Segundo: Del Portillo, der Felsen einer glücklichen Familie (I)

6. Oktober 2014

Als ich wieder einmal „Der blinde Fleck“ von Daniel Goleman las, erinnerte ich mich an einige krankhafte Eigenarten, die Organisationen entwickeln können, die Identität als „glückliche Familie“  und das „kollektive Denken“.

Bei beiden wird die Realität geleugnet, in der sich eine Organisation befindet, und im Fall des Opus sieht man dies mit besonderer Klarheit. Es versteht sich dabei von selbst, dass es für Goleman den begriff, der im internen Jargon des Opus Dei „übernatürliche Sicht“ heißt.  Was auch immer das heißen mag, man braucht sie nicht, um das Phänomen Opus zu verstehen(1).

In diesem Zusammenhang weist Goleman auf ein Phänomen hin, das er „glückliche Familie spielen“ nennt. Es handelt sich um einen Mechanismus, bei denen alle Beteiligten sich dazu verschwören, geschehene Dinge zu leugnen und in einen Selbstbetrug zu verfallen, der sich früher oder später auf  schmerzliche Weise entlarvt.

Der kollektive Mechanismus der „glücklichen Familie“ wurde wie folgt beschrieben:

„Wir sind also eine glückliche Familie
Und haben untereinander keine Geheimnisse.
Und wenn wir nicht glücklich wären, müssten wir dies geheimhalten,

wir wären also unglücklich,
Und doppelt unglücklich, weil wir ein Geheimnis mit uns tragen.Aber wir sind eine glückliche Familie
und haben keine solchen Probleme.“

Kaum hatte Del Portillo sein Amt angetreten  (15.09.75), nannte er sich „Escrivás Schatten". Wenn man das wörtlich nimmt, hat er damit zugegeben, dass er im Dunkeln agiert, und mit dieser Erklärung ist seine Regentschaft klar charakterisiert – er hatte das ohnehin bereits Komplizierte noch weiter verkompliziert.

Wie viele Lügen, Heimlichkeiten, Heucheleien, Halbwahrheiten und Tarnungen  kommen in der Geschichte des Opus vor, denen die Del Portillo unterstützt hat?

Am offenkundigsten ist der Widerspruch zwischen der pastoralen Botschaft der „Heiligkeit inmitten der Welt“ und der tatsächlichen Lebensweise, die ein Numerarier oder eine Numerarierin auf sich nehmen. In diesem Zusammenhang behaupten die von Del Portillo vorgelegten Statuten des Opus Dei  Folgendes:

8. § 1. Numerarier nennt man jene Kleriker und Laien, die durch einen besonderen Ruf und eine besondere Gabe Gottes den apostolischen Zölibat einhalten (vgl. Mt. 19,11), die sich den besonderen apostolischen Unternehmungen der Prälatur mit allen Kräften und der größten persönlichen Verfügbarkeit widmen und gewöhnlich in Zentren des Opus Dei wohnen, um sich um jene apostolischen Unternehmungen anzunehmen und sich der Bildung der übrigen Gläubigen der Prälatur zu widmen.

§ 2. Die Numerarierinnen besorgen außerdem die familiäre Verwaltung aller Zentren der Prälatur, wobei sie allerdings an einem völlig abgetrennten Ort leben.

Man könnte dem neuen Seligen da gar nichts vorwerfen, wenn nur unter seiner Ägide die proselytistische Botschaft, die seine Vereinigung verkündete, im Einklang mit ihrer eigenen Statuten gestanden wäre.  Allerdings war hier, ganz im Gegenteil, sehr viel Heimlichtuerei im Spiel, die man mit voller Berechtigung einen Betrug genannt hat.

Durch „juridisch-moralische“ Nomen stärkte Del Portillo das Modell der „glücklichen Familie“, während man innerhalb des Opus völlig blind für die Anliegen seines Nächsten zu sein hatte. Darin zeigte sich eben das, was Goleman das „kollektive Denken“  genannt hat; ich werde darüber in einem weiteren Beitrag berichten.

Segundo