Mediterráneo: Offener Brief an den neuen Prälaten des Opus Dei

Montag, 6. Februar 2017

Hochwürden Ocáriz,

ich schreibe Ihnen aus Anlass Ihrer Ernennung zum Prälaten.

Ich beglückwünsche Sie nicht, denn ohne die Stimme der Frauen gewählt worden zu sein, ohne die Sie keinen einzigen Tag überstehen könnten, und das ist kein Zustand, und es scheint  mir auch kein Grund zu sein zu gratulieren. Nichtsdestoweniger sind Sie bereits das geistliche Oberhaupt von mehreren tausend Seelen, und da würde ich Sie gerne um einige Dinge bitten.

1) Bitten Sie den Heiligen Geist um die Gaben der Weisheit, der Wissenschaft und des Starkmuts. Die beiden ersten, um zu wissen, wohin die Institution im Jahr 2017 gehen soll, ohne die schreckliche Schizophrenie fortzusetzen, das eine zu sagen und das genaue Gegenteil zu tun, die dritte, um die Erkenntnis in die Tat umzusetzen.

2) Bitten Sie auch um die theologische Tugend der Liebe, damit Sie sie gegenüber denjenigen ausüben, die ab dem 24. Januar Ihre „Kinder“ sind und die verzweifelt ein Zeichen von :Liebe, von Aufmerksamkeit brauchen, ein Zeichen, dass sie ihr Leben nicht einem Schwindel aufgeopfert haben, dass wenigstens irgendetwas von dem, was man ihnen vor der Admission gesagt hat, gestimmt hat.

3) Bitten Sie um die Tugend der Demut. Sie gehören weder zur Aristokratie der Liebe, noch zur Gruppe der Auserwählten, zu gar nichts. Ihr Stolz zu glauben, dass Sie über dem Papst stehen, auf der gleichen Ebene wie Gott Vater, schadet vielen Menschen und widerspricht der Grundlinie der Botschaft des Evangeliums, des echten, nicht eurer Übersetzung.

4) Lesen Sie das Evangelium. Gehen Sie noch einmal die Gleichnisse vom guten Samariter und vom Jüngsten Gericht durch und betrachten Sie sie gründlich. Jesus sprach nicht davon, jemanden zur Beichte zu bringen, jemanden auf eine Wallfahrt oder auf Besinnungstage mitzunehmen. Ich spreche von so prosaischen Dingen wie „Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme“ (Lk. 10, 37). , „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen” (Mt. 25,35).  Und nach den Worten Jesu selbst ist es nicht angenehm, was die erwartet, die sich entschuldigt haben. Ich erfinde nichts, so steht es ganz klar im Evangelium.

5) Hören Sie auf zu sagen, dass Sie arm sind. Sie sind es nicht. Mich persönlich interessiert das nicht wirklich, denn kein materieller Reichtum kann das Vakuum ausfüllen, den der Mangel an Liebe, der Mangel an Herzlichkeit, die Einsamkeit, die Traurigkeit, die Bitterkeit aufreißen. Sie sind nicht arm, denn Sie leben wie ein Reicher, und es tut nichts zur Sache, ob Se einen Besitztitel an den Dingen haben, die Sie benützen, als würden sie Ihnen gehören. Hören Sie auf zu sagen, dass Sie arm sind. Jesus war arm, er schlief auf einem zusammengerollten Strick als Polster, ihr nicht. Das Problem ist nicht, dass Sie nicht arm sind; es ist aber sehr wohl ein Problem, dass Sie lügen und behaupten, Sie wären es.

6) Hören Sie auf zu sagen, dass Sie eine Familie sind. Das ist ganz sicher der größte und grausamste Betrug, durch den Sie sich auszeichnen. Zu irgendeine Zeitpunkt ihrer klangen Karriere in der Institution mussten Sie gewiss Briefe verzweifelter „Kinder“ lesen, die alleingelassen, krank, enttäuscht waren, weil nichts von dem eingetroffen ist, was man ihnen vor ihrer Bitte um die Aufnahme gesagt hat. Sie wissen sehr gut, oder sollten es zumindest wissen, dass es in dieser Institution Menschen gibt, die sehr unglücklich, verbittert, vereinsamt und traurig sind, für die die Kurpfuscherei „Keine Freude? - Denke sofort: da ist ein Hindernis zwischen mir und Gott. „ (Der Weg, 662) nicht den geringsten Sinn macht. Seien Sie aufrichtig, stellen Sie sich den Konsequenzen, die es mit sich bringt, die Wahrheit zu sagen, ohne Angst zu haben; eine Wahrheit wiegt mehr als tausend Lügen.

7) Sagen Sie nicht, dass Sie sehr frei sind. Wenn Sie es wären, wären die Tore offen für jeden, der gehen will, und man würde niemanden hinausdrängen, weil er alt, krank oder mittellos ist. In der Institution gibt es jetzt keine Freiheit. Wo ist Freiheit, wenn man nicht wählen kann?

Wenn es nur einen Weg gibt, wo ist dann die Freiheit? Wenn man nur eine Möglichkeit offen hat, was für eine Wahlfreiheit ist das?

8) Seien Sie mutig. Es ist nicht wichtig, wenn sich die Alte Garde über Sie aufregt, es ist nicht wichtig, wenn sie sagen, dass Sie nicht treu gewesen sind, es ist nicht wichtig, wenn sie sagen, dass Sie sich irren. Ändern Sie, beschränken Sie, heben Sie auf, was überflüssig ist, aktualisieren Sie, was nicht mehr passt, modifizieren Sie, und vor allem, haben Sie keine Angst. Gehen Sie als mutiger Prälat in die Geschichte ein, nicht als ein weiterer Schatten escrivás. Wir hatten schon zu viele Schatten escrivás, und offen gesagt, werden Sie mir zustimmen, dass der jetzt eingeschlagene Kurs auf direktem Weg in den Abgrund führt. Es liegt in Ihren Händen, ihn zu ändern; Sie können das. Seien Sie mutig.

Meine Hoffnungen, dass Sie diesen Brief lesen, liegen gegen Null. Allerdings lesen viele Mitglieder der Institution diese Seite. Ich wende mich auch an sie. Ich kann nicht glauben, dass sich nichts machen lässt.

Mediterráneo

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