Die vielen Namen des Gründers des Opus Dei

 

Die anonym veröffentlichte englischsprachige Originalfassung dieses Artikels befindet sich auf http://www.odan.org/tw_escriva_name_changes.htm#_ftnref24

 Wir haben sie mit freundlicher Genehmigung von Dianne DiNicola wiedergegeben.

 

Wenn sie mich dann fragen werden: Wie heißt er? Was soll ich ihnen dann antworten? (Exodus 3,13)
Ehren, Auszeichnungen, Titel... Luft, Aufgeblasenheit, Lügen, nichts. (Der Weg, 677)
Um das Opus Dei zu verstehen, muss man seinen Gründer studieren. (Alvaro Del Portillo)

 

Der Taufname

Der Gründer des Opus Dei hat im Lauf seines Lebens häufig seinen Namen geändert. Er wurde am 9. Januar 1902 geboren.[1] Vier Tage später erhielt er in der Kathedrale von Barbastro (Nordspanien) den Taufnamen José María Julian Mariano.[2] “Entsprechend dem Eintrag in das Register seiner Taufkirche war sein Familienname Escriba.”[3] Den ersten Namen erhielt er nach seinem Vater, José Escriba; seine Mutter hieß María de los Dolores Albás y Blanc.[4]


Der pseudo-aristokratische Zusatz “y Albás”

Einige Zeit, nachdem das Textilgeschäft seines Vaters in Konkurs gegangen war (1915), begann er die Ausbildung zum Priester und wurde 1925 geweiht.[5] Vor dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) fügte er seinem Familiennamen “y Albás” hinzu, das erste Mal in der Anzeige seiner Primiz.[6]

Im kastilischen Spanisch bedeutet der Zusatz “y” (“und”) zwischen dem Namen der Eltern einen Hinweis auf adelige Herkunft.[7] Die Gesellschaft hätte einen manipulierten Familiennamen bei jemandem, der nicht dem Adel angehört, nicht akzeptiert, und da dies bei Escriba nicht der Fall war, hat er sich vermutlich spöttischen Bemerkungen ausgesetzt; erste Ende der sechziger Jahre wagte sich Escriba gelegentlich mit dem Zusatz “y Albás” in die Öffentlichkeit.[8]


Von “Escriba” zum distinguierteren “Escrivá”

Am 24. Mai 1941 schrieb Bischof Leopoldo Eijo Garay von Madrid einen Brief, der immer wieder in offiziellen Schriften des Opus Dei zitiert wird, weil es sich hierbei um das erste Dokument eines Mitglieds der kirchlichen Hierarchie handelt, der das Opus Dei und seinen Gründer verteidigt. [9] In diesem Brief apostrophiert Bischof Garay den Gründer, den er persönlich sehr gut kennt, dreimal als Dr. Escriba.[10]

Aber schon als Schüler hatte José Escriba jene Variante seines Namens mit “v” angenommen, die besser klingt - und im Spanischen genau so ausgesprochen wird. ”[11] Sein Name heißt in der Anzeige seiner Primiz Escrivá (Anm.: Kurz vorher war sein Vater verstorben, José also „Familienoberhaupt“).[12] Am 20. Juni 1943, als er bereits 41 Jahre alt war, wurden im Taufregister von Barbastro ebenso wie im Taufschein José Marías ergänzt, “dass der Familienname Escriba in Escrivá de Balaguer geändert wurde.”[13] Keine der offiziellen Opus Dei-Biographien erwähnt diese Änderung.[14]


Der Zusatz “de Balaguer”

Am 16. Juni 1940 [Escriba war 38] berichtet das spanische Boletín Oficial del Estado (“Staatliches Amtsblatt”), dass Pater Escrivá von der Regierung die Erlaubnis erwirkt hat, seinen ersten Familiennamen zu ändern und sich künftig „Escrivá de Balaguer” zu schreiben. [15] Er rechtfertigte diese Eingabe damit, dass “Escrivá ein häufiger Familienname an der Ostküste und in Katalonien sei, was zu peinlichen und ärgerlichen Verwechslungen Anlass geben könnte.”[16]

Eines der frühesten Mitglieder des Opus Dei, der Architekt Miguel Fisac, nennt einen Grund, warum Escrivá seinen Namen geändert haben wollte. Fisac beschreibt zunächst die traumatische Erfahrung, die Escrivá als Kind machen musste:

Als er noch ein Kind war, hatten sein Vater und dessen Geschäftspartner ein Kleidergeschäft in Barbastro, dem Geburtsort des Gründers. Die Firma ging in Konkurs, und der Gründer war überraschenderweise gezwungen wegzugehen. Sein Vater war zu einem einfachen Verkäufer degradiert.[17]

Fisac beschreibt Escrivás Ärger über das Versagen seines Vaters, und er reflektiert über eine mögliche Motivation, warum Escrivá seinen Namen geändert haben mag:

Ich nehme an, dass die große Bedeutung, die er seinem Familiennamen beimaß, mit dem Kindheitstrauma zusammenhängt, das ich vorhin erwähnt habe. Wenn man mit Monsignore Escrivá in so engem Kontakt zusammen gelebt hat, konnte man leicht seine große Neigung zur Aristokratie fühlen: Herzöge, Grafen etc. Da einige solche Persönlichkeiten mit den Nonnen verwandt waren, deren Rektor er in der Königlichen Stiftung von Santa Isabel war, wurde er häufig gefragt, als ihn die Nonnen vorstellten und sie hörten, dass er mit Familiennamen Escrivá heiße, fragten sie ihn häufig: „Escrivá de Romaní?” (eine bekannte adelige Familie). Weil er jedes Mal sagen musste, dass das nicht der Fall sei, fühlte er sich regelmäßig von ihnen herabgesetzt. Das habe ich nicht erfunden: Ich habe Escrivá selbst sagen hören, wie er sich entschied, sich nach der katalanischen Stadt zu nennen, aus der seine Familie möglicherweise stammte: “Balaguer.” Und das tat er dann auch. Ich war dabei, als die Dokumente zur Vorlage im Justizministerium zusammengestellt wurden, um die amtliche Erlaubnis zu erhalten. [18]

Der Führer einer Gemeinschaft, die dafür bekannt ist, aus gewöhnlichen Christen zu bestehen, bestand darauf, dass die Verwirrung, die sein gewöhnlicher Name bedeutete, ein Ärgernis darstellte. [19] Keiner der Biographien des Opus Dei kommentiert den Antrag zur Namensänderung von 1940 oder seine Rechtfertigung. [20] Hinsichtlich der Behauptung im offiziellen Antrag, die Namen könnten verwechselt werden, wurde festgestellt, dass „ Escrivá de Romaní” an der Ostküste und in Katalonien durchaus kein verbreiteter Name sei.’”[21]


Von José María zu Josemaría

Monsignore Escrivá änderte auch seinen Vornamen. Das übliche José María wurde in das originelle Josemaría abgeändert. Die Biographen stellen fest, dass er etwa 1935, im Alter von 33, “seine beiden ersten Namen verband, weil seine einzigartige Liebe zur Jungfrau Maria und zum heiligen Joseph gleich und untrennbar ist.”[22] Obwohl es viele Heilige mit dem Namen Joseph gab, gab es noch keinen heiligen Josefmaria.


Doktor Escrivá

Eine Zeitlang bemühte sich Escrivá um den Doktortitel, möglicherweise gab er dieses Unternehmen auch auf. Sein akademischer Grad ist geheimnisumwittert. [23] Über das ebenfalls erworbene Doktorat in Theologie, das er im Alter von 53 erworben hat, weiß man nicht einmal den Titel der Dissertation, die niemals publiziert wurde. [24]

Laut Antonio Perez, einem der wichtigsten Mitarbeiter Escrivás, der 1948 zum Priester geweiht und dann Generalsekretär des Opus Dei wurde, war “Vater Escrivá kein großer Jurist, wie uns später weisgemacht wurde. Ich habe sogar ernsthafte Zweifel, ob er überhaupt Jura studiert hat. Ich habe nirgends das Diplom über sein Baccalaureat gesehen, und wie das im Werk lief, hätte man es sicher in einen eindrucksvollen Goldrahmen gestellt. Aber er könnte dieses Dokument, wie so viele andere Dinge, auch während des Kriegs verloren haben.”[25]


Monsignore Escrivá

 1947 wurde Vater Escrivá zum “Hausprälaten Seiner Heiligkeit” ernannt. Dieser Titel berechtigt dazu, sich mit “Monsignore” anreden zu lassen. Die offiziellen Biographen behaupten, dass Escrivá zögerte, diesen Titel entgegenzunehmen, “denn er wollte nichts für sich selbst. Schließlich nahm er ihn an, um die nicht zu vergrämen, die ihn vorgeschlagen hatten.”[26]

Nun, es war Alvaro del Portillo, die Nummer Zwei im Opus Dei, der die Verleihung beantragt hatte, und man lässt uns glauben, dass es ohne das Wissen Escrivás geschehen sei. Laut Angabe der Biographen trug Escrivá "die Prälatentracht und die Schnallenschuhe selten. Er empfand das Purpurgewand wie einen Bußgürtel, aber bei besonderen Gelegenheiten trug er es, weil er wusste, dass die Farbe seinen Kindern gefiel, und bewies auf diese Weise Humor.”[27]

Andererseits bestätigen viele, die das Opus Dei verlassen haben, dass Escrivá eine besondere Neigung zu Luxus, aristokratischen Attitüden, Ehren, Titeln und Statussymbolen hatte.[28] Es genügt, ein Anwesen des Opus Dei zu besuchen, um die offenkundige Zurschaustellung des Reichtums zu bemerken. [Anm. des Übersetzers: Mittlerweile stehen uns Dokumente aus der Erzdiözese Saragossa zur Verfügung, aus denen Escribas mangelnde psychische Eignung für das Bischofsamt hervorgeht, ein Posten, den er er angestrebt hatte, und für dessen Erlangung er auch seinen Freund Franco eingespannt hatte. Der "Päpstliche Hausprälat" ist tatsächlich ein "Trostpreis" für solcherart zu kurz Gekommene.)


Der Marquis von Peralta

Im Januar 1968 veröffentlichte das Madrider Amtsblatt folgende Notiz des Justizministeriums:

Don José María Escrivá de Balageur y Albás hat die Wiederverleihung des Titels eines Marquis von Peralta beantragt, welche von Erzherzog Karl von Österreich am 12. Februar 1718 Herrn Tomas de Peralta verliehen wurde. Da die von Art. 4 des am 4. Juni 1948 erlassenen Dekrets zur Genüge erfüllt sind, ist von der Veröffentlichung dieses Edikts an eine Einspruchsfrist von drei Monaten für allfällige Einwände von welcher Seite auch immer offenzuhalten. Madrid, 24. Januar 1968.[29]

Die Mitteilung trägt die Unterschrift des Unterstaatssekretärs Alfredo Lopez, einem Supernumerarier des Opus Dei.[30]

Freunde des Opus Dei haben darin keine Äußerung nichtigen Stolzes, sondern die Ausübung eines Grundrechts gesehen. Monsignore Escrivá bestand darauf, dass er dieses Gesuch nicht in seinem eigenen Interesse, sondern zugunsten seiner Neffen gestellt habe und bemerkte, dass er damit lediglich eine Dankespflicht gegenüber seiner Familie abgestattet habe für die großen Opfer, die sie gebracht hätten, damit er das Werk verwirklichen könne. Bei den offiziellen Biographen wird diese Vorgangsweise als ein Akt “kindlicher Dankbarkeit und Gerechtigkeit” gewertet.[31]

Nach dem Hinweis von Historikern (des Werkes) sei der Titel eines Marquis von Peralta eines entfernten Vorfahren Escrivás verliehen worden, der nach dem Vertrag von Utrecht 1713 Justizminister in Neapel gewesen sei. Monsignore Escrivá empfing in seinen letzten Jahren das spanische Goldene Kreuz des Hl. Raymond von Penafort, das Großkreuz Alfons X des Weisen, das Großkreuz von Isabella der Katholischen und das Kreuz von Karl III. Aber seine Biographen versichern, dass er sie als Beweis seiner Bescheidenheit niemals getragen habe.[32]


[1] http://opusdei.org.

[2] Hutchison, Robert, Their Kingdom Come: Inside the secret world of Opus Dei, 1999, S. 20

[3] Walsh, Michael, Opus Dei: An investigation into the secret society struggling for power within the Roman Catholic Church, 1989, S. 13.

[4] Hutchison, S. 19.

[5] http://opusdei.org.

[6] Estruch, Joan, Saints and Schemers: Opus Dei and its paradoxes, 1995, S. 32.

[7] Ebda.

[8] Walsh, S. 14.

[9] Estruch, S. 32.

[10] Ebda.

[11] Walsh, S. 14.

[12] Estruch, S. 32.

[13] Ebda.

[14] Ebda.

[15] Ebda. at pp. 32-33.

[16] Ebda., S. 33.

[17] Opus Dei Awareness Network, Inc., An Interview with Miguel Fisac, 2000, S. 9.

[18] Opus Dei Awareness Network, Inc., An Interview with Miguel Fisac, 2000, S. 12.

[19] Estruch, S. 33.

[20] Ebda.

[21] Ebda.

[22] Estruch, S. 34, wo er weitere Zeugen zitiert.

[23] Ebda., S. 35.

[24] Ebda., S. 36. Tatsächlich reichte er die juridische Arbeit von 1938 noch einmal an der Päpstlichen Lateranuniversität ein, mit der – falschen – Angabe, die Unterlagen zu einem angeblich erworbenen Lizentiat in Theologie seien während des Spanischen Bürgerkriegs verloren gegangen. Vgl. Giancarlo Rocca: Gli studi accademici di s. Josemaría Escrivá y Albás. In: CLARETIANUM, Bd. XLIX, 2009, S. 241-297.

[25] Estruch, S. 37, wo er weitere Zeugen zitiert.

[26] Ebda., S. 38, wo er weitere Zeugen zitiert.

[27] Ebda.

[28] Ebda.

[29] Hutchison, S. 150.

[30] Ebda.

[31] Ebda., S. 151, wo er weitere Zeugen zitiert.

[32] Ebda. Der Autor stellt fest, dass die Annahme des Titel “Marquis von Peralta” eine Spaltung von Leben und Lehre sichtbar macht. In Madrid machte man damals den Scherz, dass Escrivás “Der Weg” jetzt in “Die Autobahn des Marquis Peralta umbenannt würde.

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