Kardinal Herranz enthüllt Details über die Entstehung der Prälatur Opus Dei
(Doserra, 14. Mai 2008)
Man weiß, dass das Opus Dei aus Anlass des 25. Jahrestags seiner Errichtung als Personalprälatur zwei wichtige Festakte organisiert hat, einen in Rom und einen anderen in Madrid. Beim Lesen der Mitteilung auf der offiziellen Homepage des Opus Dei fanden sich entsprechende Wortmeldungen der Kardinäle Ruini, Rouco und Herranz; mich überraschte vor allem dieser letzte, insofern er Details erzählte, die er aufgrund seiner Tätigkeit in der Römischen Kurie kannte, und außerdem bedrückte mich die teilweise Interpretation, die hier jemand über einige Ereignisse bot, der aufgrund seiner kirchlichen Stellung in besseres Beispiel von Objektivität und Unparteilichkeit hätte erwarten lassen dürfen.(Anm. des Übers.: Diskretion gegenüber der eigenen „Familie“ hinsichtlich von Vorgängen im Vatikan sind im Opus Dei kein Thema; ich erinnere mich, dass zu Ostern 1982 dank einer Indiskretion des Leibarztes seiner Heiligkeit das gesamte Werk darüber Bescheid wusste, dass Johannes Paul II. in der Fastenzeit achtzehn Kilo abgenommen hatte.)
Aus all diesen Gründen dachte ich, ich hätte diese Information ein wenig gründlicher überprüfen müssen; aber als ich mir die Zeit dazu nahm, waren die Erklärungen des Kardinal Herranz bereits spurlos von der Homepage des Opus Dei verschwunden, während die von Ruini und Rouco noch verfügbar waren: Das bestärkte mich in meiner anfänglichen Einschätzung der Lage und veranlasste mich, diesen Artikel an anderen Stellen im Internet zu suchen.
Da sich das Internet natürlich allen Kontrollen entzieht, die Institutionen und die Mehrheit der Medien ausüben, fand ich schließlich eine Stelle, die den Beauftragten des Informationsbüros des Opus Dei nicht zugänglich war, eine Kopie der Notiz (http://www.aica.org/index.php?module=displaystory&story_id=11818&format=html&fech=2008-04-23). Ich möchte dazu kommentieren, was mir besonders relevant erscheint:
1. Das betrifft zunächst einmal den Inhalt, denn diese Wortmeldung macht einmal mehr deutlich, dass diese Rechtsfigur nicht zur pastoralen Realität des Opus Dei passt. Das zeigt sich vor allem, wenn er versichert, dass sich mit der Errichtung der Personalprälatur eine „gerechte Harmonie zwischen dem Gründungscharisma und der Rechtsgestalt der Institution Opus Dei“ ergeben hat, in den Erklärungen, die er nachher machen muss. Denn der Rückgriff auf eine klerikale Struktur hat zur Folge, das die Statuten des Werkes, die unterstreichen, dass die Laien zu ihm gehören, dem universalen Recht der Kirche widersprechen oder zumindest nicht von ihm gedeckt sind, denn dort heißt es, dass die Laien, zwar mit den Personalprälaturen mitwirken können, aber es spricht nicht davon, dass sie ihr angehören (CIC, c. 296)
2. Herranz wirkt ebenso wenig überzeugend mit seiner Versicherung, man dürfe das Werk nicht „als Entwicklungsstufe des kanonischen Standes der Vollkommenheit“ sehen, während wir alle die Thesen des Gründer und seiner Mitarbeiter kennen, die er am Kongress über Säkularinstitute geäußert hat (Vgl. im Original http://www.opuslibros.org/libros/Actas/Indice.htm sowie, auf dieser Webseite, die Schriftliche Stellungnahme von José Mará Escrivá zum Kongress der Stände der Vollkommenheit, Rom 1950), und während wir im internen Regelwerk in vielen Aspekten ein Plagiat der Mönchsregeln erkennen (und zwar, nach dem Urteil des Kardinals Rouco, der strengsten). Die Tatsache, dass es im Opus Dei Laien und Priester gibt, verwandeln sie nicht in eine hierarchische Struktur der Kirche und unterscheidet sie auch nicht von vielen anderen kirchlichen Institutionen, in denen es Priester und Laien mit einer eigenen, einheitlichen Leitung gibt. 4. Mir erschien es bedauerlich, dass Herranz, der Präsident des Päpstlichen Rates für die authentische Interpretation der Kanonischen Texte war, die gerechtfertigten und vernünftigen Einwürfe als „Vorurteile“ abqualifiziert, die von verschiedenen kirchlichen Seiten bei der kanonischen Umwandlung des Opus Dei vor dem 7. November 1981 erhoben wurde, an dem die Arbeiten der paritätischen Kommission abgeschlossen wurden, die diese Frage studierte. 5. Es erscheint überraschend, dass er versichert, dass nur 32 von den 2084 Bischöfen, denen man eine Erklärung über den Schritt zusandte, den man vorhatte, „gewisse Schwierigkeiten machten“, und dass er übergeht, dass die Zahl der Bischöfe, um die es hier geht, durchaus signifikant ist, denn es handelte sich mehrheitlich um spanische Bischöfe, und das bedeutet es handelt sich um einen sehr bedeutenden Prozentsatz jener Bischofskonferenz, in denen man mit der größten Erfahrung die pastorale Arbeit des Werkes betrachtet. 6. Ebenso erregt es meine Aufmerksamkeit, die Details dieses Vorgangs zu erfahren, denn er versichert, dass Johannes Paul II. vollkommen über die Vorgangsweise informiert gewesen sein soll, die die Kongregation für dei Bischöfe einschlug, während es doch im kirchlichen Milieu bekannt ist, dass verschiedene Prälaten sich beschwerten, dass sie nicht vorab informiert, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt worden waren, und dass der Papst den Präfekten der Kongregation gefragt habe: „Aber hat man sie denn nicht vorher gefragt?“ Schließlich erscheint es mir sehr auffällig, dass Kardinal Herranz sich über die Frage der Promulgation des Codex von 1983 und seine Verbindung mit der Apostolischen Konstitution „Ut sit“ auslässt, und dass er dabei übergeht, dass der anfängliche Versuch, die Personalprälaturen in das Kapitel über die hierarchische Verfassung der Kirche aufzunehmen, vom damaligen Präfekten der Glaubenskongregation und jetzigem Papst Benedikt XVI. vereitelt wurden.
3. Mir scheint auch nicht sicher, was Kardinal Herranz behauptet, dass die Personalprälatur die Form ist, die „die organische Struktur und die pastorale Hilfe dieser besonderen apostolischen Einheit sicherstellt, wie sie auch die harmonische Einordnung in die Seelsorge der universalen Kirche und der Teilkirchen garantiert“. In der Kirche existieren nämlich viele andere Formen, die diese organische Einheit von Priestern und Laien zeigen und die ihre pastorale Aufmerksamkeit sicherstellen. Und natürlich hat die Erfahrung gezeigt, dass die Errichtung der Prälatur keineswegs die Einordnung des Opus Dei in die Pastoral der Universalkirche und der Teilkirchen gefördert hat, sondern sie, wie heute viele Diözesanbischöfe beklagen, in jene kirchliche Tatsache verwandelt hat, die die weitest gehende Unabhängigkeit von der Autorität der Diözesanbischöfe genießt.
Schließlich und endlich wundert es mich nicht, dass eben diese Prälatur diese Information über eine Wortmeldung verschwinden ließ, die mir ziemlich verunglückt erscheint: Denn sie berührt Themen, die das Opus Dei nicht an das Licht der Öffentlichkeit bringen will, und zeigt bei einem der beiden Kardinäle des Werkes eine durchaus parteiliche Einstellung.