, die zwar der Familientradition entsprachen, aber in diesem Moment eine deutliche Aufstockung des Kapitals verlangten, das nun aus anderen Quellen kommen musste”.10

Nun gut, hier sind in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts in Balaguer einige Escribàs erwähnt, die Kredite vergeben, Ländereien besitzen und Handel treiben; sehen wir, was der Historiker David Romano in diesem Zusammenhang sagt: „Die mittelalterliche christliche Gesellschafts bekämpfte das Kreditwesen und beschränkte die Zinsen. Nach dem kanonischen Recht darf ein Christ einem anderen Christen kein Geld leihen — die Beispiele für Kredite, die ein Christ einem Christen gibt, sind aber gar nicht so selten - ; im jüdischen Recht ist die Situation vergleichbar; ein Jude kann nicht einem anderen Juden leihen. Deshalb versuchte man im Königreich Aragonien, so wie in den anderen spanischen Staaten, den Juden auf Kredite an Christen zu beschränken.“

„Ein hervorstechendes Merkmal unter den Juden war ihre Beschäftigung mit dem Handel und anderen Geschäften. Mit Handel beziehe ich mich sowohl auf den Außen- und Fernhandel wie auf den inneren und lokalen, denn es sind sogar Verträge bekannt, die eine Art von  Handelsgesellschaft voraussetzen. Es gibt Aufzeichnungen von Händlern für Seide, Felle, Gewürze oder einfach Bücher. Außerdem sind Maklertätigkeiten von Juden belegt, Vermittlertätigkeiten, Vermittlung von Tieren, Büchern, Immobilien. Ein anderes Gebiet, aber ebenfalls auf dem Finanzsektor ist die Pacht von staatlichen Steuern und Gemeindeabgaben.“

„Die Beschäftigungen, mit denen sich Juden abgaben, waren gewöhnlich derart, dass man den Ertrag im Fall einer Verfolgung oder Vertreibung leicht mitnehmen konnte, man beschäftigte sich mit Kunsthandwerk, Medizin, Finanzen, aber gewiss nicht mit Landwirtschaft. Es ist jedenfalls festzustellen, dass sich nur äußerst selten Juden als Landwirte betätigten. Im zitierten Artikel habe ich unter dem Titel dieses Paragrafen drei Punkte zusammengefasst, welche Formen der Arbeit unter ihnen üblich waren: 1. Juden besaßen, wie es belegt ist, Ländereien und Gärten, Weingärten und Ölplantagen, oft kleine Grundstücke, die durch Kauf erworben ware, durch  Erbschaft, Schenkung und möglicherweise auch als Pfand für ein Darlehen. 2. Es scheint, dass der landwirtschaftliche Anbau, auf kleinen Parzellen ausgeübt wurde, niemals als hauptsächliche Lebensgrundlage, sondern immer nur ergänzend. Die wenigen großen Flächen, die Juden besaßen, wurden für Viehzucht genützt. 3. Es gibt keinerlei Beweis für eine jüdische Besiedelung auf dem flachen Land; hier zugeordnete Ortsnamen haben sich als falsch erwiesen.”(David Romano, Perspectivas de la historia judía de la corona de Aragón; Hervorhebungen von der Verf.).

Dies sind die Fakten: „Pascual Escrivá hatte eine Francesca geheiratet, deren Abstammung wir bis 1610 verfolgen können. […] ihr Sohn Jacinto heiratete Tecla de Vega aus einer vornehmen Familie von Balaguer”. (J. Aurell, l. c. ).

“Francisco nahm an den Erhebungen der Grafschaft Ribagorza teil. […] dort lernte er sie Witwe eines gewissen Marco, Frau Jerónima Bardaxí kennen und ehelichte sie”. (J. Aurell,l. c. ).

„1679, Tomás zählte 33 Jahre, starb seine Frau Francisca Minguet, die ihm drei Kinder geschenkt hatte,  allerdings scheint keines von ihnen das Erwachsenenalter erreicht zu haben. Sieben Jahre später, im Februar 1686, heiratete er zum zweiten Mal, und zwar Victòria Copons y Monfart, die Tochter von Francisco und de Contesina, beide aus Tàrrega”. (J. Aurell, l. c. ).

[Francisco Escrivá Copons] „heiratete Gertrudis, die Tochter von Francisco Moragues, einem ehrenwerten Bürger von Barcelona, und von Antonia Navarro, einer Tochter des Herrn Pau Navarro i Bosch”. (J. Aurell, l. c. ).

Francisco Escriba Moragues heiratete zuerst María Pilot  aus Balaguer, von der er Kinder hatte, und später María Rosa Manonelles Gibert aus Tàrrega. (J. Aurell, l. c. ).

Um 1822 heiratete José María Escrivá Manonelles Victoria Zaydín Serrado. (J. Aurell, l. c. ).

José Escrivá Zaydín […] heiratete  in Fonz mit 29 Jahren, im Jahr 1854, Constanza Corzán Manzana. (J. Aurell, l. c. ).

„Im selben Jahr, am 19. September, wurde die Vermählung von José Escrivá Corzán und Dolores Albás Blanc gefeiert. (J. Aurell, l. c. ).

In den Listen jüdischer Familiennamen von Bonnín14 finden wir fünf von diesen Namen (Vega, Bardaxí, Manzana, Monfart, Navarro), drei von ihnen von der mütterlichen Seite. Auch Marco ist jüdisch, der Name des ersten Gatten von Doña Jerónima. Der Name Bardaxí hat seine eigene Geschichte: „Es ist interessant, auf eine Persönlichkeit von lokaler Bedeutung hinzuweisen, Antonio de Bardaxi, der der zuständige Leiter für  Katalonien in der königlichen Kanzlei war und der die königliche Anweisung über die Niederlassung des Heiligen Officiums in Barcelona zu unterzeichnen hatte. Im März 1487, wenige Wochen bevor diese gefürchtete Maßnahme konkrete Formen annahm, verließ er heimlich den Dienst des Königs und seine Geburtsstadt und floh mit seiner Frau und seinen Kindern nach Frankreich. Diese Vorgangsweise erstaunte alle die zuhöchst, die ihn als einen gläubigen und andächtigen Christen kannten.“ http://hebreos.iespana.es/monograficos/rjsS.pdf

 

Vázquez de Prada liefert uns in seinem Buch eine Reihe von Familiennamen von der Mutterseite: “Doña Dolores Albás y Blanc, die Mutter Josemarías, gehörte einer Familie an, die aus Aínsa stammte, der Hauptstadt des Sobrarbe, auf halber Strecke zwischen Barbastro und den Pyrenäen gelegen. Im 18. Jahrhundert hatten die Albás hier den ländlichen Adelsbrief erhalten. Erst im späteren 19. Jahrhundert ließ sich die Familie in Barbastro nieder. Manuel Albás Linés heiratete dort 1830 Simona Navarro y Santías. /Anm. 20. Vgl. AGP, RHF, D-12131 und Familie Escrivá de Balaguer-Albás, Anhang I.

 

Taufurkunde der Mutter María de los Dolores Albás Blanc: In der Mitte: Am dreiundzwanzigsten März achtzehnhundertsiebenundsiebzig habe ich, Dr. Teodoro Valdovinos, Pfarrer von Barbastro, daselbst feierlich ein um zwei Uhr nachmittags desselben Tages geborenes Mädchen getauft, eheliche Tochter des Herrn Pascual Albás und der Frau Florencia Blanc, geboren und wohnhaft in Barbastro, Konditoren. Großeltern väterlicherseits sind die Verstorbenen Herr Manuel aus Boltaña und Frau Simona Navarro aus dieser Stadt und mütterlicherseits Herr Joaquín und Frau Isidora Blanc, verstorben, aus Barbastro. Das Kind erhielt den Namen María de los Dolores. Taufpatin war ihre Tante Frau Dolores Blanc, verheiratet, aus Barbastro, vorschriftsmäßig unterrichtet. Dr. Teodoro Valdovinos (Unterschrift).

 

Jetzt haben wir vier Familiennamen: Albás, Blanc, Navarro, Linés y Santías. Der Name Navarro kommt immer wieder vor, ebenso wie Blanch oder Blanc, der als jüdisch gilt; wir merken an, dass das die Namen von zwei Großmüttern sind

Purer Zufall? Die Schwestern Toranzo erzählen in ihrem Buch Una familia del Somontano, dass Escribas Mutter in ihrer Kindheit Speck nicht leiden konnte, und wenn sie in der Schule einen bekam, versteckte sie ihn in einem Taschentuch, um ihn nicht essen zu müssen.

Die Schriftstellerin Carme Riera aus Mallorca hat zwei Romane über getaufte Juden aus ihrer Heimat geschrieben; sie erzählte in einem Autorengespräch über ihre Recherchen, dass die Inquisition die Hausangestellten gerne zu Spionagezwecken benutzte und ausfragte, ob im Haus ihrer Herrschaften Speck gegessen und mit Schweineschmalz gekocht werde, ein Hinweis auf die Abkunft der Familie, auch noch nach drei- und vierhundert Jahren. Olivenöl war knapp und teuer, normalerweise wurde in den Familien mit Schweineschmalz gekocht, und das sehen wir auch aus vielen Rezepten der traditionelln  Küche. Wie wurden traditionellerweise die berühmten „Crespillos“ gemacht, mit Olivenöl, wie Escriba es verlangte, oder mit Schmalz? Oder haben nur bestimmte Familien Crespillos gemacht? [Anmerkung: Die „Crespillos“ bilden einen Mythos im Opus Dei. Da die „Großmutter“, Dolores Escriba, immer an ihrem Namenstag, dem „Freitag der Sieben Schmerzen Mariens“ nach dem Passionssonntag, diesen Nachtisch, Spinatblätter in einem Teig aus Eiern, Mehl und Milch herausgebacken, serviert hatte, werden jetzt auch die Numerarier in aller Welt damit erfreut.]

 

Da in Spanien der erste Familienname vom Vater übernommen wird, können wir die Möglichkeit nicht ausschließen, dass eine Jüdin einen nichtjüdische  Mann geheiratet haben kann und wir ihren Namen nicht mehr erfahren; vielleicht könnte man diese Liste erweitern, und dafür wäre es ausreichend, wenn Aurell die notariellen, pfarrlichen und die zivilen Dokumente transkribiert, auf die er seine Arbeit stützt – ich möchte ihn hiermit dazu ermuntern.

Ein letztes kennzeichnenden Faktum: Escriba berühmte sich damit, unter seinen Vorfahren Miguel Servet zu haben: Man weiß, dass dessen Mutter eine Zeitang in Barbastro lebte und dass er jüdischer Herkunft ist: “Miguel Servet stammt aus einer bedeutenden Konvertitenfamilie; Enkel von Beatriz Zaporta und Großneffe von Gabriel Zaporta, Bankier Karls V. und Kunstmäzen. Beatriz Conesa Zaporta ist eine Schwester von Catalina, der Mutter Miguels und also seine Tante. Gabriel Zaporta war der Bruder seiner GroßmutterBeatriz, und er war Lieferant und Bankier des Kaisers” (http://www.miguelservet.com/hojas/navarra9.htm). 15

Was die Verwandtschaft mit dem heiligen Josef von Calasanz betrifft, so ist diese von beiden Seiten gegeben: Anscheinend heiratete der Bruder des Urururgroßvaters Escribas eine Schwester des Heiligen: Pedro, (dessen Sohn José war Richter bei der Herrschaft Peralta de la Sal, die den Markgrafen von Aytona gehörte, und er leitete die Eisenhütte, in der die Waffen der Adeligen hergestellt wurden; er heiratete María de Gastón y Sala, von der er Pedro bekam, der der Überlieferung nach ohne Nachkommen starb,  Josef, den berühmten oberaragonesischen Heiligen, dem diese Arbeit gewidmet ist) und Juana, die Frau von Pedro Agustín Blanc von Peralta -  beide waren die Eltern von Mosén José Agustín von Calasanz – und weitere drei Töchter, die nach Benabarre, Alcampel und Arén heirateten). (http://aragonyesnazion.mforos.com/1633394/7934417-apellidos-que-empiezan-por-c/

Ich komme zum Schluss. Nach dem bisher Dargelegten erhält die anfängliche These, dass José María Escriba aus einer jüdischen Familie abstammt, die trotz der Konversion zum Katholizismus enge familiäre, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Verbindung mit dem spanischen Kryptojudaismus hielt, eine große Wahrscheinlichkeit. Wenn dem allerdings so war, welchen Sinn hatte dann sein Eifer (ich würde ihn übertrieben nennen), einen anderen Ursprung für seinen Familiennnamen zu suchen, indem er Laute änderte und Ortsnamen hinzufügte? Empfand er gegenüber seinen Vorfahren so etwas wie Hassliebe? Die Frage bleibt für den Augenblick unentschieden.

Anmerkungen:

1 J. Aurell, Apuntes sobre el linaje de los Escrivá: desde los orígenes medievales hasta el asentamiento en Balaguer (siglos X-XIX). Cuadernos del Centro de Documentación y Estudios Josemaría Escrivá de Balaguer, 2002, S. 16.

2 J. Aurell, Apuntes sobre el linaje de los Escrivá: desde los orígenes medievales hasta el asentamiento en Balaguer (siglos X-XIX). Cuadernos del Centro de Documentación y Estudios Josemaría Escrivá de Balaguer, 2002, S. 15.

3 Asunción Blasco Martínez, La investigación sobre los judíos del Reino de Aragón hoy, revista Espacio, Tiempo y Forma, Serie III, H. Medieval, Bd. 6, 1993, S. 1.

4 Pere Bonnín, Sangre judía. Españoles de ascendencia hebrea y antisemitismo cristiano. Editorial Flor de Viento Ediciones. Barcelona, 1ª edición 1998.

5 J. Aurell, Apuntes sobre el linaje de los Escrivá: desde los orígenes medievales hasta el asentamiento en Balaguer (siglos X-XIX). Cuadernos del Centro de Documentación y Estudios Josemaría Escrivá de Balaguer, 2002, S. 16-17.

6 J. Aurell, Apuntes sobre el linaje de los Escrivá: desde los orígenes medievales hasta el asentamiento en Balaguer (siglos X-XIX). Cuadernos del Centro de Documentación y Estudios Josemaría Escrivá de Balaguer, 2002, S. 17.

7 J. Aurell, Apuntes sobre el linaje de los Escrivá: desde los orígenes medievales hasta el asentamiento en Balaguer (siglos X-XIX). Cuadernos del Centro de Documentación y Estudios Josemaría Escrivá de Balaguer, 2002, S. 21.

8 J. Aurell, Apuntes sobre el linaje de los Escrivá: desde los orígenes medievales hasta el asentamiento en Balaguer (siglos X-XIX). Cuadernos del Centro de Documentación y Estudios Josemaría Escrivá de Balaguer, 2002, S. 19.

9 Miguel Ángel Martínez Rodríguez, Historia moderna de Catalunya, curso 2008-2009, universidad de Barcelona.

10 J. Aurell, Apuntes sobre el linaje de los Escrivá: desde los orígenes medievales hasta el asentamiento en Balaguer (siglos X-XIX). Cuadernos del Centro de Documentación y Estudios Josemaría Escrivá de Balaguer, 2002, S. 25.

11 J. Aurell, Apuntes sobre el linaje de los Escrivá: desde los orígenes medievales hasta el asentamiento en Balaguer (siglos X-XIX). Cuadernos del Centro de Documentación y Estudios Josemaría Escrivá de Balaguer, 2002, S. 23, 25.

12 „Diejenigen, denen die Reinheit des Blutes ein echtes Anliegen war, waren die Juden. Dank der Übersetzungen von A. A. Neuman kennen wir die Rechtsauffassungen („Responsa“) der rabbinischen Gerichte, durch die wir ihre Innenverhältnisse kennenlernen. Hier begegnet eine skrupulöse Unruhe hinsichtlich der Reinheit der Familie und des Rufs, die ganz dem charakteristischen Ehrbegriff der Literatur des siebzehnten Jahrhunderts entspechen. Der minorisierte Jude lebte gegenüber dem dominierenden Christen in der Defensive, der ihn zur Konversion drängte oder zwang, durch die die Eigenart seiner Herkunft verloren ging. Von daher rührt die besondere Religiosität der Juden, die bei den Christen nicht vor dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts üblich war, sich später aber zum Teil in eine kollektive Obsession verwandelte. Wir haben gesehen, wie tolerant die königliche Justiz mit den Juden umging, auch dort, wo sie sich über die christliche Religion lustig machte, eine Nachsichtigkeit, die man nur unzulänglich mit dem Verweis auf die „Verderbtheit der Zeiten“ erklären kann. Sie waren nicht korrupt; für das christliche Mittelalter bestand das Hauptproblem nicht darin, den Glauben unversehrt zu erhalten, sondern darin, die Mauren zu besiegen und die Juden auszunutzen. Jedenfalls können wir am Ende des dreizehnten, Anfang des vierzehnten Jahrhunderts kein christliches Dokument mit solchen Ausdrücken finden:

Wer diesen Brief, bezeugt durch meine Unterschrift, sieht, soll wissen, dass sichere Zeugen vor meinem Meister, Rabí Isaac, dem Vorsitzenden der Gemeinde, zusammengekommen sind und treues und rechtmäßiges Zeugnis über alte und ehrwürdige Personen abgelegt haben. Gemäß ihrem Zeugnis ist die Fmilie der Brüder David und Azriel von reiner Abkunft und ohne Makel; David und Azriel sind es wert, sich mit den ehrenwertesten Familien Israels ehelich zu verbinden, da es in ihrem Stamm­baum keine Vemischung mit unreinem Blut gibt, weder väterlicherseits noch mütterlicherseits noch in den Seitenlinien. Jacobo Issachar.

Wir haben hier also das älteste Zeugnis aus Spanien, in dem Reinheit des Blutes durch namhaft gemachte Zeugen attestiert wird, ein Text ohne Gegenstück bei den zeitgenössischen Christen. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde die Reinheit des Blutes zu einem Kernbegriff des Adels und der Kirche, nachdem ihnen der Begriff von den Konvertiten eingeimpft worden war. So verwandelte sich das „summum ius“ in die „summa iniuria“, und die fanatische Ablehnung des Judentums passte sich in vollkommener Mimikry der Eigenart des Gegners an.” Américo Castro, Simbiosis cristiano-judaica. limpieza de sangre e Inquisición. Pablo A. Chami. op cit. Codigos Españoles Bd. X, S. 225.

13 http://www.shabuatov.com/serjudio.php

14 Pere Bonnín, Sangre judía. Españoles de ascendencia hebrea y antisemitismo cristiano. Editorial Flor de Viento Ediciones. Barcelona 1998.

15 Zeugnis seiner Tante Beatriz Conesa über ihren leiblichen Bruder Micer Joan Leonardo; sie nennt in diesem Dokument ihre Mutter Beatriz Zaporta als Großmutter von Miguel Servet. Es gibt kein späteres Zeugnis; vielleicht ist sie bald darauf gestorben. Die Unterschrift lautet „donia Beatriz Conesa”. 20- octubre 1593. Mateo Solorzano, notario de Zaragoza, 1593. (A.S.Z.)

S. 741 r Dies vigesimo mensis Octobris anno Mº, D, L.XXXXIII. Ver Eisdem die et loco. Que yo Doña Beatriz Conesa viuda del q.[odam] ylustre Don Pedro Ferriz cavallero domiciliado en la ciudad de Çaragoza (...) euj certificada euj vendo euj[dem (... ) Joan Mora habitante en la ciudad para vos a los Vros euj. a saber es toda y cualquier parte porción y drecho herencia y sucesión q.[ue] yo tengo alcanco y me pertenezen y teno atrançar y pertenezerme pueden y deben por muerte y relasion ab intestato del q.[odam] micer Joan Leonardo mi hermano domiciliado en la ciudad de Valbastro en cualesquiere bienes assi muebles como asittios

S.742v. ... y al y[lustre] my Joan Leonardo de todos los bienes muebles y sitios q.[ue] fueron de la q.[odam] Beatriz Çaporta madre mia y suya en los cuales reçevi del d[ic]ho my Joan Leonardo y los ...y pose yo por cualquier tratado todos los cuales me reservo y los ... vendo quiero aquí haber y he por nombrados y conffrontados y ... vendo con los de los procesos drechos instancias y actiones movidos y por mover a mi por lo ... y por precio es a saber es de dos mil sueldos jaqueses los cuales yo dicha vendo o a dever al comprador con mi poder ottorgo haber recibido etts. con uncion y previste y .... y obligome .... de acto tracto o contracto alquiler y.... obligo todos mis bienes muebles y sittios y demas ... euj. quieras de abrir do juisio euj lauge. Yo Geronymo Lopez y Francisco Conde [testigos] habitantes en Zaragoza. Donia Beatriz Conesa otorgo lo sobredicho. Yo Geronymo Lopez soy testigo de lo sobredicho. Yo Francisco del Conde soy testigo de lo sobredicho.

Der Familienname Leonardo hat seinen Ursprung ebenfalls bei Juden-Konvertiten, denn es handelt sich um einen Übernamen für Chavaciel oder Sabadial.

Teresa Ancín Chandía und Francisco Javier González Echeverría, Del origen judío de Miguel Servet. Raíces, Revista Judía de cultura, Nr. 40, 1999, S. 67-69.

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