Duquedeperalta: Papst Franziskus reißt dem Opus Dei die Maske vom Gesicht

23. April 2018

Das Apostolische Schreiben Gaudete et Exultate von Papst Franziskus ist eines der „sauerstoffreichsten“ Dokumente des Lehramts der letzten Jahre, positiv und ermutigend.

Schon das Datum des Dokuments lässt aufhorchen: 19. März. Für uns, die wir im Opus Dei waren, hat dieser Tag seine besondere Bedeutung. Zweifellos lesen und betrachten die Mitglieder des Werkes sehr viel zur Vorbereitung auf dieses Datum, wenn sie ihre Verpflichtung gegenüber der Prälatur erneuern.

Es ist klar, dass sich diese päpstliche Ermahnung nicht „gegen“ eine bestimmte katholische Gruppe richtet. Aber sicher ist, und hilfreich zum Verständnis des Textes, dass weder St. Josefmaria zitiert noch das Opus Dei erwähnt wird. So lässt sich das Schreiben als elegante, aber kräftige Zurechtweisung des Opus Dei durch die oberste Autorität der katholischen Kirche verstehen. Nach der Veröffentlichung dieses Textes gibt es jedenfalls nur mehr wenige inner- und außerhalb der Prälatur, die weiterhin damit rechnen, dass Fernando Ocáriz, der Prälatur Opus Dei, Chancen hat Bischof zu werden.

Die große Gefahr des Opus Dei für die Kirche liegt darin, dass es eine „selbstreferentielle Institution“ ist. Wir jedenfalls, die wir dem Opus Dei angehört haben (ich 30 Jahre lang, als Numerarier mit Leitungs- und Bildungsaufträgen) wurden beim Lesen des Apostolischen Schreibens daran erinnert, warum wir das Werk verlassen haben, und wir sahen in vielen Überlegungen des Dokuments eine ausdrückliche Kritik des Papstes an der verwerflichen institutionellen (selbstreferentiellen) Praxis des Opus Dei.

Das Opus Dei ist als Instituton krank und will sich nicht heilen lassen.

Hier schreibe ich einige persönliche Überlegungen nieder, die mir bei der Lektüre des Dokuments aufgestiegen sind.

Diese sieben Ideen haben in mir Gestalt gewonnen, als ich die Äußerungen des päpstlichen Lehramts meinen Lebenserfahrungen im Opus Dei gegenüberstellte:

1. NICHT ALLES WAS ST. JOSEFMARIA SAGTE UND TAT, ENTSPRICHT DEM EVANGELIUM

2. DAS OPUS DEI IST DIE REINKARNATION DES GNOSTIZISMUS

3. DAS OPUS DEI IST PELAGIANISCH

4. DAS OPUS DEI IST EIN GHETTO

5.- IM OPUS DEI KANN MAN NICHT BETEN

6. DER WEG DER HEILIGKEIT, WIE IHN DAS OPUS DEI VORZEICHNET, FÜHRT ZUR GEISTLICHEN KORRUPTION

7. DIE ERSTARRUNG DES OPUS DEI WIRD ERST MIT DER INSTITUTION SELBST ENDEN

Das Opus Dei verkörpert die „Verfälschungen der Heiligkeit“, die Papst Franziskus anprangert, und die Häresien des Gnostizismus und des Pelagianismus.

1. NICHT ALLES WAS ST. JOSEFMARIA SAGTE UND TAT, ENTSPRICHT DEM EVANGELIUM

Wenn Josefmaria heiliggesprochen wurde, so heißt das noch nicht, dass es im Opus Dei nicht seit der Gründung Gewohnheiten geben könne, die von der Wurzel her verdorben sind.

Die Mehrzahl der Schriften des Gründers des Opus Dei bleibt verborgen, sogar vor den Autoritäten der Kirche. Die Homepage Opuslibros wurde gerichtlich verfolgt, als sie einige davon veröffentlichte.

„Um zu erkennen, welches Wort der Herr durch einen Heiligen sagen will, ist es nicht ratsam, sich mit Details aufzuhalten, denn es kann da auch Fehler und Schwächen geben. Nicht alles, was ein Heiliger sagt, ist dem Evangelium vollkommen treu, nicht alles, was er tut, ist authentisch oder perfekt. Was wir betrachten müssen, ist die Gesamtheit seines Lebens, sein ganzer Weg der Heiligung, jene Gestalt, die etwas von Jesus Christus widerspiegelt und die zum Vorschein kommt, wenn es gelingt, den Sinn der Gesamtheit seiner Person auszumachen“ (Nr. 22).

Die Nachahmung des hl. Josefmaria bis hin zur lächerlichsten Mimikry. die das Opus Dei seinen Mitgliedern auferlegt, ist unnatürlich,  ungesund und  akatholisch: „Je auf ihrem Wege“, sagt das Konzil. Es geht also nicht darum, den Mut zu verlieren, wenn man Modelle der Heiligkeit betrachtet, die einem unerreichbar erscheinen. Es gibt Zeugnisse, die als Anregung und Motivation hilfreich sind, aber nicht als zu kopierendes Modell. Das könnte uns nämlich sogar von dem einzigartigen und besonderen Weg abbringen, den der Herr für uns vorgesehen hat. Worauf es ankommt, ist, dass jeder Gläubige seinen eigenen Weg erkennt und sein Bestes zum Vorschein bringt, das, was Gott so persönlich in ihn hineingelegt hat (vgl. 1 Kor 12,7), und nicht, dass er sich verausgabt, indem er versucht, etwas nachzuahmen, das gar nicht für ihn gedacht war. Wir sind alle aufgerufen, Zeugen zu sein, aber es gibt »viele existentielle Weisen der Zeugenschaft“. Als der große heilige Mystiker Johannes vom Kreuz seinen Geistlichen Gesang schrieb, zog er es fürwahr vor, feste allgemeingültige Regeln zu vermeiden, und erklärte, dass seine Verse so geschrieben seien, dass jeder sie „gemäß seiner Eigenart“ nutzen könne. Denn das göttliche Leben teilt sich „den einen auf diese, den anderen auf jene Weise“ mit. (Nr. 11).

Das Opus Dei trägt Züge der erwähnten „trügerischen Angebote“, und was das Schlimmste ist, der zeitgenössischen Häresie.

„In diesem Rahmen möchte ich die Aufmerksamkeit auf zwei Verfälschungen der Heiligkeit lenken, die uns vom Weg abbringen könnten: der Gnostizismus und der Pelagianismus. Es sind zwei Häresien, die in den ersten christlichen Jahrhunderten aufgekommen sind, die aber weiterhin von alarmierender Aktualität sind. Auch heute lassen sich die Herzen vieler Christen, vielleicht ohne dass sie es bemerken, von diesen trügerischen Angeboten verführen. In ihnen kommt ein als katholische Wahrheit getarnter anthropozentrischer Immanentismus zum Ausdruck. Betrachten wir diese zwei Formen vermeintlicher doktrineller oder disziplinarischer Sicherheit, „die Anlass gibt zu einem narzisstischen und autoritären Elitebewusstsein, wo man, anstatt die anderen zu evangelisieren, sie analysiert und bewertet und, anstatt den Zugang zur Gnade zu erleichtern, die Energien im Kontrollieren verbraucht. In beiden Fällen existiert weder für Jesus Christus noch für die Menschen ein wirkliches Interesse.“ (Nr. 35)

2. DAS OPUS DEI IST DIE REINKARNATION DES GNOSTIZISMUS

Bedenken wir, was das Opus Dei den Jugendlichen anbietet, dies es im Alter von vierzehneinhalb durch seine Jugendclubs und andere Hilfsmittel anwerben will: attraktive Aktivitäten, Zerstreuung, Reisen, Camps, Spiele etc. etc. Man sehe auf der Homepage irgendeines Jugendclubs nach, um das bestätigt zu finden.

„Letztendlich handelt es sich um eine selbstgefällige Oberflächlichkeit: viel Bewegung an der Oberfläche des Geistes, aber die Tiefe des Denkens bewegt sich nicht, noch wird sie angerührt. Dennoch gelingt es, manche mit einer betrügerischen Faszination in den Bann zu ziehen, denn das gnostische Gleichgewicht ist formal und vermeintlich unpersönlich und kann den Anschein einer gewissen Harmonie oder einer allumfassenden Ordnung annehmen.“ (Nr. 38).

St. Josefmaria sagte, dass wir „zuhause (im Opus Dei) die ganze Apotheke hätten“. Damit meinte er, dass das Opus Dei Lösungen für alle Probleme, Zweifelsfälle, Sorgen und Herausforderungen bereithält, die sich einem Mitglied der Institution stellen können.

Der Papst gibt darauf folgende Antwort: „Wenn jemand Antworten auf alle Fragen hat, zeigt er damit, dass er sich nicht auf einem gesunden Weg befindet; möglicherweise ist er ein falscher Prophet, der die Religion zu seinem eigenen Vorteil nutzt und in den Dienst seiner psychologischen und geistigen sinnlosen Gedankenspiele stellt. Gott übersteigt uns unendlich, er ist immer eine Überraschung, und nicht wir bestimmen, unter welchen geschichtlichen Umständen wir auf ihn treffen, denn Zeit und Ort sowie Art und Weise der Begegnung hängen nicht von uns ab. Wer es ganz klar und deutlich haben will, beabsichtigt, die Transzendenz Gottes zu beherrschen.“ (Nr. 41).

St. Josefmaria und del Portillo liebten es zu verfluchen. Sie stellten das ewige Heil eines Mitglieds des Opus Dei in Frage, das die Institution verlassen hatte, denn so wie sie es verstanden, steht die Institution (Opus Dei) über den Personen. Diese Auffassung widerspricht diametral der katholischen Lehre. Es gibt auf Erden keine Institution, die über der menschlichen Person steht, sodass die Person „auf Erden die einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte Kreatur ist, sich selbst nur durch die aufrichtige Hingabe seiner selbst vollkommen finden kann“ (II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 24). Der Versuch, die Peron zugunsten einer Institution zu unterdrücken, ist ein Attentat auf seine Würde.

Über Jahre hinweg habe ich beobachtet, wie im Opus Dei Menschen totgeschwiegen werden, die die Institution verlassen haben, wie sogar ihre Fotografien aus den internen Publikationen verschwinden. Als Leiter habe ich veranlasst, Mitgliedern des Opus Dei brüderliche Zurechtweisungen zu erteilen, die weiterhin Freundschaft mit denen pflegten, die „ihre Berufung verlassen haben”.

Die Lehre der Kirche besagt das genaue Gegenteil: „Auch wenn jemandes Existenz eine Katastrophe gewesen sein sollte, auch wenn wir ihn von Lastern und Süchten zerstört sehen, ist Gott in seinem Leben da. Wenn wir uns mehr vom Geist als von unseren Überlegungen leiten lassen, können und müssen wir den Herrn in jedem menschlichen Leben suchen. Dies ist Teil des Mysteriums, das die gnostische Denkweise letztlich ablehnt, weil sie es nicht kontrollieren kann.“ (Nr. 42).

Man lässt die Mitglieder des Opus Dei nach der Lehre des Gründers glauben, sie, vor allem die Numerarier, seien „die Aristokratie der Intelligenz und der Liebe in der Welt ”.

Der Papst warnt vor dieser gefährlichen Haltung: „Vielfach entsteht eine gefährliche Verwirrung: zu glauben, dass wir, weil wir etwas wissen oder es mit einer bestimmten Logik erklären können, schon heilig, vollkommen, besser als die „unwissende Masse“ sind. Der heilige Johannes Paul II. hat alle, die in der Kirche die Möglichkeit einer höheren Bildung haben, vor der Versuchung gewarnt, ein »gewisse[s] »Überlegenheitsgefühl gegenüber den anderen Gläubigen«[41] zu entwickeln.“ (Nr. 45).

3.- DAS OPUS DEI IST PELAGIANISCH.

Die ganze Struktur des „Lebensplans der Normen und Gewohnheiten des Opus Dei“, die den Mitgliedern des Opus Dei auferlegt werden, geht gegen das Konzept des Katholischen.

Der Gründer des Opus Dei war von der Heiligkeit eines seiner Kinder überzeugt, wenn es die Normen und Gewohnheiten erfüllte, die ihm Gott durch die Institution gegeben hatte.

Jeder von uns, die wir im Opus Dei waren oder vom Opus Dei, haben von den ersten Bildungsvorträgen an die Überzeugung vermittelt bekommen, „DAS ERSTE SIND DIE NORMEN“.

Papst Franziskus demaskiert diese pelagianischen Praktiken und prangert sie an: „Dennoch gibt es Christen, die einen anderen Weg gehen wollen: jenen der Rechtfertigung durch die eigenen Kräfte, jenen der Anbetung des menschlichen Willens und der eigenen Fähigkeit; das übersetzt sich in eine egozentrische und elitäre Selbstgefälligkeit, ohne wahre Liebe. Dies tritt in vielen scheinbar unterschiedlichen Haltungen zutage: dem Gesetzeswahn, der Faszination daran, gesellschaftliche und politische Errungenschaften vorweisen zu können, dem Zurschaustellen der Sorge für die Liturgie, die Lehre und das Ansehen der Kirche, der mit der Organisation praktischer Angelegenheiten verbundenen Prahlerei, oder der Neigung zu Dynamiken von Selbsthilfe und ich-bezogener Selbstverwirklichung. Hierfür verschwenden einige Christen ihre Kräfte und ihre Zeit, anstatt sich vom Geist auf den Weg der Liebe führen zu lassen, sich für die Weitergabe der Schönheit und der Freude des Evangeliums zu begeistern und die Verlorengegangenen in diesen unermesslichen Massen, die nach Christus dürsten, zu suchen.“ (Nr. 57).

Was ist das Wichtigste im Leben eines Mitglieds des Opus Dei? Die Normen erfüllen und die Aussprache pünktlich zu machen (es herrscht hier eine Besessenheit nach Vorschriften, nach Kriterien, Praktiken, Hinweisen, „wir machen das so“, das ist „guter Geist“, so hat es uner Vater festgelegt…).

Was sagt der Papst dazu? Seine Antwort lässt an Klarheit nicht zu wünschen übrig: „Oftmals verwandelt sich das Leben der Kirche, dem Antrieb des Heiligen Geistes entgegen, in ein Museumsstück oder in ein Eigentum einiger weniger. Dies geschieht, wenn einige christliche Gruppierungen der Erfüllung bestimmter eigener Vorschriften, Gebräuche und Stile übermäßige Bedeutung beimessen. Auf diese Weise pflegt man das Evangelium zu beschränken und einzuschnüren und man nimmt ihm so seine fesselnde Einfachheit und sein Aroma. Es ist vielleicht eine subtile Form des Pelagianismus, weil es das Leben der Gnade menschlichen Strukturen zu unterwerfen scheint. Dies betrifft Gruppen, Bewegungen und Gemeinschaften, und es erklärt, wieso sie oftmals mit einem intensiven Leben im Geist beginnen, aber später versteinert enden ... oder verdorben.“ (Nr. 58).

Tatsächlich ist die Lebensform, die das Opus Dei seinen Mitgliedern auferlegt, nichts anderes als eine weitere dieser „Ideologien, die das Herz des Evangeliums verstümmeln“, wie der Papst in seinem apostolischen Schreiben anmahnt.

Ein anderes Thema, das hier tiefgehend behandelt wird, ist die Praxis der geistlichen Leitung im Opus Dei. Sie widerspricht dem Evangelium, vergiftet den Geist und hat bei vielen Menschen schwere psychische Deformationen hervorgerufen.

Es ist erwiesen – und eine nachprüfbare, bedauerliche Realität im Leben vieler Menschen des Opus Dei – die den „Geist des Werkes ernst nehmen und ihn von Grund auf leben wollen“, dass eben dieser Geist psychische Störungen mit sich bringt, Neurosen, schwere Depressionen etc.

Wenn man jede Woche einer Person über sein Gewissen Auskunft geben muss, die einem als „geistlicher Leiter“ aufoktroyiert wurde, die man kaum kennt und zu der man sehr oft nicht einmal das geringste menschliche Zutrauen besitzt, so ist dies ein Anschlag auf die Freiheit und ein schweres psychisches Risiko für den, der er ertragen muss.

Noch schädlicher ist die unselige Praxis im Opus Dei, den Beichtvater aufzunötigen. Im Opus Dei ist man verpflichtet, „bei dem Priester zu beichten, der einem von den Leitern bezeichnet wurde”. Es scheint unglaublich, aber so ist es. Man muss es erlebt haben, um es zu glauben.

4. DAS OPUS DEI IST EIN GHETTO

Das Opus Dei ist eines jener Ghettos, von denen der Papst spricht: „Wie der Prophet Jona sind wir immer latent in der Versuchung, an einen sicheren Ort zu fliehen, der viele Namen haben kann: Individualismus, Spiritualismus, Einschließen in kleine Welten, Abhängigkeit, Sich-Einrichten, Wiederholung bereits festgelegter Schemata, Dogmatismus, Nostalgie, Pessimismus, Zuflucht zu den Normen. Womöglich haben wir uns dagegen gesträubt, ein Gebiet zu verlassen, das uns bekannt und leicht handzuhaben war. Die Schwierigkeiten können jedoch so etwas sein wie der Sturm, wie der Wal, wie der Wurm, der den Rizinusstrauch des Jona vertrocknen ließ, oder wie der Wind und die Sonne, die Jona auf den Kopf brannte; wie für ihn, so können sie auch für uns die Funktion haben, uns zu diesem Gott zurückkehren zu lassen, der Zärtlichkeit ist und der uns auf eine ständige und erneuernde Wanderung mitnehmen möchte.“ (Nr. 134).

5.- IM OPUS DEI KANN MAN NICHT BETEN.

Im Mittelpunkt der Botschaft des Opus Dei steht nicht Jesus Christus der Erlöser, sondern der Gründer und seine Lehren und seine Auslegungen der Bibel.

Ein einfaches Beispiel reicht aus, dies zu verstehen. In den 30 Jahren meiner Zugehörigkeit zum Opus Dei war ich unzählige Male in Villatevere (dem Zentralsitz des Werks in Rom), in Barbastro (dem Geburtsort des Gründers), ich besuchte wieder und wieder die Orte in Madrid, an denen der Gründer gelebt hatte, in Saragossa, in Logroño… etc. Ich lernte jedes einzelne Fleckchen kennen, an dem St. Josefmaria vorbeikam, ich kannte eine erdrückende Vielfalt an Details, ich ging, wo er gegangen war (ich habe sogar auf seinen Spuren die Pyrenäen überquert). Ich las jede neue Publikation, jede unveröffentlichte Biografie, die Unbekanntes aus dem Leben des Gründers bot. Allerdings hatte ich auch einmal Gelegenheit, mit einem nahen Verwandten ins Heilige Land zur fahren. Man nannte mir eine solche Fülle an Begründungen, warum ich das besser bleiben lassen sollte, dass ich jedes Interesse daran verlor, die Stätten kennenzulernen, an den Jesus Christus lebte und starb, zumindest mit demselben Eifer, wie er mir für den Lebensweg des Gründers des Opus Dei aufgenötigt worden war.

Das Heil, das das Opus Dei vor Augen stellt, ist nicht von Christus zu erwarten, sondern es kommt auf einem anderen Weg, auf dem es diejenigeh, die sich ihm anvertrauen, einer Reihe von Pflichten und Normen unterwirft. Im Opus Dei wird man durch die Nachahmung des Gründers und der „Älteren von Zuhause“ heilig.

Im Opus Dei lehrt man nicht das wahre „Gebet“, den Kontakt mit Christus. Man legt viel mehr Gewicht auf das Stduium der „internen Texte“ und der „Schriften des Gründers”.

Der „Supertext“ zur Spiritualität des Opus Dei ist nicht das Evangelium, es sind die „Lehrren St. Josefmarias und seiner Nachfolger“.

Die Freiheit der Gewissen wird im Opus Dei beständig mit Füßen getreten. Die Gedanken, die den Mitgliedern im Kopf herumgehen, vor allem bei den Numerariern und Assoziierten, sind: die Schriften des Gründers, die Schriften des aktuellen Prälaten, die internen Dokumente, die Hinweise der Kommissionen und Delegationen, die Hinweise aus der letzten Aussprache, die Kurzen Kreise, die Betrachtungen des Zentrums, die Vorträge und Betrachtungen des letzten Einkehrtags, aber herzlich wenig  über das Evangelium und das Wort Gottes.

Das einzige, was im Opus Dei zählt, ist das Wort der Direktoren, denn so sie drückt sich der Wille Gottes aus.

Welcher Numerarier hat nicht die Erfahrung gemacht, dass er in der Früh beten wollte und es nicht konnte, weil er den vorgelesenen Passagen aus den „Meditaciones“ zuhören sollte? Auch das Gebet ist im Opus Dei programmiert.

Der Papst prangert diese Praktiken an: „In diesem Schweigen kann man im Licht des Heiligen Geistes die Wege der Heiligkeit erkennen, die der Herr uns vorschlägt. Andernfalls werden alle unsere Entscheidungen nur „Dekorationen“ sein können, die das Evangelium verdecken oder ersticken, anstatt es in unserem Leben zu verherrlichen. Für jeden Jünger ist es unerlässlich, mit dem Meister zusammen zu sein, auf ihn zu hören, von ihm zu lernen, immer zu lernen. Wenn wir nicht hinhorchen, werden alle unsere Worte einzig und allein Lärm sein, der zu nichts dient.“ (Nr. 150).

6. DER WEG DER HEILIGKEIT, WIE IHN DAS OPUS DEI VORZEICHNET, FÜHRT ZUR GEISTLICHEN KORRUPTION

Denken wir hier vor allem an die etwas älteren Numerarier des Opus Dei. Scheinen sich die Worte des Papstes nicht zu einem Gutteil auf sie zu beziehen?

Paradoxerweise vermitteln viele Ältere im Opus Dei keinen frohen, lebhaften Charakter, sondern das Gegenteil favon; vielleicht ist das ein äußeres Zeichen für die Einsamkeit und Verlorenheit, in der sie leben.

„Der Weg der Heiligkeit ist eine Quelle des Friedens und der Freude, die uns der Heilige Geist schenkt. Zugleich verlangt er jedoch, dass unsere »Lampen brennen« (Lk 12,35) und dass wir wachsam bleiben: »Meidet das Böse in jeder Gestalt!« (1 Thess 5,22). »Seid also wachsam!« (Mt 24,42; Mk 13,35). »Darum wollen wir nicht schlafen« (1 Thess 5,6). Denn wer meint, keine schweren Fehler gegen das Gesetz Gottes zu begehen, kann in einer Art Verblödung oder Schläfrigkeit nachlässig werden. Da er nichts Schlimmes findet, das er sich vorwerfen müsste, bemerkt er die Lauheit nicht, die sich allmählich in seinem geistlichen Leben breitmacht, und am Ende ist er aufgerieben und verdorben.“ (Nr. 164).

„Die geistliche Korruption ist schlimmer als der Fall eines Sünders, weil es sich um eine bequeme und selbstgefällige Blindheit handelt, wo schließlich alles zulässig erscheint: Unwahrheit, üble Nachrede, Egoismus und viele subtile Formen von Selbstbezogenheit – denn schon »der Satan tarnt sich als Engel des Lichts« (2 Kor 11,14). So passierte es seinerzeit Salomon, während der große Sünder David sein Elend zu überwinden wusste. In einer Erzählung warnte uns Jesus sehr vor dieser trügerischen Versuchung, die uns in die Korruption hineingleiten lässt: Er spricht von einem Menschen, der von einem Dämon befreit wurde. Als dieser meint, dass sein Leben schon rein wäre, wird er am Ende von sieben anderen bösen Geistern heimgesucht (vgl. Lk 11,24-26). Ein weiterer biblischer Text verwendet ein drastisches Bild: »Der Hund kehrt zurück zu dem, was er erbrochen hat« (2 Petr 2,22; vgl. Spr 26,11).“ (Nr. 165).

7. DIE ERSTARRUNG DES OPUS DEI WIRD ERST MIT DER INSTITUTION SELBST ENDEN

Das Opus Dei ist als Institution erstarrt und abgeschlossen, denn sein Geist ist in Stein gemeißelt. Sowohl der Gründer als auch Alvaro del Portillo verfluchten den, der auch nur ein Komma ändern wollte. Darin liegt seine große Gefahr: Es ist eine selbstreferentielle Institution, unfähig sich zu bewegen, versteinert.

Deshalb ist auch der geringste Wandel im Opus Dei unmöglich. Welche Zukunftschancen rechnet sich das Opus Dei unter diesen Umständen aus?

Das Evangelium lebt und wirkt. Die „Normen und Gewohnheiten“, Praktiken, Erfahrungen, Hinweise und Kriterien des Opus Dei sind tote Buchstaben.

„Diese Haltung des Hörens schließt im Übrigen den Gehorsam gegenüber dem Evangelium als letztes Kriterium ein, aber auch gegenüber dem Lehramt, das es bewahrt und versucht, im Schatz der Kirche das zu finden, was am fruchtbarsten für das Heute des Heils ist. Es geht nicht darum, Rezepte anzuwenden oder die Vergangenheit zu wiederholen; denn die gleichen Lösungen gelten nicht unter allen Umständen, und was in einem Zusammenhang nützlich war, kann es in einem anderen nicht sein. Die Unterscheidung der Geister befreit uns von einer Starrheit, die keinen Bestand hat vor dem ewigen Heute des Auferstandenen. Einzig und allein der Heilige Geist weiß, in die dunkelsten Winkel der Wirklichkeit vorzudringen und alle ihre Schattierungen im Auge zu haben, damit die Neuheit des Evangeliums in einem anderen Licht aufleuchtet.“ (Nr. 173).

Es scheint logisch, dass wir nach der Lektüre dieser Ermahnung durch den Papst Gott dafür danken, dass wir das Opus Dei verlassen haben, eine undefinierbare Institution, die jedoch zujmindest diese 10 Charakteristiken aufweist:

1.- Es ist eine Struktur, die Neurosen fördert und eine gnostische und pelagianische Spiritualität bietet.

2.- Es ist eine Ideologie, die das Herz des Evangeliuums verstümmelt.

3.- Es verfälscht die Heiligkeit.

4.- Es macht die Heiligkeit unmöglich und unerreichbar (Nr. 11).

5.- Es ist eine menschliche Erfindung von St. Josefmaria.

6.- Es ist eine der vielen „Formen einer falschen Spiritualität ohne Gottesbegegnung, die den aktuellen Religionsmarkt beherrschen“  (Nr. 111).

7.- Es ist eine Institution mit Praktiken der geistlichen Leitung und der mentalen Manipulation, die dem Evangelium zuwiderläuft (Nr. 116).

8.- Es ist eine Familie in der stickigen Luft unserer Selbstbezogenheit“ (Nr. 136).

9.- Es ist eine Welt, die scheinbar vollkommen ist, aber der geistlichen Korruption verfallen (Nr. 164-165).

10.- Es ist unmöglich Gott zu begegnen.

Wenn doch dieser Wunsch von Papst Franziskus Wirklichkeit würde: „Möge der Herr die Kirche von den neuen Formen des Gnostizismus und des Pelagianismus befreien, die sie auf ihrem Weg der Heiligkeit beschweren und aufhalten! Diese Irrwege nehmen verschiedene Formen an, entsprechend dem jeweiligen Temperament und Charakter. Deshalb ermahne ich jeden, sich zu fragen und vor Gott zu prüfen, auf welche Weise sie in seinem Leben auftreten können.“ (Nr. 62).