Pez: Erinnerungen an Herrando und Rafael Solís
14. Juni 2019
Ich habe den außerordentlichen Artikel von vom vergangenen Mittwoch, den 12. Juni über den – für das Werk – verstorbenen Ramón Herrando gelesen. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken – der von Herrando.
Ich werde euch zwei typische Opus-Anekdoten über den ambivalenten Charakter dieser hohen Opus-Ämter in Spanien erzählen. Als ich gerade frisch gepfiffen hatte, erfüllte mich Don Rafael Solís mit Bewunderung angesichts des Sachverstands und der menschlichen Qualität der Direktoren der Kommission, und das bestärkte mich in meiner „Berufung“ und in meinem naiven Vertrauen in die Direktoren. Herrando hingegen bedeutete für mich, als ich bereits Jahre härtester und hingebungsvoller Arbeit hinter mir hatte, einen Schlag mit dem Türklopfer, der mich aus dem Albtraum der Dark Side weckte.
Ich lernte Ramón Herrando kennen, als er mit der Betreuung der Assoziierten in Spanien beauftragt worden war, und ich war der Leiter eines großen Zentrums von Assoziierten. Es war eine starke Gruppe von Jungen und von Berufstätigen, und sie waren beispielhaft und hingegeben. Aber es pfiffen nicht viele.
Eines schönen Tages kam er den Örtlichen Rat dieses Zentrums besuchen; gut, er kam nicht, um uns zu sehen, zu ermutigen oder uns mit seiner Erfahrung weiterzuhelfen (die hatte er nicht) oder mit dem Licht des Heiligen Geistes (den besaß er, glaube ich, ebensowenig), oder mit dem Licht seiner Intelligenz (das er nicht zu benutzen schien, falls er sie besaß). Er kam lediglich, um uns mordsmäßig anzuschnauzen, weil niemand pfeift.
Wir erkannten, dass er bereits mit seinem fertigen Rezept in der Tasche gekommen war und nicht daran dachte, uns anzuhören. Wir versuchten etwas zu erklären, die vielen Initiativen aufzuzählen, die wir unternahmen... vergeblich, er kartätschte uns weiter nieder. Alles war unsere Schuld, wir waren lau, widmeten der Arbeit nicht die nötige Zeit, betrogen zugleich den Vater und Gott, sie würden uns rauswerfen.... Und das alles mit den Gesten und Ausdrücken eines Madrider Zuhälters, in die Ecke seines Polstersessels gelümmelt und nervös rauchend. Wir vom Örtlichen Rat waren bestürzt. Ich brannte vor Entrüstung, und sobald ich mich gefasst hatte, sagte ich ihm so höflich ich konnte, dass wir taten was wir konnten, dass er nicht an unserer Hingabe zweifeln dürfe und dass wir gekommen seien, damit er uns, mit seiner Erfahrung und in seiner Erleuchtung und in seinem tiefen Verständnis der Berufung eines Assoziierten belehrt, uns Vorschläge mache und uns ermutige, aber seine Worte hätten uns nun doch ziemlich entmutigt. Der (nominelle) Direktor des Örtlichen Rates trat mich nervös unter dem Tisch, als ich das sagte. Aber Don Herrando, mit rotem Gesicht, sagte in etwa Folgendes: „Nun, du hast recht, ihr macht viele Dinge gut, aber wenn niemand pfeift, ist das nichts wert.“ Ich fuhr fort, schon etwas ermutigt: „Was empfehlen Sie uns also?" Er sah auf die Uhr, und als er aufstand, durchbohrte er mich mit den Augen und sagte: „Ich bin nicht dazu gekommen. Ihr müsst mehr beten““, und weg war er, wutentbrannt.
Meine Schlussfolgerungen, die ich auf fast alle Mitglieder der Kommissionen und Delegationen, die ich kennenlernen sollte, waren:
1. Er hatte keine Ahnung, was ein Assoziierter ist.
2. Er hatte keine Ahnung, wie man die Arbeit macht.
3. Die Assoziierten, Numerarier und was es sonst noch gibt, waren ihm von Herzen egal.
4. Was zählt, sind ausschließlich die Statistiken.
5. Er gab den Stunk nach unten weiter, den er von oben abbekommen hatte.
6. Er war ein Schulbeispiel (siehe die berühmten „Fallstudien“ von IESE) eines inkompetenten Direktors. (Ihr Aufstieg erfolgt nach dem Peter-Prinzip, im Sinne der „geräuschlosen Sublimierung“.)
Als ich von seiner Ernennung zum Consiliarius, Vikar und Zwerghahn erfuhr (denn das war er wirklich), dachte ich Armes Opus-Spanien, was erwartete dich! und freute mich selbstverständlich. So übernahm er seinen Job in Spanien. Von dem Zentrum der Assoziierten war nur noch die Hälfte über, die andere Hälfte war psychisch krank, nahm Psychopharmaka, und dann gab es da noch irgendeinen Hausgeist von vorbildlicher Treue zu Gott, der sich um seine Brüder kümmerte. Der, der es gesehen hat, kann es bezeugen, und sein Zeugnis ist wahr.
Das werden wohl traurige Jahre sein, die Herrando in seiner Rente erwarten, so wie es vielen anderen Hierarchen des Opus geschehen ist. Jetzt, in seiner stillen Einsamkeit, ohne den Lärm seiner Schmeichler, wird er oft von der großenn Katastrophe hören, zu der er wesentlich beigetragen hat. Wird er nachts durch einsame Gänge schleichen wie Lady Macbeth und sich die Hände waschen, die so viel Böses verursacht haben und in Schreie ausbrechen, wenn ihm die verschwundenen Numerarier als Geister erscheinen? Ich wünsche ihm nichts Böses, die Sünde öffnet den Pfad zur Buße. Ich wünsche ich vielmehr eine sehr heilsame Erkenntnis: dass er erkennt, wie vielen Menschen er Schlimmes angetan hat, dass er es bereut und Gott um Verzeihung bittet und so manchen anderen. So sollten seine letzten Jahre weniger bitter sein. Gott möge ihn behüten.
Bei Don Ramón Solís erinnere ich mich, ich hatte vor kurzem gepfiffen, ich war mit dem Direktor allein im Zentrum und öffnete ihm die Tür. Er war freundlicher Herr, elegant, wohlerzogen, mit einem witzigen, leichten andalusischen Akzent. Ich war erst kurz dabei und kannte ihn nicht, war er doch der Vokal von St. Raphael der Kommission in Spanien. Ich, nicht faul, hielt ihn auf, als er weitergehen wollte, und bat ihn in ein Besucherzimmer. Ich meldete ihn beim Direktor, der ein besorgtes Gesicht machte, ihn unterwürfig empfing und mit ihm in eine Arbeitszimmer verschwand. Ich rechnete mit einer Abreibung.... Tatsächlich fing der Direktor, als sie wieder herauskamen, an,mich herunterzuputzen, aber Don Rafael Solís rettet mich, indem er sagte, ich hätte mich richtig verhalten, nachdem ich einen Unbekannten hereingelassen hatte, und er sagte mir mit großer Liebenswürdigkeit: Ich gebe dir drei Ratschläge, wenn du im Werk Erfolg haben willst: Lern Englisch und Maschinschreiben, und mach den Führerschein.
Ich beachtete seinen Ratschlag und war erfolgreich, allerdings außerhalb des Opus, in meiner Arbeit und in meinem Leben, und im Gegensatz zu Herrando denke ich an ihn gerne zurück. So, das war jetzt eine Anekdote von einem höflichen Gentleman aus Andalusien mit Kinderstube. Was Madurez uns zu diesem Thema noch zu sagen hat, darauf bin ich schon sehr neugierig!
Pez