Romano: Betet für mich

Montag, 23. Januar 2017

Liebe Freunde, ich kenne das Opus Dei. Sicher haben wenige von euch den hl. José María persönlich gekannt. Ich war damals Numerarier, zwischen meinem 14. und 17. Lebensjahr. Dann brachte es das Leben mit sich, dass ich in mein Heimatland zurückkehrte. Zwölf Jahre später habe ich als Supernumerarier gepfiffen. Ich muss gestehen, dass ich beim Lesen dieser Seiten viel Schmerz und wenig Freude gefunden habe. Ich glaube aufrichtig daran, dass es im Opus Dei bestimmte grundlegende Wahrheiten gibt, die sehr gut sind und die schon immer zur katholischen Kirche gehört haben. Aber ich denke, dass man das Opus Dei im Kontext seiner Gründung sehen muss, Spanien 1928, und dann ein konservatives Land unter der Regierung von General Franco, ein gespaltenes Spanien...

St. José María war ein Heiliger, aber trotzdem war er mir von Anfang an nicht sympathisch. Ich fand ihn sehr hart, sehr fordernd, aber trotzdem zog mich seine Spiritualität an. Man merkte, dass er einen starken Charakter hatte, er war überzeugend, und es kann keinen Zweifel geben, dass er ein Mann Gottes war, aber er war nie Gott und wird es nie sein. Mir ist sehr bewusst, dass der erste Fehler im Werk die übertriebene Verehrung des Gründers ist, seines Nachfolgers und des Vaters. Es gibt genug Leute, die im verborgenen Leben und viel, viel heroischere Taten vollbringen als unser Vater getan  hat.

Die zweite Wirklichkeit ist, dass das Leben im Werk, dass du Panikattacken bekommst und depressiv oder verrückt wirst wenn du das alles nicht mit ein wenig Augenzwinkern zu sehen vermagst. Man kann nicht das normale Leben eines normalen Menschen leben, und das gilt für alle Supernumerarier, aber auch für die Numerarier, die Assoziierten etc., mit all den Normen und Gewohnheiten. Man kann den Lebensplan unmöglich vollständig leben, das sind nur Regeln, im Zentrum steht das, was immer gilt, die Messe, der Rosenkranz, das Gebet. Das kannten die Katholiken immer schon, aber heutzutage muss man das an die Lebensumstände jedes einzelnen anpassen, und ich glaube, dass es für einen Laien, der Kinder hat und der nicht viel Geld hat, ein Wahnsinn ist, mehr als fünf Kinder zu haben. Wie sagte unser Vater, die Normen passen sich wie ein Handschuh an die Hand an. Wenn du perfektionistisch und skrupulös bist, wirst du krank.

Drittens die Einheit des Lebens. Leider verstehen die Mitglieder des Werks im Allgemeinen nicht die christliche Armut. In all den Jahren, die ich nun schon dabei bin, habe ich niemals in Kreisen oder Vortragen oder bei Konvivenzen etwas über die Christliche Soziallehre gehört. Ich komme aus einer Familie mit sehr guter katholischer Bildung, einer großen Familie mit vielen Geschwistern. Meine Eltern waren nicht vom Werk. und haben uns mit großer sozialer Gewissenhaftigkeit erzogen. In Wahrheit glaube ich heute, dass sich das Werk ändern muss und sich über die Versuchung des Geldes aussprechen muss. Man möchte mit dem Geld gute Apostolate durchführen und verliert viele Seelen dadurch, und viele führen ein Doppelleben. Mit der Ausrede, dass jeder an seinem Platz bleiben soll, propagieren sie eine Klassengesellschaft, und sie beruhigen ihr Gewissen damit, dass man mit dem Geld und der Macht die Gesellschaft verändern kann. Und wenn du nicht gut gebildet bist, ändert es dich, und man wird zu verlogenen Katholiken, die glauben, dass sie schon gerettet sind, wenn sie die Normen erfüllen und Apostolat machen. Ich richte sie nicht, ich richte das Werk, das nicht die starke Lehre der Kirche erteilt. Das soziale Thema ist nicht beliebig, es ist genauso wichtig wie das sechste und das neunte Gebot.  In diesem Sinn ist das Werk dafür verantwortlich, dass es verbildet.

Dann das Thema Sexualität: man muss das positiv lehren. Es gibt zehn Gebote, und wie unser Vater gesagt hat, die Reinheit ist erst das sechste. Man muss es in der Kirche von 2017 an seinen Platz rücken. Um in der Reinheit treu zu sein, muss man demütig sein, sagt unser Vater im Weg. Und dann sind wir stolz. Viele führen wegen des Geldes ein Doppelleben, sie sehen nicht mit Liebe auf das andere Geschlecht, sie sehen keine Kinder Gottes in ihnen, sondern bekommen Skrupel,. und wir wissen, dass das Verbotene attraktiv ist. Jesus sprach unter vier Augen mit der Samariterin, und er war Gott und wahrer Mensch. Das tat er zu einer Zeit, als es kulturell völlig undenkbar war. Man muss in der Welt sein, und wenn man wirklich verliebt ist – das hängt von en Lebensumständen jedes Einzelnen ab – wird man das nötige Feingefühl aufbringen, aber wie sagte meine heilige Mutter, man muss Gott für etwas so Wunderbares und Schönes wie meine Frau danken, so ist es in meinem Fall.

Ich denke, dass sich das Werk in einer grundlegenden Sache ändern muss, und das ist das brüderliche Gespräch. Man kann nicht die wilde Aufrichtigkeit verlangen und dann die Sünden anderer ausbreiten, und wenn die Absicht noch so gut ist. Wenn ein Priester das Beichtgeheimnis bei Strafe der Exkommunikation wahren muss, so haben die Laien so etwas nicht, aber ein Örtlicher Rat und ein Generalrat haben nicht die moralische Autorität, um über Menschen zu urteilen, die guten Glaubens ihre Spünden sagen. (Das ist übrigens ausdrücklich von der Kirche verboten, so wie es auch im Brief des Prälaten vom 2. 10. 2011 heißt, ganz im Gegenteil zu dem, was unser Vater im gesagt hat, dass es nicht notwendig ist, in der Aussprache Todsünden zu erwähnen). Deshalb ist das, was dem Gründungscharisma entspricht, noch nicht gut, und es kann dazu führen, dass Menschen manipuliert werden und schwere psychische Störungen davontragen.

Ich bin vom Werk, weil ich es von innen verändern möchte. Ich bin davon überzeugt, dass das Werk ein Werkzeug Gottes ist, damit wir heilig im Dienst der Kirche und der Seelen sein können. Die einzige Institution, die Jesus gegründet hat, war die Kirche, und das Werk ist ein Weg unter andren, das unser auf göttliche Eingebung gegründet hat. Aber wenn die getauften Katholiken tatsächlich ihr Taufversprechen einlösen würden, müsste es das Opus Dei gar nicht geben. Der Vater ist es nur in einem weiteren Sinn. Er muss das Werk im Einklang mit der Lehre der Kirche leiten. Das Werk besteht darin, wie getaufte Christen zu leben, nicht mehr und nicht weniger. Wir können weder Unseren Vater vergöttern noch Don Alvaro noch jetzt Don Javier.

Ein Thema, das mich sehr beschäftigt, ist der Gehorsam. Man kann nicht Ungeheuerlichkeiten aus Gehorsam begehen. Die Einheit besteht in der Vielfalt. Man muss viel beten, damit sich das ändert, was Schaden stiftet, und damit man das Gute begründen kann. Das Werk hat der Freude der ersten Zeiten verloren, und nur ein Werk, das sich der neuen Evangelisation aller gegenüber öffnet, kann das göttliche Werk realisieren, heilig inmitten der Welt zu sein. Und das Werk hat schlimme Fehler begangen. Es ist Zeit, die Dinge wiedergutzumachen, und schließlich sind ja auch viele Menschen bereits durch das Werk in den Himmel gekommen. Und dann kann  man im Werk nicht seine Gefühle zeigen. Die Einsamkeit ist etwas sehr hartes, und ich bin heute, als Supernumerarier, sehr einsam. Ich bin allein und sehr beunruhigt. Du ich habe tausendmal darüber gesprochen und sie hören mir nicht zu. Ich hoffe nur, dass sich das ändert, damit ich nicht ein zweites Mal gehen muss. Ich habe mehrere Brüder im Werk, und ich habe sie deshalb als Brüder verloren, und ich kann ihnen nicht sagen, weil sie mich nicht verstehen. Meinen Kindern habe ich immer die völlige Wahlfreiheit gelassen, keines von ihnen hat den Glauben verloren, sie gehen zur Messe, sie gehen zur Beichte, aber keiner geht zum Werk.

Ich will euch aber nicht auf den Wecker fallen. Bitte betet für mich. Ich schätze euch sehr und lese diese Seite oft; sie hat mir schon sehr geholfen zu verstehen, was sich alles ändern muss. Ich bete für euch.

Romano