Argentinien: Apostolische Arbeit im freien Fall (II)
Segundo, 24. November 2008
Liebe Freundinnen und Freunde!
Ich teile euch mit, dass ich vor einigen Tagen aus beruflichen Gründen in Madrid den Kontakt mit einem ehemaligen Numerarier aus Argentinien wieder aufgenommen habe. ich fragte ihn, ob ich niederschreiben dürfte, was er mir erzählte, und er hat mich dazu ermächtigt.
Erfreulicherweise bin ich aufgrund meiner Position in der Lage dazu. Als Beauftragter für das Apostolat der öffentlichen Meinung in Argentinien habe ich ein internationales Netz von Kontakten geknüpft, die mir nach meinem Weggang weitergeholfen haben (und nebenbei bemerkt, mein Nachfolger ist auch schon wieder gegangen. Argentinien hat in zwei Jahren zwei Sprecher des Werkes verloren: MAMBV und ELdP).
Auch PB ist gegangen, der Leiter des Zentrums Mar del Plata; die Stadt Posadas hat zwei Direktoren “verbraucht”; der bis vor kurzem “dienstälteste” Leiter in Córdoba hat geheiratet, und RD, der Leiter des Studienzentrums der Delegation von Rosario, hat das Boot verlassen; den Studenten haben sie erzählt, er sei auf Dienstreise, aber nach wenigen Tagen haben die Burschen durch ihre Freunde und Familien herausgefunden, was los ist; das hat ihnen gezeigt, dass die Leiter auch sonst lügen.
Der Argentinier erzählte mir auch, dass der uruguayanische Numerarierpriester ADG, der der geistliche Leiter der Delegation von Buenos Aires und danach der Geistliche Leiter der Regionalkommission von Uruguay gewesen war, die Schritte eingeleitet hat, um sich säkularisieren zu lassen. Außerdem sei in Buenos Aires ein Zentrum für ältere Numerarier geschlossen worden, dass im Studienzentrum (einem Riesengebäude) nur zwölf Studenten leben und dass es in allen Zentren für Numerarier und Numerarierinnen Platz gibt, weil viele gegangen sind.
JAV ist ein anderer Numerarierpriester, ein Spanier, der nach Argentinien gehen sollte und der jetzt in einem Ordenshaus lebt. Er widmet sich nicht mehr den Aufgaben, die ihm das Werk übertragen hat, aber seine „Brüder“ behaupten, dass er verrückt sei. Worin besteht seine „Verrücktheit“? Er widmet sich den Armen, indem er ihnen Arbeit gibt und sie in Asunción in Paraguay katholische Zeitschriften an Straßenkinder verteilen lässt; er schafft Freitische für Bedürftige und hilft armen Leuten, mit dem Betteln aufzuhören und eine würdige Beschäftigung zu finden. Seine Überlegung ist einfach: “Wenn die Vikare ihre Zeit damit vergeuden, mit den Reichen Tennis in deren Clubs zu spielen und in denen auch die Damen nicht wirklich dezent gekleidet sind (Ist das der richtige Aufenthalt für einen Priester und namentlich für einen Vikar?), so kann ich mich wohl den Ärmeren widmen, wie Johannes Paul II. uns anlässlich der Seligsprechung Escribas erinnert hat: Ist das Opus nicht unter den Armen von Madrid entstanden?” JAV wollte seine Inkardinierung in die Prälatur auflösen, aber der Prälat weigert sich seiner Bitte Folge zu leisten.
Etwas Ähnliches passierte mit dem Numerarierpriester EA aus Uruguay. Er wurde von einer Stadt in die andere versetzt (Mendoza, Salta, Asunción), und in allen hinterließ er Kapellen und Ausspeisungen in den Armenvierteln. Dann haben sie ihn nach Chile geschickt, und seitdem weiß man nichts mehr von ihm. Er hat niemals aufgehört, die Aufträge von Seiten des Opus zu erfüllen. Sein Fehler bestand darin, Geld für die Arbeit mit den Armen zu suchen, Kapellen und Versammlungsräumen in den gottverlassenen Vierteln zu schaffen und für die Diözese zu arbeiten (Ist das Opus wirklich eine große Katechese?)
DG, ein anderer Numerarierpriester, lebt in einem Zentrum eingesperrt, seitdem er in Buenos Aires ist. Er ist ein guter Philosoph, Autor verschiedener Bücher, und (wie andere auch) ehemaliger Professor der Universität vom Heiligen Kreuz in Rom. DG haben sie unter Drogen gesetzt, er gilt als psychisch krank. Stimmt dieser Kranke in seiner Weltanschauung nicht mehr mit der Weltanschauung der Prälatur überein?
Der ehemalige Numerarier aus Argentinien hat mir auch von anderen Ex erzählt, die vom uruguayanischen Psychiater ALP mit Psychopharmaka behandelt wurden, der im Numerariermilieu “Mengele” genannt wird, denn sein Ruf ist, dass er alle unter Drogen setzt, die seinen Weg kreuzen. Dr. A. P. wurde zum offiziellen Psychiater des Werkes für Lateinamerika ernannt, er fährt durch Kolumbien, Venezuela und Ecuador und setzt Numerarier, Supernumerarier und Leute aus dem Umkreis des Opus unter Drogen.
Besagter Dr. A. P. hat jahrelang illegal, ohne Lizenz, in Argentinien gearbeitet, indem er jede Woche von Uruguay herüberkommt (ein weiterer Punkt auf der langen Liste, wo überall Leiter und Fußvolk des Werkes um des Himmelreiches willen gegen zivile Gesetze verstoßen haben). Es scheint, dass jetzt zumindest in Argentinien ein medizinisches Kolleg in der Provinz seinen Titel anerkannt hat (dessen Chef übrigens ein leicht lenkbarer Supernumerarier ist). Dieses Kolleg ist hunderte Kilometer von Buenos Aires entfernt, der Stadt, in der sein vazierender Konsulent Dr. A. P. seinen Beruf ausübt, und obwohl diese Anerkennung ihn nicht dazu befähigt, seinen Beruf hier auszuüben, verleiht es ihm zumindest einen legalen Anstrich.
Dennoch haben die Leiter der argentinischen Regionalkommission jetzt einen anderen Arzt gefunden, der verschreibt, was Dr. A. P. angeordnet hat (das nächste Delikt). Vermutlich kassiert A. P. für diesen ganzen Sklavenmarkt von angeblich psychisch Kranken, und es bleibt ihm das doppelte wie anderen Kollegen, denn so wie er in keinem Land außerhalb Uruguays legal arbeitet, zahlt er auch in keinem Steuern, und er hält sich nicht an die Regeln gebunden, nach denen sich die Ausübung der Medizin allgemein richtet. Dr. A. P. meldet den Leitern regelmäßig alle Details über die “Patienten”, die er behandelt. Was ist mit dem Berufsgeheimnis? Die “normalen” Psychiater machen das nicht einmal mit den engsten Angehörigen ihrer Patienten; sie geben höchstens allgemeine Anweisungen, wie sie zu Hause zu behandeln sind.
Vae victis!
Ich habe mit meinem Freund, der (und zwar bis zum Schluss) “ganz nahe beim Vater” lebte und auf den sich mein früheres Schreiben vom 18. Juli bezogen hat, (Er ist aus Rom zurückgekommen, enttäuscht über alles und alle im Opus) darüber gesprochen, dass im Opus das Vertrauen gegenüber den Direktoren und sogar unter den Mitgliedern verschwunden ist. Der Argwohn hat das Vertrauen abgelöst ersetzt (falls es jemals vorhanden war).
Angesichts der schlechten Behandlung, der Denunziationen, der Verleumdungen, der psychischen Erkrankungen, der echten und derer, die die Leiter erfunden haben, um die Leute unter Drogen zu setzen, das Klima der Verdächtigungen, das diejenigen schaffen, die anschaffen, treffen immer mehr Numerarier und Assoziierte ihre wirtschaftlichen „Vorsichtsmaßnahmen“ für den Fall, dass sie gehen, und die Supernumerarier erzählen in der Aussprache ein erfundenes Leben, das mit ihrem realen nichts mehr zu tun hat.
Ein anderer Hinweis über den Grad des Misstrauens. Mein Freund kehrte aus Rom zurück mit der sicheren Nachricht darüber, dass die Zahl der Beichten von Mitgliedern des Opus bei Priestern des Opus zurückgeht (das bezieht sich auf die Statistik des Tätigkeitsblattes, das jeder Priester monatlich abliefern muss). Viele, sogar NumerarierInnen mit Leitungsaufträgen, beichten bei Priestern von auswärts; ich selbst habe vor einigen Jahren einen namhaften Numerarier, Direktor von St. Gabriel, aus dem Beichtstuhl der Jesuitenkirche in Madrid kommen sehen; für sich genommen wäre das noch wenig, aber viele Numerarierpriester halten es für eine Verletzung der Intimsphäre des Nächsten, wenn sie z. B. melden, wie viele NumerarierInnen gebeichtet haben, und machen entweder keine Statistik oder schreiben Zufallszahlen auf; andere, die Probleme vermeiden wollen, schreiben die ideale Zahl auf: Wenn es im Zentrum 10 gibt und der Monat 4 Wochen hat, schreiben sie 40 Beichten hin und ersparen damit den anderen Probleme.
In den Zentralstellen in Rom glaubt niemand, der halbwegs intelligent ist, noch an diese Zahlen, aber gegenüber den Untergebenen, einschließlich denen, die in Rom wegen spezieller Konvivenzen vorsprechen, spielt man Theater und nimmt die Ziffern ernst.
Die Verwundbaren
Wehe dem Numerarierpriester, der sich weigert zu denunzieren oder damit Schluss macht. Ich spreche von dem Priester, der Jesus und seiner Kirche treu sein will und nicht „dem Geist des Werkes“: der nichts über die Menschen, die ihm anvertraut sind, weiterträgt, den Direktoren das jeweils Neueste mitteilt; der dazu rät, dem Gewissen zu folgen und nicht den Ratschlägen, die man in der Aussprache bekommen hat; der sich weigert, die Beichte zu missbrauchen, um die Autorität der Leiter zu stützen; der nicht „zufällig“ in der Beichte auf die Hinweise zu sprechen kommt, die die Delegation oder der örtliche Rat für diesen Büßer als gemäß erachtet.
Ein solcher Priester wird diffamiert und kaltgestellt, man gibt ihm keine “wichtigen” apostolischen Aufträge mehr, mit denen sich Geld oder Berufungen oder beides lukrieren lassen; “Wieder einer, der alten Weibern die Beichte hört“, sagte ein Regionalvikar, der von Escribá ausgebildet wurde, und fügte hinzu: “steckt ihn in einen Beichtstuhl zu alten Weibern, damit er sich gut unterhält”). Und um ihn noch mehr bloßzustellen, sagt man allen vom Werk die man erreicht, dass sie nicht zu diesem Priester gehen, auch nicht um zu beichten (das hat allerdings nichts mit den internen Bestimmungen zu tun, dass die Mitglieder bei jedem beliebigen Numerarierpriester beichten können).
Ebenso wenig lassen sie es zu, dass sie dem Klerus der Diözese, in der sie arbeiten, nahe kommen, und noch viel weniger Bischöfen, die mit der Prälatur nichts zu tun haben. Ein solcher Priester wird nirgends mehr Unterricht oder Betrachtungen halten: “Er lässt sich mit den Leuten ein“, werden sie sagen. Sie werden ihn in kirchlichen Kreisen diffamieren. Sie werden mit allen Mitteln versuchen, ihn zum Psychiater zu bringen. Den Laien von außerhalb, aber auch Priestern und Bischöfen, wird man sagen, dass Don X krank ist, unter Depressionen leidet und das Haus hütet. Wenn ihn jemand in einem Beisammensein erwähnt, werden die anderen das Thema wechseln oder so tun, als hätten sie nichts gehört. Einige werden verschwörerische Blicke tauschen, die sagen „wir wissen, was los ist.“
Die DirektorINNen fertigen psychiatrische Gutachten über die an, die von ihnen abhängig sind, auch über Priester, ohne dass es ihnen zusteht oder dass sie Ärzte wären, verbreiten sie diese „Diagnosen“ nach den „Bedürfnissen des Werkes“, indem sie mit diesem unmoralischen Verhalten Verbrechen am Ruf des Nächsten begehen.
Vor einigen Jahren lebte ich in einem Zentrum mit einem beispielhaften Priester zusammen, der sich aber nicht unterkriegen ließ. Sie gaben ihm Aufträge, weit weg, Beichthören bei „einfachen Leuten“. Der Priester ging bei Tagesanbruch und kam in der Nacht nach Hause, der Direktor verfolgte ihn mit Grausamkeit: Er soll den Tagesplan einhalten, nicht während des Beisammenseins schlafen und dass er in der Stadt niemanden anruft oder trifft, auch wenn es alte Freunde oder die Eltern sind.
Als sich der betreffende Priester durch seinen Auftrag an der Peripherie Freunde schuf, beauftragte der Direktor einen Numerarier, der auch beruflich von ihm abhängig ist und den er deshalb unter Druck setzen konnte, die Freunde des Geistlichen zu besuchen und ihnen Dinge zu erzählen, um ihn in Intrigen zu verwickeln. Gott sei Dank schickten die Freunde des Priesters den Boten und seinen Auftraggeber zum Teufel; der Bote verließ dann selbst das Werk, ob der Priester noch dabei ist, kann ich euch nicht sage.
Wehe dem Numerarier, der Numerarierin, die nicht alles erzählen, was ihnen in der Aussprache anvertraut wurde! Oder wenn sie anständigerweise denen sagen, die mit ihnen reden: „Darüber erzähle mir nichts, das geht mich nichts an.“ Diesen Numerarier würden sie kaltstellen. Er könnte sich dann mehr seinem Beruf widmen, bis ein Erleuchteter seines Zentrums oder der Delegation auf die Idee kommen könnte, er sei der nicht losgelöst genug von seinem Arbeit, ihn daran hindern, sie weiter auszuüben, und ihn ins materielle und psychische Elend stürzen.
Wehe dem Supernumerarier, der Supernumerarierin, die nicht alle Intimitäten preisgeben, die ihres Partners, die ihrer Kinder, ihrer Arbeitskollegen, ihrer Freunde, die bei der Schilderung ihres Berufs nicht ins Detail gehen, auch bei Dingen, die unter die Amtsverschwiegenheit fallen. Sie werden ihn fallen lassen, und sollte er in einem Korporativen Werk arbeiten, so wird er diese Arbeit verlieren.
Geld
Im Opus verwendet man das Geld, und das ist das Eigentliche, was sie interessiert, auch, um Menschen zu manipulieren. Die Numerarier, die den Wünschen der Institution entsprechen, leben auf großem Fuß: Autos, teure Sportarten, Reisen, Kreditkarten, Anlagegelder, die sie selbst verwalten durften; wem das Opus vertraut, dem schanzt es berufliche Verbindungen und Kontakte „nach oben“ zu – weil sie treu sind. Denen, die „nicht entsprechen“, bleibt nicht einmal die alte Wäsche. Sie behindern sie im Beruf; sie besuchen seinen Chef, der mit dem Werk gar nichts zu tun hat, und warnen ihn vor einem „illoyalen“ Menschen mit eigenartigen Verhaltensweisen. Wenn ihn die eigene Familie materiell oder emotionell unterstützt, schicken sie sie in eine andere Stadt.
In diesen Wochen veranstalten sie eine Hexenjagd, um die zu erwischen, die außerhalb der Zentrumskassa ein Sparbuch haben, aber, wie Escriba sagte, „auf freiem Feld kann man keine Türen anbringen. Wenn ihr ein Auto wollt, kauft es euch; meldet es auf den Namen einer alten Tante an und hinterlegt bei einem Notar, dass das Auto euch gehört.
Nach den Ansprachen von del Portillo 1989 in Spanien, als er alle Delegationen der Männer und Frauen (natürlich getrennt) in Molinoviejo versammelte, haben nur in einer der Delegationen von Madrid, mehr als 40 Numerarier, bewegt durch die Predigt von Don Alvaro, die Schlüssel der Autos abgeliefert, die ihnen gehörten, und erwiesen sich dadurch als vertrauenswürdige Freunde. Ich hoffe, dass heutzutage die Leute drinnen etwas vorsichtiger sind.
(Es gibt heutzutage eine andere, besondere Hexenjagd: Sie versuchen diejenigen einzuschüchtern, die Opuslibros kennen [die spanischsprachige Schwesterseite von Opusfrei], allein schon die Seite zu kennen bedeutet „Untreue“)
Die Aussprache
Damit sich das Opus ändert, muss einmal das brüderliche Gespräch, die Aussprache mit den Leitern verschwinden. Die Aussprache ist und kann niemals ein Mittel der geistlichen Leitung sein, wie ich euch schon einmal gesagt habe. Tatsächlich ist es ein Mittel, Macht und Information über die Menschen zu gewinnen. Im Katechismus des Werkes sagte man früher hinsichtlich der Aussprache, “die Mitglieder müssten offenlegen, mit welchem Geist sie arbeiten”, heute sagt man, sie müssen „über ihre Arbeit Rechenschaft ablegen“. Wer Ohren hat zu hören, weiß, dass damit alle Aspekte der Arbeit gemeint sind, nicht nur der Geist, in der man sie verrichtet. Um im Opus anerkannt zu sein, muss man alles erzählen, und wenn man das brüderliche Gespräch verrichtet, dann gilt weder die natürliche Diskretion etwas noch ein Berufs- oder Amtsgeheimnis, auch wenn die Hinweise des Prälaten das Gegenteil sagen. Der “Geist des Werkes” steht über den Geboten, der Moral, der Lehre der Kirche.
So wissen beispielweise die Regionalvikare (und Wissen ist Macht), wenn es Bischöfe oder Diözesanpriester gibt, die bei einem bestimmten Psychiater in Behandlung sind oder Krebs haben. So erfahren auch die Kommissionen und Delegationen über wirtschaftliche Bewegungen: Zum Beispiel, in welche Papiere man investieren sollte und von welchen man sich besser trennt, und ob man die Rechnungen im Moment besser in Euro oder in Dollars begleicht. Denn die Direktoren kennen die Innenverhältnisse der oberen Zehntausend… Im Opus ist das Weitertragen von Informationen, die im vertraulichen Gespräch empfangen wurden, notorisch.
Beispiele
Als ich in einer Delegation in Spanien arbeitete, ging eine Notiz nach Argentinien durch meine Hände. Es handelte sich um Folgendes: Der Historiker LS (Supernumerarier) fuhr nach Chile, um einen Kurs an der Opus-Universität Los Andes zu halten. Die aus Argentinien wollten LS auch an ihrer Opus-Uni, Austral, hören. In der normalen Arbeitswelt wäre es an dieser Stelle üblich, anders als in der geheimniskrämerischen, mafiosen Welt des Opus, sich direkt an den Professor zu wenden, den man einladen möchte. Aber nein, im Opus wendet man sich an die internen Vorgesetzten, in dem Fall eben die des Universitätsprofessors, mit dem man einen Vertrag abschließen wollte. Die Antwort, die durch meine Hände ging, lautete: “Wir sehen es als unpassend an, dass ihr L (S) (der Familienname war “aus Diskretion” auf einem Extrazettel), einladet, denn er ist sehr erschöpft”. “Wir sehen es als unpassend an”, das heißt im Klartext, ladet ihn nicht ein. Durch wie viele Hände mag diese Mitteilung gegangen sein? Hat der Professor jemals von dem Plan erfahren, ihn nach Buenos Aires einzuladen? Hat ihn jemand gefragt, ob es ihn interessieren würde, nach Buenos Aires zu gehen? Hatte der Professor ein Interesse daran, dass seine Erschöpfungszustände überall herumerzählt werden, oder hat er es nur im vertraulichen Gespräch erwähnt in der Meinung, dass seine Äußerung den Raum nicht verlassen würde? Hat man sich auf diese Weise an dem Professor gerächt, weil er sich mit diesem Argument für irgendeine kulturelle „Aktivität“ der Delegation entschuldigte und ihm deswegen die Reise nach Buenos Aires gestrichen? Wir werden es nie erfahren.
Was wir sehr wohl wissen, ist, dass die Supernumerarier “völlig frei in ihrer Berufsausübung“ sind”, wie Escribá blökte. So täuscht man die Leute. Dass die Weitergabe von Informationen keine vereinzelten Indiskretionen sind, sondern von der Institution selbst betrieben werden. Dass sie straflos die beruflichen Chancen von Menschen zerstören. Dass man den Direktoren gefallen muss, um beruflich weiterzukommen, das heißt, man muss bereit sein zu petzen, zu lügen, ein ständiges Doppelleben zu führen und ihnen immer Recht zu geben. Dass es Mitglieder des Werkes mit hervorragenden beruflichen Qualifikationen gibt, die wegen „Erschöpfung“ oder „aus asketischen Gründen“ oder was auch immer an der kurzen Leine gehalten und darüber selbst niemals aufgeklärt werden.
Ein anderer Fall, der mich betroffen gemacht hat, war, dass ein Mitglied des Opus einen Lehrauftrag an einer öffentlichen Universität hatte, die nichts mit der Sekte zu tun hat. Einige Professoren seiner Abteilung schlugen vor, Jacinto Choza einzuladen. Der vom Opus erzählte die Geschichte zuhause, und er erhielt den Hinweis, dieses Projekt abzudrehen, denn Choza war „gefährlich“. Der Betreffende „setzte alle Hebel in Bewegung und kippte “mit heiliger Frechheit“ den Plan. Vor seinen Direktoren konnte er in diesem Punkt nicht „versagen“; das Risiko war zu groß, dass er selbst in die Kategorie der „Gefährlichen“ abrutscht.
Ich weiß auch von einer Ex-Supernumerarierin aus Mexico, die häufig nach Madrid kommt. Sie gehört einem kulturellen Gremium des Vatikans an, in dessen Leitung sich ein Numerarierpriester befindet. Er bekam den Hinweis, sie aus diesem Gremium zu entfernen, weil sie „nicht mehr von Zuhause“ sei. Aus diesen Institutionen kann man nur wegen “ehrenrührigen Verhaltens” entlassen werden oder wenn man Auffassungen vertritt, die der katholischen Lehre entgegen stehen. Arme Frau! Ist sie jetzt des Ehebruchs angeklagt oder der Häresie?
Informationen
Ich möchte euch mitteilen, was mir begegnete, als vor einigen Monaten Bischof Javier Echevarria die erwähnte Katechese über die Familie abhielt. Ich fühlte Wut und Trauer; nicht weil ich mit etwas anderem gerechnet hätte, sondern weil sie unverbesserlich sind. Die Familien zerstören sie, beispielsweise mit ihrer „Bildung“, dem psychologischen Druck, den sie auf ihre Mitglieder ausüben und auf alle in ihrer Umgebung, häufig auch mit ihren Ratschlägen, wie viele Kinder man haben und wie man sie erziehen soll. Was ist mit denen, die man ermuntert hat, “großzügiger zu sein, und die jetzt fünf, sieben elf oder vierzehn Kinder haben und nicht weiter wissen; und derjenige, der ihnen diesen Rat gegeben hat, Priester oder Laie, wäscht sich die Hände in Unschuld und sagt, “du hast dich frei entschieden, diese Kinder zu haben, beklage dich nicht ”.
Die Familien, von Echevarría so hochgepriesen, werden von den örtlichen Räten abgefummelt, Eltern und Kinder in ihrer Intimität von der Direktion der Opus-Schule belästigt; ungestraft werden die intimsten Angelegenheiten, auch von Personen, die mit dem Werk nichts zu tun haben, erörtert. Im internen Jargon nennt man das “über die Leute sprechen”, “abarbeiten”; die einen reden ständig über die anderen. Die Leiter und Professoren des Schulen reden über die Schüler und ihre Familien; die örtlichen Räte, Delegationen, Regionalkommissionen und Assessurien reden über die Lehrerinnen, SchülerInnen, die Kinder von St. Rafael und ihre Familien, über die Mitglieder der Prälatur und ihre Umgebung.
So wurden Denunziation und Verleumdung im Opus institutionalisiert. Alle wissen über die Lüge Bescheid, dass man spricht, um es “zu begraben”, und auf welche Form das geschieht: Notiz, mündliche Anmerkung, Ermahnung, brüderliche Zurechtweisung, und sei es auch deshalb, weil sie sie beneiden, weil sie schlecht mit ihnen stehen oder weil sie ihren Aufstieg in der Prälatur behindern.
Über die anderen zu tratschen ist notwendig, wenn man seine privilegierte Position oder einen Leitungsauftrag behalten möchte (und das bedeutet Auto, Reisen, Luxussportarten, klimatisierte Hotelzimmer, Dinners in exklusiven Lokalen, und vor allem müssen sie sich nicht selbst erhalten: Die Prälatur zahlt für ihre Ausgaben). Die örtlichen Räte haben einen Plan, aus dem hervorgeht, über wen bei jedem Treffen gesprochen wird, und alle Teilnehmer an dem Treffen werden durch eine kurze Notiz vorab informiert.
Die Mitglieder des Opus können sich ganz sicher sein, dass die Themen, über die sie im “vertraulichen Gespräch” reden, nicht vertraulich behandelt werden, sondern im besten Fall von 12 bis 15 Personen behandelt werden, manchmal auch von mehr. Klar, es kommen Hinweise vom Prälaten, dass über den Inhalt des „vertraulichen Gesprächs“ nicht geredet werden darf – das ist aber eine Lüge!
In anderen Fällen informieren Ärzte wie der erwähnte A. P. die Regionalleitung über ihre Patienten, und diese Informationen werden niedergeschrieben und in zahlreichen Treffen erörtert. Wer also jemanden aus dem Umkreis des Opus kennt, soll ihn auf Distanz halten – das ist mein Rat nach vielen Jahren drinnen und einiger Erfahrung, die ich danach draußen gewonnen haben.
Von den örtlichen Räten und Delegationen „erfließen“ (sie „sehen“ es im Gebet) die „Anregungen“ und Ratschläge, zum Beispiel, wie die SupernumerarierInnen mit ihrem Partner umgehen sollen. Man kann sagen, dass sich die Direktoren und der Priester zu den Supernumerariern und Supernumerarierinnen „ins Bett legen“.
Sie liefer Informationen und Kommentare über Supernumerarier und Supernumerarierinnen ab: dass der Mann trinkt, die Frau verrückt ist (für einige von ihnen, Priester wie Laien, sind Frauen generell verrückt, und sie sagen es ganz locker), dass N. sich mit Pornofilmen „inspiriert“, dass die Frau eines anderen ihn „betrügt“ und heimlich Verhütungsmittel nimmt; dass sie unfruchtbar sind; dass der Mann impotent ist; dass sie einen schwulen Sohn haben, dass er sich mit der Nachbarin eingelassen hat oder umgekehrt, mit vollem Namen der Betroffenen; dass sie in den Pfarrer verliebt ist (mit vollem Namen des Betreffenden) etc. etc. Die Obsession für sexuelle Fragen geht bis hin zur Pornographie; denn wenn es um das „Wohl des Werkes“ geht, ist es gut. Das Wohl der Seelen, der Kirche, nein: Das wäre verwerflich. Das „Wohl des Werkes“: magische Worte, mit denen jede unmoralische Handlung gedeckt wird.
Wenn die Ehe glücklich ist, dann deshalb, weil sie dem Geist des Werkes treu waren; wenn das Gegenteil der Fall ist, dann deshalb, weil sie zu wenig gebetet und sich zu wenig abgetötet haben, weil du nicht erzählt hast, dass deinem Partner gewisse Liebkosungen vor dem eigentlichen Akt wichtig sind. – So weit geht die Aufrichtigkeit!
Die sexuellen Obsessionen sind typisch für das Opus (und die Sekten, Scientology zum Beispiel). Es ist eine Art, perverse Beziehungen zwischen zum Leiter zu schaffen und Personen in Abhängigkeit zu halten. Die Würde der Person zählt nicht. Sie handeln so aus der blinden, irrationalen, unnatürlichen und unchristlichen Überzeugung, “für das Wohl des Werkes zu arbeiten”. Manchmal versteigen sie sich dazu zu sagen, sie handeln “für Gott”, “mit dem Blick auf Gott”, aber so wie es die Nazis meinten: Gott mit uns!
Ich mache weiter, wenn sie mich nicht zum Schweigen bringen
Salvador