Haenobarbo: Die „Gewissensauskunft“

19. Dezember 2011

 

Der Brief, den der Prälat am 2. 10. 2011 an sein Presbyterium und an die Mitarbeiter der Prälatur gerichtet hat, enthält einen Abschnitt, oder, besser gesagt, eine Lüge, die meiner Ansicht nach entscheidend ist; wie beiläufig wird hier gesagt, was meiner Ansicht nach entscheidend ist und der Grund ist, warum dieser Brief überhaupt ausgesendet wurde: Weil der Heilige Stuhl eine Klarstellung von Seiten des Opus Dei und seines Prälaten verlangt hat.

Dem  folgenden Abschnitt gilt unsere besondere Aufmerksamkeit; den entscheidenden Satz habe ich fett gedruckt:

Da wir als Gläubige der Prälatur danach streben, uns persönlich zu heiligen und die Sendung des Opus Dei in der Kirche zu verwirklichen, haben wir normalerweise nichts dagegen, mit denjenigen zu sprechen, die von den Leitern benannt werden - auch wenn es sich um jemand Jüngeren handelt –, wobei wir stets in voller Freiheit und im Glauben an die Gnade Gottes handeln, die sich menschlicher Werkzeuge bedient. Das brüderliche Gespräch ist keine Offenlegung des Gewissens. Wenn man uns im Rahmen dieser geistlichen Leitung nach etwas fragt - und es kann manchmal gut oder sogar notwendig sein, dass man uns fragt -, wird dies mit großem Takt geschehen, denn niemand ist dazu verpflichtet, in der Aussprache etwas zu sagen, was Gegenstand der Beichte ist.

Man sieht, er spricht wie einer, der das Werk nicht liebt. Wenn wir eine Numerarierin oder einen Numerarier von der Fußtruppe fragen, ganz zu schweigen von den Assoziierten oder Supernumerariern, was der Prälat damit sagen wollte, dass die Aussprache keine Offenlegung des Gewissens sei, wird er sicher antworten: Ja, also, es ist keine Offenlegung des Gewissens”…

Für den Heiligen Stuhl hat der Prälat das gesagt, was er von ihnen aus sagen sollte, was er von ihnen verlangt hat; aber der Prälat und seine Adlaten dürften sich ins Fäustchen lachen, denn weder das Presbyterium der Prälatur noch die Mitarbeiter – das heißt, diejenigen, die glauben, dass sie die Gläubigen einer Prälatur sind, die kein eigenes Volk hat und es auch nicht haben kann – haben die leiseste Idee, was dieser Ausdruck bedeuten soll: Offenlegung des Gewissens. Denn weder das Presbyterium noch die angeblichen Gläubigen verstehen die Sprache der Ordensleute.

Ich werde also zu erklären versuchen, was die Offenlegung des Gewissens ist und war.

Das erste, was dazu zu sagen wäre, ist, dass die geistliche Leitung als solche eine sehr lange Tradition in der Kirche, die Offenlegung des Gewissens allerdings eine Erfindung des Hl. Ignatius von Loyola ist.

Ein Exkurs: Wir werden sehen, dass der Gründer des Opus Dei nichts erfunden hat. In Bezug auf die Aussprache hat er uns erzählt, wie sie entstanden ist:

„Spontan, mit Natürlichkeit, wie das Wasser aus einer Quelle fließt und nicht aufhört zu sprudeln, denn es ist Teil unseres Lebens. Wie diese Gewohnheit in den ersten Jahren entstanden ist? Es gab keine anderen Priester als mich im Werk. Ich wollte nicht, dass eure Brüder bei mir beichteten, denn wenn ich ihnen die Beichte abgenommen hätte, wären mit Hände und Füße gebunden gewesen; ich hätte ihnen keinen Rat mehr geben können, wenn das Thema bereits in der letzten Beichte vorgekommen sein sollte. Deshalb sagte ich ihnen, sie sollten beichten bei wem sie wollten. Das war aber ganz schlecht, denn wenn sie sich anklagten, dass sie etwa die Gewissenserforschung nicht sorgfältig gemacht hätten, oder einen anderen kleinen Fehler, unterbrachen sie manche Priester brüsk und als ob sie es nicht ernst nähmen: Aber das ist keine Sünde! Und diejenigen, die gute Priester waren, oder Ordensleute mit gutem Geist – mit ihrem! – fragten sie: Haben Sie nicht viellricht unsere Berufung? Eure Brüder zogen es vor, mir die Dinge mit Einfachheit zu sagen, mit Klarheit, außerhalb der Beichte. So wie sich gute Freunde, wenn sie nach dem Aufbruch der anderen unter sich sind, in einem Café oder bei einem Ball, erzählen, was sie beschäftigt, mit Klarheit, auch wenn sie übertreiben sollten – mit der zumindest gleichen Einfachheit müsst ihr im brüderlichen Gespräch miteinander sprechen“ (Betrachtung „Die Sprachengabe“, April Meditaciones I, S. 616)

Er lügt ganz einfach, wenn er behauptet, dass die Emendatio im Kurzen Kreis etwas anderes sei als die Culpa der Ordensleute.

Über die Offenlegung des Gewissens schreibt Charles E. O´Neill im Historischen Lexikon der Gesellschaft Jesu:

Es handelt sich dabei um die Auskunft, die ein Ordensmann zu bestimmten Zeiten seinem Oberen über sich selbst gibt, als seinem Vater und Leiter, mit dem Zile, dass dieser ihn besser kenne und anleite, zum Wohl des Untergebenen und der Gemeinschaft.

Ich benütze diese Texte aus dem Lexikon, denn es ist leichter zu lesen als die Originaltexte des hl. Ignatius. Mit dem Examen setzt der hl. Ignatius Verpflichtung, Zeit und Ort dieser Offenlegung des Gewissens fest sowie die Gelegenheiten, bei denen diese Übung erneut abzulegen ist.

Welche Gründe hatte der hl. Ignatius, seinen Untergebenen die Offenlegung des Gewissens aufzuerlegen?

Wir müssen die Geschichte verstehen, um die Gründe zu Verstehen: Die Gesellschaft Jesu durchbrach das Schema der zu ihrer Zeit üblichen Orden, die eine kapitulare, das heißt demokratische Leitung hatten.

Der Hl. Ignatius hat eine Art monarchisches Regiment eingeführt: Der Obere gibt die Befehle – zwar mit der Unterstützung durch einen Rat, aber die letzte Instanz ist ein einzelner Mensch. Diese Leitung fußt auf zwei Prinzipien: den völligen Gehorsam, der der Untergebene seine  Vorgesetzten schuldet – den berühmten „Kadavergehorsam“ – und die Mission, das ist der konkrete apostolische Auftrag, wie das im Opus Dei heißt, den der Untergebene erfüllen muss.

Damit das funktionieren kann, ist es entscheidend, dass der Obere seinen Untergebenen persönlich kennt, und von daher rührt die Neuerung, die die Gesellschaft Jesu eingeführt hat, da es nicht durch ein Kapitel, sondern persönlich leitet. So schient es nötig, dass die Offenlegung des Gewissens dem Oberen gegenüber zu gewissen Zeiten geleistet wird „sowohl als Mittel, um das geistliche Wohlergehen jedes Mitglieds zu fördern, als auch die Leitung der Gesellschaf und ihre apostoliche Tätigkeit. Diese Art der Leitung gestattet es jedes Mitglied nach seiner Fähigkeit und seinen Bestrebungen zu leiten, ohne ihn gefahren oder unüberwindlichen Schwierigkeiten auszusetzen.“

Dass die Offenlegung des Gewissens, wie sie Ignatius verstanden hat, mit der Praxis und dem Begriff der geistlichen Leitung nicht vereinbar war, so wie sie die Kirche verstanden hat, insofern sie geistliche Leitung und Hierarchie vermischt, und das bedeutet soviel wie, dass man durch die Offenbarung des Gewissens herrscht.

Aber welche Bedingungen hat der hl. Ignatius für die Offenlegung des Gewissens gesetzt? Worin unterscheidet sich die Offenlegung des Gewissens der Gesellschaft Jesu vom brüderlichen Gespräch oder der Aussprache, die im Opus Dei auf ausdrücklichen Wunsch seines Gründers gelebet wird?

Gehen wir zum Lexikon zurück:

Im Examen (Konstitutionen 91 – 97) legt Ignatius, nachdem er von der Norwendigkeit dieser Vorgangsweise der Öffnung gesprochen und Gründe angeführt, die für sie sprechen, diese Verpflichtung fest, er nennt Zeit und Ort für die Offenlegung des Gewissens und die Gelegenheiten, bei denen diese Praxis jeweils zu wiederholen ist. Da das Gegenteil nicht ausdrücklich gesgt ist, bindet das Geheimnis der Offenlegung des Gewissens mit der ganzen Kraft eines Berufsgeheimnisses, und der Untergebene kann, wenn er möchte, die Unterredung unter dem Siegel der Beichte führen.

Ignatius legt fest, dass die Offenlegung des Gewissens während des Noviziats alle sechs Monate durchgeführt wird. Nach der Profess muss sie der Jesuit einmal im Jahr leisten; im Opus Dei ist sie für die Numerarier und Assoziierten wöchentlich vorgesehen, für die Supernumerarier vierzehntägig.

Aber es gibt noch mehr entscheidende Unterschiede:

„Der Obere, der die Information erhält, kann niemals, nicht einmal in Form einer Anspielung, dieses Geheimnis an deren mitteilen, vor allem keinem Vorgesetzten. Andererseits wird stillschweigend vorausgesetzt, dass der Obere, ohne etwas zu enthüllen und indem er den Ruf dessen, der die Offenlegung des Gewissens gemacht hat, wahrt, die Erlaubnis hat, in seinen Entscheidungen so zu verfahren, wie es für die Person oder die Gemeinschaft am besten ist, es sei denn, er hätte die Offenlegung des Gewissens in der Beichte entgegengenommen. (Const. 984)”

Wer also diese Mitteilung empfängt, kann, nicht einmal durch Anspielung und schon gar nicht gegenüber einem Superior, mitteilen was er weiß. Auf eine gewisse Weise ist also die Unverletzlichkeit des Gewissens gewahrt. Die Offenbarung fungiert also einerseits als Mittel, dem Betroffenen zu helfen, andererseits als Leitungsinstrument, ohne dass allerdings jemandem auch nur die Gründe mitgeteilt werden dürften, warum man auf eine bestimmt Weise hinsichtlich eines Untergebenen oder einer Gemeinschaft entscheidet.

Wenn die Offenlegung innerhalb der Beichte geschieht, kann der Obere die empfangene Information nicht nutzen, nicht einmal im Interesse dessen, der sie ihm gegeben hat.

Im Opus Dei wird das, was derjenige, der die Aussprache entgegen nimmt, erfährt, sofort dem Örtlichen Rat mitgeteilt; dieser teilt es der Delegation oder der Regionalkommission und diese ihrerseits, falls das Thema es wert ist, dem Generalrat mit, und auf jeder Ebene wird das Thema studiert, diskutiert, werden Meinungen ausgetauscht, schriftliche Informationen festgehalten und Debatten geführt. Wenn es im Opus Dei auch einer ist, der die Aussprache oder Offenlegung des Gewissens entgegennimmt (es wird sich zeigen, dass es dasselbe ist), so wird doch der Örtliche Rat insgesamt darüber informiert, das heißt, wer die Information entgegennimmt, informiert die anderen des Örtlichen Rates über die Details der Aussprache:

“8. Wir bestehen darauf, dass er die Zeit besser ausnützt und es lernt, sich nicht von Beschäftigungen oder Ideen beherrschen zu lassen. Wir wollen dafür Sorge tragen, sein Apostolat zu unterstützen und es ihm erleichtern, dass er im ctr [Zentrum] an den Bildungsmitteln teilnimmt. Wir denken, dass er sich mit der Zeit in eine wirkliche Hilfe für die Arbeit verwandeln kann. Er lebt praktisch den  ganzen Lebensplan, wenn er auch noch den einen oder anderen aspekt verinnerlichen muss. Er möchte die ad [Admission] machen und der cl [Consejo Local, der Örtliche Rat im Plenum] denkt, dass man es ihm gestatten könne.“ Vgl. Interne Aufzeichnungen des Opus Dei über einen Supernumerarier vor der Admission.

„9. Man kann zusammenfassen, dass wir denken, dass es schade ist, wenn ein Mensch mit seinen Qualitäten sich im inneren Leben nicht vertiefen kann und an Wirksamkeit einbüßt, während wir doch übezeugt sind, dass es ein Zustand von Lauheit ist, der sich mit der Zeit verschlimmern kann. Vor allem sind wir darüber besorgt, dass an ihm eine gewisse Form von Konformismus wahrzunehmen ist und dass ihm viele kleine (und größere) Details unwichtig erscheinen, die aber  in  Bezug zur Treue und zur Hingabe stehen. Wenn er nicht reagiert, dann vermutlich deshalb, dass es immer schwieriger wird, die oben erwähnten Missstände zu korrigieren. Wir denken, dass er nur dann, wenn er wirklich zu kämpfen beginnt und sich mit Entschiedenheit aufmacht, den Weg des inneren Lebens zu gehen, eine wirksame Stütze für die Arbeit seiner r [Region] sein kann. Wir empfehlen ihn Don Alvaro, damit  seine Hingabe besser wird.“„Information über einen Numerarier (in spanischer Sprache).

„7. Er beklagt in allen seinen Gesprächen, dass seine Untreue Verwirrung und Schaden stiften könnte, und dementsprechend haben wir gezeigt, dass das, was für ihn wirklich wichtig ist, die Entsprechung gegenüber dem Willen Gottes sei. Beim Gespräch mit ihm versuchten wir seine Aufrichtigkeit zu unterstützen, wir haben ihn ermuntert sich dem Herrn gegenüberzustellen, ohne menschliche Rücksichten, wir haben ihn die Transzendenz seiner Handlungen und Entscheidungen sehen lassen und dass er sich nicht von subjektiven Auffassungen  blenden lassen darf, die sich ihm im Moment einer emotionalen Verwirrung aufdrängen.

Falls noch ein Zweifel daran bleibt, dass die Informationen über Gewissens­ange­legenheiten kollektiv behandelt werden und dass Gewissensfragen be­handelt werden, hier noch ein Beispiel:

5. Hinsichtlich seiner Berufung kommt es uns vor, dass es die einzige Alternative ist, dass dieser Umstand ihn nicht daran hindern soll, sich im nächsten September endgültig einzugliedern. Wir denken, dass es schade wäre, dass ein Mensch, der seine Treue bis zu diesem unglücklichen Ereignis bewiesen hat, nicht weiter voranschreitet, auch wenn wir uns dessen bewusst sind, dass diese Frage schwer zubeantworten ist.

6. Was den möglichen Skandal betrifft, so denken wir, dass die Auswirkung auf den guten Namen des Werkes gering sein dürfte, weil sein Bekanntenkreis sehr gering ist und seine Angehörigen nicht wissen, dass er von Zuhause ist, außer seinen Eltern und den beiden Geschwistern. Einer von ihnen studiert in … und hat Kontakt mit der Arbeit. Wir haben ihm gegenüber die Bedeutung der Diskretion betont, denn die Tatsache, dass für den Fall, dass alles günstig abläuft, die Geburt sieben Monate nach der Hochzeit stattfindet, könne auch auf eine Empfängnis in einem erlaubten Zusammenhang zurücklzuführen sein.

7. Schließlich ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass der Arzt ihnen mitgeteilt hat, dass es eine Wahrscheinlichkeit von 15-20 % gibt, dass sie das Kind durch Fehlgeburt verlieren kann.

8. Wir sollen uns für empfangenen Hinweise bedanken.

 

Das wissen wir, die wir drin waren und die wir Gott sei Dank gegangen sind, dass man hier nicht lügen kann, dass man nicht sagen kann, dass das gar nicht so sei. Dabei spielt es nun keine Rolle, ob die Mitglieder der Örtlichen Räte jetzt eine Leitungsfunktion haben, ob sie eine juristische Gewalt ausüben, ob sich ihre Funktionen auf das „materielle“ Funktionieren der Zentren beschränkt. In jedem Fall verwandeln sie sich in die „Augen und Ohren“ der Prälatur – was für ein trister Job!

Und das, was der Priester des Opus Dei durch die Beichte erfahren hat, muss man noch einmal außerhalb sagen, damit man diese Kenntnisse in der Form benützen kann, wie es ihnen angebracht erscheint!! Und für den Fall, dass man sich weigert außerhalb der Beichte zu sprechen, so gibt es hier genügend Zeugnisse über die Anspielungen  und Kunstgriffe, wie sie dem Örtlichen Rat gegenüber das andeuten, was sie nicht sagen dürfen.

Und es ist ganz falsch, dass die Mitglieder des Opus Dei von diesen Manipulationen mit dem Bescheid wissen, was sie in der Aussprache sagen. Auch über diesen Punkt gibt es übereinstimmende Zeugnisse; man sagt es niemandem, zumindest nicht mit der gebotenen Klarheit, dass über das, was in der Aussprache geredet wird, im Örtlichen oder im Regional-, ja manchmal im Generalrat gesprochen wird; das ist eben so falsch wie die Behauptung, dass die örtlichen Räte keine Leitung ausüben.

Wenn ein Örtlicher Rat der Ansicht ist, dass das, was Meier oder Müller gesagt haben, der Delegation oder der Regionalkommission mitzuteilen sei und ein Dossier ausarbeitet, das von deren Mitgliedern bearbeitet wird und über das Meinungen geäußert und Diskussionen geführt werden, und dann wird es an ein übergeodnetes Organ weitergeleitet, mit den entsprechenden durch­nummerierten Anmerkungen versehen, so wird ein Akt der Leitung durchgeführt, und diese Leitung wird kollektiv wahrgenommen, es werden Informationen über Gewissens­angelegenheiten eines einzelnen weitergetragen, wie aus den oben stehenden Texten zu ersehen ist.

Der Katechismus des Werkes sagt in seiner Ausgabe von 2003 Folgendes:

217. Was ist der Gegenstand der Aussprache?

Das Ziel der Aussprache, die jedes Mitglied regelmäßig voller Aufrichtigkeit mit dem Örtlichen Direktor oder mit der Person durchführen muss, die von den Direktoren bestellt ist, ist es, sich mit dem Geist des Werkes zu identifizieren und die apostolischen Aktivitäten zu verbessern.

1. Durch diese Aussprache wird die Kenntnis, die die Direktoren des Werkes von der Seele der Gläubigen des Werkes haben, tiefer und inniger, und sie können ihnen besser helfen;

2. dieses Bildungsmittel bekräftigt den Wunsch jedes einzelnen Gläubigen, die Heiligkeit zu suchen und das Apostolat nach dem Geist des Opus Dei auszuüben;

3. es gewährt ein größeres Einverständis und eine bessere spirituelle Einheit mit den Direktoren.

Um ungenaue Interpretationen von Seiten derer zu vermeiden, die den Geist des Werkes nicht kennen, bezeichnet man dieses Bildungsmittel, das von Anfang an Aussprache genannt wurde, auch als brüderliches Gespräch.

218. – Welche Themen werden in der Aussprache behandelt?

Um die Aussprache gut zu machen, wird es angebracht sein darüber zu sprechen, wie die folgenden Punkte gelebt werden:

1. die Normen und Gewohnheiten;

2. Glaube, Reinheit und Berufung;

3. das persönliche Apostolat und der konkrete apostolische Auftrag;

4. die Heiligung der Arbeit;

5. die von Örtlichen Rat übernommenen Aufträge.

Außerdem kann es angebracht sein, auch über folgende Themen zu sprechen:

1. über die Liebe zur Heiligen Kirche und zum Werk; über das Gebet für den Papst und die Bischöfe;

2. über den Geist der Kindschaft gegenüber unserem Gründer und dem Vater, über  die Brüderlichkeit und den Proselytismus; über Besorgnisse, Traurigkeiten oder Freuden;

3. über Gebet und Abtötung für den Vater und für alle Gläubigen des Werkes, und all dies in Kürze und Demut, mit der größtmöglichen Einfachheit, denn dies sind unbezweifelbare Beweise für den guten Geist und Mittel, um auf dem Weg der Heiligkeit voranzukommen.

Sind sie das nicht, nämlich Themen des Gewissens? Und wer erteilt die geistliche Leitung im Opus Dei? Derselbe Katechismus von 2003 antwortet:

215. –Wer übt die perönliche geistliche Leitunghinsichtlich der inneren Verfassung aus?

Die persönliche geistliche Leitung üben hinsichtlich der inneren Verfassung die Direktoren und die Priester des Werkes aus.

Ohne dass die Freiheit der Gläubigen des Werkes im geringsten angetastet wird, bewegt sie ihr guter Geist, die geistliche Leitung mit dem lokalen Direktor oder der  lokalen Direktorin zu machen, und mit dem Priester, der zur Betreuung jedes Zentrums bestimmt ist. Sie können sich außerdem an einen anderen Priester der Prälatur wenden, und in Schriftform direkt an den Vater.

Um das oben Gesagte zu verstehen, muss man sich gegenwärtig halten, dass es das Opus Dei selbst ist, das die geistliche Leitung erteilt, und nuiemand kann sich das ausschließliche Recht zumessen sie auszuüben. Deshalb können diejenigen, die diesen Auftrag nicht vom Vater oder von den Regionalen Direktoren erhalten haben, auch keine guten Hirten sein.

Es gibt im Opus Dei keinen Spiritual, es sind die Direktoren und es ist die Institution Opus Dei, die die geistige Leitung ausübet.

Der Katechismus des Werkes modifiziert in seiner Fassung von 2010 die Behandlung des Themas der geistlichen Leitung, er behandelt keine äußeren oder inneren Dispositionen mehr, sondern er sagt jetzt:

211.- Wer betreut die Gläubigen in der geistlichen Leitung?

Die lokalen Direktoren betreuen die Gläubigen in der Aussprache und die Priester in der Beichte.

Ohne dass die Freiheit der Gläubigen des Werkes im geringsten angetastet wird, bewegt sie ihr guter Geist, die geistliche Leitung mit den Personen zu machen, die für jeden einzelnen der gute Hirte sind, weil sie denselben Weg des Dienstes an Gott im Opus Dei leben.

Auf diese Weise ist es das Opus Dei selbst, das die geitliche Leitung erteilt, und niemand kann sich das ausschließliche Recht zumessen sie auszuüben.

Im Werk existiert die persönliche geistliche Leitung nur in actu; wenn der Direktor die Aussprache hört oder wenn der Priester die Beichte hört oder die Aussprache entgegennimmt.

Als wäre das noch nicht genug, versichter der Gründer, lapidar wie immer:

„An dem Tag, an dem ihr in einem Winkel eurer Seele etwas entdeckt, das der nicht kennt, der eure Aussprache entgegennimmt, an dem Tag habt ihr mit dem Teufel ein Geheimnis“ (Escrivá, Meditaciones IV, S. 595)

Also ist die Aussprache, die Offenlegung des Gewissens im Opus Dei, weder frei, noch kann man sich aussuchen, mit wem man sie durchführen will, noch schließt sein Inhalt Gewissensfragen aus.

Das unterscheidet auch die ignatianische Offenlegung des Gewissens von der Aussprache oder dem brüderlichen Gespräch, das Escrivá verlangt hat, indem er ihren Gebrauch von den Jesuiten kopierte.

Die Jesuiten verletzen nicht das Geheimnis des Gewissens, denn der Obere behält die ihm anvertrauten Daten für sich. Im Opus Dei wird das Gewissen der „Mitglieder“ systematisch verletzt, wenn das verbreitet wird, was man in der Aussprache oder dem brüderlichen Gespräch erfahren hat.

Kehren wir zur Geschichte zurück:

„Das Beispiel der Gesellschaft Jesu verbreitete sich unter anderen klerikalen oder laikalen Ordensinstituten, von denen viele die Offenlegung des Gewissens zur Regel machten. In einigen Fällen (…) kam es dabei zu Missbräuchen, die die Freiheit des Gewissens oder die Entscheidungsfreiheit der Beichtväter einschränkten. Deshalb entscheid Leo XIII in seinem Dekret Quemadmodum von 1890, dass es in Ordensinstituten verboten sei, die Offenlegung des Gewissens verbindlich zu machen oder dazu zu drängen

Der Codex des Kanonischen Rechts von 1917 (Canon 530) verbietet den Oberen der Ordensinstitute, ihre Untergebenen zu veranlassen oder zu verpflichten, ihr Gewissen zu offenbaren. Offenlegung des Gewissens, ohne den Wert der freien und freiwilligen Kundgabe des Gewissens gegenüber den hierarchisch übergeordneten Priestern zu verkennen. Zu einer gewissen Zeit hat auch die Gesellschaft Jesu die Kundgabe des Gewissens aufgegeben, indem sie sich an die gültige Gesetzeslage anpasste und nur, wie es in ihren Konstitutionen vorgesehen ist, die Öffnung empfahl.

Pius XI. bestätigte 1923 auf die Bitte des Generals der Gesellschaft die Offenbarung des Gewissens als Privileg, wie es der heilige Ignatius eingeführt habe, das heißt, dass der Untergebene seinem Vorgesetzten nach Wahl des Untergebenen innerhalb oder außerhalb der Beichte diese Auskunft erteilt. Der Vorgesetzte darf nicht einmal andeutungsweise Auskunft über das erteilen, was er in der Offenlegung erfahren hat, schon gar nicht einem Vorgesetzten. Er kann von dem, was er weiß, Gebrauch machen für die Leitung und das Wohl des Untergebenen und der Gemeinschaft – ohne allerdings irgendjemandem die Gründe zu nennen, warum er auf eine bestimmte Weise vorgeht – außer, er hat diese Offenlegung in der Beichte gehört, dann darf er überhaupt keinen Gebrauch davon machen.

Der Codex von 1983 hat in diesem Punkt nichts verändert. Der Canon 630 schreibt in Ziffer 4 und 5 vor, dass der Obere nicht die Beichte seiner Untergebenen hören darf, wenn sie ihn nicht spontan darum bitten, und verbietet den Oberen, ihre Untergebenen auf irgendeine Weise zu veranlassen, ihr Gewissen zu offenbaren.

„Das Ziel der Aussprache, die jedes Mitglied regelmäßig voller Aufrichtigkeit mit seinem Direktor oder mit jener Person, die von den Direktoren bezichnet wurde, halten muss, ist es,  seinen Geist mit dem des Werkes zu identifizieren und seine apostolischen Aktivitäten zu verbessern. Katechismus des Werkes, 5. Aufl., Nr. 276.

„Zur Aussprache geht man nicht aus Freundschaft noch aus persönlichen  Gründen, sondern aus über­natür­lichen Beweggründen; wer es auch immer ist, der eure Aussprache entgegennimmt, es ist euer Vater selbst, der sie annimmt“ (Instruktion 31-V-1936, Anm. 132.)

Die Lektüre dieser zwei Zitate, die aus internen Schriften des Opus Dei zitiert wurden, könnten uns denken lassen, dass dies der „Offenbarung des Gewissens“ entspricht, wie sie der heilige Ignatius eingeführt hat, wenn wir nicht wüssten, dass weder der Direktor noch die von den Direktoren bestimmte Person die Information bei sich behält, die sie empfängt, sondern dass dann noch endlos daran  herumgefingert wird in Form der Gewissensaufzeichnungen.

Es  ist nicht dasselbe, was die Jesuiten dank des ihnen verliehenen Privilegs ausnahmsweise üben, in einer festen Form, die nichts mit dem gemeinsam hat, was das Opus Dei praktiziert, das dieses Privileg jedenfalls nicht erhalten hat und sicherlich auch nicht erhalten kann, denn die Art und Weise, „kollegial“ mit empfangenen Informationen über Gewissensangelegenehitenn umzugehen, widerspricht der Praxis und der Lehre der Kirche.

Es gab weder Quellen noch Wasser, die am Anfang der Aussprache flossen.  Escrivá  hat uns einmal mehr betrogen und fährt fort uns zu betrügen: Er hat den Jesuiten die Offenbarung des Gewissens abgekupfert und sie seinen Bedürfnissen angepasst, und damit hat er nicht nur die Gesetze der Kirche gebrochen, sondern er hat auch das Heiligste verletzt, was ein menschliches Wesen besitzen kann, sein Gewissen, und das zum Wohl einer Institution, die er höher als ihre Mitglieder gesetzt hat.

Haenobarbo

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