Simplicius : Mein Austritt

(21.12.2011)


Ich zitiere in der Folge das E-Mail, das ich vor einem Jahr meinem Direktor geschickt habe, um ihm mitzuteilen, dass ich das Werk verlassen und nicht die Oblation machen würde:

 

Betreff: Berufung

Lieber M.!

Ich möchte dir einige Zeilen schreiben, um dir in aller Freundschaft mitzuteilen, wie ich das Thema meiner Berufung sehe. Ich erledige das schriftlich, weil ich es so leichter habe meine Gedanken zu ordnen...

Wie wir am vergangenen Samstag besprochen haben, hatte ich seit einiger Zeit Zweifel, von denen ich annahm, dass sie sich von selber lösen würde, aber auch obwohl ich viel darüber nachgedacht und gebetet hatte, haben sie sich nicht gelöst.

Nachdem ich gestern und heute weiter darüber nachgedacht habe, sehe ich die Frage meiner Berufung nunmehr klar.

Ich sehe deutlich, dass mich der Lebensplan und die Lehre, die ihr mir im Werk mitgegeben habt, begeistert, vor allem der Ruf zur Heiligkeit und die Heiligung der Arbeit; allerdings sehe ich, dass alle diese Dinge, für die ich mich engagieren möchte, der ganzen Kirche angehören, während die Dinge, die mir Schwierigkeiten machen und die mir nicht passen, Dinge des Werkes sind; wie ich dir bereits am Samstag gesagt habe, ist das vor allem der paternalistische und wenig brüderliche Grundzug der Organisation.

Ich sehe deutlich, dass ich keiner Unterfamilie innerhalb der Familie der Kirche angehören möchte. Wie wir besprochen haben, möchte ich ein gewöhnlicher Christ sein, der allein der Kirche angehört, mit einem einzigen Vater, Gott, der seine Brüder in Christis apostolisch betreut. Ich glaube, dass die heroische Arbeit des Werkes sehr wichtig war, die Kirche besser zu machen, aber ich sehe auch, dass es wichtig ist, das es Christen gibt, die Seelen des Gebetes sind, die jeden Tag zur Messe gehen, die einem Lebensplan folgen und den anderen ein gutes Beispiel geben, die aber nicht vom Werk sind.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich eine einzige Berufung in meinem Leben habe, die Berufung zur Heiligkeit, um ich vertraue darauf, dass mich die Sakramente der Kirche heilig werden lassen, das heißt, ich glaube an Jesus Christus. Ich sehe deutlich, dass ich keine Berufung zum Werk habe, weil ich das Werk nur als Mittel zur Heiligung ansehe, aber nicht als eine Berufung für das ganze Leben verstehe.

Wie ich dir auseinandergesetzt habe, komme ich mit dem Paternalismus im Werk nur schwer zurecht; mein Ideal besteht eher in einem brüderlichen, transparenten Verhältnis zueinander, in der die persönliche Gewissensentscheidung vor dem Korpsgeist kommt. Ich habe meine Zweifel, worin der blinde Gehorsam bei Fragen der katholischen Lehre bestehen sollte, oder sogar beim lebensplan; in den anderen Dingen halte ich ihn überhaupt für entbehrlich.

Ich zitiere auch das E-Mail, das ich ihm einige Tage später geschickt habe, um ihm mitzuteilen, dass ich auch kein Mitarbeiter sein möchte:

 

Betreff: Nächstenliebe

Lieber M.!

Ich schreibe dir, um die mitzuteilen, dass ich weder am Dienstag noch am Donnertag ins Zentrum kommen werde.

Ich habe nachgedacht und mich entscheiden, dass ich nicht Mitarbeiter werden möchte. Seit einiger Zeit spüre ich in meinem Gewissen, dass Gott mich dazu beruft denen zu helfen, denen es weniger gut geht, und deshalb werde ich lieber bei der Caritas als beim Werk mitarbeiten.

Ich würde dich bitten, dass du mir die Initiative überlässt; ich melde mich bei dir, wenn es etwas gibt, das mit dem Werk zusammenhängt.“

 

Mittlerweile würde ich diesen Satz weglassen: „Ich glaube, dass die heroische Arbeit des Werkes sehr wichtig war, die Kirche besser zu machen,“ Heute, nach einem Jahr, nachdem ich das Stockholm-Syndrom, überwunden habe, würde ich eher sagen, dass die heroische Arbeit des Werkes sehr wichtig war, die Kirche schlechter zu machen,“.

Wir wissen, dass das Werk sehr wohl Berufungen hervorgebracht hat. Wir wissen aber auch, dass die meisten dieser Berufungen nicht Frucht einer Bekehrung waren, sondern dass diese Personen bereits einen festen Glauben hatten, bevor sie das Werk kannten. Wir wissen auch, dass die Mehrzahl dieser Berufungen verloren gegangen ist, und dass das Werk in vielen Fällen dazu beigetragen hat, den Glauben zu zerstören, den diese Menschen hatten, bevor sie vom Werk waren. Aber wir müssen auch die vielen Konversionen in rechnung stellen, die sich wieder abgewendet haben, weil sie sich mit einer betrügerischen Organisation konfrontiert sahen, und das ist das Werk innerhalb der Kirche. So gibt es viele, die keinen Glauben haben, aber sich zum Glauben an Jesus Christus bekehren könnten, die dies aber nicht tun wollen, weil sie denken, die Kirche sei so wie das Werk, das heißt, sie sei nicht ehrenhaft, mitfühlend, demütig, solidarisch...

Wie viele Berufungen könnte es geben, wenn es das Werk nicht mehr in der Kirche gäbe, wenn es aufhörte, zu täuschen und den Ruf der Kirche mit seinen unchtristlichen Praktiken zu beflecken?

Wie viele verlorene Söhne würden dann in ihr Vaterhaus zurückkehren?

Simplicius