Brief einer ehemaligen Supernumerarierin an die Direktorinnen von St. Gabriel (I)
Salypimienta, 24. Januar 2011
Am kommenden 19. März sind es zwei Jahre, dass ich mich offiziell und endgültig aus dem opusdei verabschiedet habe. Es waren zwei Jahre, in denen ich große Teile meines Lebens wiederherstellte, in denen ich, mit der Distanz versuchen konnte, aus dem Schlimmen etwas Gutes zu machen.
Nachdem ich mitbekam, dass sich hier ein Großteil der Ehemaligen herumtreibt, fand ich die Idee wunderbar, in diesem Rahmen zu verwirklichen, worauf ich immer schon Lust hatte, nämlich den Direktorinnen von St. Gabriel zu schreiben, vom Örtlichen Rat die ganze Beförderungsliste hinauf bis hin zum Zentralen Assessorat.
Liebe Direktorin!
Ich weiß nicht, ob du gelegentlich über die Sittenwidrigkeiten nachdenkst, die du Tag für Tag begehst, behütet in deiner angeblichen Berufung als „auserwählte Tochter Gottes“. Ich denke, dass du bei all den Normenarbeit, und der soooo vielen Arbeit, die du hast, nicht dazu kommst daran zu denken, dass alle deine Arbeit und alle deine Bemühungen nicht den Zweck haben, Gott die Ehre zu geben, sondern um eine Institution zu verherrlichen, die sehr wenig Göttliches an sich hat...
Jesus Christus wurde in einem Stall geboren, sein erstes Bett war eine Futterkrippe, und sein ganzes Leben arbeitete er als bescheidener Zimmermann... denkst du, dass es ihm 1928 leidgetan hat, arm zu sein, und er die Ehre durch Feld und politische Posten angestrebt hat, und dass er deshalb einen sehr mittelmäßigen armen Priester dazu angestiftet hat, das opusdei zu gründen?.. Glaubst du wirklich, dass in der Institution, der du angehörst, die Nächstenliebe gelebt wird?
Wenn es so ist, wie kannst du mir dann die große Zahl der Beleidigungen, Übergriffe und Demütigungen erklären, die der Gt0ßteil der Mitglieder der Prälatur zu erleiden hast, zu der du gehörst?
Vor über 20 Jahren war ich ein sehr idealistisches, freundliches junges Mädchen. Eine Freundin, Nichte einer Supernumerarierin, lud mich in einen Club von St. Raphael ein... ich wusste nicht einmal,. wie das dort heißt, aber es wirkte sehr vergnüglich. Wir versammelten uns einmal die Woche um zu singen, Gitarre zu spielen, einen Kochkurs zu machen... also eine feine Zeit zu verbringen. Die Zeit der Prüfungen war großartig... Du konntest in einer ruhigen, konzentrierten Atmosphäre studieren. Die Numerarierinen dieses Zeitabschnitts waren (wie du am Anfang) einige bezaubernde Mädchen voll apostolischen Eifers, die dir von unglaublichen Idealen erzählten: sich mitten in der Welt zu heiligen, durch die Arbeit, im Haus der eigenen Familie... mit der Heiligkeit der Altäre.
Bald begann die erste Auslese, von einem Tag auf den andren fehlten einige der Mädchen, die sich für gewöhnlich hier einfanden. Einige Jahre später erfuhr ich, dass die Mehrheit von ihnen nicht selbst entscheiden hatte, nicht mehr zu kommen sondern dass eine Numerarierin ihnen mitgeteilt hatte, dass sie unerwünscht seien. Was war das Kriterium, um sie hinauszuwerfen? Soviel ich von einer Numerarierin gehört habe, waren die ersten, die gehen mussten, die schlechten Studentinnen, die Hässlichen, die mit einer Na ja-Familie (Eltern geschieden, getrennt, mit einem schwerwiegenden Problem oder aus der Unterschicht), und die, die den Ruf hatten, burschikos und ewig verliebt zu sein. Die warf man rasch hinaus, damit sie nicht die andren „verderben“. Die zweite Säuberungswelle war subtiler. Da gingen die, die keinen fügsamen, formbaren Charakter hatten, oder deren Familie sich nichts aus der religiösen Praxis machte, oder bei denen man nicht im Entferntesten eine Möglichkeit sag, sie im Spinnennetz des opus einzufangen. Diejenigen, die blieben, passten perfekt in den Raster des opus, sie gehörten zu einer befreundeten Familie oder waren Kinder von Supernumerariern.
Nach dieser Auslese waren die Numerarierinnen nicht mehr so bezaubernd wie zu Beginn, sie begannen dir einen Lebensplan vorzulegen, nach und nach, damit du es nicht merkst. Immer gab es eien gute und eine böse. Die Böse hatte den Auftrag, dich damit zu nerven dir zu sagen, was du falsch gemacht hattest, dass du in die Hölle kommen würdest und dass du eine Katastrophe warst... Die gute war das genaue Gegenteil. Wenn du alle Normen im Griff hattest, gaben sie dir einen kleinen apostolischen Auftrag, damit du dir wichtig vorkommst, und es begann die Vorsortierung Numerarierin-Supernumerarierin-Assoziierte. Je nachdem, wie sie deine „Formbarkeit“ einschätzten, verkündeten sie dir die Berufung, die „Gott vom Beginn der Zeiten an für dich bestimmt hatte“.
Ich denke mir, liebe Direktorin, dass das heute ein wenig lockerer gehandhabt wird, nicht wahr? Ich rede von den frühen achtziger Jahren. Heute lässt man bei den Kriterien für die Selektion die Leine etwas lockerer. Ich vermute das, weil das opusdei einen so schlechten Ruf hat, dass es immer schwieriger wird, „Berufungen“ zu finden. Ich nehme doch stark an, dass es heute ausreicht, dass heute einfach irgendjemand in die Nähe kommt, sei es wer es sei, und ihr verfolgt diese arme Seele, um sie ihre mögliche Berufung sehen zu lassen. Man merkt schon, dass nicht einmal die Kinder der Supernumerarier nahekommen, weil sie einen sehr schlechten Eindruck von der erwähnten Prälatur haben... Sie sind arm, weil sie seit ihrer Geburt mit dem Diskurs des opus kämpfen mussten.
Normalerweise verfolgen sie dich, damit du Numerarierin wirst. Diejenigen, bei denen das nicht nach Plan klappt, halten sie in Reserve, damit sie zur gegebenen Zeit Supernumerarierinnen werden. Ich habe niemals verstanden, warum du zwar mit 14,5 Jahren um die Admission als Numerarierin oder Assoziierte bitten kannst, aber unbedingt großjährig sein musst, wenn du Supernumerarierin werden willst... , aber gut, soll sein, die Geschichte ist nicht mehr eine von vielen Schrullen dieses Vereins.
Einige aus meiner Generation baten als Numerarierinnen um die Aufnahme, und genau in dem Moment, als es darum ging, ins Zentrum einzuziehen, zeigte es sich, dass das nicht sein sollte, dass sie in Wahrheit die Berufung einer Supernumerarierin hatten... Und? Habe sie nicht den Willen Gottes genauestens erfüllt? Tatsache ist, dass eine dieser Ärmsten jetzt ein Trauma fürs ganze Leben hat. Es sind die typischen Supernumerarierinnen, die mehr wie Numerarierinnen handeln als die fanatischsten Numerarierinnen. Alle (innerhalb des opus) machen sich über sie lustig, auch die eigenen Direktorinnen… In all diesen Jahren ist mir aufgefallen, dass die Numerarier-Supernumerarierinnen praktisch nie ernsthafte Aufträge bekommen. Sie unterrichteten Kinder in Schulen des opus, hielten Grundkurse in den Schulen ihrer Kindern, nicht mehr... Wer weiß, warum.