Brief einer ehemaligen Supernumerarierin an die Direktorinnen von St. Gabriel (IV)

Salypimienta, 31. Januar 2011

Über das „Apostolat des Bittens“... und die Regel, nicht zu geben

Ich erinnere mich nicht mehr daran, wann ich von St. Raphael war und das erste Mal um etwas Materielles gebeten wurde. Es war kein Beitrag im eigentlichen Sinn, aber eine Hilfe für den Club. Und darum baten sie uns sehr subtil, dass wir es kaum merkten. Aber ich erinnere mich sehr oft an die ersten Weihnachten als „Clubmädchen“. Die Leiterin des Zentrums (sie gehörte nicht einmal zu uns) kam einige Nachmittage vor den Dezemberfeiertagen zu uns (in Mexiko kommt da noch „Unsere Liebe Frau von Guadalupe“ am 9. Dezember hinzu, und die Geschenke kommen am 6. Januar) und hielt jeder einzelnen von uns einen Vortrag und fragte uns aus, ob wir daran dächten, unseren Direktorinnen von St. Raphael irgendein Geschenk zu machen…

 

Ich denke, dass die Mehrheit von uns geantwortet haben wird, dass wir vorgehabt hätten etwas zu schenken, und so setzte sich diese Frau (die mir immer falsch vorgekommen ist und vorkommt, manipulativ und ziemlich heuchlerisch) mit ihrer langweiligen Rede durch, dass die Numerarierinnen die Armut heroisch lebten (Wie denn auch nicht! Sie selbst kam immer daher wie aus einem Modejournal), dass sie, die Numerarierinnen, keine Geschenke annehmen dürften (das galt aber nur für die einfachen Mitglieder, die Creme de la Creme durfte natürlich schon) und dass wir besser daran denken sollten, irgendetwas zu kaufen, das für alle Numerarierinnen hilfreich sein konnte... Und dann legte sie uns eine Liste von Sachen vor, die das Haus brauchte. Man muss bedenken, dass wir damals im Club alle zwischen 15 und 18 Jahren alt und unsere finanziellen Mittel sehr beschränkt waren, wir bekamen eben Taschengeld von unseren Eltern für unsere persönlichen Bedürfnisse, und so spendeten wir eine Kaffeemaschine für 30 Tassen, eine Warmhalteplatte oder ein Set mit Tischtuch und Serviette aus Linnen... an mehr erinnere ich mich nicht. Arglos wie ich war, erzählte ich zuhause davon, und meine Mutter brüllte wie am Spieß: „Du darfst der Direktorin nichts schenken, die dir sympathisch ist, aber dann kaufst du ihnen einen ganzen Hausrat?“ Die Sache wurde so gelöst, dass ich einen Korb mit selbstgemachter Bäckerei als Weihnachtsgeschenk vorbeibrachte, aber mit der Anmerkung, dass es für alle Numerarierinnen des Hauses gedacht ist. Und viele Jahre hatte ich die Gewohnheit, einen Korb mit Bäckerei in das Zentrum zu schicken, zu dem ich gehörte... und nie hat jemand auch nur Muh gesagt.

Ich erinnere mich genau daran, wie es war, als ich heiratete (ich war schon Supernumerarierin), dass die betreffende Leiterin mich am Hochzeitstag selbst beiseite nahm und mir sagte, dass es im Werk nicht üblich sei etwas zu schenken und dass ich von ihnen ihre Gebete bekäme und dass sie mich empfehlen. Aber ich sollte bedenken, dass ich von den Geschenken, die ich zur Hochzeit bekommen sollte, dass vielleicht etwas dabei wäre, das für das Zentrum nützlich sei, und es wäre ein Akt der Großzügigkeit es zu spenden, und wenn ich etwas doppelt bekommen sollte, wäre es ein Zeichen des guten Geistes es dem Werk zu schenken, das immer bedürftig sein werde. Tatsächlich habe ich nichts hergegeben. Ich fing ein neues Leben an und brauchte jede denkbare Hilfe. Geschenke, die ich doppelt bekam, tauschte ich gegen andere oder gegen Geld um, dass wir selbst sehr gut gebrauchen konnten.

In all den Jahren, die ich Supernumerarierin war, habe ich nichts mehr gehasst als dieses ewige Betteln. Es ist so lästig, dass sie alles von dir haben wollen. Ich denke doch, dass ich großzügig bin, aber alles hat Grenzen. Einmal besuchte mich eine Numerarierin aus irgendeinem Grund im Haus meiner Eltern; sie war nicht mehr als zehn Minuten da. Das reichte aber, dass sie einen begehrlichen Blick auf eine Statue des Erzengels Michael geworfen hatte, die 20 cm groß war und seit sechs Generationen in meiner Familie gewesen war. Sie sagte mir gleich, dass ich mit meinen Eltern reden müsse, damit sie das gute Stück der Sekte schenkten. Als ich sagte, dass meine Eltern eher eine Lunge spenden würden als dieses Stück, stritt sie mit mir und nannte mich eine Egoistin mit einem schlechten Geist... Dieses Weib hat nie verstanden, dass meine Eltern nicht vom opusdei waren, dass sie es nicht leiden konnten und dass man schenkt, wem man kann und will.

Eine der Dinge, die mich dazu brachten mich davonzumachen, war ein superprofessionelles Powerpoint in einem Kreis über das Projekt der neuen Regionalkommission und des Assessorats. Danach verkündete uns die Direktorin, dass es jetzt an jedem von uns sei, 2000 Dollar zu spenden... und sie hatte dann auch noch den Zynismus uns vorzuschlagen, wie wir das schaffen könnten, zum Beispiel eine Hypothek auf unser Haus aufzunehmen oder entgeltlich an den Nachmittagen fremde Kinder zu betreuen.

Es scheint mir gut zu sein, dass jeder schaut, durchs Leben zu kommen wie er will, aber nicht auf Kosten gutgläubiger Menschen, die er betrügt und die sich wahre Opfer auferlegen, um das geben zu können,  worum sie gebeten wurden. Wann hat je gesehen, dass jemand einen Anteil fordert, wenn man um eine milde Gabe bittet?

Warum sollte ich dir ein Vermögen zahlen, damit du auf Besinnungstage und die vorgeschriebenen Konvivenzen fahren kannst? Wer sagt, dass ich der Numerarierin einen Ipad schenken soll, wenn ich nicht einmal selbst einen habe?

Ich denke, einer der stärksten Gründe für mich zu gehen war, dass ich immer mehr geben musste, als ich geben konnte. Heute gebe ich gerne Geld her, aber meiner eigenen Familie... die Gott mir von Anfang an gegeben hat... und nicht einem Verein, der sich über Gut und Böse erhaben fühlt und nicht mehr tut als wie Blutegel auf fremde Kosten zu leben... den sie geben nichts, und manchmal grüßen sie nicht einmal.

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