Novaliolapena: Villa Tevere 3

7. April 2017

Wir setzen unseren kleinen Spaziergang durch die Gänge von Villa Tevere (VT) fort.

Wie gesagt, die Zonen sind scharf abgegrenzt, und man achtet sehr auf Diskretion. Besonders wenn man sich der Zone des Generalsekretariats nähert, die erste, wenn man nach Villa Vecchia kommt, das ist das Gebäude, in dem der Vater und die Direktoren des Generalrats wohnen. Man hält Stillschweigen ein und vermeidet es, laut zu sprechen, um die anderen  nicht zu stören.  Tatsächlich arbeitet der Vater einen Stock tiefer, und gäbe es Lärm, würde man sicher herauftelefonieren und um Ruhe bitten.

Der Chef des Generalsekretariats ist ein Priester, weil er Angelegenheiten beider Abteilungen behandelt. Die übrigen Funktionäre sind üblicherweise alle oder fast alle Numerarier, und sie sind mehrheitlich Spanier.

Täuschen wir uns nicht, mehr als 90% der Beamten des VT sind Spanier; man merkt das und man weiß das. Warum ist die große Mehrzahl hier aus Spanien? Um diese Frage zu beantworten, muss man erst erklären, wie das Collegium Romanum funktioniert und warum einige in VT wohnen, um hier als Funktionäre für den Generalrat zu arbeiten, aber um schnell eine Antwort zu geben, könnten wir sagen, dass sich nur die Region Spanien den Luxus erlauben kann, viele Numerarier jahrelang außer Landes zu schicken.

Die anderen Regionen haben schon Schwierigkeiten genug, um Numerarier zum Studium nach Rom zu schicken, gerade heutzutage, wenn es kaum noch Berufungen gibt. Also sind fast alle Funktionen des Generalrats besetzt, mit verschwindenden Ausnahmen, zum Beispiel einem Italiener als Sekretär des Vaters ( weil man eben in Italien ist und manches auf Italienisch formulieren oder mit Italiener Umgang pflegen muss, und es gibt einige Spanier, die ein makkaronisches Italienisch sprechen), und einen aus einer anderen Region, der in Zukunft Leitungsaufgaben  übernehmen könnte und „eine gute Bildung“ empfangen muss“, ein anderer ist noch nicht „reif, um geweiht zu werden“, etc. Aber sie sind eine Minderheit.

Allerdings gibt es unter den Direktoren des Generalrats etwas mehr Internationalität, aber nicht sehr, denn die Mehrheit sind Spanier. Auch jetzt sind der Vater, der Priestersekretär (der von den Frauen), der Vokal von St. Michael (Numerarier und Assoziierte), der Studienpräfekt, der Verwalter und der Geistliche Leiter (de strenggenommen nicht zum Generalrat gehört) sind Spanier. Dann sind da noch zwei Argentinier, der Generalvikar (ein guter Freund des Papstes) und der Vokal von St. Gabriel (für die Supernumerarier) und einer aus den USA ist vokal von St. Raphael (das Apostolat mit den Jugendlichen). Das heißt, es ist ein bisschen internationaler, aber nicht sehr.

Eine kleine Anekdote, die zeigt, wie sehr man sich im Werk um Äußerlichkeiten bemüht und wie man von Roman aus einen universellen, internationalen Flair verströmen möchte.

Ihr wisst, dass man bei den Zeremonien in Rom besondere Sorgfalt auf die Liturgie verwendet, vor allem wenn der Vater sie leitet. Dazu gehört dann auch ein Team von Messdienern, die „Vestes“. Es sind Laien mit weißem Hemd, Anzug mit weinroter Krawatte (es ist immer dieselbe, einfärbige) und eine besondere Toga à la Harry Potter. Dieses Team ist handverlesen und wird „Team Benetton“ genannt, und deshalb sieht man bei den Zeremonien mit dem Vater immer einen Weißen, einen Schwarzen, einen Asiaten etc. Alles ist im Voraus sorgfältig ausgesucht. Mehr noch, diese Laien müssen sehr gut rasiert sein, sie dürfen keinen Vollbart oder Schnauzer haben, keine langen Haare etc. Im Team des Collegium Romanum gehen auch Leute mit Bart durch, alle aus Spanien, aber die Benetton nicht. Deshalb gab es Leute, die auf diesen Fotos in Crónica mit dem Messdienergewand und dem Vater nicht mehr auftauchen wollten und die sich deshalb ein Bärtchen wachsen ließen. Für alles gibt es jemanden.

Aber kehren wir zum Eingang der Villa Vecchia zurück, oder besser gesagt zur Villa, wie sie die Ansässigen nennen. Der Chef des Generalsekretariats ist ein Mann von höchster Vertrauenswürdigkeit und Diskretion, denn er bekommt die Post aus allen Regionen und trägt die Verantwortung dafür, dass sie postwendend und ordentlich beantwortet werden. Wenn etwas verlorengehen sollte, so sind alle dafür verantwortlich. Deshalb überrascht es nicht, dass die beiden letzten Chefs des Generalsekretariats Zentrale Priestersekretäre geworden sind und der neue Regionalvikar von Ecuador (bis vor ganz kurzer Zeit war er einer der zwei Custoden).

Worin besteht das Generalsekretariat? Das ist eine große Abteilung mit einem gewaltigen Tisch, der wie ein Billardtisch aussieht, weil er grün bespannt ist; die Leute hier reden kein Wort. Sie legen die Post hin und verschwinden. Es lebe die Familie! Es ist das Gleiche, wie dass man sich nicht bei der Verwaltung bedankt, wenn sie serviert. Es lebe die Familie! Das Ambiente dort ist ganz feierlich, wenig Licht, viel dunkles Holz und Marmor.

Man kommt dorthin, legt seine Pot ab und nimmt mit, was vorbereitet ist. Die Papiere wandern in Plastikfolien vom Format A4, die durchsichtig sein können (normale Papiere), rot (dringend) oder grün (Angelegenheiten der Frauen, des Vizesekretärs). Im Ordner kann Post sein, die man beantworten muss, einfache Vorschläge, die angenommen oder abgewiesen worden sind, oder ein Heft, in das „Persönliches“ abgelegt wird, das heißt, heikle Themen zu einer bestimmten Person), oder es ist „reserviert“ (das sind ganz heikle Dinge, die nur ganz bestimmte Direktoren zu sehen bekommen).

Man legt immer den größten Wert auf Diskretion. Die Abteilungen machen nur, was die anderen Abteilungen machen. Man kennt nur einen Ausschnitt seiner Abteilung. Niemand weiß alles über seine Abteilung. Er kennt die Themen, die sie behandeln, mehr oder weniger, und wer der Chef ist, aber er weiß nicht alles.

Gelegentlich gibt es eine Unterredung der Abteilung mit dem Vater, um ihn über die jeweiligen Themen zu informieren. Und manchmal stellt der Vater eine Frage oder gibt konkrete Hinweise.

Damit ein Antrag durchgeht – und dass hängt von der Art des Papiers ab, von dem wir sprechen – bedarf es einer Reihe von Unterschriften. Deren Anzahl und die „Qualität“ derer, die unterschreiben, hängen davon ab, worum es geht. Das heißt, für ein bedeutungsloses Anliegen reichen drei Unterschriften von untergeordneten Chargen, aber bei wichtigeren Themen wird sicherlich der Vater die Zustimmung geben müssen. Und manchmal gibt es Anmerkungen oder Korrekturen. Man sieht sofort, was der Vater kommentiert hat, denn er schreibt mit roter Tinte, die anderen nicht. Der Priestersekretär unterschreibt mit Grün.

Es gibt Fanatiker – ja, es gibt sie, und zwar viele – die, wenn der Vater irgendwo ihren Namen am Rand hingeschrieben hat (zum Beispiel „Juan, sprich mit mir“), den Direktor um die Erlaubnis bitten, davon eine Farbkopie zu machen, dann spannt man sie in einen Rahmen und hängt sie sich über den Tisch, als Erinnerung, dass der Vater im Himmel ist und mich bittet, mit ihm zu sprechen. Ich habe das bei Älteren im Werk mit Anmerkungen des Gründers gesehen, als Beweis ihrer Treue und Einheit.

Kehren wir zum Gang von Villa Vecchia zurück. Nach dem Generalsekretariat kommen wir zum besonderen Sekretariat, das die Tagesgeschäfte des Vaters erledigt, zum Beispiel seine Briefe schreibt, und dann zu einem großen Arbeitszimmer mit Stiegen hinaus zum Priestersekretär oder hinunter. Wenn du dort hinuntergehst, siehst du als erstes das Arbeitszimmer des Vaters. Hier erledigen der Vater und sein Generalvikar die Papiere, die mit der Post eingegangen sind, die man abfertigt oder für die man eine Antwort vorsieht.

Aber die Zeit geht mir aus, und ich habe noch nicht über die kleinen Dinge gesprochen, mein Gott, immer, wenn ich zu einem Thema was anfange, fallen so viele weitere Dinge ein. Gut, ich werde hier anschließen. Ein schönes Wochenende an alle.