E. B. E.: Das Werk als Offenbarung

 

5. Januar 2005 

 

Es ist wichtig, denen, die den Wunsch zeigen, um die Aufnahme in das Opus Dei zu bitten, ganz klar zu sagen, dass sie nicht zum Berg Tabor gehen, sondern zum Kalvarienberg.“
(Wort des Gründers, zitiert von Alvaro del Portillo im Brief vom 9.1.1993)

 

Die Offenbarung als Ursprung 

Man stellt das Werk zuerst in Frage, weil man widersprüchliche Elemente entdeckt, weil man Bedenken hat, und nachdem man viel Zeit damit verbracht hat, bleibt ein einziges Problem übrig: Was ist das? Was ist sein wirklicher Sinn? Die Frage nach dem „Wesen“ des Werkes führt weiter zur Frage nach seinem Ursprung, nach seiner Entstehung und seiner Erhaltung, seinem Lebenszweck. Und ich glaube mich nicht zu irren wenn ich sage, dass sich das ganze Wesen des Werkes um ein einziges großes Element dreht: An erster Stelle ist es die Autorität Escrivás, die da etwas offenbart, und erst an zweiter Stelle kommt die  Autorität der Kirche, die dies ratifiziert.

Das Problem dieser „Offenbarung“ besteht darin, dass sie Aspekte hat, die durchaus fragwürdig sind, und andere, die zumindest unglücklich formuliert sind. Und da es von dieser letzteren Sorte viele gibt, wird man fragen dürfen, ob das auf die Rechnung der „Autorität, die offenbart“ geht, oder auf die Kappe Escrivá. Darüber hinaus muss man sich auch noch fragen, welche Basis eine Berufung hat, die nur auf einer Autorität beruht, die Zutreffendes und Unzutreffendes offenbart. Genauer gesagt, er wiederholt Offenbarungen aus der Heiligen Schrift, er offenbart „eigene“ Inhalte, die sich auf Stellen aus der Schrift stützen und die dazu geführt haben, Menschen auf sklavische Art zu unterwerfen. Die  Offenbarung des Gründers präsentiert sich zwar als Offenbarung, die befreit, in Wahrheit aber macht sie abhängig.

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Das Werk entstand und entfaltete sich mit der Zeit aufgrund seines angeblich göttlichen Charakters, der von einer angeblichen Privatoffenbarung Gottes an Escrivá abgeleitet ist, einer Offenbarung, die die Kirche heute implizit öffentlich unterstützt, wenn sie zuerst die juridische Approbation erteilt und dann den Empfänger einer solchen Offenbarung heiligspricht.

Deshalb habe ich meine Zweifel, ob die Kirche tatsächlich nur das, was schriftlich niedergelegt ist, approbiert hat, wie Melqui in einem seiner letzten Beiträge meint. In gewisser Weise hat er wohl recht, aber die juridische Anerkennung war auch wie das Trojanische Pferd, und das Werk funktioniert auf eine andere Weise, als es das schriftlich dokumentiert hat.

So denke ich, dass die Kirche die „Offenbarung” Escrivás noch nicht anerkannt hat, wie sie es etwa bei der Erscheinung in Fátima getan hat. Darin besteht das Hauptproblem, denn auf der „Offenbarung”  basiert die gesamte Autorität des Werkes und seines Gründers; dass nämlich Gotte dem Gründer seinen Willen offenbart hat, „das Werk” zu gründen, und das wurde von einer Person durchgeführt: Escrivá.

Der Rest ist vergleichsweise bedeutungslos: ob die Statuten auf Lateinisch sein müssen oder nicht, ob der Gründer das recht hat den Numerarierinnen zu verbieten Hosen tragen oder nicht, ob er einen autoritären Charakter hatte oder nicht, ob die Art, wie im Werk die Armut gelebt wird, in Ordnung ist oder nicht etc. Alles das ist einer grundsätzlichen Frage untergeordnet, die aber gar nicht gestellt wird: War es der Wille Gottes, dass Escrivá so gegründet hat, wie es ist. Auf diesem Axiom baut das gesamte Prestige des Werkes auf, und dass rechtfertigt auch, warum es keine Selbstkritik gibt. Das Werk hat dieses Atout, dass alles sticht, jeden „Gegner“, der die Willkürlichkeit oder die Moralität irgendeines Aspekts der Institution in Frage stellt. Das Werk hört die Kritik nicht, weil es auf dem Thron seiner göttlichen Rechtmäßigkeit sitzt und sich, solange es dort thront, unverwundbar fühlt. 

Von daher rührt sein „Überlegenheitskomplex“ und sein bemerkenswerter korporativer Hochmut, er ihn daran hindert, Irrtümer und Fehler zuzugeben.

Tatsächlich sprach der Gründer immer „im Namen Gottes“, oder zumindest hielt er sich für einen Herold Gottes, was ja legitim sein mag, wenn er ein begründetes Zeugnis abzulegen hätte. Aber in seiner „Offenbarung” gibt es Elemente, die zumindest fragwürdig sind. 

Meiner Meinung nach approbiert die Kirche nicht nur einige „Schriften“ von juridischem  Charakter wie die Regel des heiligen Benedikt; es approbiert damit auch eine Institution, deren angeblicher Ursprung eine Offenbarung Gottes an Escrivá ist, der gesagt hat, dass er gar nicht „der Gründer von etwas“ sein wollte (und damit hat er die These gestützt, in der Gründung habe sich der „Wille Gottes“ durchgesetzt). 

Alle anderen Gründer von kirchlichen Institutionen – meiner beschränkten Kenntnis nach – hatten den ausdrücklichen Wunsch diesen, diesen ihren Orden, diese Kongregation zu gründen, gemäß einer Privatoffenbarung, aber niemals als Ausdruck eines dogmatischen „Willens Gottes“, durch den Er durch Escrivá zu den Menschen gesprochen habe (vgl. Hebr. 1,2). Während die Regel des heiligen Benedikt approbiert werden musste – es handelte sich um einen von Menschen  verfassten Text – so hat Escrivá – zumindest implizit – das „Wort Gottes“ empfangen, das sich den Menschen offenbaren wollte… Das aber macht Angst, vor allem wenn man die Fehlentscheidungen oder verunglückten Wendungen in Betracht zieht, die der Gründer „im Namen Gottes“ von sich gegeben hat, und wegen so vieler Praktiken in der Leitung des Werkes, die „im Namen Gottes“ geschehen.

Dann erhielt die Prälatur die adäquate juristische Form, um die angebliche „Offenbarung” abzustützen. Mit dieser Anerkennung im Rücken besitzt das Werk ein Fundament, das übernatürlich beglaubigt und unveränderlich ist. Das Werk kommt sich allmächtig vor und fühlt sich, wie die Kirche selbst, bestimmt, bis ans Ende der Zeiten zu überdauern: „Ich bin überzeugt, ja, ich habe die moralische Sicherheit, dass das Werk bestehen wird, solange es Menschen auf Erden gibt“ (Vom Gründer, Betrachtungen III, S. 201) 

Wir könnten jetzt sagen, dass die Kirche auf eine gewisse Weise „verpflichtet“ war das Werk anzuerkennen, wenn sie dem Willen Gottes gehorsam und keine Probleme mit „Ihm“ bekommen wollte, ähnlich wie die jungen Berufungen ja zum Werk sagen müssen, wenn sie keine Probleme mit Gott bekommen wollen. Das war und ist die Art, wie das Werk andere erpresst: Es setzt sich selbst an die Stelle Gottes.

Mit der Rechtsfigur der Prälatur hat sie nur die juristische Art gesucht, diesen angeblichen Willen Gottes umzusetzen. Hinter der juristischen Approbation steckt eine weitere, die die Kirche noch viel stärker kompromittiert. 

Die Kirche könnte sich damit rechtfertigen, dass sie nur das approbiert hat, was ihr schriftlich vorgelegt wurde. Aber auf die gleiche Weise könnte man die Genehmigung eines Kirchenbaus an einer Stelle, an der die Jungfrau Maria erschienen sein soll, als stillschweigende Approbation eben dieser Erscheinung verstehen. Die juristische Approbation des Werks impliziert, dass man auch das Fundament für wahr hält, auf dem das ganze Werk aufbaut: dass es der ausdrückliche Wille Gottes und seines Gründers, seines treuen Werkzeugs, war. Wenn es dann noch Zweifel gibt, kann man ja auch darauf hinweisen, dass diese Person heiliggesprochen wurde. Aus diesem Grund erscheint diese Heiligsprechung besonders konfliktträchtig und skandalös.

Die Kirche hat nicht nur einfach einige „Schriften” approbiert: Sie hat implizit die Glaubwürdigkeit Escrivás unterstrichen, der den Willen Gottes „offenbart” hat, der im Werk konkretisiert ist. Dementsprechend müsste die Kirche sich nun ausdrücklich zu einigen ganz konkreten Gegebenheiten im Werk aussprechen. 

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Der Ursprung, den das Werk für sich in Anspruch nimmt, war keine „menschliche Initiative“, sondern wurde von Escrivá als „göttliche Initiative dargestellt, und das war die ultima ratio für alle und jede einzelne Schrift, die dem Vatikan präsentiert wurde.

Tatsächlich hat man immer mit Nachdruck versichert, dass die Institution nicht auf der menschlichen Versammlungsfreiheit beruht, sondern dem göttlichen Willen entspricht, Berufungen zu schenken. In diesem Sinn stellt sich das Werk neben die Schar der ersten zwölf Apostel, die von Christus auserwählt wurden (und nicht selbst Christus auserwählt haben). So ist das Prestige des Werkes, so wie es das selbst bekräftigt, höhe als das jeder anderen Gruppierung, die sich als Zusammenschluss von Menschen versteht. 

Damit es aber nicht als Zusammenschluss von Menschen erscheint, bedarf es notwendigerweise einer Offenbarung, es muss einen „Ruf Gottes“ geben, klar und direkt, über den man sich nicht im Unklaren sein kann, wenn man ihn einmal vernommen hat.

Deshalb besitzt der „Ruf“, den eine Berufung in jede andere Institution der katholischen  Kirche empfängt, nicht dieselbe „theologische Qualität“, die dem Werk eigen ist, sie haben mehr mit einer persönlichen „Neigung“ zu tun, der Antwort auf einen Vorschlag: der Ruf enthüllt sich dem eigenen Gewissen, es ist eine subjektive Erfahrung. 

Im Unterschied dazu kommt im Werk der „Ruf“ von außen, er ist „objektiv“, überzeugend, über jeden Zweifel erhaben, unabweisbar, und es drohen schlimme Sanktionen, wollte man „Gott zurückweisen“. 

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Auch heute ist diese Unwiderlegbarkeit etwas, das für das Werk typisch ist, sie stützt sich auf das ekklesiologische, soziale, juristische und moralische Prestige, das es von der Kirche empfangen hat, und dieses Prestige basiert allein auf einer Offenbarung, deren einzige Quelle Escrivá ist.

Dieses Prestige erfreut sich einer gewaltigen Beharrlichkeit, und es ist sehr schwer sie in Frage zustellen, denn jeder Widerspruch stemmt sich scheinbar auch gegen die gewaltige offizielle Unterstützung, die das Werk hat.

Das Werk basiert auf der Autorität Escrivás. Es geht nun darum zu fragen, worauf diese Autorität beruht: nicht auf seiner Person, sondern auf dem, was er offenbart. 

Es stellt sich für uns allerdings so dar, dass diese Offenbarung „kontaminiert“ ist. 

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„Der Herr hat uns von Ewigkeit her erwählt, er hat uns bei unserem Namen gerufen. Nicht wir haben Ihn erwählt, sondern Er hat uns erwählt, zu einem ganz bestimmten Auftrag: das Opus Dei, Sein Werk auf Erden zu verwirklichen (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. V, S. 261). 

Wenn das ganze Werk auf der Autorität Escrivás beruht, der eine Offenbarung mitteilt, so finde ich die Grundlagen dieser „göttlichen Berufung“ und dieser  „göttlichen“ Institution ziemlich brüchig. Nicht aufgrund eines angeblich göttlichen Ursprungs, der nur der Köder für alle war, sondern aufgrund einer menschlichen, oft auch nur allzu  menschlichen Entscheidung schienen so viele Berufungen „von Gott von Ewigkeit her“ berufen zu sein und fanden sich als Opfer eines Betrugs wieder.

Wie erklärt das Werk angesichts der erschreckend hohen Ausfallsquoten, der hohen Zahl von Personen, die sich vom Werk betrogen fühlen, die „Göttlichkeit“ seiner Berufungen – aber auch seine eigene Verantwortung? 

Anders wäre es (und wäre es gewesen), wenn sich das Werk als „menschliche Initiative“ präsentiert hätte, ohne weitere Ansprüche zu stellen, als das Ergebnis einer spirituellen Unruhe. Es hätte in diesem Fall auch Möglichkeiten gegeben, die Irrtümer zu verstehen und den Kurs zu korrigieren. Aber aufgrund des Postulats, einen „göttlichen Charakter“ zu besitzen, widerstrebt das Werk einer genauen Analyse seiner Eigenarten.

Wenn das Werk menschlich ist, dann kann man seine Irrtümer, Schwächen und den Schaden verstehen, den es bei anderen verursacht. Aber sein Anspruch, göttlicher Natur zu sein, macht die Existenz von Irrtümern, Schwächen und Schäden, die es an anderen verursacht, unerklärbar. Und es wird immer lächerlicher, wenn man angesichts offenkundiger Fakten, die gegen seine „göttliche Natur“ sprechen, diesen Anspruch aufrecht erhält. 

In der Kirche unterscheidet man wiederum die menschlichen und die göttlichen Aspekte der Institution, und das erklärt auch die Widersprüche, die hier mancherorts zu bemerken sind. Aber das Werk lässt diese Unterscheidung nicht zu. Ganz im Gegenteil, nicht wenige seiner Irrtümer warden als Teil der angeblichen “Offenbarung” betrachtet. Nehmen wir als Beispiel die Verkündigung des Gründers, der im drohenden Ton erklärt, dass auf denjenigen, der außerhalb des Werkes  Hilfe sucht, der „Abgrund“ warte (Brief, 28-III-1955, Nr. 19).

Es ist so sehr von der Göttlichkeit dieser „Offenbarung” überzeugt, dass es den Evangelien bedenkenlos widerspricht und sie den Bedürfnissen seiner Lehre anpasst. Und eben deshalb beginnt der vermeintlich göttliche Glanz des Werkes abzublättern.

Ein gewaltiges Problem entsteht, wenn die ehemaligen (aber auch die aktiven) Mitglieder gewahr werden, dass sie nicht nur durch die Leitung des Werkes, seine Lebenspraxis, sondern auch im Glauben betrogen worden sind, durch das Werk, aber auch durch die Kirche, die das Werk unterstützt und approbiert hat. Wenn das Werk im Namen Gottes gesprochen hat, ohne dass Gott gesprochen hätte… so ist das ein Problem. Denn die Kirche hat implizit nicht nur für einige juristische Weichenstellungen grünes Licht gegeben.

Zumindest ist es undenkbar, dass Gott viele von den Dingen, die das Werk behauptet und die wesentlich zu seinem Selbstverständnis als Institution gehören, gesagt haben soll. Hat also Gott einige Dinge gesagt und andere nicht? Welche Teile des Werks als „Offenbarung” sind apokryph, welche sind authentisch? 

In den Anfängen des Christentums unternahm man die nötige Anstrengung zu unterscheiden, was inspiriertes Gut sei und was nicht. Als das einmal festgelegt war, konnte man nicht mehr zurück, denn das hätte eine Beständige theologische Unsicherheit hervorgerufen. Oder anders ausgedrückt, die Möglichkeit, eine einmal als fest angesehene Wahrheit zu hinterfragen, hätte die Verwundbarkeit dieser Lehre aufgezeigt.

Nun gut, das Werk hat von Anfang an festgelegt, was offenbarte Wahrheit und was optional ist (übrigens ist das nur ganz wenig). Der Gründer selbst hat die Lehre als unveränderbar und nicht diskutierbar vorgelegt. Diese Lehre war das, was wir geglaubt haben… bis es sich als unerträglich herausstellte. Das war der Moment, als viele begannen kritisch nachzufragen, was als Offenbarung erschien. Nunmehr ist die Frage: Gab es überhaupt irgendetwas, das geoffenbart wurde?

Es ist nur schwer vorstellbar, dass Gott die Existenz des Werkes, wie wir es kennengelernt haben und wie wir es heute kennen, gutheißt. Es ist schwer vorstellbar, dass Gott die „besondere Lehre“ des Werkes unterstützt, die es Offenbarung präsentiert und die dem Werk einen „göttlichen Charakter“ verleiht.

Einige könnten sagen, dass man Dinge, die der Gründer gesagt hat, auch weniger rigoros auslegen könnte. Aber man die Dinge nicht so interpretieren, wie es gerade in die Konjunktur passt, denn der Gründer selbst wollte diese Rigorosität auf seine Worte angewendet wissen. Und mit der gleichen Strenge, mit der er von der göttlichen Erwählung für das Werk gesprochen hat, hat er auch die verdamm und bedroht, die das Werk verlassen haben. Wenn man seine im heiligen Zorn ausgestoßenen Verdammnisurteile heute schaumgebremst auslegt, muss man das ganze Werk in Watte packen, denn dann wäre die Berufung zum Werk nicht ganz „so göttlich“ und das Werk nicht unmittelbar von Gott selbst geschaffen worden.

Aber durch dieses geänderte Konzept verliert das Werk, es gibt seinen Anspruch auf Transzendenz auf, die ihm jetzt anscheinend das Privilegium verleiht, sich nicht beurteilen lassen zu müssen. 

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Einwände gegen die offizielle Lehre 

 

 

Es sind zumindest vier Elemente, die dem Werk eine übernatürliche Basis und damit eine besondere, wenn nicht exklusive Autorität verleihen. Diese vier Elemente sind allerdings ziemlich angreifbar, wenn man sie im Detail analysiert.

Am Rand dieser Beobachtungen muss man auch darauf hinweisen, dass sich das Werk immer besonders auf das Kirchenrecht berufen hat, denn auf diesem Gebiet hat es sich die Approbationen erkämpft, die es benötigte, um sich als Körperschaft frei zu bewegen. Hinter dem sorgfältigen Bemühen, eine ordentliche juristische Lösung zu erreichen, verbirgt sich also eine zweite Doktrin, die höchst fragwürdig ist.

 a.- Der offenbarte Ursprung 

Zunächst einmal muss man den „offenbarten Ursprung“ des Werkes zurückweisen.

Ich kenne keine Institution der Kirche , die auf gleiche Weise in ihren göttlichen Ursprung verliebt wäre. Die religiösen Orden waren von Gott „inspiriert“, aber sie sind niemals von ihm gegründet worden. Eine „Gründung“ innerhalb der von Ihm gegründeten Kirche hätte nicht viel Sinn, weder theologisch noch vom rationalen Standpunkt aus. Indem Er die Kirche gegründet hat, hat Er schon „alles“ gegründet. Der Rest sind „Inspiration“, „Initiative“, „Vorgangsweisen“. Aber es gibt keine Notwendigkeit mehr, etwas im eigentlichen Sinn zu „gründen“, außer es wäre ein grundsätzlicher Wechsel notwendig, wie etwas der zwischen dem Alten und dem Neuen Testament. Jesus Christus hat schon „sein Werk“ gegründet, die Kirche. Sich dieselbe göttliche Position anzumaßen ist ein Akt von außerordentlicher Arroganz, ein Vorgang von äußerster Verwegenheit.

Es ist deshalb nicht abwegig, sich das Werk als eine „Neugründung“ der Kirche zu denken, die eine Auswahl trifft von dem, was es an der bisherigen Kirche für „besser“ hält und die dies in einer neuen Institution zusammenfasst, von der es behauptet, dass sie von Gott „gegründet“ worden sei (und das muss das Werk notwendigerweise, damit es der Mutterkirche an Würde gleichkommt. Nur wenige Schritte führen von einem solchen Ausgangspunkt zu einer Karriere in das Machtzentrum der Kirche.

Escrivá spürte die Versuchung, die moralische Schwäche, die intellektuelle Unsicherheit, den „grausamen Zweifel“, dass das Werk seine Erfindung sein könnte, eine Vorspiegelung seiner Fantasie, mit der er, ohne es zu wollen, andere betrog. In diesen Augenblicken war seine unmittelbare Reaktion, sich mit Einfachheit und Demut an Gott zu wenden und ihn zu bitten und zu bedrängen: „Herr, wenn das Werk nicht dazu da ist, um Dir, um der Kirche zu dienen, zerstöre es! Zerstöre es augenblicklich!“ Und immer war die unmittelbare Folge ein Gefühl von unaussprechlichem Frieden und von Freude, wie eine Bestätigung, dass es nicht „sein“ Werk, sondern das Werk Gottes war.“ (Der Mann von Villa Tevere, Kap. 15).

So erzählt es eine seiner Hagiografinnen, die den Akzent darauf legt, dass das Werk „von Gott“ ist, und diese Version wurde von Escrivá ständig wiederholt, als ob er sagen wollte: Wenn jemand etwas gegen das Werk hat, so soll er es sich nur mit Gott ausmachen!“

Als am Morgen des 2. Oktober 1928 diese und die anderen Glocken der Madrider Kirche „Unserer Lieben Frau von den Engeln“ läutete und ihr Lobgesang zum Himmel stieg, empfing Josemaría Escrivá de Balaguer in seinem Herzen und in seinem Geist den Samen des Opus Dei» (Alvaro del Portillo, zitiert in „Der Mann von Villa Tevere, Kap. 16.), und er gab damit zu verstehen, dass es sich um eine direkte Befruchtung durch den heiligen Geist gehandelt habe, wie es bei Maria der Fall gewesen ist. Die literarische Parallele des Bildes ist schlagend, einschließlich der beteiligten Engel. Und es ist nicht nur ein poetischer Topos: Im Werk hat diese Vorstellung einer „jungfräulichen Empfängnis“ des Opus Dei, ohne menschliches Zutun, einen dogmatisch-doktrinellen Gehalt, der unter der sehr schweren Verpflichtung bindet den „Willen Gottes“ zu erfüllen).

Was geschah an jenem 2. Oktober? Es ist keine Aufzeichnung von diesem Datum erhalten. […] Ein Manuskript vom 2. Oktober 1931 besagt: „Heute vor drei Jahren bekam ich die Erleuchtung über das ganze Werk, während ich diese Aufzeichnungen durchlas. Bewegt kniete ich nieder […]. An diesem Tag gründete der Herr Sein Werk“ (Das Iter juridicum, Kap. I). Wieder ist hier die stillschweigende Parallele zur Verkündigung, die Alvaro del Portillo oben angedeutet hat.

Die Autoren des „Iter juridicum“ setzen noch eins drauf: „Das Werk, das Opus Dei, entstand nicht als das Ergebnis der Initiative eines Priesters in seiner spirituellen Unruhe, sondern es ist das Ergebnis eines Eingreifens Gottes in die Geschichte“ (Das Iter juridicum, Kap. 3). Ein Eingreifen Gottes in die Geschichte! Wie die Menschwerdung Christi.

Aber auf welchem Fundament basiert eine solche Behauptung, wenn sie glaubwürdig sein soll? Ein einziger Mann hat Zeugnis abgelegt, und noch dazu über sich selbst („Wenn ich über mich Zeugnis ablegte, wäre mein Zeugnis nicht gültig“ Joh. 5, 31). Die Nachfolger des Gründers haben nichts anderes getan als das Zeugnis zu wiederholen, das der Gründer über sich gegeben hat.

Wenn man vom Augenblick der Gründung spricht, der Stunde Null des Opus Dei, gibt sich Escrivá außerordentlich zurückhaltend, als ob die Nähe zu Gott, die er erfahren durfte, ihn  selbst gar nichts anginge, oder als ob eine äußerst schamhafte Zurückhaltung ihn daran gehindert habe. Als ob die Intimität mit Gott, die ihm gestattet gewesen war, ihn jetzt nichts mehr anginge. Oder wenn eine äußerst feinfühlige Scham ihn daran hinderte, den Schleier von bestimmten Mitteilungen, Gnaden und Gaben wegzuziehen, die er umsonst empfangen hatte“ („Der Mann von Villa Tevere, Kap. 17).

Bemerkenswert ist, dass diese Zurückhaltung in nichts der Autorität entspricht, die dem Gründer aufgrund dieses Ereignisses gewährt wurde und die ihn angeblich gleichzeitig zu einer solchen Zurückhaltung antrieb. Es liegt da ein gewisser Widerspruch, und es sieht eher wie eine Machtstrategie aus.

„In Zukunft und für immer wird sich jede Neugier, jegliches Interesse daran, wie das Werk entstanden, wie es gegründet wurde, mit einer völlig lakonischen Erklärung zufrieden geben müssen. Eine schlichte Silbe: Er sah. Am 2. Oktober 1928 sah Escrivá de Balaguer das Opus Dei. […] Als Escrivá diesen Ausdruck gebrachte, wollte er damit genau das sagen, was er sagte. Nicht: Ich habe es verstanden – ich habe es gesehen. Nicht: Ich habe geglaubt– ich habe es gesehen. […] In einem bestimmten Moment, als ich diese Aufzeichnungen durchsah, sah ich nicht diese Notizen, ie ich vor Augen hatte, sondern dass Gott wollte, dass ich das Werk  sah, so wie es bis ans Ende der Zeiten sein sollte“ (Der Mann von Villa Tevere, Kap. 17).

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Einer der „kanonischen“ Texte, in denen der Gründer die Göttlichkeit des Werks enthüllt, befindet sich in  den sogenannten „Instruktionen“, gleichsam inspirierten Gründungsschriften. In einem dieser  Texte heißt es:

Ich möchte drei  Überlegungen mit eine  Brandzeichen in eure Seelen  eingravieren:

1) Das Werk Gottes kommt, den Willen Gottes zu erfüllen. Deshalb habt die tiefe Überzeugung, dass dem Himmel daran liegt, dass dies hier sich verwirkliche.

2) Wenn Gott, unser Herr ein Werk zugunsten der Menschen beginnt, denkt er zuerst an die Menschen, die Er als Werkzeug gebrauchen möchte... und Er teilt ihnen die notwendigen Gnaden zu .

3) Dieses übernatürliche Überzeugung von der göttlichkeit unsere Unternehmens wird euch eine zu einer starken Begeisterung und Liebe für das Werk führen, sodass ihr euch sehr glücklich fühlen werdet euch dafür aufzuopfern, dass es sich verwirklicht“ (Instruktion, 19-III-1934, Nr. 46-49).

Es handelt sich nicht um eine „gute Idee“. Das Werk, das Escrivá gegründet hat, ist zu nichts weniger gekommen als „den Willen Gottes zu erfüllen“. Das Werk ist keine menschliche Initiative, es ist eine unmittelbare Schöpfung Gottes, wofür Escrivá Zeuge war.

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 b.- Die göttliche Berufung 

Gott hat uns erschaffen, er hat uns gebildet und uns zurechtgeschliffen, wie es der Berufung zukommt, di er uns vorher, von aller Ewigkeit her, zugedacht hat“, schreibt Alvaro del Portillo in seinem Brief vom 19. März 1992.

Der zweite Einwand geht gegen die Natur der Berufung, denn Escrivá „offenbart“ sie als transzendent für die Person selbst und für die Institution als solche, eine Berufung, die Gott „von Ewigkeit her“ gewährt hat, während sich diese „Berufung“ de facto als etwas völlig Kontingentes zeigt: Es sind die Direktoren, die die Berufung zu- und auch wieder absprechen, wann und bei wem sie wollen.

Werdet niemals schwankend! Von nun an sage ich euch — und ich kenne eure persönlichen Probleme nicht, aber die Seelen sind einander auf erschütternde Weise ähnlich, auch wenn sie unterschiedlich sind — dass ihr eine göttliche Berufung habt, dass euch Jesus Christus von Ewigkeit her berufen hat. Er hat euch nicht nur mit dem Finger gewunken, sondern er hat euch auf die Stirn geküsst. Deshalb leuchtet euer Haupt für mich wie ein Stern“ (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. V, S. 399)

Wie konnte er all dies sagen? Aufgrund der Vision, die er hatte, in der ihm Gott, wie er sagte, es ihm gezeigt habe. Es gibt keine andere Grundlage.

Wie Retegui sehr schön gesagt hat (Lo teologal... cap 10) „muss man gut unterscheiden, was eine Antwort auf einen ausdrücklichen Anruf Gottes ist, so wie Er Moses, die Apostel oder den heiligen Paulus berufen hat, und was andererseits mit dem gewöhnlichen Namen „Berufung“ bezeichnet wird, nämlich die Annahme einer Lebensform in einer Institution, die einen Ruf voraussetzt“.

Wenn der Gründer von einer göttlichen Berufung spricht, um sich auf die Berufung zum Werk zu beziehen, so versichert er, dass die Grundlage dieser sogenannten Berufung die gleiche sei wie bei dem Ruf, der an die zwölf Apostel ergangen sei, nicht mehr und nicht weniger. Und tatsächlich wendet er sich an die Heilige Schrift, um Gott Worte in den Mund zu legen, von denen wir allerdings keinen Beweis haben, dass Er sie in Zusammenhang mit der Prälatur Opus Dei gesagt habe.

Vergesst nicht, meine Kinder, dass wir keine Seelen sind, die sich mit anderen Seelen zusammentun, um etwas Gutes zu bewirken. Das ist viel... aber es ist zu wenig. Wir sind Apostel, die eine gebieterischen Befehl Jesu Christi ausführen“ (Vom Gründer, Instruktion, 19.III.1934, Nr. 27).

Das ist der große Unterschied zu einer Vereinigung: Es ist der direkte Eingriff Christi, der beruft.

„Von nun an sage ich euch […], dass ihr eine göttliche Berufung habt, mit der euch Jesus Christus von Ewigkeit her berufen hat. Er hat euch nicht nur mit dem Finger gewunken, sondern er hat euch auf die Stirn geküsst“. (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. V, S. 399).

Deshalb benötigt die Berufung zum Werk keine „Probezeit“ (vgl. Retegui, Kap. 10): „Es ist Christus selbst, der ruft“, wie bei den Zwölfen. Und das ist nicht nur eine Metapher: Innerhalb des Werkes ist das eine dogmatische Wahrheit.

Keiner der Apostel musste etwas interpretieren: Christus erschien ihnen und berief sie, jeden  einzeln. Und so klar sei die auch die Berufung zum Werk, behauptet sein Gründer. Und so gesehen ist es sehr wahrscheinlich, dass sich das Werk als Korporation aus eben diesem Grund den anderen Institutionen der Kirche überlegen fühlt, bei denen die Berufung „normaler“ und nicht „übernatürlich“ ergeht.

Ich weiß sehr gut, meine Kinder, wie der Weg aussieht, den ihr erwählt habt, nach der Wahl, die der Herr selbst unter euch getroffen hat. Denn non vos me elegistis, sed ego elegi vos („Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“. Joh. 15,16). Ihr habt euch nicht den Weg ausgesucht. Ihr habt dem Ruf Gottes entsprochen, indem ihr gesagt habt: ecce ego quia vocasti me! („Hier hast du mich, weil du mich berufen hast“. 1 Kg. 3,6)“ (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. I, S. 287). Das Eigenartige ist dabei allerdings, wie sich jetzt zeigt: Wenn die Berufung von Gott ist, wie kann es dann sein, dass so viele nicht ausharren? Wie kann  es dann sein, dass das Werk selbst Berufungen wegschickt, wenn sie doch „göttlich“ sind? Kann es sein, dass Gott so schlecht auswählt? Vielleicht hat die Berufung doch nicht diesen „göttlichen Charakter“, wie das Werk behauptet?

„Viele von euch haben gesehen, wie man ein Siegel in Siegellack taucht. Zuerst erhitzt man die Masse, und dann taucht man den Prägestempel ein, indem man ihn mit leichtem Druck aufsetzt. Auf ähnliche Weise hat es der Herr mit uns gemacht, indem er uns in sein Werk berufen hat. Er hat uns auserwählt vor Erschaffung der Welt, er hat uns vorbereitet, indem er uns alle notwendige Hilfe zuteil werden hat lassen, er hat tausend kleine Umstände in unserem Leben eintreten lassen, mit unendlicher Liebe, damit wir eines Tages unsere Berufung entdeckten“ (A. del Portillo, Brief vom  9.1.1993, Nr. 5).

Dieser „Determinismus“ des Werkes hinsichtlich der Berufung, der ihr einen angemessenen göttlichen Charakter verleihen soll, kontrastiert neuerdings sehr mit der konkreten Wirklichkeit. Man stelle diesen „göttlichen Charakter“ in Relation mit der gewaltigen Anzahl von Personen, die nicht durchgehalten haben. Das zeigt, wie wenig Wert das Werk auf die einzelne Berufung legt, oder besser gesagt, es lässt zu, dass Personen ohne Berufung beitreten, oder es kümmert sich nicht darum, ob sie Berufung haben (immer vorausgesetzt, dass es überhaupt eine „göttliche Berufung zum Werk“ gibt).

Fassen wir zusammen: Entweder ist die Berufung göttlich, dass begeht das Werk eine enorme Zahl an Ungerechtigkeiten, indem es Berufungen, die Gott gegeben hat, „aussortiert“, oder die Berufung ist nicht göttlich, sondern eher eine spirituelle „Neigung“ zu dieser Institution, was aber der „Offenbarung“ des Gründers widersprechen würde..

In jedem Fall ist das Werk ein Anstoß für den Glauben vieler Menschen, ein Grund, warum sich nicht wenige von der Kirche abgewandt haben.

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c.- Die Strafe Gottes 

Mein Sohn, überzeuge von nun an und für immer, überzeuge dich, dass der Ausstieg aus dem Boot [dem Werk] den Tod bedeutet. Und um deshalb im Boot zu bleiben, muss man das Urteil aufgeben. Es bedarf einer großen Mühe der Demut: sich hinzugeben, sich zu verbrennen, ein Ganzopfer darzubringen (Betrachtung „Zur Ehre Gottes leben“, 1972).

„Du, mein Sohn, hast kein Recht dich abzuwenden, deine Seele in Verdammnis zu bringen oder zumindest in die große und unmittelbare Gefahr, sie zu verlieren. […] Du hast kein Recht, dich vom Werk zu lösen (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. II, S. 179-180)

Das dritte, dem widersprochen werden muss, sind die unheilvollen Prophezeiungen des Gründer über die, die die Institution verlassen haben, als welchen Gründen auch immer (der Gründer macht hier keine Unterschiede).

„Wenn jemand vom Wege abkommt, bleibt ihm eine schreckliche Reue zurück: er wäre völlig unglücklich. Sogar Dinge, die den Menschen ein gewisses Glück bedeuten, werden für jemanden, der seine Berufung aufgegeben hat, bitter wie Galle, scharf wie der Essig, widerlich wie Rizinusöl“ (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. III, S. 389).

Wer dem Werk beitritt, ist also nach Aussage des Gründers „verdammt“ darin zu bleiben, wenn er nicht zum Feuer der Hölle verdammt sein will.

Wenn eine Seele unter gewissen Umständen eine besondere Medizin benötigt – um es so zu sagen – mehr Sorgfalt, wenn sie rasch einen geeigneten Ratschlag« sucht, eine intensivere geistliche Leitung, so darf sie diese nicht außerhalb des Werkes suchen. Wer sich anders verhielte, würde freiwillig den guten Weg verlassen und in den Abgrund gehen“ (Brief, 28.3.1955, Nr. 19)

Neben diesen Prophezeiungen steht das Verhalten, das die Institution selbst denen gegenüber an den Tag legt, die das Werk verlassen, indem es sie Judas nennt: „Wir fühlen es wie einen Riss in der Seele, wenn jemand in der Berufung nicht ausharrt. Es lässt uns leiden, aber nicht schwanken. Jesus Christus selbst musste diese bittere Erfahrung machen, im Verrat des Judas“ (Alvaro del Portillo, Brief 19.3.1992). Die gleiche Logik ließe sich auch auf ihn selbst anwenden, denn viele Personen fühlten sich vom Gründer und seinen Nachfolgern verraten, weil sie sie belogen und sich von ihnen abgewandt haben, mit der Heuchelei des Judaskusses. 

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d.- Der Kult um den Gründer 

Der vierte Vorwurf, der zu machen ist, ist der Kult um die Person des Gründers, die er selbst mit allen Kräften gefördert hat.

„Ebenso wenig dürfen wir auf die Sorgfalt vergessen, die Gott uns gegenüber aufwendet, der uns viel mehr liebt als alle Mütter der Welt ihre Kinder“ (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. VI, S. 51)

„Ich liebe euch wie alle Mütter der Welt zusammen, alle gleich, vom ersten bis zum letzten“ (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. V, S. 24).

Wieder ist der Rang sehr eindrucksvoll, den sich der Gründer selbst verleiht: Seine Liebe entspricht der Summe der Liebe aller Mütter der Welt; er steht näher bei Gott und auf jeden Fall über jeder Mutter. Es ist ein missglückter Vergleich. Aber wir haben daran geglaubt, denn die „Einheit der Offenbarung” verlangte, alles zu glauben. Denn in dem Augenblick, in dem man etwas in Zweifel zog, begann der lange oder kurze Weg zum Ausgang.

Wenn man seiner Mutter das Leben auf ganz besondere Weise verdankt, so „verdanken“ wir dem Gründer wesentlich mehr: das ewige Heil.

Wenn ihr nicht durch meinen Kopf geht, wenn ihr nicht durch mein herz geht, habt ihr den Weg verloren, dass gehört ihr nicht zu Christus“ (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. IV, S. 354). Und wenn er das sagt, spricht er nicht von der Notwendigkeit einer spirituellen und pastoralen Einheit. Er sagt etwas, das die Grenzen der Rechtgläubigkeit bei weitem überschreitet.

Man fragt sich, was er damit sagen möchte – „ihr gehört  nicht zu Christus“? Ihr seid nicht in der Gnade Gottes? Es wäre zumindest seltsam, unter dieser Bedingung nicht in der Gnade Gottes zu sein und nicht zu Christus zu gehören. Was soll also diese dogmatische Erklärung – denn es ist viel mehr als eine bloße Redensart? Worauf stützt sich diese Lehre? Wer gab Escrivá diese Autorität, wie hat er sie erlangt? Hier sieht man, dass die angebliche „Offenbarung”, die Escrivá am 2. Oktober 1928 empfing, nicht nur eine Botschaft enthielt, sondern dass sie ihm Vollmachten gab, die denen entsprechen, die Christus an Petrus gab, samt dem Recht, sie an seine Nachfolget weiterzugeben.

Damit kein Zweifel bestehen bleibt:  „Diese Worte, die unser Gründer vor vielen Jahren ausgesprochen hat, sind und bleiben  gültig: an erster Stelle in Hinblick auf seine Person, und dann auch in Bezug auf den Vater, wer auch immer es im Lauf der Jahrhunderte sei“, erklärt der offizielle Text der „Betrachtungen“.

Daraus folgt schlüssig, dass der Austritt aus dem Werk eine Art Exkommunikation nach sich zieht, das heißt, das Werk verlassen heißt die Kirche verlassen: „Wenn du aus dem Boot [dem  Werk] aussteigst, wirst du ins Meer fallen, wirst du in den Tod gehen, wirst du in den Weiten des Ozeans verloren gehen, und du wirst fern von Christus sein“ (Vom Gründer, Betrachtung „Zur Ehre Gottes leben“).

Diese Gemeinschaft mit Escrivá und seinen Nachfolgern aufzugeben, hat ähnliche Konsequenzen, manchmal noch schlimmere, als die mit Petrus zu verlieren. Das ist ein sektiererisches Konzept, wenn sich Escrivá die Gewalten Petri anmaßt.

Wie konnte so ein Mann zum Heiligen erklärt werden, der eine solche kontroversielle, um nicht zu sagen, häretische Lehre vertritt? Welcher andere Heilige hat sich eine solche Machtstellung angemaßt?

Das ist einer dieser „dogmatischen Wahrheiten“ des Werkes, die, rein fachlich betrachtet, echte theologische Irrtümer sind, spirituell gesehen eine echte Verfehlung.

Indem er so das Werk der Kirche vorzieht, stellt sich der Gründer zwischen Christus und die Seelen, indem er indirekt, aber ganz klar sagt: „Ich bin der Weg“ (vgl. Joh. 14,6). Während Luther jede Notwendigkeit einer Mittlerschaft leugnete, behauptete Escrivá das Gegenteil: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh. 15,5). Es ist dann nur noch eine logische Folge davon, wenn die Gestalt des Gründers zur Kultfigur wird, denn ihm  verdanken wir unsere Beziehung zu Christus. Escrivá war für unsere Erlösung notwendig, und Christus scheint es zugelassen zu haben, dass er nur noch durch die Gestalt Escrivás wirkt, und in Zukunft eben in den Nachfolgern des Gründers, die noch kommen werden.

Das Werk hat ebenso wie sein Gründer einen „pseudosakramentalen“ Charakter für die Mitglieder der Institution, soweit sich das Werk und sein Gründer in Mittel der Erlösung verwandelt haben und in notwendige Bedingungen, um zu Christus zu gelangen.

Abgesehen von dem häretischen Charakter dieser Konzeption besteht das Problem für die betroffenen  Menschen in der geforderten Unterwerfung unter eine Autorität, wie sie diese „Theologie“ nahelegt: Christus wird abhängig von der Vermittlung durch Escrivá, oder er lässt sich abhängig machen. Deshalb war auch das Wort Escrivás geheiligt, und Gott hat die Person Escrivá als Mittler zwischen sich und die Menschen gestellt.

Der totalitäre Charakter des Werkes erlaubt es  nicht, ihm nur von ungefähr anzuhängen: Entweder man glaubt alles oder die Probleme beginnen.

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e.- Besondere Lehren

Der fünfte Vorwurf an die Lehre, die „Escrivá geoffenbart worden war“, ist die Zusammenstellung besonderer Doktrinen, die der Gründer für die Mitglieder seines Werkes geschaffen hat.

Einige Beispiele:

- das Recht, moralisch darüber urteilen zu wollen, wenn jemand sein Recht ausübt, bei Priestern zu beichten, die nicht vom Werk sind (auch wenn theoretisch die prinzipielle Möglichkeit besteht, das zu tun): „Diejenigen, die nicht von unserer Familie sind, sind keine guten Hirte meiner Schafe, auch wenn sie sehr gute Hirten ihrer eigenen Schafe sein mögen […] Wenn also die Mitglieder des Opus Dei wirklich treu sein wollen, sollen sie keinem Fremde nachlaufen, sondern vor ihm davonlaufen, denn sie kennen die Stimme der Fremden nicht (Joh. 10,5) […] Wenn du so etwas tust [dich an einen Priester zu wenden, der nicht vom Werk ist],hättest du einen schlechten Geist, wärst du ein Schuft. Es wäre keine Sünde, aber, wehe dir, du hättest begonnen in die Irre zu gehen, dich zu täuschen. Du hättest begonnen, dich an die Stimme des schlechten Hirten zu gewöhnen, nicht geheilt sein zu wollen, die Mittel nicht einzusetzen“ (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. II, S. 534).

- die Förderung eines verantwortungslosen Gehorsams, eine Lehre, die den Interessen der Leitung dient, der Leitung, der Unterwerfung: „Gehorchen..., sicherer Weg. Den Vorgesetzten mit rückhaltlosem Vertrauen gehorchen..., Weg der Heiligkeit. Gehorchen in deinem Apostolat..., der einzige Weg; denn in einem Werk Gottes muß dies der Geist sein: daß man gehorcht oder geht.“ (Der Weg, Nr. 941, zit. in Betrachtungen Bd. IV, S. 435).

Es ist Lehre des Werkes, dass der, der gehorcht, „sich niemals irrt“ (Betrachtungen Bd., IV, S. 645), eine Lehre, die dazu führt, die persönliche Verantwortung an die Direktoren zu delegieren und aus dem Gehorsam eine Anmaßung zu machen, der man schwer widerstehen kann; sie wird zu einer Form der Verantwortungslosigkeit und der Unterwerfung.

- der Verzicht auf die Freiheit als Bedingung der Treue zu Gott: „Um im Boot zu sein [dem Werk], muss man das Urteil aufgeben. Es bedarf einer großen Mühe der Demut: sich hinzugeben, sich zu verbrennen, ein Ganzopfer darzubringen (Betrachtung „Zur Ehre Gottes leben“, 1972).

Der Weg, den Gott angeblich Escrivá geoffenbart hat, verlangt ein persönliches Ganzopfer, eine völlige und radikale Hingabe. Man muss sich der eigenen Subjektivität entfremden.

Diese Askese hat die Fügsamkeit im Gehorsam zum Zweck, die die Direktoren verlangen. Es handelt sich darum, auf jedes kritische Urteil zu verzichten, sodass man keine Fragen mehr stellt, sondern sich unterwirft.

Im Werk existieren noch viele andere, arkane Sonderlehren, die von der Autorität Escrivás abgeleitet sind. Das waren jetzt nur einige wenige Beispiele

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Im Ausgleich zu dieser Lehre müsste sich das Werk dringend mit der asketischen und spirituellen Tradition der Kirche aussöhnen, die es, durch den Missbrauch der Terminologie und der Formen, pervertiert hat. Was als oberste Stufe der mystisch-asketischen Tradition gedacht war, wurde vom Werk disziplinär verzweckt, um jeden Widerstand im Gehorsam zu brechen, zu einem „christlichen“ Gehorsam zu „zwingen“ (vgl. Der „heilige Zwang“).

Das Werk hat christliche Termini korrumpiert, die genau definiert und sorgfältig verwendet worden waren, und sie sind eher spirituell als disziplinär zu verstehen: Unterwerfung, Gehorsam,  Opfer, Ganzopfer etc., die heute bei vielen ehemaligen Mitgliedern echten Abscheu hervorrufen aufgrund der Bedeutung, die das Werk diesen Worten gegeben hat; sie wurden zu Synonymen für Missbrauch.

In nicht wenigen Fällen hat das Werk Texte der Kirchenväter nach seinem Sinn manipuliert, um ihnen eine disziplinären Bedeutung zu unterlegen. Um ein Beispiel zu nennen: Alvaro del Portillo zitierte Gregor den Großen, um ein Argument für die Hingabe des Willens beizusteuern: „Mit vollem Recht, so hat ein Kirchenvater kommentiert, kommt der Gehorsam vor den Opfern, denn für diese wird fremdes Fleisch geschlachtet, aber für den Gehorsam der eigene Wille (A. del Portillo, Brief vom 9. 1. 1993, S. 28). Für nicht wenige ehemalige Mitglieder hat die Aufopferung des Willens, der sich ganz an das Werk knüpft, die Tudend des Gehorsams selbst verdächtig gemacht.

Heikle asketische und spirituelle Themen wie die Aufopferung des Willens können nicht dazu dienen, eine größere Fügsamkeit gegenüber der Leitungsgewalt durchzusetzen. Es erregt echten Abscheu zu sehen, wie das Werk die spirituelle Sensibilität seiner Mitglieder dazu missbraucht hat, strategische Ziele durchzusetzen.

Die Beweise für diesen Missbrauch und die Manipulation findet man nicht so offenkundig in den offiziellen Schriften – es wäre eine sehr törichte Art, Spuren zu hinterlassen – als im persönlichen Zeugnis jedes einzelnen ehemaligen Mitgliedes das zugleich Zeuge und Opfer dieser verwerflichen Praktiken war.

Auch die Instrumentalisierung des Beichtsakraments wurde von vielen Ehemaligen verworfen, die das Werk erlebt haben und die heute in diesem Sakrament eine traurige Erinnerung sehen, weil sie sich schwer tun, wieder vertrauen zu fassen und ihr Inneres zu öffnen.

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Die juristische Approbation

Was ich wollte? Einen kirchenrechtlichen Ort für das Werk im Einklang mit der Natur unserer Berufung und mit Erfordernissen, die die Ausbreitung unserer Apostolate mit sich bringt; eine völlige Anerkennung des Lehramts für unseren übernatürlichen Weg“

(Vom Gründer, Betrachtungen Bd. V. p. 158).

„Conceder sin ceder, con ánimo de recuperar“ – (scheinbar) nachgeben, ohne einzuwilligen, und insegeheim bestrebt, das verlorene Terrain zurückzugewinnen. So definierte der Gründer seine Strategie, um die juristische Approbation des Werkes zu bekommen. Es ist das allerdings auch eine höchst verfeinerte Form des Betrugs: den Anschein von etwas zu erwecken, nur um damit zu einem bestimmten Ergebnis zu kommen. Es ist auch eine Möglichkeit, die „heilige Unverschämtheit“ zu definieren.

Ich denke, dass es such eine implizite Approbation gibt, denn das Werk hat es geschafft, dass Kritiken überhört wurden. Das ist ein Faktum, und der Heiligsprechungsprozess ist ein weiterer Beweis dafür, dass man nicht hören wollte. Aber auch wenn das so ist, Die Approbation, die dem Werk erteilt wurde, ist juristischer, nicht dogmatischer Natur. Approbiert wurde eine bestimmte „Rechtsfigur“ nicht die „Offenbarung” des Gründers.

Das Lehramt, wie es der Gründer, oben  behauptet, hat neuralgische Elemente für die Berufung zum Werk, namentlich was die Assoziierten und Numerarier betrifft, die eine vollkommene Hingebe „an das Werk“ leben, niemals approbiert.

Es ist das juristische Feld, an dem sich das Werk geschlagen und seine Fassade gezeigt hat. Nach innen hingegen zählt für das Werk lediglich die „Privatoffenbarung“, die für die Mitglieder des Werkes eine „Religion innerhalb der Religion“ schafft.

Der juristische und der dogmatische Weg haben sich niemals überschritten; darin liegt das Geheimnis des Erfolgs; einige juristische Formen haben wie ein trojanisches Pferd die wahre Natur und Funktionsweise des Werkes zu vertuschen vermocht.

De facto ist der „Maßanzug“, die Rechtsform der Prälatur, etwas in höchstem Maße Rationales, verglichen mit der internen Struktur des Werkes, wo alles von der Autorität des Gründers bzw. seiner Nachfolger aufgrund einer angeblichen „Göttlichen Offenbarung“ abhängt.

Diese Dualität Prälatur/Werk passt gut zu dem doppelten Standard, den die Institution hält: Nach innen gibt man eine Erklärung, nach außen eine andere. Die „juristische“ Seite des Werkes ist etwas völlig anderes wie die „göttliche“. So, als wäre eine „hypostatische Union“ möglich, zwei Naturen in einem Werk. Und die Kirche hat nur die juristische ausdrücklich approbiert, auch wenn man stillschweigend so tut, als wäre auch die göttliche von der Kirche anerkannt, und diese dem nicht ausdrücklich widerspricht.

Aber auf die gleiche Weise, wie es nichts nützen würde, wenn die Kirche ausdrücklich die menschliche Natur Christi betont, wenn sie nicht zuvor seine Göttlichkeit gelehrt hätte, so hilft die juristische Approbation dem Werk nicht viel weiter, wenn  nicht zuvor sein Charakter als Offenbarung von der Kirche bestätigt wurde. Aber alles, was sich positiv über das Werk sagen lässt, ist, dass es sich um eine Prälatur, und das hilft ungefähr so viel wie wenn man nur versichern wollte, dass Jesus Christus ein Mensch war.

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Durch diese Vorgangsweise juristischer Arglist hat das Werk beispielswiese die Barriere des Mindestalters von 18 Jahren für den Beitritt übersprungen, den das kanonische Recht vorschreibt: Mit der juristischen Form des „Aspiranten“ hat es eine Rechtfertigung für den Proselytismus unter Jugendlichen von 14 Jahren, die es hinsichtlich der Berufung so behandelt, als wären sie Erwachsene.

Keine der juristischen Formen, die das Werk bis jetzt innehatte, definierte sich durch einen göttlichen Ursprung der Vereinigung, nicht einmal die als „definitiv“ erklärte Rechtsfigur der Prälatur setzt einen Ursprung durch göttliche Offenbarung voraus oder erkennt einen solchen an.

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Wenn sich Gott Escrivá nicht offenbart hat, ist die Berufung zum Werk nichtig, und nichts ist unser Glaube, den wir an das Werk gesetzt haben, könnten wir mit den Worten des hl. Paulus sagen.

Von daher rührt das tief sitzende Gefühl, betrogen worden zu sein, das nicht wenige von uns empfunden haben, als wir mit der Zeit die schwer wiegenden Unstimmigkeiten dieser „Offenbarung” bemerkten. Und es bleibt dasselbe, ob es sich dabei um Monate oder um  Jahre gehandelt hat; entscheidend für die Intensität des Gefühls ist die Tatsache, dass man sein leben dafür hinzugeben bereit war. Und es betrifft die, die nur kurze Zeit dabei waren, ebenso wie die, die Jahrzehnte im Werk verbracht haben: Es hat Spuren an ihnen hinterlassen, die nicht so schnell vergehen.

Und diese Verletzung rührt nicht so sehr daher, dass man bereit war sein Leben hinzugeben, sondern sie kommt von dem Grund, der eine  dazu bestimmt hat, und der Grund, für den man sein Leben hingegeben war, war ein völliger Betrug. Die Narbe, die sie hinterlassen hat, ist das Ergebnis eines Risses durch die Seele; sie entstand durch den Skandal zu wissen, dass das Werk nicht das ist, was es zu sein behauptete. Und das Schlimmste daran ist zu wissen, dass die Kirche all dies bis zum  heutigen Tag unterstützt hat. Deshalb ist das Werk eine Art Vietnam für die Kirche.

Heute wäre es notwendig, dass die Kirche klarstellt, ob sie die „Offenbarung” Escrivás als eine Lehre anerkennt, die fest geglaubt werden muss, oder ob sie das nicht tut. Die juristische Approbation allein ist ungenügend. Freilich, diese Approbation ist kein vorrangiges Ziel für das Werk, es wird deshalb kein  neues „besonderes Anliegen“ ausrufen, um es schnell zu erreichen. Merkwürdigerweise wird es alles tun, damit diese Frage niemals aufgeworfen wird.

Denn sobald sich die Kirche dogmatisch über den Offenbarungscharakter der Gründung  Escrivás äußert,  wird das Werk sehr wahrscheinlich seinen Heiligenschein verliere und eine menschliche Institution wie viele andere innerhalb der Kirche werden, aber es wird vorher viele Probleme zu lösen haben und Verantwortung übernehmen müssen, gegenüber Gott und den Menschen.

Die Approbation der juristischen Form ist das Mindeste: Die grundsätzliche Frage ist die nach der Approbation vom Gesichtspunkt des Glaubens, der wahren göttlichen Offenbarung.

Das Werk andererseits setzte den Akzent auf die juristische Approbation, als ob das automatisch die Approbation seiner „Göttlichkeit“ bedeutete.

Und die juristische Approbation als Prälatur hat uns nicht im geringsten hinsichtlich der Berufung betroffen, die wir Tag für Tag lebten, denn sie löst weder noch erklärt sie neuralgische Themen, die mit dem Vertrauen zu tun haben, das wir in das Werk gesetzt haben, im Namen des Glaubens und dank des Rückhalts, den es durch die Kirche bekommen hatte.

Die Berufung, die wir im Werk gelebt haben, hatte niemals die entsprechende kirchliche Approbation und hat sie auch weiterhin nicht.

Darin besteht der Betrug, den wir erlitten haben: Wir habe unser Lebe für eine Berufung hingegeben, die niemals den theologischen  und dogmatischen Rückhalt der Kirche hatte, und die Offenbarung, die Escrivá für sein Wer postulierte, das angeblich „direkt“ von  Gott seine Gestalt empfangen hätte. Die juristische Approbation war nur eine Mimiklry für die Bestätigung, deren es von Seiten des Glaubens bedurft hätte.

Ohne die Approbationen hätte die Berufung zum Werk keine andere Basis als „das Wort des Gründers“. Ohne den dogmatischen Rückhalt der Kirche hat die Berufung zum Werk keine reale Grundlage. Solange diese Approbation nicht erfolgt, steht das Werk in schwerer Schuld gegenüber den Menschen, die ihr Leben dafür hingegeben haben, weil sie unter anderem auf eine kirchliche Anerkennung vertrauten, die bis heute nicht erteilt worden ist.

Wenn wir alle an den Gründer geglaubt haben, weil er „im Namen Gottes“ sprach und die Kirche andererseits die „Offenbarung des Gründers“ nicht als echt anerkannt hat, so sind wie, viele Menschen, in unserem Glauben getäuscht worden.

Das Problem der „juristischen Approbation“ besteht darin, das sie die Kirche freigiebig einer Institution erteilte, deren „offenbarte“ Lehre sie vom Standpunkt des Glaubens her gar nicht anerkennen konnte. Die Kirch hat eine äußere Form anerkannt, und das Werk hat diese Form mit seinem eigenen Inhalt gefüllt, der in vielem der Theologie und dem Glauben widerspricht. Aber die Kirche trägt die Verantwortung dafür, dass Christen nicht im Namen des Glaubens betrogen werden, und hier ist die Glaubenskongregation angesprochen.

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Schlussfolgerungen: Von der Offenbarung zur Enthüllung

 

Herr, konntest Du zulassen, dass ich guten Glaubens so viele Seelen betrüge? (Vom Gründer, Betrachtungen Bd. V, S. 157).

Vor einigen Tagen sah ich zum erste Mal den Film Geboren am 4. Juli von Oliver Stone, wo er den Lebenslauf einer Person schildert, die ihr Leben für eine Sache hingab, die sie für höchst würdig hielt, bis sie merkte, dass sie einem völligen Betrug unterworfen war. Zuerst fanatisch, wird sie sich nachher dessen bewusst, was Vietnam tatsächlich bedeutete.

Von einem bestimmten spirituellen Gesichtspunkt aus ist das Werk ein „Vietnam” für die heutige Kirche:

-    als Grund, für den viele Menschen ihr Leben gegeben haben und dann von denen betrogen wurden, die das Werk leiteten; wenn diese Institution heute mit 80.000 Mitgliedern rechnet, so befindet sich eine viel größere Menge außerhalb (von meinem ersten Jahreskurs sind heute nur mehr 10% der Teilnehmer vom Werk, beispielsweise, und das ist kein Sonderfall, sonder bestätigt sich immer wieder);

-    eine Sache, die im Namen des Evangeliums die psychische Gesundheit so vieler Menschen beeinträchtigt, so dass man nicht mehr von „Einzelfällen“ sprechen kann;

-    eine Sache, die sich als große Lüge herausgestellt hat, denn was eine „göttliche“ Berufung zu sein schien, stellte sich als „Wegwerfberufung“ dar, als wäre es eine simple Ernennung und nicht ein Ruf Gottes, der „vor aller Ewigkeit ergangen ist“, wie das Werk vorgegeben hat, um sich selbst Prestige zu verschaffen, ohne die Kosten dafür übernehmen zu wollen oder auch nur dem nötigen Respekt vor einer Berufung zu zeigen, die Gott gegeben hat (wenn es denn so gewesen sein sollte);

-    eine Sache, der die Kirche durch die Heiligsprechung seines Gründers Rückhalt gab, ohne sich darüber Rechenschaft zu geben, welchen Schaden die Institution verursacht hat und weiter verursacht;

-    eine Institution, die sich ohne den nötigen moralischen Rückhalt dafür zu besitzen, selbst den Namen „Werk Gottes“ angemaßt hat.

Sicherlich dachten viele Christen, das Werk sei ein besonderer, ein isolierter Fall und dass die Probleme des Werkes nur mit dem Werk zu tun hätten und dachten nicht daran, dass es sich u  ein „Vietnam” handelte, zumindest nicht für sie.

Aber das Werk als „Problem“ betrifft die ganze Kirche, um so mehr, als das Werk einen gewissen Einfluss auf den Vatikan ausübt.

Einige waren beeindruckt von der „Klarheit“ des „juristischen Iter, en das Werk zurückgelegt hat, aber sie haben der „Laufbahn der Personen im Werk“ keinerlei Beachtung geschenkt. Es ist eine Sache, einen Codex anzuerkennen und eine andere ist es, eine Lehre anzuerkennen, die sich selbst den Charakter einer „Offenbarung“ zumisst und den Menschen Schade zufügt.

Die Kirche wollte sich bisher darüber nicht näher informieren, zumindest hat sie keinen klaren Hinweis in dieser Richtung gegeben. Sie hat kein Interesse an den „Kollateralschäden“ gezeigt, die die Arbeit des Werkes mit sich gebracht hat. Ein sinnloser proselytistischer Feldzug, dessen erste Opfer überall vierzehnjährige Jugendliche waren. Ein aggressiver Proselytismus „gegen“ Jugendliche, die das Werk erfassen und sich unterwerfen möchte, denn sein einziger Zweck ist es zu erreichen, dass sie fraglos den Anordnungen des Prälaten und der anderen Direktoren gehorchen.

Das Werk weist unterdessen alle Kritik an den „Vietkong“ weiter, an die „Feinde Gottes“.

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