ESCRIVÁ DE BALAGUER GRÜNDUNG: CHARISMA UND GEIST
[Ein Kommentar zum Reglamento von 1941]
Lucas, 16. Februar 2012
Nach und nach lernen wir die korrekten historischen Daten und die Dokumente mit Bezug auf Escrivá und seine Gründung kennen, es wird deutlicher, was er genau gegründet hat, das will heißen, sein ursprüngliches Konzept, seine Vorstellungen und Interessen.
Der erste Eindruck, den man beim Lesen des Reglamento der Pia Unio von 1941 gewinnt, ist der Primat der Organisation vor den Personen. Das Hauptinteresse richtet sich nicht auf die Personen (ihre Spiritualität, ihr Umgang mit Gott, ihre persönliche Entwicklung), sondern auf die organisierten Handlungen dieser Personen, ein Heer in Schlachtbereitschaft (sicut acies ordinata). Es mutet eigenartig an, dass zu diesem Datum, als das Werk so wenige Mitglieder zur Verfügung hatte, ein so minuziös ausgearbeiteter Organisationsplan vorgelegt wurde, die straffe Struktur einer Institution, die sehr genau weiß, welche korporativen apostolischen und wirtschaftlichen Ziele sie erreichen möchte, die darin bestehen, leitende Posten in der Gesellschaft einzunehmen, Bildungs- und Wirtschaftsunternehmen zu schaffen etc., aber alles das, ohne dass die Institution selbst als Verantwortliche aufscheint, sondern möglichst im Verborgenen: Das Werk handelt so, als ob es gar nicht existierte (vgl. II. Leitung, Art.8: Das Opus Dei betreibt keinerlei Aktivitäten nach außen); es hat keinen Besitz, man weiß nicht, wer seine Mitglieder sind, seine Statuten sind geheim, seine Zentren sind unauffällig (vgl. Geist, Art. 13). Hinter diesen apostolischen Absichten steckt aber eine strikt hierarchische Organisation, die von oben her alles kontrolliert. Alles läuft über die Leitung der Organisation. Die Kontrolle erfolgt über die wirtschaftliche Abhängigkeit der Personen und die Eingriffe in ihre persönliche Intimität. Die Organisation leitet ihre Mitglieder durch die geistliche Leitung; der Gehorsam, der eingefordert wird, ist absolut, usque ad mortem (vgl. Geist, 55); man gehorcht oder geht. Die Organisation handelt durch ihre Mitglieder, aber sie sagt, dass diese nach außen hin verantwortlich seien. Letztlich hat Escrivá damit eine Organisation geschaffen, die dazu bestimmt ist, die Gesellschaft zu beeinflussen.
Die Kehrseite der Medaille ist das angebliche Charisma. Wir haben hier schon zahlreiche Hinweise darauf publiziert, dass das säkulare Charisma, so wie Escrivá es dargestellt hat, gar nicht seine originäre Erfindung ist, sondern er hat aus dem Zeitgeist geschöpft (vgl. Die verschwiegenen Vorläufer; Das angeblich authentische Charisma Escrivás; Die ideologischen Wurzeln des Opus Dei). Außerdem ist bei einer Pia Unio die Weihe der Mitglieder nicht notwendigerweise inbegriffen. Dennoch betont Escrivá im Reglamento der Pia Unio zu wiederholten Malen, dass die Mitglieder des Werk den Charakter des geweihten Lebens haben, er erwähnt aber nicht, dass sie schon seit 1934 Gelübde ablegen. Dieses Konzept von Weihe taucht in den Lineamenta generalia von 1943 erneut auf. Tatsächlich betrieb Escrivá 1943 die Errichtung der Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz als eine Gesellschaft gemeinsamen Lebens ohne Gelübde, um die diözesane Approbation für Priester im Werk zu bekommen. Zu diesem Zweck musste man im Vatikan gut dastehen, und deshalb galt es Statuten vorzulegen: Das waren die Lineamenta generalia. Nun gut, und in Nr. 2 dieser Lineamenta heißt es: Der allgemeine Zweck ist die Heiligung der Mitgliederdurch die Befolgung der Evangelischen Räte. Damit kann man sich allerdings auch von der Vorstellung verabschieden, dass Escrivá sich am Anfang ein vollkommen säkulares Charisma vorgestellt habe, oder überhaupt ein Charisma. Sogar noch am Beginn der fünfziger Jahre, als sich die Möglichkeit ergab, setzte er die religiose Lebensform fort und gab später der Kirche die Schuld, die angeblich noch immer Gelübde gefordert hatte. Wäre sein Charisma laikal und säkulär gewesen, hätte er die Übung der Evangelischen Räte nicht aufrechterhalten müssen. Das heißt, wir können daraus schließen, dass das, was den Gründer am wenigsten interessierte, die Frage des Charismas und die Treue dazu gewesen ist, ganz im Gegensatz zu dem, was uns das Buch „El Itinerario Jurídico” weismachen möchte, denn dieses Charisma hat durchaus Entwicklungen durchgemacht. Das, was ihm wirklich wichtig war, war die organisatorische Struktur und die Art der Hingabe der Mitglieder, denn deren absolute Verfügbarkeit war immer im Zentrum und wurde nie in Fragegestellt.
Deshalb bestand die Grundidee, wie sie vorbehaltlos in diesem Reglamento der Pia Unio dargestellt wird, darin, eine Organisation zu gründen (sicut acies ordinata, wie ein Heer in Schlachtbereitschaft). Nunmehr fragen wir uns aber, worin die Besonderheit dieser Organisation besteht, um sie anderen Organisationen gegenüberzustellen, die damals schon bestanden hatten und um zu verstehen. in welchen Wesenszügen ihre Originalität liegt: Ihre Struktur ist verborgen und doppelbödig (sie tritt nicht direkt auf, agiert nicht im eigenen Namen, sondern durch Hilfsgesellschaften, hat keinen Besitz etc. sodass sie für nichts direkt verantwortlich ist und auch nicht haftbar gemacht werden kann. Wesensentscheidend ist aber auch, dass ihre Mitglieder die gleiche Hingabe wie Ordensleute leben, aber sie können die entscheidenden Posten in der Gesellschaft einnehmen, weil ihr Auftreten und ihre Tätigkeit laikal sind. Deshalb muss man nach innen wie nach außen klar machen, dass „wie keine Ordensleute sind“, und dass sich jedes Mitglied der Vereinigung angeschlossen hat „mit dem ausdrücklichen Wunsch, nicht dem Ordensstand angehören zu wollen“. Habt ihr euch nie gefragt, warum gerade darauf so viel Wert gelegt wurde?
So ist zweifellos die große Idee Escrivás die Mischung von religioser Hingabe und laikalem Auftreten und Erscheinungsbild; darin besteht seine charismatische Originalität und darin gründet die Wirksamkeit der Institution: Die Mitglieder des Opus Dei sind keine Ordensleute aber ihre Lebensform unterscheidet sich, in ihrer Hingabe an Jesus Christus, nicht vom Ordensleben (Geist, 1).
Laut diesem Art. 1 des Abschnitts Geist bestehen Charisma oder Geist des Opus Dei in einem Widerspruch bzw. einem Dilemma; Es geht darum, wie Ordensleute zu leben und den Evangelischen Räten zu folgen, de jure aber etwas anderes zu sein. Man lebt also beständig als ob.
Man müsste jetzt fragen, ob eine solche Vorgangsweise überhaupt legal ist, aber auch, ob sein solcher Geist, der von Täuschung und Betrug charakterisiert ist, von Gott stammen kann. Deshalb besteht die Originalität Escrivás, der Kern seines Charismas, im Betrug, in der Doppelbödigkeit und in einer nicht kohärenten Lebensweise. Trotzdem [oder vielleicht gerade deshalb – um abzulenken?] predigte er die Einheit des Lebens.
Als Konsequenz davon, denke ich, kam dann der Moment uns für das Vexierbild eines Charismas, der Heiligung der Arbeit etc. zu interessieren; da diese aber nur der Täuschungen dienen, fragen wir nach der Geschäftsgebarung (Struktur, Mittel und Ziele), denn das ist der wahre Grund für sein Charisma und seinen Geist.
Struktur, Mittel und Ziele der Organisation
Man muss sich klarmachen, dass dieses Reglamento der Pia Unio mit seinen Anhängen nicht die Struktur der Organisation in einem klaren Schema zeichnet, sondern man muss sich die Daten von da und von dort wie aus einem Gestrüpp zusammenklauben. Bei Escrivá selbst darf man sich jedenfalls von den frommen Worten in die Irre führen lassen, die so oft der Realität widersprechen, wenn man nur an seine vollmundigen Aussagen über die Freiheit der Mitglieder denkt, sondern man muss sich an die Fakten halten und die Regeln, die er aufgestellt hat. Das Reglamento von 41 ist in diesem Sinn sehr wichtig und aufschlussreich.
Es ist recht auffällig, dass angesichts einer so geringen Mitgliederzahl und zu einer Zeit, als das Werk Escrivás noch kaum Erfahrungswerte besaß, also in den Jahr 1940/41, ein bereits ein Regelwerk ausgearbeitet wurde, dass in Aspekten der Struktur, der Leitung und der Organisation bereits so ausgefeilt war. Denken wir, dass es am Ende des Spanischen Bürgerkriegs, 1939, erst 12 Mitglieder gab, und bis zu 50 Ende 1941. Deshalb muss man annehmen, dass diese Verfügungen damals keinerlei praktischen Notwendigkeiten entsprachen, sondern lediglich im Kopf des Gründers vorhanden waren bzw. dürfte er Details von Statuten anderer Institutionen übernommen haben. Er wusste jedenfalls, was er wollte, und ein Blick auf dieses akribisch durchgeführte Regelwerk zeigt jedenfalls, welche Art von Organisation er sich vorstellte – gewiss jedenfalls keine „desorganisierte“. Beginnen wir bei den „apostolischen Mitteln“ dieser Organisation. Im Art. 8 der Leitung werden die apostolischen Mittel des Opus Dei vorgestellt:
1. Das Opus Dei für nach außen hin keinerlei Tätigkeiten durch; es kümmert sich ausschließlich um die Bildung seiner Mitglieder.
2. Alle apostolischen Arbeiten der Mitglieder des Opus Dei werden sich unmittelbar durch ihre offiziellen, öffentlichen Aktivitäten verwirklichen, oder durch gesetzeskonforme Vereinigungen, die nach den Umständen zu schaffen sind. Die Mitglieder werden sich immer an die Umstände von Raum und Zeit anpassen, ohne Uniformisierung.
A) Die offiziellen öffentlichen Aktivitäten
Beachten wir, was im ersten Teil des zweiten Abschnitts dieses Artikels gesagt wird: Alle apostolischen Arbeiten der Mitglieder des Opus Dei (das Werk tritt nicht in Erscheinung, als ob es gar nicht existieren würde) werden sie unmittelbar durch ihre offiziellen, öffentlichen Aktivitäten verwirklichen, oder durch gesetzeskonforme Vereinigungen, die nach den Umständen zu schaffen sind.
Die apostolische Arbeit verwirklicht sich zunächst durch die „Offiziellen öffentlichen Aktivitäten“ ihrer Mitglieder. Was bedeutet das? Worin bestehen diese offiziellen öffentlichen Aktivitäten der Mitglieder? Das wird deutlich, wenn man die anderen Artikel des Reglamento betrachtet.
So heißt es beispielsweise in Art. 1, Nr. 2 des Abschnitts Leitung: 2. Die Mitglieder üben ihr Apostolat gewöhnlich in den offiziellen Ämtern der öffentlichen Verwaltung aus, Aufträge, die sie immer mit beispielhafter Loyalität ausüben müssen. Dies wird ergänzt durch Art. 28 über den Geist: Der Geist des Werkes besteht darin, dass seine männlichen Mitglieder offizielle Ämter innehaben, in der Regel Leitungsämter.
Einmal mehr haben wir hier das Ergebnis einer angeblich übernatürlichen Inspiration: Der Geist des Werkes besteht darin, dass seine männlichen Mitglieder offizielle Ämter innehaben, in der Regel Leitungsämter. Aber bleiben wir bei unserem Thema.
Wir ziehen daraus die Schlussfolgerung, dass das Werk durch die offiziellen öffentlichen Aktivitäten seiner Mitglieder apostolisch handelt, gewöhnlich durch offizielle Ämter, in der Regel Leitungsämter.
Man könnte das in dem Sinn verstehen, dass sich das Apostolat der Institution vor allem durch seine Mitglieder verwirklicht. Wenn wir aber bedenken, dass diese keinerlei persönliche Autonomie besitzen, sondern ihren Direktoren gehorchen müssen (Usque ad mortem) als „Soldaten desselben Königs“ (Geist, 45), denn das Werk ist eine Familie und eine Miliz mit der ganzen Kampfkraft der strengsten militärischen Disziplin (Geist, 20), und wenn sie die Institution in ihrem Gewissen steuert durch das Mittel der geistlichen Leitung und der Beichte, so könnte man sich denken, dass es schwierig ist, diese berufliche Pflicht vollkommen losgelöst von der Loyalität zur Institution zu sehen, das heißt, die Direktoren handeln mittelbar durch die politischen, wirtschaftlichen, journalistischen Aktivitäten ihren Untergebenen, wie Josef Knecht deutlich gemacht hat. Calvo Serer und viele andere machten sehr wohl die Erfahrung, dass sich das Werk in ihre beruflichen Angelegenheiten eingemischt hat, wie Alberto Moncada in „Historia oral del Opus Dei”(Mündliche Geschichte des OD) ausführt.
B) Die „Legalen Gesellschaften“ oder „Hilfsgesellschaften“. Im 2. Teil des 2. Abschnitts von Art. 8 über die Leitung heißt es: Alle apostolischen Arbeiten der Mitglieder des Opus Dei werden sich unmittelbar durch ihre offiziellen, öffentlichen Aktivitäten verwirklichen, oder durch gesetzeskonforme Vereinigungen, die nach den Umständen zu schaffen sind. Die Mitglieder werden sich immer an die Umstände von Raum und Zeit anpassen, ohne Uniformisierung.
Woraus bestehen diese „Legalen Gesellschaften“?
Unter „Legalen Gesellschaften“ versteht man die so genannten Hilfsgesellschaften. Über sie handelt Art. 31 im Abschnitt über den Geist: Es ist angemessen zu bemerken, dass die Hilfsgesellschaften, von denen im Abschnitt über „Leitung“ (Art.33) die Rede ist, sollen ganz allgemeinen kulturellen oder, noch besser, wirtschaftlichen und kommerziellen Charakter haben.
Das heißt, es handelt sich um Gesellschaften unterschiedlichen Typs, die der Kultur, der Bildung, aber auch wirtschaftlichen und kommerziellen Unternehmungen gewidmet sein kann, aber auch Immobiliengesellschaften, ein breiter Fächer möglicher Unternehmungen. Das Wichtigste daran ist aber, dass diese Gesellschaften zwar nicht gesetzlich dem Opus Dei zuzuordnen sind, das das Werk nicht in ihnen handelt, dass sie wohl aber durch die Direktoren des Opus Dei kontrolliert und geleitet werden, wie Art. 33 des Abschnitts über die Leitung ausführt:
1. Diejenigen, die in jedem Land die Leitung der Hilfsgesellschaften innehaben, durch die die Mitglieder arbeiten, müssen Numerarier sein [jetzt: Eingeschriebene Mitglieder].
2. Die Direktoren dieser Gesellschaften hängen unmittelbar vom Consiliarius ab [jetzt: Regionalvikar], und auf Vorschlag des Consiliarius kann mit Zustimmung des Defensor der Vater außerordentliche Mitglieder der Kommission oder der Assessorie ernennen.
3. Alle Mitglieder des Opus Dei, die an Hilfsgesellschaften teilnehmen, sind verpflichtet, in die Leitungsfunktionen dieser Gesellschaften diejenigenPersonen zu wählen, die der Consiliarius bezeichnet, der hier im Einvernehmen mit dem Defensor handelt, nach Anhörung der Territorialkommission [Regionalkommission].
Deshalb sind die Hilfsgesellschaften grundsätzlich nicht von der Institution unabhängig – lediglich vom Gesichtspunkt der zivilen Gesellschaft aus – sie werden von einer Unternehmung kontrolliert, von de man ansonsten nichts merkt. Und diese Hilfsgesellschaften werden eigentlich als apostolische Mittel der Institution betrachtet, die einen Teil des Geistes des Werks Gottes ausmachen. So handelt die Institution „apostolisch” durch diese Hilfsgesellschaften.
Hinter alldem existieren ganz offensichtlich eine Struktur und eine wirtschaftliche Organisation. Da gibt es Stiftungen, denen die Grundstücke der Häuser, Schulen und Universitäten gehören, dazu kommen die Verlage und die Schulen selbst, Druckereien, Banken, auch Wirtschaftsunternehmen wie Finanz- oder Mineralölfirmen, eine wirtschaftliche Macht, die mit Geld und Einflussmöglichkeiten spielt und die vom Werk durch die Eingeschriebenen Mitglieder ferngesteuert wird. Und dabei beziehe ich mich nicht auf Unternehmen, die privat von Mitgliedern des Werks geführt werden, wie das seinerzeit beim Banco Popular der Fall war, bei, Rumasa, Banco Atlántico, etc., die über Stiftungen viel Geld ins Opus Dei pumpten. Die Fundación General Mediterránea (vgl. Ana Azanza, Jalifer, Angel 2) verfügte über hundert Millionen Dollar für die „apostolischen Werke“, deren Verschachtelungen einen gordischen Knoten bilden. Ich beziehe mich auf ganze Unternehmen des Opus Dei selbst, die durch von ihnen eingesetzte Strohmänner geleitet werden.
Nach der Lektüre dieses Reglamento merkt man erst, auf wie himmelschreiende Weise wir betrogen worden sind, indem wir mit der Ehrlichkeit des Gründers und seiner Direktoren rechneten, als man uns sagte, dass das Werk nichts mit der Politik oder kommerziellen Unternehmungen im Sinn habe, als sie gegenüber der Presse in diesem Sinn zugunsten der Institution gelogen haben. Jetzt haben wir allerdings im Reglamento der Pia Unio selbst den Beweis dafür gefunden, dass die Hilfsgesellschaften Teil des Geists des Opus Dei sind.
Wir finden hier eine doppelte Struktur vor. Man muss sich die Ausdrücke genau ansehen (Leitung Art. 8,2); 2. „Alle apostolischen Arbeiten der Mitglieder des Opus Dei werden sich unmittelbar durch ihre offiziellen, öffentlichen Aktivitäten verwirklichen, oder durch gesetzeskonforme Vereinigungen, die nach den Umständen zu schaffen sind. Die Mitglieder werden sich immer an die Umstände von Raum und Zeit anpassen, ohne Uniformisierung.“ Das Werk handelt im Verborgenen, nimmt an keinen gesellschaftlichen Veranstaltungen teil, es zeigt sich nicht, ja, der Name des Werkes bleibt den Außenstehenden unbekannt. (Geist, Art. 9); Aufgrund dieser kollektiven Demut der Mitglieder, die bewirkt, dass das Werk verborgen bleibt, kann sich das Werk niemals den Ruhm oder den Verdienst seiner Mitglieder zuschreiben (Geist, Art. 10). Ich möchte jetzt nicht über die Heimlichtuerei sprechen, die sich aus diesen und vielen anderen Artikeln herleitet, sondern auf das Thema der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit der Handlungen der Direktoren eingehen.
Nach diesem Plan handelt die Institution nicht selbst. Das Opus Dei führt nach außen hin keinerlei Tätigkeiten durch (Art. 8,1 über Leitung), sondern handelt im Verborgenen, immer durch seine einzelnen Mitglieder oder Tarngesellschaften; das Werk speilt somit ein doppeltes Spiel, weil es niemals öffentlich für seine Entscheidungen und Handlungen haftbar gemacht werden kann. So betrügt es seine Auxiliarinnen; die Verantwortung für eine Privatschule bleibt an deren Direktorin hängen; wenn es wirtschaftliche Malversationen gibt, machen sie die Hilfsgesellschaft und deren gesetzliche Vertreter dafür verantwortlich; wenn ein Mitglied dabei erwischt wird, wenn es Schwarzgeld ins Ausland transferiert, ist eben diese Person dafür verantwortlich, etc. Der Gründer stellte beispielsweise gegenüber den kirchlichen Autoritäten Madrids die Akademie DYA als eine Initiative Isidoros dar. Die Institution hat keine Angestellten, wie beispielsweise eine Diözese; dem Staat gegenüber stellt sie sich so dar, als bestünde das Werk ausschließlich aus Priestern, die dem Werk gegenüber in keinem Angestelltenverhältnis stehen. Die Direktoren und ranghohen Laien schalten nach Gutdünken in den Hilfsgesellschaften; es erscheint mir sehr ungerecht, dass die zivile und strafrechtliche Verantwortung für die Handlungen der Direktoren auf die gehorsamen Mitglieder der Institution zurückfallen, die oftmals gar nicht wissen, was die Direktoren hinter ihrem Rücken mit ihren Blankovollmachten anstellen.
Wirtschaftliche Struktur
Im Art. 10 des Reglamento, das ist der Teil, der den Bischöfen übergeben wurde, steht:
Art. 10
1. Die wirtschaftlichen Einnahmen des Opus Dei kommen von den Almosen der Mitglieder.
2. Die Beiträge sind stets gering zu halten, da die Ausgaben einzig der geistlichen Arbeit zugute kommen und sehr niedrig sein werden.
3. Der Rat behält keinerlei Kapital für sich.
4. Wenn die jährlichen Ausgaben geringer waren als die Einnahmen, wird die Summe dem Ordinarius der Diözese übergeben, in dem das Opus Dei seinen Sitz hat.
5. Das Opus Dei kann keine Erbschaften entgegennehmen oder unter irgendeinem Titel fromme Stiftungen akzeptieren oder Immobilien besitzen.
Der erste Eindruck, den man bei Lesen des Art. 10 hat, ist, dass dies nicht zur apostolischen Struktur der Hilfsgesellschaften passen will. Aber wenn wir uns ein wenig in die Materie vertiefen, finden wir im Anhang des Reglamento und des Ordo diese beunruhigende Verlegenheitslösung.
Tatsächlich behandelt Art. 16 des Ordo den Generalverwalter der Güter der Institution:
1. Der wirtschaftliche Teil aller persönlicher oder kollektiver Aktivitäten der Supernumerarier [das sind nach der jetzigen Nomenklatur die Numerarier] und der Numerarier [die Eingeschriebenen Mitglieder] wird zentral vom Generalverwalter besorgt, welchen der Vater nach Anhörung des Senats unter den gewählten Mitgliedern auswählt.
2. Der Generalverwalter berät den Vater und den Senat in wirtschaftlichen Angelegenheiten, er überprüft und leitet die allgemeine Buchführung und die wirtschaftlichen Unternehmungen der Mitglieder.
Es ist klar, dass es in jeder Institution einen Verwalter geben muss, der in diesem Fall die Beiträge übernimmt und für niedrige Ausgaben sorgt. Es ist auch notwendig, dass er zu seiner Unterstützung ein Team hat, wie Art. 17 des Ordo vorsieht: 1. Der Generalverwalter steht der Technischen Generalassessorie vor, die von jenen Numerariermitgliedern gebildet wird, die der Vater auf seinen Vorschlag nach Anhörung des Senats ernennt.
Allerdings wird im folgenden Art. Ordo, Nr. 18 die Verpflichtung der Mitglieder zur Armut abgehandelt: 1.Die Supernumerarier und Numerarier [jetzt: Numerarier und Eingeschriebene Mitglieder] übergeben der Technischen Generalassessorie, zur freien Verfügung, die Zinsen und da Kapital der Einkünfte aus all ihren persönlichen Tätigkeiten. Wenn es heißt „zur freien Verfügung", dann ist damit die freie Verfügung durch die Technische Generalassessorie über alle die Summen gemeint, die ihr von den Mitgliedern übergeben werden. Und heutzutage ist das Kapital, das auf diese Weise eingebracht wird, bedeutend mehr als nur ein kleines Almosen, denn die Hingabe, die im Werk verlangt wird, ist immer total.
Die Einkünfte, die aus den persönlichen und kollektiven Tätigkeiten der Supernumerarier und Numerarier [jetzt: Numerarier und Eingeschriebene Mitglieder] herrühren , auf die sich der Art. 16 des Ordo bezieht, umfasst Gehälter, Schenkungen, Zinsgewinne, Erbschaften etc. der Mitglieder, dazu dann noch die Erträge der gemeinsamen Arbeiten der Mitglieder, das heißt, der Hilfsgesellschaften. Diese letzteren sollten im Lauf der Jahre eine wesentlich größere Bedeutung erhalten.
Damit kein Zweifel bestehen kann, dass der Vater und die Direktoren es sind, die alle diese Güter verwalten, heißt es in Art. 11, Nr. 11 des Ordo von der Befugnis des Consiliarius (jetzt: Regionalvikar) wie folgt: Er hat den Direktoren der Hilfsgesellschaften die Erlaubnis zu erteilen, wenn Hypotheken zu errichten oder Veräußerungen im Wert über tausend Peseten zu tätigen sind, bis zu einem Betrag von zehntausend Peseten. Mit aller Klarheit heißt es da, dass der Regionalvikar für die wirtschaftlichen Initiativen der Hilfsgesellschaften zuständig ist. Und in Art. 13 des Ordo heißt es von den Geschäften, die ausschließlich dem Vater obliegen, in Nr. 8: Er hat die Erlaubnis für die Errichtung von Hypotheken, Veräußerungen etc. zu erteilen, die den Betrag von zehntausend Peseten übersteigen, bei allen apostolischen Werken der Mitglieder. Er ist also der Padrone, der Clanchef.
Das heißt, nicht nur der Consiliarius und der Vater bestimmen die Richtlinien dieser Hilfsgesellschaften und bestimmen über sie, sondern sie verfügen auch über deren Erlös. Zu welchem Zweck? Ganz einfach, weil die Güter und der Besitzstand dieser Hilfsgesellschaften in ihrer Mehrzahl tatsächlich Besitztümer und Fruchtgenuss des Opus Dei bedeuten. Sie befinden sich, einfach gesprochen, im Besitz des Werkes.
Verschiedene Male haben wir den Gründer mit Stolz über die das Schelmenstück reden hören, wie man die Besitztümer des Opus Dei gegen Enteignungsversuche bewahrt hat, wie sie durch die Desamortisation durch Mendizábal, die Beraubung der Jesuiten oder die Vorgangsweise gegen Orden in Frankreich und anderswo geschehen ist. Er gab zu verstehen, dass die Güter des Werkes immer in den Händen von Gesellschaften und juristischen Personen seien, sodass sie auch durch eine kirchenfeindliche Gesetzgebung nicht berührt werden könnten. Die Schelmerei besteht, hier wie anderswo, in einem Gestrüpp aus Halbwahrheiten und Lügen, die nunmehr, immerhin nach 70 Jahren, ans Licht gekommen sind. Gott sei Dank!
Das Vermögen des Werks, das in besonderen Hilfskonstruktionen geparkt ist, ist also nicht Eigentum der Kirche, und das Werk scheint nirgends als Besitzer auf. Und wenn das Geld einmal die Generalverwaltung passiert hat, verlieren sich seine Spuren, und niemand kann darüber Rechenschaft ablegen, was damit geschehen ist, während es doch das Geld der Mitglieder ist, das für die Kirche bestimmt war. Es ist also falsch, was hier steht: Wenn die jährlichen Ausgaben geringer waren als die Einnahmen, wird die Summe dem Ordinarius der Diözese übergeben, in dem das OPUS DEI seinen Sitz hat. (Reglamento, Art. 10). Wohin fließt also das Geld? Und wo bleibt die Transparenz dieser Institution?
Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass das Reglamento der Pia Unio fast nichts über die Struktur der Institution aussagt, vor allem wenn man sie mit den Ausführungen im Anhang vergleicht, die den Bestimmungen des Reglamento häufig genug widersprechen. Wir haben das für den wirtschaftlichen Bereich aufgezeigt.
Ziele der Gründung Escrivás
Wenn man die Zielsetzung dieser apostolischen Unternehmung zusammenfasst, kann man den folgenden Text aus den Lineamenta heranziehen: Dashauptsächliche Ziel ist die Heiligung der Mitglieder durch die Beachtung der Evangelischen Räte und der eigenen Konstitutionen; das Spezifikum ist die Bemühung, dass die Intellektuellen, die die Leitung der bürgerlichen Gesellschaft innehaben, sich den Geboten unsere Herrn Jesus Christus fügen, aber auch den Räten (Nr.2, zit. nach Itinerario Jurídico, S.129).
Schlussfolgerung
Meiner Meinung nach kann man, ausgehend von diesem Reglamento und seinen geheimen Zusätzen, bestätigen, dass diese Institution in heimtückischer Dunkelheit vorgeht, und dass das Charisma, das der Gründer in seiner großen Originalität geschaffen hat, darin besteht, dass die Mitglieder in die neuralgischen Punkte der Gesellschaft gelangen, wobei sie dem Werk voll und ganz verpflichtet sind, und das Ganze mit der Ausflucht, dass sie die Hingabe und Lebensweise von Ordensleuten leben, aber nach außen hin den kanonischen Stand von Säkularen aufweisen, ohne Ordensleute zu sein. Die ganze Neuigkeit und das von Escrivá entwickelte Charisma bestehen darin, keine Ordensleute zu sein, aber genau so zu leben. Dieser Geist wird durch eine Organisationsstruktur und spezifische apostolische Mittel ergänzt, deren Ziel die Erlangung von Leitungsposten in der öffentlichen Verwaltung und in der Gesellschaft ist, außerdem die Einrichtung von Hilfsorganisationen als Mittel der Einflussnahme und um politische und wirtschaftliche Macht zu erlangen, und um Geldwäsche zu betreiben. Konsequenterweise muss man sich fragen, ob diese Form des Apostolats noch etwas mit dem Evangelium zu tun hat?
Auf diese Weise gibt die Gründung Escrivás vor, Christus – und möglicherweise ihn selbst – an die Spitze der Gesellschaft zu setzen, indem es für ihn ein hingegebenes, verschwiegenes Heer einsetzt. Ich kann nicht verstehen, dass der Bischof von Madrid, Eijo y Garay, den unkirchlichen Charakter dieser Institution nicht erkennen konnte oder wollte, als er dem Reglamento und den Anhängen seine Approbation gab. Er trägt zunächst einmal die Verantwortung für diese Manipulation und alle Konsequenzen, die sich daraus ergeben haben.
Lucas