AUSSENTEMPERATUR - Santorum und Opus Dei


Stefan Koch wundert sich, dass im US-Vorwahlkampf religiöse Themen dominieren


Quelle: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12299768/492531/Stefan-Koch-wundert-sich-dass-im-US-Vorwahlkampf.html


 

Es ist schon eigentümlich: Trotz hoher Arbeitslosenzahlen, einer dahindümpelnden Wirtschaft und drückender Staatsschulden streiten die Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur in den USA zuerst um religiöse Fragen. Vor allem der frühere Senator Rick Santorum stellt die Strategien der Wahlkampfmanager auf den Kopf und begeistert die Wertkonservativen seiner Partei mit erzkonservativen Thesen. Am Samstag gewann er auch die Vorwahl in Louisiana.

Dass Santorum aber die Mehrheit der Amerikaner hinter sich versammeln könnte, ist höchst zweifelhaft. Mit seinen Ansichten zu Abtreibungen, Homosexualität und Kreationismus erscheint der 53-Jährige wie aus der Zeit gefallen. Für Aufsehen sorgt auch seine enge Beziehung zum umstrittenen Laien- und Priesterbund „Opus Dei“.

Regierungsunterlagen zu- folge reiste Santorum 2002 sogar zu Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des Opus-Dei-Gründers Josemaría Escrivá nach Rom. Dort sagte er, Escrivá habe zu ihm „gesprochen“ und ihn ermuntert, sich mit katholischen Positionen in die Politik ein- zumischen. Zwei Söhne Santorums besuchen eine Schule, die von Opus-Dei-Mitgliedern geführt wird.

Tatsächlich ist die Religion in der US-Politik allgegenwärtig. Sich auf Gott zu be- rufen und die Kirche zu be- suchen, gilt als Selbstverständlichkeit. Die Grenze ist für viele Amerikaner aber erreicht, wenn der Eindruck entsteht, ein Politiker könn- te von einer Kirche gesteuert werden. So muss Mitt Romney, der Republikaner-Favorit, immer verneinen, als bekennender Mormone nur Erfüllungsgehilfe seiner Kirche zu sein.

Doch wo zieht Santorum die Grenze zwischen Politik und Religion? Die „Washington Post“ zitierte einen en- gen Vertrauten Santorums, Monsignore William Stetson: „Santorum ist angezogen vom Geist und von den Ideen des Opus Dei. Diese Gedanken müssen auch im All- tag und in der Arbeitswelt Platz gewinnen.“

Nun gilt Opus Dei auch in den USA als umstrittene katholische Organisation. Kritiker zählen ein langes Sündenregister auf, das von der Kooperation mit den früheren Diktaturen in Spanien und Chile bis zur Indoktrination Minderjähriger und einem rigiden Innenleben reiche.

Führende Republikaner sind nicht begeistert. Jack Lindley, Parteichef in Vermont, verweist auf 1964: Damals gewann Barry Goldwater mit radikalen Positionen das Kandidatenrennen der „Grand Old Party“. Bei der Präsidentschaftswahl verlor er krachend gegen den Demokraten Lyndon B. Johnson.