Arturo Hernández Vega: Josef Sellmair und Escrivás „Weg“
24. Juni 2015
1 Die deutsche Spur bei der Entstehung des „Weges“
Der Beitrag von Pedro Rodríguez mit seiner Historisch-kritischen Edition und die Aufdeckung eines Geheimnisses von Francisco Botella
I. EINLEITUNG
Auszüge oder Zitate von Arturo Hernández Vega beruhen auf der Ausgabe „CAMINO. Edición Crítico-Histórica“ (Historisch-kritiche Ausgabe. 3. Aufl., hrsg. v. Pedro Rodríguez)
Diese Zitate, die in den folgenden Textausschnitten oder Texten erscheinen, sind vom Autor in der vorliegenden Schrift eingerahmt und beziehen sich auf die 3. Aufl. bei RIALP im Format e-Book mit 1.461 Seiten (die wir im Folgenden Vollständige Ausgabe nennen), aber sie sind mit der im Internet verfügbaren Version identisch, die ich Unvollständige Ausgabe nenne, im Format Adobe PDF, mit 120 Seiten, die nur den ersten Teil des erwähnten Buches umfasst, aber mit einer anderen Seitenzählung (wie es nur logisch ist) und mit folgenden großen Abschnitten:
• Zusammenfassung
• Vorwort
• Auflistung der „Gesamten Werke“
• An den Leser
• Sigeln und Abkürzungen
• Chronologie zu Josemaría Escrivá
• Allgemeine Einleitung
I. Der Autor
II. „Der Weg“. Die Redaktionsgeschichte
III. Beschreibung und Analyse der Grundlagen für die 2. kritische Ausgabe
IV. Literarisches Genus, Ziel und Struktur des „Weges“
Bei dieser unvollständigen Version im Internet, die allgemein zugängig ist, fehlt als der Zweite Teil oder der größere Teil, der eigentlich „Weg“ (kommentiert von Pedro Rodríguez), und die drei Auflagen der „Geistlichen Betrachtungen“ (von 1932, 1933 und 1934), die ebenfalls von Pedro Rodríguez kommentiert wurden).
Der Autor dieser Zitate und Kommentare (Arturo Hernández) verfügt über die schon erwähnte Gesamtausgabe von RIALP als e-Book . Von den „Betrachtungen“ besitzt er die 3. und letzte Originalversion von als Digitalisat auf einer DVD, die von der Nationalbibliothek in Madrid hergestellt wurde. Es ist notwendig zu anzumerken, dass die Texte der Zitate der beiden Versionen identisch sind. Die endgültige Version hat Anmerkungen am Fuß der Seite oder am Ende des Kapitels, die in der Unvollständigen Ausgabe ebenfalls fehlen.
Anmerkung : Unterstreichungen und Fettdruck und Erklärungen in eckigen Klammern in dieser Arbeit stammen vom Autor, Arturo Hernández Vega.
II. in Burgos, im November 1938, änderte Escrivá seinen beschaulichen Arbeitsstil als Autor einiger Bücher und zeigte auf einmal große Eile, „sein Buch“ fertigzubekommen und herauszugeben (Weiter unten werden ich mich bei der Interpretation der historischen Skizzen aufhalten, die uns Pedro Rodríguez sehr detailliert schildert). In den folgenden Textabschnitten werde ich die Auszüge oder Zitate des genannten Werks von Pedro Rodríguez beifügen. Der erste Abschnitt zeigt verschiedene Zitate der Seiten 61 bis 64 aus der erwähnten Internet-Version, die den Seiten 123-126 der Vollständigen Ausgabe als e-Book im erwähnten ersten Textfeld entsprechen (so Pedro Rodríguez)
§ 5. Die Redaktion von „Der Weg“ in Burgos (1938-39)
1. Die Ausarbeitung von Text 3
a. Von Pamplona nach Burgos
Escrivá kam am 8. Januar 1938 nach Burgos. Dort erwarteten ihn zwei Gefährten, die mit ihm die Pyrenäen überquert hatten: Albareda und Jiménez Vargas. Der letztere reiste unmittelbar darauf an die Front nach Teruel. Der selige Josemaría wohnte in derselben Pension wie Albareda, in der Calle Santa Clara. Nicht viel später installierten sich in der Kaserne des Generals Orgaz in Burgos diejenigen, die in der Kaserne von Pamplona geblieben waren: Francisco Botella, der als erster kam, und später Pedro Casciaro. Der Autor begann, ausgehend von der Pension, in der sie lebten, eine unermüdliche Aktivität; vor allem die seelsorgliche Tätigkeit, die sich um die ersten Gläubigen des Opus Dei zentrierte. Das war das Klima, in dem der „Weg“ entstand.
Drei Adressen hatte der Autor en Burgos; schließlich lebten der Autor und Francisco Botella vom 13. Dezember [1938] an in zwei gemieteten Zimmern einer Pension in der Calle Concepción 9.
Und hier, in der Calle Concepción, geschah die endgültige Redaktion des „Weges“, die schon im Hotel Sabadell begonnen worden war.
b. Beginn der Redaktion [des Buches] Was wissen wir in Bezug auf dieses Thema für die erste Etappe in Burgos? Wie wir gesehen haben, hatte der Autor die Idee, die Geistlichen Betrachtungen [Cuenca 1934] zu vermehren, spätesten seit seinem Aufenthalt im Konsulat von Honduras. Trotzdem gibt es bis weit in das Jahr 1938 hinein keine Zeugnisse zu diesem Projekt. Der Autor erwähnt es weder in seinen Auszeichnungen noch in seiner Korrespondenz, es kommt auch nicht in der Korrespondenz derer vor, die mit ihm zusammen in Burgos lebten, und im Tagebuch gibt es bis zu den erwähnten Einträgen im fortgeschrittenen Jahr keinerlei Erwähnung des Buchs. Die ersten Notizen scheinen mir zwei Anmerkungen des Autors in einem Heftchen über Agenda zu sein, sie datieren vom Juli 1938.
4 Diese Anmerkung hat für den interessierten Leser die Bedeutung, dass er den Wert erkennt, der dem Projekt jeweils beigemessen wurde, das ja fast bis zum Schluss den alten Titel beibehalten hatte, wenn auch in Kurzform [„Betrachtungen“] , und das vom Autor im Juli 1938 als eine seiner vordringlichsten Aufgaben gewertet worden war. „Betrachtungen“ erscheint auf Platz 4 in der Reihenfolge seiner Agenda.
Wir haben bereits angemerkt, dass der Autor die Arbeit an diesem Buch in Burgos zunächst einmal einfach mitlaufen ließ, ohne sich besonders anzustrengen; er sammelte nebenher Notizen, Punkte für das Gebet, Zettel; zu bestimmten Zeiten ordnete er die Zettel nach Themen und korrigierte sie. Der Autor des „Weges“, in den er sich vertieft hatte, sprach in seiner Korrespondenz mit den Gläubigen des Opus Dei, die ihn begleiteten, von Seelen und nicht von Büchern. In diesen ersten Monaten in Burgos, inmitten dieses mörderischen Bruderkriegs, waren alle Energien des Gründers auf das konzentriert, was er für den ausdrücklichen Willen Gottes hielt: das Opus Dei verwirklichen, die versprengte „kleine Herde“ wieder zusammenführen, sich um den einen oder anderen zu kümmern, ermuntern, ermahnen, als Guter Hirte dienen. Ich sage dass, weil damals in der Korrespondenz von dem Projekt nirgends die Rede ist, was sehr bezeichnend ist – im Tagebuch, das er nach den Hinweis von San Josemaría Tag für Tag schrieb (ein Zeichen, dass der Autor ihnen nichts vom Thema erzählt hatte).
III.
Wie Pedro Rodríguez sehr richtig sagt, hat das Tagebuch von Francisco Botella den bestimmten Charakter, auf die Geschichtsschreibung hin verfasst worden zu sein. Im November 1938 machte sich Escrivá de Balaguer (manchmal als Autor bezeichnet, manchmal als Vater, Großvater und auch Mariano) an die Arbeit (In der Gruppe ist die Rede davon, dass es sich um eine „stark vermehrte Auflage“ handeln wird). Der zweite Textabschnitt zeit einige Zitate der Seiten 65-66 aus der erwähnten Internet-Version, die den Seiten 127-130 der Vollständigen Ausgabe im bereits erwähnten Formar e–Book entsprechen.
Die Unterstreichungen und fett gedruckten Stellen sowie die Erklärungen in den eckigen Klammern [...] stammen wie immer von Arturo Hernández Vega. Der zweite Textausschnitt (so Pedro Rodríguez): „Mein Eindruck ist, angesichts der verfügbaren Dokumente, dass der Autor weiter an dem arbeitete wie bisher, was C [= „Camino“, „Der Weg“] werden sollte, indem er die „Betrachtungen“ redigierte, sie immer wieder ordnete – bis er sich zu einem bestimmten Moment vertiefte. Diese „operative“ Entscheidung geschah im letzten Monat im Hotel Sabadell – November und die erste Dezemberhälfte von 1938 – erfuhr ein „Crescendo”, bereits in der Pension in der Straße Concepción 9, um Weihnachten und Dreikönig erreichte seinen Höhepunkt am 22. Januar 1939. Am 2. Februar [1939] erhält das bereits abgetippte Buch sein Datum.
Der große Sprung vorwärts in der Redaktion fällt also zeitlich mit der Übersiedlung vom Hotel Sabadell in die erwähnte Pension zusammen.
c. „Eine neue, stark vermehrte Ausgabe“
Auf jeden Fall ist das erste Dokument, das davon spricht, dass Josemaría Escrivá am „Weg“ arbeitet, eine Seite aus dem Tagebuch von Burgos, geschrieben von Pedro Casciaro mit dem Datum 25. November 1938. Er merkt an, dass „alle diese Tage“ der Autor damit beschäftigt war, die empfangenen Briefe zu lesen und kommentiert Sätze, um die „Geistlichen Betrachtungen“ zu redigieren 23. Wir haben hier eine Redaktionsmethode, die er sich im Juli vornahm und auf die wir an einem geeigneten Ort wieder zurückkommen. Weiter fügt Casciaro hinzu: „Er denkt daran, für den Verkauf eine neue, stark vermehrte Ausgabe der „Betrachtungen“, „sobald es geht“, zu publizieren; „sobald es geht“ meint vermutlich, sobald das Ministerium das ausstehende Honorar für Santa Isabel beglichen hat“.
Casciaro schreibt, dass es offenkundig ist, was der Autor ihnen erzählt hatte: Seine Vorhaben war nicht, ein neues Buch zu schreiben, sondern das aus Cuenca in einer „stark vermehrten Auflage“ unter demselben Titel herauszubringen. Wenige Tage später übersiedelte Casciaro mit dem General Orgaz a Calatay und war dort unmittelbarer Zeuge der Abfassung des „Weges“.
Die Lage der kleinen Gruppe gestaltete sich so: Albareda war seit Oktober in Vitoria und hielt seinen Unterricht am Institut und Casciaro, wie ich sagte, in Calatayud. In Burgos bleiben Josemaría Escrivá y Francisco Botella .........
Álvaro del Portillo und Eduardo Alastrué, die in der Ingenieurakademie von Fuentes Blancas waren, außerhalb von Burgos, kamen häufig und arbeiteten an der Redaktion des Tagebuches mit. Es waren Gelegenheiten, intensiv mit dem hl. Josemaría zusammenzuleben. Botella schrieb es nieder: „Zuhause erwartet uns Álvaro. Wir machen das Nachmittagsgebet gemeinsam. Einige Bücher, die der Vater benutzen möchte, wurden von Alvaro gestohlen und durch das Evangelium ersetzt. Wir haben gemeinsam das Gebet gemacht: Wir selten haben sich in diesen Jahren der Prüfung einige von uns zu diesem Zweck zusammengefunden!“
d. Ziel: 999
Das Crescendo, der „Endspurt“ der Redaktion beginnt im letzten Drittel des Dezember 1938, am Vorabend von Weihnachten. Das Tagebuch und die Briefe bleiben die Quelle: Alvaro kam etwas später, denn er hatte seine Koffer noch in das Haus seiner Familie gebracht. Man arbeitete in der Stille. Der Vater schrieb – er wollte uns nicht sagen was – auf der Schreibmaschine. Paco – es ist überflüssig zu sagen – beantwortet Briefe. Ich lese auf Deutsch. Alvaro kommt. [...] Vorher hatte uns der Vater einige Zettel mit weiteren Betrachtungen gezeigt, für das Buch, das er herausgeben wird“.
Aber kehren wir zu dem Punkt zurück, von dem wir ausgegangen sind – dem 11. Januar [1939]. Ein Brief des Autors gibt uns nicht nur die Antwort auf die Frage von Albareda, die in der Luft lag, sondern nennt konkrete Pläne für die Edition des Buches. Er schreibt an Pedro Casciaro:
„Es wäre wichtig, dass du dir die Erlaubnis einholst und kommst. Es würde mich freuen, wenn du dich um den Druck des Buches kümmertest; gibt es da (in Calatayud, Stadt bei Saragossa) eine Druckerei dafür? Es fehlen nur mehr 80 Betrachtungen; das ist eine Sache von Tagen.“
2. Bis zur Edition des neuen Buches am 22. Januar: Schlusspunkt. Die frohe Nachricht taucht in der Korrespondenz auf. Der 20. Januar 1939 ist ein besondres Datum. Zwei Briefe von Botella, unter den vielen, die er an diesem Tag schrieb – er schrieb immer Briefe! – melden uns den Verlauf dieses Tages. Er schrieb seine Briefe, und der Autor seine Betrachtungen. Er sagte zu Casciaro: „Der Großvater [der Autor] möchte und drängt, dass die „Betrachtungen“ unter deiner Leitung herauskommen. Es fehlen nur mehr einige wenige, die in einer Stunde [?] Arbeit fertig zu machen sind. Der Großvater sagt, dass du siehst, ob man sie herausbringen kann. und zu welchen Bedingungen“.
Vicente Rodríguez Casado meint an demselben Tag, das man sagen könne: „Die Betrachtungen sind fertig. Pedro kümmert sich um die Herausgabe des Buchs“. Man muss nicht buchstäblich nehmen, was in den beiden Briefen steht: An Casciaro schreibt er, um ihn zu seinen Vorhaben drängen, und an Rodríguez Casado, der das Thema von ferne mitverfolgte, konnte es für erledigt halten, was es noch nicht war, aber sofort sein sollte.
Diese Brief sind keine so vertrauenswürdige Quelle wie das, was Botella selbst in das Tagebuch schreibt, das einen gewissen offiziellen Charakter trägt. In den Anmerkungen zum 20. und 21. sagt er nichts darüber. Umgekehrt schreibt er am 22., „Der Vater hat die Betrachtungen beendet und hat am Morgen begonnen sie auf der Maschine zu tippen“.
IV. Über den Namen, der dem Buch dann endgültig gegeben wurde
Der folgende und letzte Textausschnitt stammt von den Seiten 82 und 117 der erwähnten Version aus dem Internet und entspricht den Seiten 165 und 243 der Vollständigen Ausgabe im E-Book- Format.
Die Unterstreichungen und Fettdrucke sowie die Erläuterungen in eckiger Klammer [...] sind, wie immer, von Arturo Hernández Vega. 7
Das dritte Textfeld (so Pedro Rodríguez):
Das Buch änderte seinen Titel. Das ist die Nachricht: „Jetzt heißt es „Der Weg“ und erscheint zum ersten Mal unter dem Namen, unter dem es berühmt werden sollte. Hier ist der Moment innzuhalten und nach der Änderung des Namens zu fragen. Es ist offenkundig, dass sie zwischen zwei Terminen geschah: 21. April und 13. Mai [1939]. Ich neige dazu zu denken, dass es die Entscheidung des Autors oder wenigstens die Mitteilung Fisacs war, der den Umschlag machte, das dürfte nicht viel vor dem 13. Mai gewesen sein. Mehr noch: Ich denke, dass es Zorzano in das Tagebuch geschrieben hat, sobald er es wusste. Das war die Neuigkeit! Aber es ging nicht um Fisac und den Umschlag; das wusste man bereits, und dass stand schon im Tagebuch unter dem Datum des 21. Die Neuigkeit war die Namensänderung, die zur Folge hatte, dass Miguel sich nochmals an das Reißbrett setzte und ein neues Design entwarf. Wie kam der Wechsel zustande? Tatsächlich wissen wir wenig über die Angelegenheit. Aber wenn das auch wenig ist, muss es doch der Reihe nach dargelegt erden. Man muss von dem Original-Manuskript ausgehen, dass am 2. Februar beendet war und am 11. Februar Msgr. Lauzurica ausgehändigt wurde, damit er das Vorwort schreiben konnte.
In diesem kurzen Zeitraum veränderte das Buch, wie wir wissen, seinen Titel von „Geistliche Befrachtungen“ auf ein einfaches „Betrachtungen“. Das ersehen wir aus den zwei maschingeschriebenen Versionen des ersten Heftes des Manuskripts, die erhalten sind, beide mit der Widmung an Manolo Aparici. Unter diesem letzten Titel wurde das Manuskript an Msgr. Lauzurica geschickt. In diesen zwei Fällen blieb das Heft 2 mit den Worten des Autors an den Leser unverändert.
Der Autor des „Weges“ wollte, dass seine „Punkte“ auch dem persönlichen Gebet seiner Leser dienten, und in diesem Sinn wäre das normale Wort, um ein solches Buch zu qualifizieren, (geistliche) „Betrachtungen“ gewesen, und das war ja auch der Titel des Buches, das in Cuenca [1934] gedruckt worden war, und er bleib es bis Mai 1939, als er durch „Der Weg“ ersetzt wurde, wie wir oben gesehen haben. Es lohnt sich zu beobachten, dass trotz der Dringlichkeit, von der uns Pedro Rodríguez berichtet, das Buch („Der Weg“), das praktisch fertig oder im Fertigwerden war, noch nicht im Mai 1939 erscheinen konnte, sondern erst im September 1939 in Valencia.
V. Francisco Botella gibt uns den fehlenden Schlüssel. Die Analyse der früheren Zitate bringt uns auf SELLMAIR und auf NIETZSCHE. Es erscheint mir sehr angebracht, die „deutsche Lektüre“ der Gruppe in Burgos 1938 mit dem Büchlein SELLMAIRs „Der Priester in der Welt“ in Verbindung zu bringen, das zu Ostern 1938 erschiene war. Einerseits, wie wir durch Pedro Rodríguez erfahren, ging die Korrektur und Erweiterung der „Betrachtungen“ Espirituales 1934” (die Keimzelle dessen,. was nachher „Der Weg“ heißen sollte), sehr langsam vor sich, Escrivá arbeitete zugleich mit anderen Büchern daran und gab ihm keinen Vorzug, es war Nr. 4 auf seiner To-do-Liste, bis zu einem „bestimmten Moment” im November 1938, als sich diese Aufgabe in eine dringende verwandelte, mit Stufe eins, aber merkwürdigerweise fällt diese plötzliche Eile, das Buch fertigzustellen, mit der Zeit zusammen, für die uns Francisco Botella in aller Unschuld unter anderem mitteilt, dass er ein deutsches Buch lese. Mit diesem Satz „ich lese etwas Deutsches“, missachtet er ausnahmsweise die zahllosen Ermahnungen des Vaters zu schweigen, „klug zu sein”, „kein Geheimnis zu enthüllen” etc., häufig wiederholte Empfehlungen, die auch in vielen Aphorismen des „Weges“ vorkommen. Sehen wir, warum mir diese Beziehung plausibel vorkommt.
Das Werk Sellmairs drückte sehr klar und sehr umfassend zwei Aspekte aus, die für Escrivá sehr wichtig werden sollten:
A. Kräftige Argumente dafür, dass man die dekadente Kirche reformieren müsse; und er führte den neuen Typ eines zivilen oder berufstätigen Priesters ein, der kräftiger, weiser, professioneller sein sollte, ein „Übermensch“, der das ärgerliche Bild vom „Pfaffen“ ersetzen sollte, das damals verbreitet war. Die neue Priestergestalt, diese neue Priesterpersönlickeit, die Sellmair verficht, war wie ein Abglanz dessen, was der junge Escrivá für seine göttliche Offenbarung hielt.
Ein „ziviler“ oder „berufstätiger“ Priester, der der Beste in seinem Beruf sein sollte, mit dem Ehrgeiz, den „Übermenschen“ Nietzsches zu verwirklichen.
B. Die Zurückweisung der antichristlichen Aphorismen Nietzsches durch einen Katholiken. Die Analyse, die ich zwei Aspekten des Werks von SELLMAIR widme, ist folgende:
a) Der erste Aspekt (A) trifft sich völlig mit dem Werk, das Escrivá bereits begonnen hatte, dem Opus Dei, aber in einigen Momenten, wie uns Pedro Rodríguez erzählte, ging es nicht so weiter, wie Escrivá das wünschte, und plötzlich, „in einem bestimmten Moment“ im November 1938 (laut Pedro Rodríguez), „ging es“ Escrivá an und schrieb das „Buch aus Feuer“, von dem er immer geträumt hatte, das Buch, das sein Werk über die Welt ausbreiten helfen sollte. Diese plötzliche Beschleunigung, zumal zu diesem Datum, ist sicher der Lektüre des Büchlein von Sellmair durch Francisco Botella zu danken, eine Lektüre, die bewirkte, dass Escrivá verblüfft sah, wie Sellmairs Arbeit „Der Priester in der Welt“ großen Erfolg auf Deutsch, Englisch und Spanisch hatte!
b) Der zweite Aspekt (B), die Zurückweisung, die Sellmair den Aphorismen Nietzsches erteilt, kamen Escrivá ganz fabelhaft entgegen, und sie erlaubte es ihm, diese Zurückweisung für seine eigenen Aphorismen zu übernehmen, ohne die Quelle zu zitieren, im Unterschied zu Sellmair, der anständigerweise Nietzsche ordentlich zitierte, bevor er ihn zerpflückte. Das erklärt dann auch die überraschenden Übereinstimmungen, auf die wir in „Escrivá versus Nietzsche” ebenso wie in „Nietzsche, Sellmair, Escrivá” hingewiesen haben.
9 Um zu schließen: Warum setzten sich die Ideen SELLMAIRs 1939 zwar nicht in Deutschland durch (den Deutschland Hitlers, das von 1939 bis zu seinem Zusammenbruch 1945 mit der ganzen Welt Krieg führte), aber die ganz ähnlichen Escrivás sehr wohl im neutralen Spanien Francos?
Auch wenn dieses Thema umfangreich und umstritten ist und heute vielleicht weniger Interesse findet, waren die Szenarien zweifellos sehr unterschiedlich. In Spanien herrschte seit 1939 in den vierziger Jahren ein „Nationalkatholizismus“, der einen hervorragenden Hintergrund für Escrivá de Balaguer abgab, während in Deutschland alles verfolgt wurde, was sich nicht der Nazi-Ideologie anpasste, und es wurden damals auch viele katholische Priester verfolgt (wir dürfen auch nicht vergessen, dass Hitler sich an den Gedanken Nietzsches orientierte, und das bedeutete eine unüberwindliche Hemmschwelle für SELLMAIR.
Viele Historiker stimmen darin überein, dass Hitler in der Öffentlichkeit vorerst kein religionsfeindliches Image wünschte, tatsächlich aber scheint es aber eine ausgemachte Sache gewesen zu sein, nach dem Judentum mit dem Christentum im Reich aufzuräumen, weil der Nationalsozialismus neben sich keine Religion dulden konnte; das hätte aber erst nach Beendigung des Krieges geschehen sollen.
Es gibt viele Verweise auf SELLMAIR in dem jüngst erschienen Buch (2014) „Priester in Zeiten des Umbruchs: Identität und Lebenswelt des katholischen ...» (Autor: Thomas Forstner). (Die Arbeit bezieht sich auf die Situation in Oberbayern zwischen 1918 und 1945, also der Gegend, in der SELLMAIR lebte).
Die Umschlagseite dieses Buches bietet uns die folgende Zusammenfassung. Thomas Forstner präsentiert uns am Beispiel von Oberbayern ein vollständiges Bild der Wandlungsprozesse, denen sich katholische Priester in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgesetzt sahen. Er stellt die Phänomene der alltäglichen priesterlichen Lebens dar und erklärt, wie sich die Formen der Inkorporation, der Bildung und gesellschaftlichen und mentalen Verfassung des Klerus angesichts der „neuen Verhältnisse“ auswirkten . Der Autor analysiert auch die Haltung der kirchlichen Hierarchie angesichts der unterschiedlichen Verhaltensweisen der Kleriker. Besondere Aufmerksamkeit widmet Forstner dem Verhalten des Klerus gegenüber als größte Herausforderung seiner Zeit: Nationalsozialismus und Krieg. Der Autor, Dr. phil. Thomas Forstner, arbeitet in Berlin als Privatdozent, Historiker und Berater. Alles in allem, das Thema ist hochinteressant, aber hier ist nicht der Ort, es zu diskutieren.
10 Anmerkungen für Josef Knecht und Fletcher Christian.
Ich möchte mich bei Josef Knecht für die Frage bedanken, die er mir 2012 gestellt hat, ob ich nämlich Pedro Rodríguez gelesen habe, den Autor des großen Werks „Der Weg. Historisch-kritische Ausgabe”. Damals hatte ich dieses umfangreiche Werk noch nicht gelesen, aber die Frage von Josef Knecht ließ mich den Entschluss fassen, es eines Tages zu lesen. Ich denke, dass die Lektüre im April und Mai 2015 viel gebracht hat, die abgesehen von ihrer verständlichen Parteilichkeit, dem Interessierten eine sehr extensive und detaillierte Information bietet , um die Aspekte besser zu verstehen, die mit der Entstehung des „Weges“ zu tun haben.
Ich bin vollkommen einverstanden mit FletcherChristian in seinem Artikel, den er am 20. Februar 2012 unter dem Titel „Die ideologischen Wurzeln des Opus Dei“ veröffentlichte, indem er dessen Anfänge in Beziehung zu der Zeit setze, in der es entstand. In seiner Antwort auf meinen Artikel über Nietzsche und Sellmair versichert es, dass es wahrscheinlich sei, dass der „hl. Marquis Nietzsche von weitem gefolgt ist.“
Tatsächlich war es überraschend, dass Escrivá Nietzsche gelesen haben soll. Aber nun, da ich Pedro Rodríguez gelesen habe, halte ich es doch für plausibel, dass die Aphorismen, die sich bei beiden oft decken, ihm von Francisco Botella präsentiert wurden, im November bis Dezember 1938, die Josef Sellmair selbst übersetzt hatte. Es gibt keinen Zweifel, dass Escrivá die Herausgabe dieses Buches von Sellmair in als eine göttliche Fügung vorkommen musste, denn sie kam zur richtigen Zeit am richtigen Ort, als er sie am meisten notwendig hatte.
Arturo Hernández Vega
Madrid, 24. Juni 2015