Organisierte Spontanität
Endlich, man hatte die Zusage. Es sollte ein kleines Beisammensein von Studentinnen eines Zentrums mit einem Bischof sein.
Im Vorfeld organisierte die Regionalleitung und wählte Numerarierinnen aus dem ganzen Land aus, die am besten für eine „Stimmung von Zuhause“ geeignet wären.
Es war dann das spontanes Beisammensein von Studentinnen eines Zentrums, zu dem adrett gekleidete und geschminkte Numerarierinnen aus dem ganzen Land pünktlich eintrafen.
Der Bischof betrat den Raum und alle freuten sich und klatschten und lächelten ihr gewinnendstes Lächeln. Spontan griff eine Numerarierin zur Gitarre (sie hatte eine nur zweistündige Anreise und wurde von der Regionalleitung ausgewählt weil sie mitreißend Gitarre spielen konnte), hockte sich spontan und natürlich auf den Fußboden, zerrte gleichzeitig mit typischer virtuoser Numerarierinnengeste den Rock über die Knie und spielte und sang. Etwas später sangen alle Numerarierinnen spontan mit. Und es herrschte spontane Dauerfreude, es herrschte die perfekt geplante „Stimmung von Zuhause“.
Zusammenfassung: Es wurden Numerarierinnen ausgewählt, die jahrelang Eingeübtes wie glücklich und spontan und frisch und natürlich aber auch übernatürlich sein am besten verkaufen konnten. Denn es war eine Verkaufsveranstaltung. Das Opus Dei pries ganz normale Frauen eines vom Opus Dei geleiteten Studentinnenheims an gegen Wohlwollen und besondere Förderung des Opus Dei durch das Bistum. Und niemand, weder Regionalleitung noch Numerarierinnen, schämte sich dafür, dass der Bischof schamlos übers Ohr gehauen wurde. Ganz im Gegenteil.
Die Exnumerarierin
14.5.2021