Bildungsplan für neu eingetretene Mitglieder (B-10), Rom 1985/Apartado III 34
APARTADO III Gespräch Nr. 34
Beziehungen zur Blutsfamilie
Lange Jahre hindurch kannten die Einwohner von Nazareth den Herrn als „Sohn des Zimmermanns“, „der Sohn Marias“, der Verwandte von Jakobus, Josef, Simon... Der Sohn Gott wollte auf die Erde kommen und im Schoß einer Familie geboren werden. Damit bekräftigte er erneut die entscheidende Bedeutung der Familie für die Vervollkommnung der Person; und gab ihm auch einen wunderbaren göttlichen Sinn, der heiligt und miterlöst.
Es ist logisch, dass unser Vater sagte, dass wir unsere Eltern sehr lieben müssten; wenn das nicht der Fall wäre, hätten wir nicht den Geist des Opus Dei. Das Gebot, die Eltern zu lieben, ist ein Naturrecht und positives göttlichen Recht, und unser Gründer hat es das süßeste Gebot genannt. Als wir die Berufung zum Werk erhielten, hat das unsere Dankesschuld vermehrt, denn wir verdanken ihnen zu 90% unsere Berufung“ (De nuestro Padre).
3. Es ist gerecht, dass wir wirksam das bestmögliche für unsere Eltern suchen, für unsere Geschwister (für die Gattin, den Ehemann und die Kinder, im Fall der Supernumerarier). Und das größte Gut ist in jedem Fall Gott. Deshalb „zählt auf eure Eltern“. Ich liebe sie sehr. Es ist nötig, sie dem Werk näherzubringen, das bedeutet, sie Gott näherzubringen. Sorgt dafür, dass eure Eltern das Werk lieben. Sie sollen wissen, dass wir sie lieben. Wie sollen wir etwas für Gott angenehm machen, wenn wir die Seelen im Stich lassen, die uns auf Erden so sehr geliebt haben und die so viel, manchmal, ohne es bemerkt zu haben, zu unserer Berufung beigetragen haben?” (De nuestro Padre).
4. Mit übernatürlicher Sicht und Hausverstand müssen wir das Wunderbare unseres Wegs entdecken; sie sollen wissen, dass die Berufung, die wir empfangen haben, auch für sie eine –große Ehre ist, eine göttliche Auserwählung, und vielleicht ein Mittel, dessen sich der Herr bedienen wollte, damit auch sie sie empfangen.
5. Mehr als Worte werden unser Beispiel und unsere Freude dazu beitragen, dass unsere Eltern und Verwandten unsere Berufung und das Wunderbare am Opus Dei verstehen. Das Beispiel im Studium oder in der intensiven, geordneten, wirksamen Arbeit, welche das auch sei; das Beispiel im feinfühligen Umgang und in der Dienstgesinnung; und das Beispiel der Freude in jedem Augenblick und in jedem Umstand. „Sie sollen uns froh und zufrieden sehen. Sie sollen sehen, dass wir sie mehr lieben als vorher, und zur selben Zeit, dass ihr eure Berufung liebt: Guten Eltern lieben das, was das Glück ihrer Kinder ausmacht“ (Del Padre). Man kann niemals genügend auf diesen Punkten bestehen.
6. Eine Folge der laikalen Mentalität, die wir schon wissen, charakteristisch für unseren Geist ist, ist die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen, um die Angelegenheiten mit der Familie zu lösen: [82] Die Leiter mischen sich nicht ein.
7. Man wird die natürlichste und geeignetste Weise finden, unsere Eltern mit der entsprechenden Abteilung des Werkes in Kontakt zu bringen.
8. Am Fest der Heiligen Familie erneuern wir alle Jahre die Weihe unserer Familien an die Familie von Nazareth, die unser Vater das erste Mal in der Kapelle der Heiligen Familie in Villa Tevere am 14. Mai1951 vornahm. Es waren schwierige Augenblicke. Es gab Leute, die unter den Eltern derer von Zuhause Misstrauen und Argwohn säten, mit unglaublichen Verleumdungen. Wie immer war die Reaktion unseres Vaters übernatürlich, und er entschied, „die Familien der Unseren unter den Schutz der Heiligen Familie, Jesus, Maria und Josef zu stellen, damit sie am gaudium cum pace des Werkes teilzunehmen vermögen und vom Herrn Zuneigung zum Opus Dei empfangen“ (De nuestro Padre).
Jedes Jahr, am Fest der Heiligen Familie, können unsere Eltern einen vollkommenen Ablass erwerben.
9. Mit dem Gebet und der heiligen Schelmerei (vgl. Nr.. 4) die wir anwenden müssen, werden unsre Eltern beginnen unsere Berufung zu lieben, den offenkundigen Grund für das Glück ihrer Kinder, und wenn sie nicht selbst die Gabe der Berufung empfangen, werden sie sogar Fanatiker des Opus Dei sein - was wir selbst niemals sein können – aber mit einem herzlichen und wertvollen Fanatismus, getränkt von Liebe – der „Silberglocken im Himmel läuten lässt“. (De nuestro Padre). Sie merken, dass es „kein Opfer für die Eltern ist, dass Gott sie um ihre Kinder bittet; und es ist für uns kein Opfer uns dem Herrn hinzugeben. Es ist eine unermessliche Ehre, ein großer und heiliger Stolz, ein Zeichen der Auserwählung, eine ganz besondere Liebe, die Gott jetzt gezeigt hat, die er aber von Ewigkeit her im Sinn hatte. Es ist kein Opfer!“ (De nuestro Padre).
Wir würden niemals zu diesem Moment der Freude kommen, wenn wir, um eine Unannehmlichkeit zu vermeiden, die immer vorübergehend ist, unserer Berufung nicht treu wären, mit allen Folgen, die sich daraus ergeben. „Wir müssen die Erfordernisse unserer Berufung sehr stark spüren: Wir Numerarier und Numerarierinnen haben uns mit einer vollständigen Verfügbarkeit in die Hand Gottes unseres Herrn begeben, für den Dienst an der Kirche und am Werk, durch den Vater und die Direktorinnen und Direktoren“ (Del Padre). „Wir können die Blutsfamilie nicht vergessen, denn das wäre widernatürlich und Gott will es nicht, aber es wäre absurd, wenn sie vor unseren Verpflichtungen im Werk käme.“ (Del Padre). „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig“ (Mt. 10,37).
Für die Numerarier „kommt der Moment, meine Kinder, wo ihr sagen müsst: Papa, leb wohl, ich muss gehen. Das ist ein gutes Beispiel! Nicht so zu handeln, wenn es die eigene Berufung so erfordert, wäre die Handlungsweise dummer Menschen, die immer bei Papa und Mama bleiben, nicht studieren und nicht arbeiten. In diesem Fall würden Mama und Papa denken: Dieses Kind sagt, dass es eine Berufung hat, während es seine Zeit verliert? Versteht ihr, dass das ein schlechtes Beispiel wäre? Ich habe keine dummen Kinder. Papà, ti saluto; ti voglio tanto bene, ma ho da fare, ich habe dich [83] sehr gerne, aber ich habe viel zu tun. Einverstanden, meine Kinder?“ (Del Padre). Deshalb gilt es die Familiosis zu vermeiden, indem man ihnen ganz im Gegenteil zeigt, dass unsere Liebe zu ihnen durch die Berufung wächst.
12. Manchmal erfüllen sich diese Worte des Herrn: inimici hominis domestici eius (Mt. 10,37). Manchmal, aufgrund eines fehlgeleiteten guten Willens, unternehmen sie es die Berufung ihrer Kinder auf die Probe zu stellen. Nur wer nicht weiß, was eine übernatürliche Berufung ist, kann so denken. Die Berufung ist etwas sehr Zerbrechliches, vor allem am Beginn: ein kleines Licht, das ein Windhauch ausblasen kann. Manchmal ist es ein echtes Scheitern im christlichen Sinn – und nach dem gesunden Menschenverstand – bei den Familien, die das Reifen und die Unabhängigkeit ihrer Kinder nicht lieben, oder die Angst vor der Hingabe an die unermessliche und wahrhafte Liebe Gottes haben und nicht an die ungewisse Liebe zu einem Geschöpf. In jedem Fall „müsst die die Liebe und den Respekt gegenüber euren Eltern mit der Verteidigung eurer Berufung vereinbar machen: Wenn nötig, verteidigt sie mir Zähnen und Klauen“ (Del Padre).
13. „In den Familien lebt ein erwachsenes Kind praktisch niemals bei seinen Eltern: Sie heiraten und verlassen ihr Vaterhaus. Das ist das Gesetz des Lebens (...) Wenn solche Klagen von Eltern geäußert werden, so handelt es sich um Gefühlsduseleien, die Verständnis und Liebe verdienen, denen man aber auch Grenzen setzen muss, da diese Sensibilität sonst ungesund wird“ (De nuestro Padre). „Wenn das Kind bereits großjährig ist, haben die Eltern kein Recht mehr ihm etwas vorzuschreiben; das Gegenteil wäre ein Missbrauch. Sie haben kein Recht, uns unseren Lebensweg vorzuschreiben; sie können raten, für uns beten... und uns in Ruhe lassen“ (De nuestro Padre). „Wer die erwachsenen Kinder beherrschen will, verkennt die menschliche Würde“; „es sind Reste des Feudalismus“ (De nuestro Padre).
14. Die Assoziierten, die bei ihren Blutsfamilien leben, müssen ihre Lebensform mit demselben Geist und die Liebe mit der Loslösung in Einklang bringen; und sie müssen es verstehen, ihre Unabhängigkeit zu wahren, , die die Erfüllung der Erfordernisse ihrer Berufung verlangt.
15. (Für die Supernumerarier) „Das Opus Dei hat die Ehe zu einem göttlichen Weg gemacht, zu einer Berufung, und das hat viele Konsequenzen für die persönliche Heiligung und für das Apostolat“ (Unterhaltungen, Nr. 91). Um diese zu entdecken und auf das gewöhnliche Leben anzuwenden, „ist es notwendig, dass die Verlobten eine klaren Sinn für die Würde ihrer Berufung entwickeln, dass sie wissen, dass sie von Gott gerufen sind, um durch die menschliche Liebe zur göttlichen liebe zu gelangen; dass sie von Ewigkeit her auserwählt sind um mit der Schöpferkraft Gottes in der Zeugung zusammenzuarbeiten, und nachher in der Erziehung ihrer Kinder; dass der Herr sie darum bittet, aus ihrem Zuhause und aus ihrer ganzen Familie ein Zeugnis aller christlichen Tugenden zu machen“ (Ebda., Nr. 93).
16. Die apostolische Arbeit der Supernumerarier beginnt zuhause, mit ihren Kindern, und die Widmung an die Erziehung der Kinder ist die wichtigste „Aufgabe“ eines Familienvaters. Es ist eine „sehr schwerwiegende Verpflichtung“ (Conc. Vaticano II, Decl. Gravissimum educationis, Nr. 3 und 6), die sich Mann und Frau teilen, und sie können sie nicht [84 ] anderen übertragen. Es geht vor allem darum, die Kinder zu bilden, damit sie heilig seien; es gibt kein anderes Ziel, und man muss die Mittel dafür einsetzen. Deshalb werden sie sich bemühen, in der Familie einige Frömmigkeitsübungen zu pflegen, die für ein christluches Zuahuse traditionellerweise üblich sind: zusammen in die Messe zu gehen, den Rosenkranz zu beten, ein Tischgebet zu sprechen etc.; sie müssen die gute doktrinell-religiöse Erziehung ihrer Kinder sicherstellen, und wenn es nötig ist, sich direkt darum kümmern, sie den Katechismus zu lehren und sie bei der Lektüre zu beraten, etc.; und vor allem müssen sie ihre Freundschaft gewinnen, damit sie ihr Werk als Erzieher fortsetzen können, im Einklang mit dem Alter und den Umständen jedes Kindes. Mit diesen Mitteln und der beständigen Unterstützung ihres Gebetes werden sie es erreichen, dass ihre Kinder, wenn die Zeit gekommen ist, sich in die Arbeit von St. Raphael eingliedern und die Berufung von Numerarierin du Assoziierten empfangen können, um andere christliche Zuhause zu schaffen. „Die christlichen Verlobten müssen sich dessen bewusst sein, dass sie dazu berufen sind sich zu heiligen, dass sie dazu berufen sind Apostel zu sein, und dass ihr erstes Apostolat ihr Zuhause ist. Sie müsse das Werk übernatürlich verstehen, das um fasst die Gründung einer Familie, die Erziehung der Kinder, die christliche Ausstrahlung auf die Gesellschaft. Von diesem Bewusstsein der eigenen Mission hängen großteils die Wirksamkeit und der Erfolg ihres Lebens ab, ihre Glückseligkeit“ (Unterhaltungen, Nr. 91).
17. „Christliche Ausstrahlung in die Gesellschaft“, hat unser Vater gesagt, denn die Familie muss sich den vielfältigen gesellschaftlichen Beziehungen öffnen, die man heiligen kann und soll, und die übernatürliches Licht bringen können, Licht von Gott. Wir sind eine intravenöse Injektion in den Kreislauf der Gesellschaft. Das schließt Egoismus und Bequemlichkeit aus; und es setzt den Geist des Opfers voraus. Die gesellschaftlichen Beziehungen sind immer eine hervorragende Gelegenheit für das Apostolat: um Beispiel zu geben und christliche Kriterien zu vermitteln, neue Freundschaften zu schließen und sich wie ein Fächer zu öffnen.
18. Man muss den Geist schärfen, die Dinge im Gebet betrachten, damit die nötigen familiären Zerstreuungen nicht fehlen und rein und gesund sind. Man darf nicht erlauben, dass etwa durch das Fernsehen der Schmutz der Welt in das Heim gelangt.
Man muss in den Ferien oder in der Freizeit um jeden Preis die Orte (Strände etc.) vermeiden, wo es schwierig ist Gott nicht zu beleidigen. „Volksfeste und Volksbräuche müssen wieder verchristlicht werden. (...)“ (Der Weg, Nr. 975). Und man darf auch nicht vergessen, dass die Nüchternheit eine christliche Tugend ist, die jeden Augenblick unerlässlich ist.
19. Bei den Verheirateten muss die Liebe, die sie einander schulden, der Christi zu seiner Kirche entsprechen, deren Mysterium sich auf irgendeine Weise in ihnen verwirklicht (vgl. Eph. 5,22-23). Deshalb werden sie einander niemals genügend lieben; sie müssen immer in der Liebe wachsen, die nicht als selbstverständlich hingenommen werden darf, sondern die immer voller Empfindsamkeit gelebt werden muss, mit Einfallsreichtum, Klugheit und übernatürlichem Sinn.
20. Andererseits sind Mann und Frau unterschiedliche Personen. Jeder muss die geistliche Unabhängigkeit des anderen respektieren, auch wenn beide vom Werk sein sollten.
21. Unser Vater sagte: „Ich liebe eure Eltern sehr, und ich empfehle sie mindestens zweimal am Tag“. „Ich bete täglich für die Eltern aller meiner Kinder, und ich liebe sie, auch wenn ich sie nicht kenne. Ich bete für diejenigen, die der Herr schon zu sich genommen hat, und für diejenigen, die noch auf der Erde sind und die uns mit ihrem Gebet und ihrem Beispiel helfen, treu zu sein“ (De nuestro Padre, Nr. 119). Jetzt ist er im Himmel, er kennt sie sehr, sehr gut, und sein Gebet für sie und für unsere nächsten Verwandten ist unermüdlich und sehr mächtig. Sie sollen mit diesem gewaltigen Mittel rechnen, um Gnaden zu erlangen, in denen das Gebet des Vaters und des ganzen Werk vereint ist.