Der Vater der Lüge

(18. Februar 2011)

 

Das Opus Dei ist unter dem Schutz Francos und namentlich seines Stellvertreters Luis Carrero Blanco groß geworden; José María Albareda war die erste Vertrauensperson Escrivás, die sich den „alten Hemden“ zur Verfügung stellte, um das spanische Universitätswesen neu zu organisieren und, am Tropf der öffentlichen Fördermittel hängend, die globale Expansion in der westlichen Hemisphäre zu fördern.

Im Augenblick kämpft das Opus Dei, das sich nach der Kampagne um Dan Browns Fiktionen und den zahlreichen Enthüllungen, aber auch einer schwer wiegenden Anklage vor dem Heiligen Stuhl  öffentlich und vor allem gegenüber der kirchlichen Obrigkeit bloßgestellt sieht, um ein halbwegs erträgliches Image. Der jähzornige, menschenverachtende und frauenfeindliche („Wenn sie weinen, müssen sie weniger pinkeln“) Monsignore Escrivá, der der Kirche als Bischof nicht gut genug war, wird jetzt auf schamlose Weise retuschiert. Wie sagte Ambrose Bierce in seinem „Wörterbuch des Teufels“ unter dem Stichwort „Heiliger“: „Ein toter Sünder, überarbeitet und neu herausgegeben“.

Da gibt es nun, mit viel Geld vom Opus, das es geerbt und seinen Mitgliedern abgetrickst hat, das Filmprojekt „There be dragons“, in dem unter der Regie von Roland Joffé die Flucht des Priesters aus der spanischen Republik 1937 dargestellt wird. Wir wissen, dass es Escrivá während der Zeit der Verfolgung strikt abgelehnt hat, sich in einem Haus zu verstecken, in dem gleichzeitig eine weibliche Hausangestellte anwesend war, und dass er, sehr theatralisch und borniert, den Schlüssel zu diesem Haus in ein Kanalgitter warf; und er erlaubte es seiner eigenen Mutter nicht, mit ihm gemeinsam auf der Straße zu gehen, weil er nicht das Bild eines Priesters in weiblicher Begleitung bieten wollte.

In einem Interview mit dem Regisseur des Escrivá-Films wird eine merkwürdige Szene erwähnt:  Ein junges Mädchen, das sich scheut, in einer Kirche zu beichten, legt bei Escrivá in einem Park die Beichte ab. Für die, die das Opus Dei von innen kennen, braucht man hier gar nichts mehr dazu zu sagen; in jedem Fall sei daran erinnert, dass in den Instruktionen für die Priester (Vademecum de sacerdotes) von  1987, S. 45 festgehalten ist: „Unser Gründer hat es außerdem so eingerichtet, dass ein Priester des Werkes, der es wagt, einer Frau außerhalb eines  Beichtstuhls mit Gitter die Beichte abzunehmen, außerhalb der Fälle, die traditionsgemäß als echter Notfall gelten, ipso facto suspendiert ist, und eine Wiederaufnahme ist dem Prälaten vorbehalten. Deshalb begeben sich die Priester des Werkes zum Beichthören nicht an Orte, wo sie diese Vorschrift nicht erfüllen können.“

Dabei bleibt es allerdings nicht; das Mädchen drückt Escrivá nach der Beichte auch noch dankbar einen Kuss auf. (Zum Glück dürfen die NumerarierInnen ja nicht ins Kino gehen, und vielleicht fehlt diese Szene ja auf den DVDs, die in den Zentren gezeigt werden. Joffé gibt auf diese Frage jedenfalls eine Antwort, die entzückend klingt, aber auf haarsträubende Weise mit der im Opus Dei gelehrten und gelebten Praxis kontrastiert:

Antwort: Man muss auf das Alter des Mädchens achten. Es stimmt, dass er Priester ist, aber er ist auch ein junger Mann. Er ist Priester, aber er ist ein menschliches Wesen, wie sie. Josemaría ist menschlich, aber er weiß, dass er als Priester nicht „Nein“ zum Sex sagt weil das etwas Schlechtes wäre, sondern weil er diesen Weg gewählt hat, Priester zu sein. Es ist ein menschlich sehr berührender Moment in dem Film, und er ist wichtig für die Geschichte, die ich erzählen wollte. Es ist ein Ausdruck von Menschlichkeit. Mir gefällt diese Szene, gewiss. In dem Film gibt es diese privaten Momente, Momente der Spiritualität, in denen man weinen könnte. Man sieht junge Menschen einen Priester ermorden, und man sieht tragische, schreckliche Momente, in denen Menschen leiden. Ich habe mich bemüht, gerecht zu bleiben.

Ein Kommentar erübrigt sich; die Leiter im Werk glauben offenbar, die gesamte Weltöffentlichkeit genauso für dumm verkaufen zu können wie ihre manipulierten Untergebenen.

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In George Orwells „1984“ gibt das „Wahrheitsministerium“ vor, wie man zu denken hat. Einem ähnlichen Zweck dient offenbar das „Istituto Storico San Josemaría Escrivá (ISJE)”, Via dei Farnesi, 82, 00186 Roma (Italia), das mit dem „Centro de documentacion  estudios Josemaría Escrivá de Balaguer“ der opuseigenen Universität von Navarra in Pamplona zusammenarbeitet. Schließlich braucht es einen großen Aufwand, die Wahrheit, für die es noch dazu so viele Zeugen gibt, zu verschleiern, so zum Beispiel die Affinität des „Gründers“ Escrivá zum „Führer“ Franco. Die erste Auflage des „Weges“ enthielt folgenden Nachsatz: „Dieses Buch wurde abgeschlossen in Burgos, am Tag der Reinigung der allerseligsten Jungfrau Mariens [2. 2.] im Jahr 1939, dem dritten des Triumphes, im Jahr des Sieges“.

Trotzdem zitiert die historisch-kritische Ausgabe von Pedro Rodríguez den fraglichen Text ohne die Schlussbemerkung „im Jahr des Sieges“.

Eine Fußnote merkt hierzu an: „Original C (Txm), S. 174. „III Triunfal“ bedeutet „das dritte triumphale Jahr“, eine Phrase, die während des Bürgerkriegs gleichsam verpflichtend war, wenn ein Dokument datiert wurde, und es bedeutet das dritte [für die Falange] siegreiche Jahr im Bürgerkrieg. Ab dem 1. April 1939 wurde „III Triunfal“ durch „im Jahr des Sieges“ ersetzt, ein Terminus, der ebenfalls in allen möglichen gedruckten und handschriftlichen Unterlagen vorkommt."