Gegen den institutionalisierten Missbrauch
Jorge Santiago, 2. Januar 2012
Das Opus Dei hat es in Madrid durch ein Gerichtsurteil durchgesetzt, dass opuslibros interne Dokumente zurückziehen musste, deren öffentliche Verfügbarkeit dem Opus Dei peinlich geworden ist [und die nichtsdestoweniger nach wie vor vollständig auf unserer Schwesterseite www.opus-info.org publiziert bleiben]:
- Es zeigte sich, dass mit gezinkten Karten gespielt wird: Die einen Dokumente hat man dem Heiligen Stuhl gezeigt, die anderen, welche erklären, wie intern vorzugehen ist, werden verborgen gehalten.
- Es werden vertrauliche Dossiers über Gewissensangelegenheiten der Mitglieder angefertigt.
- Minderjährige werden ohne Zustimmung der Eltern indiktriniert.
- Das Werk erlässt interne Anweisungen, die ganz offenkundig den Anweisungen der Kirche widersprechen.
- Wer weiter ins Detail gehen möchte, möge sich eingehend mit den Zeugnissen beschäftigen.
Wenn das Opus Dei tatsächlich Interesse daran hätte, die Autorenrechte [für die internen Schriften] zu schützen, dann müsste es unverzüglich alle internen Dokumente auf seiner eigenen Homepage veröffentlichen und sie seinen potentiellen Kandidaten und deren Familien zugängig machen, bevor es von Berufung und Verpflichtung spricht…
Die traurige Wahrheit ist, dass das Opus Dei es vorzieht, den Inhalt der erwähnten Dokumente den Betroffenen lieber im Beichtstuhl oder bei der Aussprache zuflüstert, auf Kursen und hinter verschlossenen Türen. Es hat vielmehr den Anschein, dass das Opus Dei gar kein Interesse daran hat, dass die genannten Dokumente genau studiert werden, von der Kirche, vom Menschen, die sich seinen Zentren nähern, bevor sie um die Aufnahme bitten, ein Vorgang, den das Opus Dei „Pfeifen“ nennt und den man so erklären könnte:
Probiere es einfach aus,
Fall auf unsere Versprechungen herein,
Eilig, ohne
Information, ohne
Fairness,
Einfältig und
Nichtsahnend,
bevor du noch das Kleingedruckte gelesen hast und lange bevor deine Eltern etwas erfahren. Bitte um die Aufnahme, aber stell nicht viele Fragen, denn du bist jung und dumm. Pfeife rasch, lass dich formen, und dann wirst du schon sehen, was kommt:
- Du wirst dich deinen Eltern entfremden müssen, du wirst sie nur mehr besuchen dürfen, wenn es uns in den Kram passt es dir zu erlauben, auch wenn wir dich manchmal von der Leine lassen, damit es deinen Eltern ja nicht einfällt dich zu enterben.
- Du wirst keine persönlichen Freundschaften mit anderen Mitgliedern des Werkes führen dürfen, damit du dich nicht im Schoß des Werkes zu organisieren beginnst und Gruppen bildest, die sich unseren Anweisungen widersetzen.
- Vergiss es, dass du für deine Arbeit Gehalt beziehst! Du wirst uns alles abgeben, und im Gegenzug kriegst du ein Taschengeld, dass du mit dem Bus fahren kannst und wie ein normaler Mensch wirkst. Du wirst aber um dieses Geld nicht mit deinen Arbeitskollegen auf einen Kaffee gehen können, es sei denn, du tust das mit dem Vorsatz, einen von ihnen zur wöchentlichen Betrachtung mitzubringen. Und du wirst uns regelmäßig mit einem Ausgabezettel darüber Rechnung legen, was du mit diesem großzügigen Zuschuss gemacht hast.
- Eventuell wirst du ein Testament unterzeichnen, in dem du deine Erbschaft unseren Vollstreckern überträgst. Die Kirche wird von dem Vermögen, das du uns überträgst, nichts erfahren, denn wir berufen uns auf die kollektive Armut. Wir genießen diese Güter ohne sie zu besitzen. Scheint dir diese Spitzfindigkeit unseres Vaters nicht genial?
- Du wirst dir mit blanken Stricken den Hintern versohlen – wir nennen das „Disziplin“. Außerdem musst du dir ein Dornenband um die Oberschenkel schnallen, auf dem Boden schlafen und kalt duschen, auch im Winter, damit du es lernst deinen Körper zu beherrschen, und dass ist wichtig, denn wir wollen erreichen, dass du aufhörst auf dich und deine Bedürfnisse zu achten.
- Vergiss nicht, dass unserem Gründer die Esel gefallen haben; deshalbwirst du niemals lesen können worauf du Lust hast, und du wirst deine Schriften und deine Korrespondenz einer internen Zensur und Überprüfung unterziehen. Du wirst dir auch das kritische Denken abgewöhnen, damit du niemals unsere Praktiken und Gewohnheiten in Frage stellst, und sollte dein Verstand dies versuchen, wirst du ihn niederhalten, indem du innerlich Stoßgebete murmelst, die dich dem Himmel näherbringen, weil sie deinen Verstand einschläfern und deine Denkfähigkeit herabmindern. Wenn das nicht funktioniert, musst du eben Bußband und Bußgeißel öfter und schärfer anwenden Wenn das alles nichts nützt, können wir dich zu einem Arzt unseres Vertrauens schicken, damit er dich mit Medikamenten ruhigstellt.
- Da unser Gründer so sehr an seine Töchter gedacht hat, werden die Numerarierinnen und die Auxiliarinnen ohne Matratze schlafen, sich nach dem Geschmack des Gründers kleiden und die Bedienung in den Numerarierzentren übernehmen, ohne Recht auf Sozialversicherung und Alterspension, schon gar nicht, wenn sie die Organisation verlassen.
- Du wirst dein Gewissen und die schmutzige Wäsche zuhause waschen, wirst dich von Priestern fernhalten, die nicht zur Organisation gehören, denn das ist der gute Geist im Einklang mit unserem Vater, und wenn er es so gesagt hat, ist es so wie wenn es Christus selbst gesagt hätte. Unser heiliger Gründer hatte einen direkten Draht zum Himmel, ohne Umweg über den Vatikan, und schon gar nicht interessierten ihn die Ortsbischöfe.
- Du wirst geistliche Leitung von anderen Mitgliedern empfangen, von denen einige jünger und unerfahrener als du sind, aber mach dir deswegen keine Sorge, denn unser Prälat wird auf eine sehr subtile, aber wirksame Weise eingreifen, und die Örtlichen Direktoren werden die Person erleuchten, mit der du die wöchentliche Aussprache machst.
- Denke daran, dass die Kommunikation auf zwei Wegen geschehen wird: Es wird schriftliche Dossiers über deine inneren Kämpfe und deine vertraulichen Gespräche geben, die mit der Zustimmung des Priesters des Zentrums, in dem du lebst, weitergetragen werden. Zu deinem Wohl gibt es interne Archive. Mach dir keine Sorgen, diese Mitteilungen sind vertraulich. Sie werden den Regionaldirektoren auf ausgeklügelte Weise, wie bei Geheimdiensten, zugeschickt; in dem einen Kuvert ist der Bericht und eine Nummer, in einem anderen Kuvert dein Name und welche Nummer ihm zugeordnet ist.
- Andere Mitglieder des Werkes werden den Direktoren mündlich Bericht erstatten, wenn du irgendeine interne Regel verletzt oder dich vom guten Geist entfernst. Nachdem diese Information gefiltert worden ist, werden die Direktoren andere Mitglieder damit beauftragen, dir sogenannte brüderliche Zurechtweisungen zu erteilen. Eine andere wunderbare Praxis, die von unserem Vater eingeführt wurde, sind die Zwangsdiäten.
- Wenn du dich eines Tages entscheiden solltest zu gehen, werden wir versuchen das zu verhindern, wir werden dir eine Gehirnwäsche verpassen, wir werden dir Schuldgefühle einimpfen, weil du das Werk verlassen hast, das nichts anderes ist als das Boot Jesu Christi.
- Und wenn du schließlich gegangen bist, werden wir dir mit Missachtung begegnen, wir werden dich als Verräter ansehen und dir das Feuer der Hölle versprechen.
- Die Gehirnwäsche wird so gut funktionieren, dass du möglicherweise mental erkrankst, unter Depressionen leidest und dein Leben lang Probleme haben wirst, anderen Institutionen zu vertrauen, sogar der Kirche selbst, du wirst aufgrund des posttraumatischen Stresses, der von unserem wunderbaren Bildungsprogramm verursacht wurde, möglicherweise eine Therapie benötigen.
Die Gerichte in Spanien und auf der ganzen Welt, die Mitglieder und die ehemaligen Mitglieder des Opus Dei, die verstanden haben, was hier geschieht, die Bischöfe, der Papst und alle, die wir die Freiheit lieben, müssen diesen institutionalisierten Missbrauch im Namen Christi und seiner Kirche verhindern:
Die internen Dokumente des Opus Dei dürfen nicht länger geheim oder privat bleiben, denn sie gefährden die geistige Gesundheit all derer, die sich dieser Gemeinschaft nähern, vor allem jener potentiellen Opfer, die minderjährig sind.
Jorge Santiago