Konflikt zwischen Katholischer Universität und Katholischer Kirche
Dienstag, den 04. Oktober 2011 um 16:56 Uhr Hildegard Willer
„Der peruanische Kardinal Cipriani ist ein reaktionärer Politiker“
Ein Beitrag zum Konflikt zwischen der Katholischen Universität Perus und der katholischen Kirche
Man braucht nicht der Meinung von Sinesio López zu sein. López, ein peruanischer Soziologieprofessor mit klarer Sprache meinte: (Der Kardinal in Perus Hauptstadt Lima) „Cipriani ist ein reaktionärer Politiker mit klarer rechter Ausrichtung... Die Katholische Universität in Lima (PUCP) lebt in seinen Augen in einer Chaos-Situation unter dem Einfluss von Teufeln und kann nur durch eine neue Akademische- und Verwaltungsstruktur unter der Leitung des Opus Dei unterstellt, gerettet werden...“ (Lima, 17.9.2011)
Um diesen Konflikt besser verstehen zu können, müssen wir einen kurzen Blick in die jüngste Kirchengeschichte Perus werfen.
Zum einen ist an den Kampf des Vatikans unter dem damaligen Papst aus Polen und unter dem damaligen Glaubenshüter-Chef Kardinal Ratzinger gegen die Theologie der Befreiung zu erinnern. Natürlich wusste die Leitung des Vatikans durch deren Botschafter in Peru, dem jeweiligen Nuntius über die Ausrichtung der peruanischen Bischöfe Bescheid. Mit geholfen haben dabei „freiwillige Dienste“ aus den Bereichen des rechten katholischen Flügels Opus DEI , den „Heraldos del Evangelico/Caballeros de la Virgen“ sowie die ultrarechte Bewegung Tradition, Familie und Propiedad (Eigentum).
So war die Berufung des Bischofs aus der Andenstadt Ayacucho – wo José Luis Cipriani bis 1999 als Erzbischof amtete - zum Kardinal in Perus Hauptstadt Lima keine Panne, sondern Teil der Personalpolitik des Vatikans.
Cipriani unterstützte in seiner Bischofszeit in der Andenstadt Ayacucho, der Hochburg der Terroristen des Leuchtenden Pfads (Sendero Luminoso) die Militärs und nicht die Opfer. Dass am Bischofssitz in Ayacucho ein Plakat hing: „Hier werden keine Fälle von Menschenrechtsverletzungen angenommen“, wird von der Kirchenverwaltung heute bestritten. Was Cipriani besonders ausmacht, beschreibt der peruanische Journalist César Hildebrandt in scharfen Worten: „Niemals verteidigte er die Opfer der Diktatur unter Präsident Fujimori. Dagegen bezeichnete er die peruanische Menschenrechtskoordination mit all ihrem gefährdeten Tun als cojudez (was vulgär ist und mit Scheißdreck übersetzt werden kann)“. Hildebrandt verweist ebenso auf eine Rede des Kardinals in der Militärschule im Stadtviertel Chorillos und schrieb: „Er redete ordinär wie ein betrunkener Feldwebel, in der Form eines „machos“, eines Straßenräubers und Frauenverächters. Cipriani ist ein Faschist... Er redet wie jemand vom Unternehmensverband, aber mit einem Amen am Schluss...Cipriani war spiritueller Berater des (inhaftierten) Ex-Präsidenten Fujimori, unterstützte bei den letzten Wahlen Fujimoris Tochter Keiko als Präsidentschaftskandidatin, ist Mitglied des Opus DEI und kommentierte am 22.9.11., dass das geplante „Museum der Erinnerung“ (das an die Gräuel des schmutzigen Krieges erinnern soll)... nicht zur Befriedung des Landes beitragen wird... und meinte in Richtung der deutschen Bundeskanzlerin, die dieses Projekt unterstützt, dass ausländische Kräfte sich hier nicht einmischen sollen...“ (internet: el fascista von Cesar Hildebrandt, 23.9.11, Lima)
Der Konflikt um die Katholische Universität
Zurück zum aktuellen Konflikt mit der Kath. Universität von Lima: Die „Pontifica Universidad Católica del Perú“ wurde 1917 gegründet und ist mit über 20.000 Studierenden auch eine der angesehensten Universitäten Perus, aber in den Augen des Opus DEI und Kardinal Cipriani nicht „katholisch“ genug.
Auslöser ist vordergründig eine Erbschaft ihres Gönners José de la Riva- Agüero y Osma im Jahre 1944. Der Name spielt eine Rolle, weil deren Nachkommen, zum ultrarechten Katholizismus Perus zählend, eine angeblich ungeklärte Situation mit dieser Erbschaft ausnützen, um die ganze Struktur der Universität zu ändern. Eine Ursache sehen sie darin, dass der frühere Rektor Salomon Lerner Febres (nicht zu verwechseln mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Lerner) durch seine Arbeit in der Wahrheitskommission – die die Menschenrechtsverletzungen im „schmutzigen Krieg“ mit dem Leuchtenden Pfad, MRTA und den Militärs auf arbeitete – die „Terroristen direkt unterstütze“. Soweit José de Riva Agüero D., ein Grossneffe des vor 70 Jahren verstorbenen Erblassers, am 4.9.11. Und er fügte hinzu: „Die Universität muss Kardinal Cipriani und Papst Benedikt unterstützen... aber an dieser Universität sind lauter „caviares“. (Der negative Begriff „caviares“ wurde unter dem Ex-Präsidenten Alan Garcia eingeführt zur Diffamierung z.B. von MitarbeiterInnen von Nichtregierungsorganisationen, die so gut leben, dass die immer Kaviar essen). Und diese „caviares“ (Professoren etc.) in der „Católica“ unterrichten alles, aber nicht den Katholizismus. Soweit nochmals José de Riva-A.
Lassen wir wieder Sinesio López zu Wort kommen: „Es geht nicht vorrangig um religiöse oder juristische Aspekte... es ist ein politisches Problem. Cipriani will totalen Einfluss auf die Universität, auf deren DozentInnen und auf alle Besitztümer der Universität.
Ricardo Torres weist auf den Einfluss Ciprianis im Vatikan hin. Er gehört zum einflussreichen Rat von 12 Kardinälen, die über die aktuellen organisatorischen und wirtschaftlichen Probleme des Vatikans beraten. Er ist also gut positioniert im Machtgefüge des Vatikans, und über diesen Einfluss gelang es Cipriani, so Ricardo Torres, dass der Heilige Stuhl Beteiligter wurde und es jetzt heißt: Alles, was mit der Katholischen Universität zu tun hat, ist nicht – mehr -Sache der Bischöfe Perus, sondern klarer Wunsch des Vatikans.
In dieser Strategie war der ehemalige Nuntius in Peru, Bruno Musario, der Verlierer. Er wollte (laut Caretas Nr. 2195) nicht erfüllen, was Cipriani wollte – und wurde nach Kuba versetzt.
Ende gut – vorläufig gut?
Vom Dach der „Universidad Católica“ könnte weißer Rauch aufsteigen. Nicht für Kardinal Cipriani, sondern für die „Católica“. Am 24.9.11 wurde nach 8-stündiger Diskussion im Senat der Universität bekannt: Die katholische Universität ändert ihre Statuten und Struktur nicht. Das wurde 65 zu 1 abgestimmt. Auch das angerufene Zivilgericht lehnte das Ansinnen des Erzbistums auf Zugriff auf Besitztümer der Católica ab. (Martin Hidalgo B., 26.9.) Viele Parlamentarier, Juristen, Nichtregierungsorganisationen etc. begrüßten diese Entscheidung. Auch bei Befragungen wurde deutlich: 83% der Befragten in Lima lehnten die Vorstellungen Ciprianis ab, 39% meinten sogar, dem Kardinal ginge es lediglich um den Zugang zum Geld der Católica. (La República, 25.9.11).
Der uns schon bekannte Sinesio López kommentierte: „Wenn Cipriani und andere Bischöfe bestimmte politische Entscheidungen und religiösen Kriterien beeinflussen wollen, dann sollen sie das mit ihren Gläubigen tun, aber nicht damit alle Peruanerinnen unter Druck setzen“ (La Republica 24.9.11).
Nun will der Vatikan einen “visitador apostólica“ schicken um nach dem „Rechten“ zu sehen.
Es ist zu hoffen, dass Papst Benedikt die bei seinem Deutschlandbesuch eingeforderte „absolute Treue zum Papst und Vatikan“ nur abstrakt meinte und nicht solche Fälle, wie in Peru, im Blick hatte.
30.9.11, Heinz Schulze
Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 04. Oktober 2011 um 17:14 Uhr