Exopere: Vom Charisma zur Institution

29. September 2014

 

Ich komme immer wieder auf eine Thema zurück, das mich im höchsten Maß interessiert: Wie Charismen korrumpieren, sobald Instititionen auftauchen, die geschaffen wurden, um sie zu bewahren.

Das ist mit der Kirche passiert, die erst eine Kirche der Märtyrer war und dann nach Purpur, Bischofssitzen und Pöstchen gierte. Das geschah mit den Bettelorden, die erst um Brot bettelten und deren Vertreter dann tafelten und herumhurten. Das geschah auch mit dem  Werk, und zwar im Rekordtempo. Denn bereits in den vierziger Jahren, kurz nach dem Ende des Spanischen Bürgerkriegs, wollte da einer schon alles haben: Einkehrhäuser, politische Funktionen, Adelsprädikate etc. Vanitatum vanitas. Und in höchstem Maße lächerlich, und alles mit falschen Begründungen so hingebürstet, dass es aussieht als wäre es ad maiorem Dei gloriam veranstaltet; samt dem falschen Adelstitel „de Balaguer".

 

Was ist da geschehen? Der Mensch als solcher besitzt offenbar einen Fabrikationsfehler, der im ersten Kapitel der Genesis genannt wird: Ihr werdet sein wie die Götter. Und schon sind wir durchgedreht. Ich will damit weder etwas beschönigen noch jemanden verurteilen; Institutionen und allen, die sich allzu wichtig nehmen, begegnet man am besten mit Humor. Wir wissen ja alle, „dass die Kirche in den siebziger Jahren in Spanien nur dank des Werks überlebt hat.“ Oder dass es der Selige Alvaro war, der am meisten zum Konzil beigetragen hat.

Die Institutionalisierung hat das Werk in einen Dinosaurier verwandelt, der unfähig ist sich anzupassen, denn seine Normen sind „heilig, ewig und unveränderlich“. Und lateinisch. Was sind die Gesetzestafeln vom Berg Sinai im Vergleich dazu! Und so sieht es auch aus: Einige Verhaltensmaßregeln aus den vierziger Jahren, die Jugendlichen von heute aufgedrängt werden – falls sie sich das gefallen lassen.

Ich habe immer behauptet, dass das Charisma des Werkes etwas sehr Feines ist, dass es aber sehr schwierig ist es zu leben. Denn die Freiheit Jesu, die jede Seite des Evangeliums durchweht, ist im Werk nicht vorstellbar. Stellen wir uns einmal einen Numerarierpriester des Werkes vor, der sich die Füße von einer Nutte waschen und küssen lässt. Sie haben alles auf den Millimeter vorausgeplant, und alles geschieht durch Fernsteuerung Ich erinnere mich daran, dass ich in einem Kreis, den ich gehalten habe, kurz bevor ich abgehauen bin, gesagt habe, es ei besser einmal nicht zu beichten als dies auch Zwang zu machen. Der Leiter hatte aber keine Zeit mehr mir zu widersprechen. Jesus hat uns die Freiheit gebracht - denn es kann keine Liebe geben ohne Freiheit. Und im Werk hat man große Angst vor der Freiheit, davor, dass man nicht um Rat fragt, dass man sich eigenständig bewegt, dass keiner da ist, der nein sagen kann. Die Heiligung der Arbeit ist ein großes Charisma; aber sie haben es einbetoniert. Bei so vielen Leitern, Gebetsanliegen, Kustoden, Vikaren, Sekretären, bei so vielen Räten, Delegationen haben sie viel zustande gebracht, aber sie sind keine Familie, und sie haben kein Charisma. Täuschen wir uns nicht, der Vater ist der Chef. Das erkenne ich an, aber ich habe in ihm niemals einen Vater gesehen, unter anderem deshalb weil ich ihn nicht kenne. Na gut, ich kenne seine Loblieder aus Crónica, und die Briefe, die er angeblich jeden Monat schreibt, werden vorgelesen. Aber niemand konnt mir sagen, was er für ein Mensch ist, was er gerne isst zum Beispiel. Alles am Vater ist vollkommen.

Das Sonderbarste, das unsere Aufmerksamkeit erregen muss, ist, dass es gerade der Gründer war, der das Werk „sah“, der vom Himmel selbst das Charisma erhielt, der den Anstoß gab, dass der Geist des Werkes in einer Institution erstickte. Denn wir wissen alle, dass Gott in seiner unendlichen Weisheit sein „treuestes Werkzeug“ Jura studieren ließ, damit er den Geist des Opus Dei auf den Kopf stellen kann. Er macht aus dem Charisma, aus etwas Lebendigem, das vibriert, das, was es jetzt ist: etwas Trockenes, Gemeißeltes; das in interessant aussieht, aber leblos bleibt. Und so weiter, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Exopere

P. S. Es ist ein Faktum, dass die Mitglieder des Werkes regelmäßig auf dieser Homepage vorbeischauen; wir sollten ihnen die Freude machen udnnicht nur die internen Schriften, sondern auch ihr geistliche Lesung hier wiedergeben. Ich habe jedenfalls die „Cuadernos“ und andere „Familienschriften“ hier eingesehen, als ich meine Kreise vorbereitete. Es ging viel unkomplizierter und schneller.