Stoner: Einige kleine Änderungen
5. Mai 2017
(Diesen Beitrag habe ich schon vor ein paar Wochen geschrieben, und ich habe lange überlegt, ob ich ihn veröffentlichen soll oder nicht. Deshalb kann es irgendwo einen kleinen Anachronismus geben).
Ich erzähle euch von einigen kleinen Änderungen in den letzten Wochen. Sie sind erfreulich und ein ganz klein wenig symptomatisch. Nichts Weltbewegendes, aber jede kleine Änderung im Werk ist schon ein Riesenaufwand. Wenn alle wie eingemeißelt feststeht, kann man schwer etwas ändern. Der Wandel betrifft die Art, wie man den Vater grüßt, den Gebrauch von Anzug und Krawatte bei UNIV in Rom und über die Prüfungen bei den internen Studien.
Erste Änderung...
Man muss den Vater nicht mehr mit einem Knie auf dem Boden und mit einem Kuss seines Ringes begrüßen. Jeder kann ihn grüßen, Wie er will, ihm Verehrung, kindliche Zuneigung und Respekt zeigen. So liest man es.
Ich denke, dass man in den letzten Jahren um einige Stufen von dem Niveau heruntergestiegen ist, das wir zuhause hatten. Das war nicht etwas rein Protokollarisches, sondern ein Zeichen des Respekts für alles, wofür der Vater steht. Und wenn man das ändert, ändert sich auch ein klein wenig das Bild des Vaters. Ich sehe das genauso, jedes Mal wenn wir den Vater Echevarría grüßten, geschah dies voller Respekt, kniend und mit einem frommen Kuss für seinen Ring, weil der Vater unseren Vater, den heiligen Josemaría vertritt, und somit eben Gott selbst. Diese Zeichen von Respekt und Würde sind wichtig angesichts des Auftrags, dem er nachkommt: Prälat des Opus Dei und Vater einer gewaltigen übernatürlichen Familie zu sein, und Nachfolger des hl. Josemaría, der ihn auf Erden vertreten sollte. Deshalb war das Niederknien die würdigste Art, ihn zu grüßen und so den Geist und die Einheit des Werkes zu wahren.
Ich gebe zu, dass sich hier nur ein winziges Detail geändert hat, aber wir alle wissen, wie viel die Details, die Haltung, die Regeln zählen, und besonders im Hinblick auf den Prälaten. Für einen Außenstehenden erscheint dieser Wandel völlig irrelevant, aber er zeigt eine Änderung im Stil von Don Fernando, dem ich zu dieser kleinen Geste der Annäherung gratuliere. Mir scheint er natürlicher als Echevarría zu sein.
Der Hinweis auf diesen Wandel hat gezeigt, dass schon seit geraumer Zeit und in der ganzen Welt die Sitte ungebräuchlich ist, Bischöfe mit Kniefall und Ringkuss zu grüßen. (Wenn auch diese Form der Ehrerbietung „seit einiger Zeit nicht mehr in Mode war“, bevorzugte es Don Javier, kniend begrüßt zu werden…). Sie sagten uns auch, dass es der Heilige Vater vorzieht, wenn man nicht auf diese Weise grüßt und den Kniefall dem Allerheiligsten Sakrament vorbehält (Don Javier sah das anders …). Don Fernando meint auch, dass uns der hl. Josemaría keinen Hinweis dazu hinterlassen habe, wie man den Vater grüßen solle, dass wir us nicht von den anderen unterscheiden sollen und dass ein solcher Wechsel in den sozialen Umgangsformen legitim sei. Deshalb bevorzuge er es, wenn man nicht niederkniet, wenn man die Hand oder den Ring küssen will. Und jeder soll mit Natürlichkeit handeln und den Vater grüßen, wie er will, und ihm so seine Verehrung, kindliche Zuneigung und Respekt erweisen.
Als ich den Hinweis las, fiel mir eine Anekdote ein, die ich über Leonardo Polo erzählen hörte. Man sagte mir, dass er es sehr zweifelhaft fand, als ihm das erste Mal gesagt wurde, dass man den Vater künftig mit einer Kniebeuge werde grüßen müssen. Er meinte, dass das nicht entsprechend sei, dass es dem kindlichen Umgang mit dem Vater entgegenstünde; er war ganz und gar nicht damit einverstanden. So sagte er es den Direktoren, und er sagte es auch öffentlich. Es war die vox populi. Deshalb gab es eine gewisse Spannung in seiner Umgebung, als er in einer Tertulia das erste Mal den Vater grüßen musste. Alle warteten gespannt, wie sich die Begegnung abspielen würde. Und zur Überraschung aller grüßte Leonardo Polo mit dem Knie auf dem Boden. Seine Begründung war, dass er zwar nicht einverstanden gewesen war, dass es aber wichtig sei zu gehorchen.
Auf jeden Fall erhielten wir im selben Monat den Hinweis, jeder einzelne solle den Vater mit Natürlichkeit, wie er es wolle grüßen, und einen anderen, dass einige nicht wüssten, wie sie nunmehr den Vater grüßen sollten... So zeigte der neue Hinweis, dass die übliche Vorgangsweise sei sollte, die Hand oder den Ring zu küssen und sich zu verneigen, oder auch den Kuss wegzulassen.
Zweite kleine Änderung. Als wir zu UNIV gefahren sind, hat man uns gesagt, dass ein Jackett und Krawatte nicht nötig seien (Agustina hat uns Grüße geschickt, aber sdie hat vergessen uns zum 50. Geburtstag dieses Kongresses zu gratulieren…). „Wir halten es für angebracht, dass das äußere Bild der Konvivenz von UNIV in Rom ebenso wie in den digitalen Medien den einfachen Stil und die Natürlichkeit unserer Arbeit mit jungen Menschen widerspiegelt“. Schön, also waren wir bis jetzt komische Vögel. Und weil wir nicht seltsam sind, müssen sie uns einen Hinweis schicken, dass wir uns nicht so kleiden und verhalten sollen, wie sie uns immer beigebracht haben, weil wir nicht seltsam sind. Die Richtung stimmt, aber es fehlt nach wie vor jede Spontaneität, wir sind „einfach und natürlich“, weil man es uns so sagt.
„In diesem Sinn kann es angebracht sein, den generellen Gebrauch von Anzug und Krawatte unter den Jüngeren zu vermeiden, auch bei Zusammenkünften mit dem Papst und dem Vater”. Fabelhaft! Früher war es schlecht angesehen, wenn man in Villa Tevere oder bei den Tertulias auf der Piazza dell'Orologgio kein Jackett trug in Cavabianca. (In Klammer gesagt, mich belustigt immer dieses „Wir erachten es als günstig“, „Es erscheint angebracht“: immer feinfühlig, das erscheint mir gut, aber ganz allgemein sind Verpflichtungen keine Vorschläge: Wir sind eine Miliz).
Das ist das neue Kriterium für die Männer. Ich weiß nicht, wie sie das bei den Frauen handhaben, aber ich bin sicher, dass sie da auch irgendein Kriterium haben, um einen „gehobenen menschlichen Umgangston“ zu wahren und dabei doch noch natürlich zu wirken. Ich denke, dass das Beiseitelassen der Krawatte bei diesen „feierlichen“ Gelegenheiten auch seine Rückwirkungen auf den Gebrauch der Krawatte in den Zentren haben wird... Diese Ermunterung zu legerer Kleidung ist aber gar nicht gegenüber der Errungenschaft, als die Frauen Hosen tragen durften. Es ist ein winziges Zugeständnis a die Normalität, damit wir wie unsere Kollegen auftreten. Mit wie wenig kann man uns eine Freude machen! Wir sind ja trotzdem noch völlig reguliert und standardisiert!
Ich weiß, dass diese Änderungen nahezu bedeutungslos erscheinen können. Aber ich sehe sie als ein positives Signal. Ich denke, dass Ocáriz ganz anders als Echevarría ist, intelligenter und weniger von Escrivá fanatisiert. Er ist sich der Probleme und der Wirklichkeit mehr bewusst, er ist authentischer. Aber das ist ein Eindruck aus der Ferne, und ich kenne ihn kaum persönlich. Ich bete aufrichtigen Herzens für ihn, damit er angesichts solcher Doppelzüngigkeiten und Betrügereien etwas Kohärenz in die Sache bringen kann. Ich verstehe schon, dass es sehr schwer ist, hier etwas zu ändern, aber ich nehme diese Nachricht wie eine kleine Sensation auf. So hat er zum Beispiel mit der Gewohnheit des monatlichen Briefs gebrochen. Und wenn Escrivá auch viel geschrieben haben mag, um seinem Namen Escribá Ehre zu machen, so schrieb er doch nicht jeden Monat einen Brief. Und ich glaube, in Wirklichkeit hat er viel weniger geschrieben, als man uns weismachen möchte – die meisten seiner Texte haben sie ihm vorgeschrieben. Aber ich weiche vom Thema ab. Für den Moment wünsche ich dem neuen Prälaten viel Erfolg.
Die dritte Nachricht. Mitte 2016 verkündeten sie, dass die Noten der Prüfungen „aus akademischen Gründen“ exakter den tatsächlichen Leistungen jedes Studenten entsprechen sollten. Wenn ein Visitator die Unterlagen des Studium Generale des Opus Dei überprüfen sollte, würde er sehen, dass alle Studenten Genies sind: Alle haben die besten Noten. Und in der Folge würde man zu der Phrase Escrivás kommen, dass seine Kinder „die Aristokratie der Intelligenz seien, „sie heiligen ihre berufliche Arbeit und absolvieren ihre Prüfungen in Philosophie und Theologie mit der größten Verantwortung, weil sie wissen, dass sie sich in ihrem vollkommenen Studium heiligen. Oder so ähnlich. Aber niemals hätte man gesagt: Sie lassen alle durch, denn es gäbe eine „Inflation bei den Qualifikationen, die nicht mehr das wiedergeben, was die Studenten wissen ”.
. Wer wenig weiß, kriegt eine schlechte Note. Alles andere wäre ein Betrug, Frucht des Geistes der guten Söhne Escrivás.
Wir haben auch den Hinweis bekommen, dass alle Studenten des Studium Generale sich den großen Wert der internen Studien vor Augen führen, und wenn sie nicht mindestens mit der Note Cum Laude abgeschnitten haben, ist es angebracht mehr zu studieren und möglichst bald die Prüfung zu wiederholen. Die Prüfungskommission beschränkt sich darauf, die Note mitzuteilen - von Summa cum laude bis Probatus, ohne dem Studenten zu raten, eine bessre Note anzustreben. Auf alle Fälle fühlt sich jetzt jemand, der das Cum laude nicht erreicht hat, gedrängt, sich die Note zu verbessern, und man wird ihn in der persönlichen geistlichen Leitung beruhigen und ihm nahelegen, dass es nicht nötig ist, sich ein zweites Mal der Prüfung zu stellen.
Eine andere gute Nachricht (für Haenobarbo und andere), dass wir jetzt in Spanien Prüfungen haben, die man online absolvieren kann. Der Dozent ist in der Regel Professor in Pamplona oder Rom. Ich sehe darin einen großen Fortschritt. Vorher hatten wir den armen priester des Zentrums, der zuerst Dogmatik lesen musste, dann die Kirchengeschichte, gefolgt von Ethik oder Anthropologie. Jetzt können wir von einem Skaleneffekt profitieren; ein guter Dozent bereitet den Kurs vor, beantwortet die Fragen in einem Online-Forum und hat hundert Studenten statt fünf bis zehn. Auch die Frauen aus Regionen, die nicht genügend Mitglieder für interne Studien haben, könnten davon profitieren.
Grüße an alle,
Stoner
P.S.: Der Index Escrivá ist „verschwunden“. Die roten Bücher und die CDs mit den Beurteilungen der Bücher gibt es nicht mehr. Jetzt ist alles öffentlich. Wer einen Rat sucht, bevor er ein Buch liest, kann selber nachsehen, unter http://www.delibris.org/es/