Doserra:  Eingeschriebene Mitglieder - das Opus Dei regiert außerhalb des kanonischen Rechts

Mittwoch, 14. Juni 2006

Ich hätte nie gedacht, dass das Thema der Eingeschriebenen Mitgliederz so viel hergibt. Auf jeden Fall scheint mir die Art und Weise, wie das Opus Dei diese Institution in seinen Statuten festgelegt hat, ein gutes Beispiel für die rechtliche Art und Weise zu sein, in der seine Behörden in Bezug auf die Hierarchie von Kirche und an die Mitglieder der Institution selbst arbeiten. Nun, es stimmt zwar, dass sie sich, wie Ana Azanza sagt, auf das Gesetz berufen, wenn es ihnen passt, um ihr tatsächliches Handeln zu verschleiern, aber es kommt auch vor, dass sie sich in anderen Angelegenheiten unter dem Vorwand, eine Familie zu sein, über das Gesetz hinwegsetzen. Und das ist sehr gefährlich, denn die Legalität, obwohl sie nicht das Wichtigste ist, schützt die Rechte der Menschen vor den Missbräuchen der Herrschenden.

Die Behörden des Opus Dei waren nicht daran interessiert, dass diese Besonderheit ausdrücklich in den Statuten erscheint, weil sie sich nur schwer in eine Institution mit einer rechtlichen Grundlage einfügen lässt: Wie soll man das verstehen, dass einige Laien die Mehrheit in der Elite einer juristischen Institution bilden, bei der jedoch nicht klar ist, ob sie ihr tatsächlich angehören oder ob sie nur organische Mitarbeiter sind? Da die Eingeschriebenen Mitglieder  jedoch in Wirklichkeit weiterbestehen, mussten die Statuten ihre Existenz heimlich rechtfertigen, indem sie sich darauf beschränken, zu erwähnen, dass die Direktoren der Zentral- und Regionalregierungen (die der Delegationen sind ihnen in dieser Hinsicht gleichgestellt), die Kongressabgeordneten und die Kustoden aus jenen Numerarieren ausgewählt werden müssen, die „sich besonders der Führung oder Ausbildung verschrieben haben“.

Nr. 13 der Statuten erwähnt lediglich diejenigen  Numerarier, die „sich bestimmten Aufgaben der Leitung oder der Bildung widmen“. Das betrifft jedoch nicht automatisch die geweihten Priester; diese sind jeoch nicht a priori Eingeschriebene Mitglieder, obwohl sie die gleichen Verpflichtungen wie die übernehmen müssen, die unten erwähnt werden.

Aber obwohl an dieser Stelle nicht von einem besonderen Status die Rede ist, sondern von einer besonderen Form der Widmung, stellen die Eingeschriebenen Mitglieder in der tatsächlichen Funktion des Opus Dei eine formelle Kategorie dar, für die es eine eigene Eingliederungszeremonie gibt, bei der Verpflichtungen in Bezug auf Armut, Einheit und Loslösung von den Ämtern.  übernommen werden.

Darüber hinaus behandelt der Katechismus des Opus Dei, der theoretisch die Erklärung der Statuten sein sollte, ganz offen, was dort, in Nr. 13, nur ganz verschleiert erwähnt wird:


49. –Alle Numerarier des Opus Dei haben dieselbe Funktion im Werk?

Alle Numerarier des Opus Dei haben dieselbe Funktion im Werk, aber einigen sind als berufliche Arbeit bestimmte Bildungsaufgaben anvertraut, und sie können zu Eingeschriebenen Mitgliedern ernannt werden.

Aus den Eingeschriebenen Mitgliedern der unterschiedlichen Regionen werden die Kongressteilnehmer oder Elektoren ernannt, die an den Generalkongressen teilnehmen Die männlichen Elektoren haben außerdem aktives Wahlrecht und, wenn sie Priester sind, auch das passive Wahlrecht für die Wahl des Prälaten.


Diese Agieren im Verborgenen ist sehr verbreitet bei der Prälatur. In Fragen, die so entscheidend sind wie die Offenlegung des Gewissens vor den Leitern, die Vertraulichkeit dessen, was in der Aussprache behandelt wird, die Handhabung der Finanzen bei den NumerarierInnen und Assoziierten, die Trennung zwischen externem und internem Forum, die Kommunikationsfreiheit zwischen den Mitgliedern, die Achtung der Autonomie der Mitglieder in ihren weltlichen Angelegenheiten, die freie Wahl des Beichtvaters und des geistlichen Leiters usw., Opus Dei wird in der Tat von einer Reihe geheimer interner Regeln geregelt, die nie von der Kirche überprüft oder genehmigt wurden und die manchmal weder öffentlich noch veröffentlicht sind, da sie in ihren Zentren unter Verschluss gehalten werden und nur den Direktoren der Institution zugänglich sind. Diese „Normen“ werden hinter verschlossenen Türen als Erklärung des Charismas und der von Rom approbierten Statuten präsentiert, aber sie entsprechen bei weitem nicht dem genehmigten kanonischen Rahmen des Werkes, und außerdem sind sie auch nicht als kanonische Normen im formalen Sinne formuliert.

In wesentlichen Dingen hat die Seelsorge der Personalprälatur höchst merkwürdige Gewohnheiten hervorgebracht, die sogar gegen das Gesetz der Kirche verstoßen. Und wenn die Gläubigen die Zulassung zum Werk beantragen, werden sie niemals transparent über solche Gewohnheiten informiert. Darüber hinaus sind die Statuten selbst normalerweise unbekannt, da sie nur in Latein verfügbar sind, den Gläubigen keine Übersetzung zur Verfügung gestellt wird und ihr Inhalt normalerweise nicht direkt erklärt wird.

Das Opus Dei spielt ein doppeltes Spiel; hinsichtlich seiner Normen ist es gespalten und unaufrichtig. Auf der einen Seite sind ihre Normen oder „internen Kriterien“ – gesammelt in einer Vielzahl von „geheimen“ Bänden – diejenigen, die das wirkliche Leben ihrer Gläubigen prägen, mit Vorschriften, die manchmal ernsthaft im Widerspruch zu den universellen Canones der Kirche und zu den Grundrechten der Gläubigen stehen. Andererseits wird diese einzigartige „Disziplin“ auf totalitäre und autoritäre Weise auferlegt, was der Institution einen sektiererischen Unterton verleiht, der der kirchlichen Gemeinschaft fremd ist, da diese Missbräuche institutionell praktiziert werden, als wären sie „göttliche Gebote“ des Gründungscharismas.

Das Opus Dei ist nicht das, was es vorgibt zu sein. Aus diesem Grund gibt es nicht wenige, die Gott aufrichtig und in ganz säkularer Gesinnung zu dienen suchen und sich bald enttäuscht fühlen, sobald sie in eine ganz andere Lebensweise gedrängt werden, und zwar im Namen des Willens Gottes; dazu kommt die „Täuschung“, ihnen – als ernsthafte moralische Pflicht – einen grenzenlosen Gehorsam einzuflößen, dem es an einem klaren und stabilen kanonischen Rechtsrahmen mangelt.

Für viele ist das Opus Dei eine doktrinär sichere, „traditionalistische“ und konservative Institution im Innern der Kirche. Aber die Realität sieht ganz anders aus: Seine pastorale Praxis weicht von der authentischen Tradition der Kirche ab, und das erklärt, dass andere das Werk als „Kirche in der Kirche“ wahrnehmen, da sie außerhalb der Vorschriften handelt, die die Hierarchie verfügt hat, und da sie dieses doppelte Spiel auch gegenüber der Kirchenleitung spielt. Daher ist auch die Verfehlung, die wir hier anprangern schwerwiegend: Die erteilte Approbation durch den Heiligen Stuhl wird dazu missbraucht, eigenmächtige Handlungsweisen zu decken, und zwar ohne das Wissen und gegen den Willen der Kirche. Dies ist ein betrügerischer Missbrauch, der den Seelen großen Schaden zufügt und die kirchliche Gemeinschaft ernsthaft untergräbt.

Mit freundlichen Grüßen

Dosera