Segundo: Del Portillo, der Felsen einer glücklichen Familie (II)

20. Oktober 2014

Nachdem er die Pathologie einer „glücklichen Familie“ behandelt hat, analysiert Goleman in seinen stringenten Schlussfolgerungen das, was er das “kollektive Denken” nennt. Man muss, um genau zu sein, festhalten, dass Goleman dabei den Arbeiten von Irving Janis folgt.

Die Grundzüge, wie der Selbstbetrug in Organisationen abläuft, sind folgende: 1) die Illusion der Unverwundbarkeit; 2) die Illusion der Eintracht; 3) die Unterdrückung persönlicher Zweifel; 4) die „mentalen Leibwächter”; 5) Rationalisierungen; 6) die moralische Blindheit; 7) die Stereotypen...

 

Diese Unsitten formten Opus in der Ära Escrivás. Es ist aber nicht zu leugnen, dass Del Portillo weitgehend die historische Verantwortung dafür trägt, diese Verirrungen durch einen erschöpfenden, geheimen und kasuistischen Normenkatalog abgestützt zu haben.

Sehen wir, wie Goleman diese Richtlinien beschreibt.

1. die Illusion der Unverwundbarkeit

In dieser ersten Regel zeigt der Autor, dass das soziale Kollektiv eine Art Begeisterung darüber verspürt, zu einer Gruppe zu gehören, die machtvoll agieren und es beschützen kann und in der es eine maßlose Verehrung der Führergestalt gibt.

Del Portillo mobilisierte alle seine Kräfte, um Escrivá als „Propheten“ dastehen zu lassen, als eine der großen Gründergestalten der Kirchengeschichte.

Del Portillo war für die irrationale Verehrung des Gründers verantwortlich, ebenso vor wie nach dessen Tod.

2. die Illusion der Eintracht

Der Autor hebt folgende Überlegung besonders hervor: „Wenn die Gruppe eine Ansicht angenommen oder eine Entscheidung getroffen hat, ist es höchst wahrscheinlich, dass die Mitglieder meinen, dass sie recht haben. Wir können sie so bedeutende Persönlichkeiten irren?”

Wenn man im Opus einmal die höchste Heiligkeit des Gründers akzeptiert hat,gibt es keinen Platz mehr für abweichende Meinungen, nicht einmal für spontane Herzlichkeit.

Wenn man nun bedenkt, wie isoliert sowohl die Numerarier wie die Numerarierinnen leben, findet man die Begründung, dafür, wie sich die „Familie“ nach außen hin so völlig „kompakt“ zeigen  kann.

3. Unterdrückung persönlicher Zweifel

Im Opus haben die Zweifel damit ein Ende, dass man akzeptiert, dass die Leiter die Hilfe einer besonderen Standesgnade besitzen. Wenn also der Ratschlag, denn man von ihnen bekommt, von Gott selbst stammt, wer dürfte dann daran zweifeln?

4.  Die „mentalen Leibwächter”

Goldman beschreibt die „mentalen Leibwächter“ wie folgt: „Es ist eine Person, die die Aufgabe hat, alle Informationen fernzuhalten, die nicht den üblichen Schemata entsprechen“. Das beginnt mit der Geheimhaltung der Statuten und geht bis zum Ausschneiden von Bildern aus Zeitungen, Kontrolle der Lektüren und der Filme etc., alles wird zum Vorwand einer Kontrolle, damit die Fiktion eines Lebens im Sinne des Opus aufrechterhalten bleiben kann.

Die Leiter, die ihre Funktion tatsächlich im Forum internum ebenso wie im Forum externum ausüben, haben alle notwendigen Werkzeuge zur Hand, um das Amt eines „mentalen Leibwächters“ wirksam auszuüben.

5.  Die Rationalisierungen

Die Rationalisierung ist ein mentaler Mechanismus, der der Verteidigung dient und wie folgt abläuft: „Ein Großteil dessen, was man den Mitgliedern sagt, um zweifelhafte Vorgänge zu rechtfertigen, sind bloße Rationalisierungen, Geschichten, die zu dem einzigen Zweck erfunden wurden, Auffassungen zu rechtfertigen. Rationalisierungen dienen dazu, das Vertrauen in die Gruppe zu fördern und das ethische Gewissen zu beschwichtigen”.

Hat sich das Opus als Institution denn schon ein einziges Mal geirrt? Die Mehrzahl der Erklärungen, warum etwas nicht so läuft, wie es sollte, gleichen Märchen.

6. die moralische Blindheit:

Sie besteht …“in der impliziten Überzeugung, moralisch und rechtlich prinzipiell gut dazustehen, eine falsche Voraussetzung, die es möglich macht, dass die Mitglieder der Gruppe dazu tendieren, die moralischen Folgen ihrer Entscheidungen zu ignorieren. Sie rühren aus einem grundsätzlichen Credo, dass „wir gerecht und gut“ seien, und das ist nichts anderes als die Kehrseite der Unverwundbarkeit, die sich die Gruppe zugeschrieben hat” (l. c., S. 265).

Das ist ein besonders heikles Thema; es hängt mit den Bemühungen Del Portillos zusammen, den kollektiven Betrug mit den Berufungen zu decken.

7. Stereotypen

Der Autor nennt das „Stereotyp die unscharfe Brille, mit der eine Gruppe die andere betrachtet“ (l. c., S. 265-66).

Das Werk hält sich für original, einzigartig, vollkommen. Die Kirche, die Päpste und Bischöfe, die Priester und die religiösen Orden, nichts entgeht der hämischen Kritik, wie sie im Opus üblich ist.

Was Escrivá in seiner Institution eingeführt und was Del Portillo bestärkt hat, war die Ursache für das Leid zahlloser Menschen, für psychische und psychosomatische Erkrankungen und Selbstmorde. Ja, es gibt sogar diejenigen, die sich der Institution innerlich bereits entfremdet haben, ihrer „Formung“ aber weiterhin unbewusst unterworfen bleiben.

Schlussendlich kann man das, was sie tun, mit den Legionären Christi vergleichen. Der Priester Maciel hat Menschen auf abscheuliche und skandalöse Weise geschadet, aber glücklicherweise gelangten diese Missstände an die Öffentlichkeit, sodass die Opfer auch vom Vatikan wahrgenommen werden mussten.

Das Opus Dei hat, ganz im Gegenteil, im Augenblick noch das zweifelhafte Glück, dass das, was es anrichtet, noch nicht „greifbar“ ist, und zusammen mit dem vielen Geld, das sie einsetzen können, erhalten sie die Fiktion einer „glücklichen Familie“ aufrecht und sind bisher einer Intervention von Seiten des Heiligen Stuhls entgangen.

Segundo