Die Gründung des Opus Dei am 19. März 1941

Gervasio, 10. Februar 2012

 

In meinem Beitrag vom vergangenen Freitag Fundación del Opus Dei: 1941 habe ich als Gründungsdatum für das Opus Dei 1941 angesprochen, da es das Jahr ist, in dem es seine erste kirchliche Anerkennung durch den Bischof von Madrid-Alcalá erhielt und nicht das Jahr der berühmten Vision vom 2. Oktober 1928. Allerdings geschah die Approbation gar nicht am 14. Februar, wie ich fälschlich angegeben hatte, denn an diesem Tag war sie nur erbeten worden; tatsächlich trägt sie das Datum 19. März 1941 (vergleiche die hier beigegebenen Faksimilia).

In eben dieser Bitte um die Approbation sagt José María Escrivá de Balaguer y Albás bemerkenswerterweise, „dass er privat eine apostolische Arbeit mit der Bezeichnung „Opus Dei” in Madrid mit dem Wohlwollen und dem Segen Eurer hochwürdigsten Exzellenz und des Ehrwürdigen Herrn Generalvikar seit dem 2. Oktober 1928 durchführt“. Dieser Tag wird hier aber nicht als „Gründungsdatum“ vorgelegt.

In Beantwortung der Eingabe Escrivás vom 14. Februar approbiert der Bischof das Opus Dei per Dekret vom 19. März 1941 als Pia Unio und bescheinigt ihm, dass es „mit großem Eifer“ begonnen worden sei und große Früchte erwarten lässt. Das Wort „gründen“ kommt ausdrücklich vor: „welches mit unserer Erlaubnis und unserem Wohlwollen im Jahr 1928 gegründet wurde und in Beachtung der diskreten Zurückhaltung, die zur höheren Ehre Gottes und für eine bessere Wirksamkeit des Werkes zu beachten ist, verfügen wir, dass ein Exemplar der Regeln, Hinweise, Anordnungen, Gewohnheiten, und Zeremoniale in unserem Geheimarchiv aufzubewahren sind.“ Aus beiden Dokumenten geht hervor, dass Eijo-Garay nach dem 2. Oktober 1928, aber noch vor Monatsende vom Wunsch Escrivás informiert worden sei, in der Diözese Madrid eine Unternehmung zu gründen und dass er um den Segen und die Erlaubnis des Bischofs ersuche.

Ein x-beliebiger Priester, der noch dazu in einer anderen Diözese inkardiniert ist, kann schließlich nicht auf eigene Initiative und Gefahr, ohne die entsprechende Erlaubnis, ein Werk „mit Eifer“ beginnen. Diese Erlaubnis ist ein juridischer Akt, der von der Approbation des Opus Dei als Pia Unio wohl zu unterscheiden ist, gem. Canon 748 des CIC, der die Approbation der Frommen Vereinigungen regelt, zusammen mit deren Normen. Wir kennen das Datum der Ermächtigung nicht, auch wenn es darüber vielleicht Aufschluss in den Archiven der Erzdiözese Madrid gibt. Dem Gründer gefiel es, so wie vielen anderen, um Erlaubnisse zu bitten, wenn sich aus der entsprechenden Konzession Erfolge ableiten ließen. Wenn kein Erfolg in Aussicht war oder absehbar war, dass der Antrag abgelehnt würde, unterließ er es einfach, und wenn es notwendig war, setzte er sich darüber hinweg. Der Erfolg bestand darin, dass man sagen konnte: Ich mache das mit der ausdrücklichen Erlaubnis vom Herrn Bischof“. Er konnte damit auch épater le burgois, Eindruck schinden, und er konnte sich sogar in Saragossa damit rechtfertigen, wenn er sagte: „Ich mache in Madrid eine priesterliche Arbeit, an der Don Leopoldo sehr interessiert ist“.  Heutzutage sind die Erlaubnisse, die das Opus Dei von Seiten der Ortsordinarien benötigt, um in ihren Diözesen zu arbeiten, minimal. Das Thema, um Erlaubnis zu bitten, reduzierte sich darauf, bei Don Juan de Borbón um die Erlaubnis nachzusuchen, den Titel Marquis zu beantragen. „Beantragen Sie ihn“, hatte er ihn wissen lassen. Jeder kann das beantragen; aber es hat schon etwas Besonderes an sich, wenn man sagen kann:

—  Don Juan har mich ermächtigt, diesen Antrag zu stellen.

Es gefiel ihm, Erlaubnisse von bedeutenden Persönlichkeiten einzuholen. Um beispielsweise nach Mexiko zu gehen, reiste er nicht einfach hin, wie der Rest der Sterblichen, nein, er tat es mit der ausdrücklichen Erlaubnis des Präsidenten der Republik.

Ich schweife ab. Der Bischof von Madrid-Alcalá ermächtigte Escrivá offenkundig nicht, eine Vision zu haben, sondern die Ermächtigung und die Genehmigung sind eine Realität nach der Vision, allerdings so früh, dass sie vor Ende 1928. Don Leopoldo kannte das Opus Dei, bevor es noch ein einziges Mitglied hatte; es gab nicht einmal noch Isidoro Zorzano, der kam erst 1930. Don Leopoldo hatte ausreichen Kenntnisse über das Opus Dei, um ihm seine Ermächtigung und Genehmigung zu erteilen, auch wenn 1928 schon lange her war. Was kannte er? Mehr, als der Gründer jedem anderen Kirchenmann zu sagen bereit war, den er traf. Er bat die einen wie die anderen um Gebete – sagen seine Biographen – für eine bedeutende Aufgabe, für die er sich verantwortlich fühlte, ohne ihnen aber hu sagen, worum es dabei ging. Diese Vorgangsweise ist typisch für Escrivá. Wir, die wir zum Opus Dei gehörten, erinnern uns gut daran, dass wir für Intentionen beten sollten, von denen wir nie erfuhren worum es ging. Alle wussten, dass es da etwas gibt. Man wusste nicht was; aber man musste es von vorn herein akzeptieren.

In seinem Beitrag La diligencia de Escrivá (Escrivás Sorgfalt) fragte sich Nicanor, warum der Gründer Jahre dem Anliegen gewidmet haben soll, Institutionen zu suchen, die das Charisma hatten, das ihm geoffenbart worden war; er ließ sich sogar aus den Niederlanden Informationen schicken, wie erzählt wurde. Ich würde sagen, dass solche Versicherungen einfach in die Hagiographien von Gründern gehören. Sie sahen sich verpflichtet zu gründen. Sie wollten selbst eigentlich gar nicht. Es war der Herr, der sie darum bat. Dieser Topos konnte bei der epischen Mystifikation der Gründung des Opus Dei nicht fehlen. Das Gleiche geschah, als er den Titel eines Marquis beantragte. Es war eine kindliche Pflicht, die er erfüllen musste, auch wenn er es nicht gerne tat und gegen seine natürliche Neigung war. Er wollte nicht gründen; aber noch weniger wollte er nach Perdiguera zurückgehen.

Dass der Bischof von Madrid-Alcalá  bereits seit 1928 mit dem Entstehen des Opus Dei befasst war, erweist sich als äußerst hilfreich, die weitere Anwesenheit Escrivás in Madrid zu rechtfertigen. Denn die Betreuung einiger sogenannter „Damas Apostolicas“ war kein Rechtfertigungsgrund, ebenso wenig wie die angebliche Abfassung einer Dissertation. Das Angebrachteste wäre es gewesen, sein „eifriges Werk“ in Saragossa auf die Beine zu stellen. Aber es war Eijo-Garay und nicht der der Ortsbischof von Saragossa, der an seinem „eifrigen Werk“ interessiert war. Dank dieses providenziellen  „eifrigen Werks“ verwandelte sich Eijo-Garay de facto in den kirchlichen Vorgesetzten Escrivás, er usurpierte die Stellung des Erzbischofs von Saragossa. Tatsächlich wurde Escrivá schlussendlich in Madrid inkardiniert, und der einzige Grund dafür war sein „eifriges Werk“.

Eijo-Garay war der große Schutzpatron Escrivás, der an den Erzbischof von Saragossa ebenso wie an den Abt von Montserrat nützliche Informationen weitergab, und ebenso an jeden, der sie haben wollte. Es gibt eine enge Zusammenarbeit zwischen Escrivá und Eijo-Garay seit dem tatsächlichen Anfang des Opus Dei. Escrivá sagte, dass man bei der Geistlichen Leitung dem Priester keine Auskunft über das „Werk“ geben dürfe; dem Bischof von Madrid-Alcalá durfte er aber so nicht kommen. Eijo-Garay leistete seinen großen „Beitrag“ – auch Ideen, Vorgangsweisen, nicht nur die Genehmigungen — zu einer Gründung, deren Existenz es rechtfertigte, dass ein Priester, der aus Saragossa gekommen war, nicht in seine Diözese zurückmusste. Er musste Eijo-Garay sehr dankbar sein.

Don Leopoldo war sich des „Geheimcharakters“ des Opus Dei bewusst, denn in Beachtung der diskreten Zurückhaltung, die zur höheren Ehre Gottes und für eine bessere Wirksamkeit des Werkes zu beachten ist, verfügen wir, dass ein Exemplar der Regeln, Hinweise, Anordnungen, Gewohnheiten, und Zeremoniale in unserem Geheimarchiv aufzubewahren sind. (Vgl. http://www.opusfrei.org/show.php?id=61) Die Approbation ist nicht in allgemeiner, sondern in spezischer Form gehalten; man beachte den Ausdruck nach eingehender Prüfung der Regeln, Hinweise, Anordnungen, Gewohnheiten, und Zeremoniale des Opus Dei.

Don Leopoldo Eijo y Garay kannte das Opus Dei gut, sogar seine dunklen Aspekte wie die „diskrete Zurückhaltung“ und die „apostolische“ Bescheidenheit der „Hilfsorganisationen“, bei denen das Opus Dei nicht offen auftrat, sondern nur in Form seiner Mitglieder, die sich unter dem Titel angeblicher persönlicher Verantwortung in öffentlichen Institutionen sowie in den Hilfsorganisationen verankern sollten. So lesen wie im Reglamento von 1941, Art. 33: 1. Diejenigen, die in jedem Land die Leitung der Hilfsgesellschaften innehaben, durch die die Mitglieder handeln, müssen Numerarier sein; das heißt, Eingeschriebene Mitglieder, eine noch geheimere Form, von denen nicht einmal die normalen Numerarier wissen, wer dazugehört. Diese Hilfsorganisationen, die von Eingeschriebenen Numerarier geleitet werden, hängen vom „Consiliarius” ab, nunmehr der “Regionalvikar”. Die Leiter dieser Geselslchaften nterstehen direkt dem, und auf Vorschlag des Consiliarius kann sie mit Zustimmung des Defensors der Vater zu außerordentlichen Mitgliedern der Kommission oder den entsprechenden Technischen Assessorats ernennen (Leitung, Art. 33, Nr. 2). Außerdem sind alle Mitglieder des Opus Dei, die an diesen  Hilfsgesellschaften teilnehmen, verpflichtet, diejenigen Personen in die Leitungsgremien zu wählen, die ihnen der Consiliarius bezeichnet (Leitung, Art. 33, Nr. 3).

Anzeichen, dass auch Don Leopoldo in das Opus Dei verwickelt war, scheint die Tatsache, dass er nach dem Ende des Bürgerkriegs verfügte, dass sich alle männlichen Mitglieder in die Blaue Division einschreiben lassen sollte, die so hieß in Anspielung auf die blauen Hemden der Falangisten, die dazu bestimmt war, im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront gegen die kommunistische Sowjetunion zu kämpfen. Da es viel mehr Freiwillige als Plätze gab, stritten sich die Kandidaten um  die Ehre, an diesem Freiwilligenverband teilnehmen zu dürfen. Escrivá erreichte schließlich, dass der abseitige Vorschlag Don Leopoldos fallen gelassen wurde. Bezeichnend ist, dass alle Don Leopoldo gehorchten, ohne gegen eine Entscheidung zu protestieren die nichts weniger bedeutet hätte als die Bestimmung und die Aktivität der entstehenden Pia Unio zu lähmen…

Diese „Ermächtigung und das Wohlwollen“ des Bischofs von Madrid-Alcalá hatte seinen Preis. Escrivá musste es ertragen – und einmal hat er es auch so ausgedrückt – dass Don Leopoldo dieses „Werk des Eifers” ebenso als sein eigenes wie das Escrivás betrachtete. Escrivá musste sehr erleichtert gewesen sein, als die „appositio manuum” von Seiten des Heiligen Stuhls kam. Der Heilige Stuhl gewährte am 11. Oktober 1943 sein Nihil obstat, dass der Bischof von Madrid-Alcalá eine Gesellschaft des gemeinsamen Lebens ohne Gelübde errichtete, in die die zukünftigen Priester des Opus Dei inkardiniert werden konnten. Wir wissen nicht – oder zumindest ich weiß nicht – auf welche Dokumente sich das Nihil obstat des Heiligen Stuhls stützte. Es wäre interessant es zu wissen - von diesem Moment an war für das Opus Dei der Heiliger Stuhl zuständig. Am 8. Dezember 1943 errichtete der Bischof von Madrid-Alcalá kanonisch die Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz. Im Opus Dei gilt das nicht als Gründungsdatum; man verlegte sich lieber auf eine Vision vom 14. Februar 1943 mit einem dürftigen Inhalt; ich habe sie in meinem früheren Beitrag kommentiert.

Wir lesen in der Wikipedia unter dem Stichwort Leopoldo_Eijo_y_Garay, 15-II-2012: Eijo Garay spielte eine besonders bedeutsame Rolle im Leben des Opus Dei und seines Gründers, Josemaría Escrivá de Balaguer. Der Gründe des Opus Dei war 1927 in die Diözese Madrid-Alcalá gekommen, um das Doktorat zu erlangen. Seit seiner Ankunft in der Hauptstadt hielt Escrivá den Bischof über seine priesterliche Arbeit und über die ersten Schritte des Opus Dei auf dem laufenden: zuerst durch den Vikar Don Juan Francisco Morán, und dann, durch die Bischöfe Marcelino Olaechea y Cruz Laplana y Laguna. Als er nach Burgos kam, nahm er durch Korrespondenz den Kontakt mit Eijo auf, um ihn über seine Situation zu informieren und ihn um Rat über einige Angelegenheiten seines seelsorglichen Wirkens zu bitten (Umgekehrt bat er seinen eigenen Bischof, den von Saragossa, nicht um Rat, als dieser in Madrid war). Nach dem Ende des Bürgerkriegs konnten sie einander schließlich treffen und direkt über das Opus Dei und die Projekte, es auszubreiten sprechen. Diese erste Begegnung war am 2. September 1939. Angesichts des Unverständnisses, das dem Opus Dei von Seiten einiger Jesuiten in Madrid sowie anderen spanischen Städten wie Barcelona oder Valencia widerfuhr, übernahm der Bischof von Madrid-Alcalá immer seine Verteidigung. Am 19. März 1941 unterzeichnete er die erste juristische Approbation, die dem Opus De zuteil wurde, als Pia Unio, und vom Juni dieses Jahres an hatte er eine interessante Korrespondenz mit dem Abt von Montserrat, Aurelio María Escarré, dem er das Wesen des Opus Dei und den Ursprung der üblen Nachrede erklärte. Als Beweis seiner Zuneigung zum Opus Dei weihte  Eijo die ersten drei Priester des Werks (außer Escrivá selbst), am 25. Juni 1944: es waren Alvaro del Portillo - 1975 der erste Nachfolger Escrivás-, José María Hernández Garnica y José Luis Múzquiz,und ebenso andere Priesterweihen der Institution in den sechziger Jahren.

Am Rande der mehr oder weniger großen Bedeutung Eijo-Garays für die Konstituierung des Opus Dei ist ein Detail bemerkenswert, das er 1941 in die approbierte Verfassung mit einfloss – ich meine das Verständnis der Beziehungen zwischen der zeitlichen Ordnung – in ihren politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen, produktiven Aspekten, in Bezug auf die öffentliche Meinung etc. – und die Rolle der Mitglieder des Opus Dei, sich dieser zeitlichen Angelegenheiten zu bemächtigen. Sowohl Escrivá als auch Eijo Garay verkündeten auf diesem Gebiet die „reine Lehre“, die sie in der Vorlesung „Öffentliches Kirchliches Recht“, Ius publicum ecclesiasticum, gelernt hatten. Vom „äußeren öffentlich-kirchlichen Recht ist heute nicht mehr die Rede; damals beschrieb es die Kriterien, nach denen geistliche und zeitliche Ordnung aufeinander Bezug zu nehmen hatten. Das Zeitliche muss sich dem Geistlichen unterordnen, der Staat der Kirche. Das ist der Hintergrund der „gesunden Lehre“, vor dem das Opus Dei entstanden ist. Der Staat muss konfessionell katholisch sein und seinen Bürgern die rechte Religion verordnen. Die Häretiker, Schismatiker oder Atheisten können bestenfalls toleriert werden, aber niemals ist ihnen dieselbe Freiheit wie jenen zuzugestehen, die die wahre Religion bekennen. So war das in Spanien seit der Zeit der Katholischen Könige; ab er obwohl Spanien offiziell katholisch blieb, zeigten sich im neunzehnten Jahrhundert erstmals Antiklerikalismus, Feindschaft gegenüber der Religion und die Entfremdung öffentlicher und privater Institutionen von der wahren Religion. Den Höhepunkt bedeutete dann, in der Republik, die Erklärung, dass Spanien keine offizielle Religion hat; dem folgten  Brandstiftungen an Klöstern und Kirchen und viele weitere Äußerungen von Kirchenfeindlichkeit. Für viele dieser Dinge machte Leo XIII. in seiner Enzyklika Humanum genus die Freimaurerei verantwortlich.

In Italien entschieden sich die Päpste dafür, eine Partei zu unterstützen – die Democrazia Cristiana — die die Macht erhielt, weil sie sich auf die Stimmen der Katholiken stützte, und das waren viele. In Spanien versucht die Asociación Nacional de Propagandistas ausgewählte Minderheiten von Katholiken, die das öffentliche, kulturelle und politische Leben kontrollieren. Was legte Escrivá Don Leopoldo Eijo-Garay zur Approbation vor? Die politische, die wirtschaftliche Macht, die Massenmedien und Massenveranstaltungen muss man in den Dienst der wahren Religion stellen. Das Opus Dei, gegründet von Escrivá und approbiert von Eijo-Garay, unterscheidet sich nicht in den Zielen, es hat lediglich eine andere Taktik; ausgewählte Minderheiten oder Massen handeln nicht als Katholiken und gruppieren sich nicht in einer katholischen Partei; sie handeln nicht konfessionell, nicht als Gruppe. Die Handlungen des Opus Dei müssen im Verborgenen ablaufen. Damit diese Demut keine Beeinträchtigung erfährt,  raten wir Mitgliedern an, über das Werk nicht mit fremden Personen zu sprechen, denen dieses Unternehmen unbekannt ist, denn da es übernatürlich ist, muss es verschwiegen und bescheiden sein. (Reglamento, Art. 12, Nr. 2, § 3). Das innere Leben und die intellektuelle Bildung sind die Mittel, welche die Mitglieder des Opus Dei anwenden, um ihre Ziele zu erreichen, lesen wir in dem Abschnitt über die “Leitung”, Art 1, Nr. 3; Das innere Leben und die intellektuelle Bildung sind die Mittel, welche die Mitglieder des Opus Dei anwenden, um ihre Ziele zu erreichen, und darüber hinaus eine Diskretion, die niemals eine Heimlichkeit darstellt, sondern die natürliche Eigenschaft eines Werkes ist, das bescheiden sein muss, weil es übernatürlich ist.

Alle apostolischen Arbeiten der  Mitglieder des Opus Dei werden sich unmittelbar durch ihre offiziellen, öffentlichen Aktivitäten verwirklichen, oder durch gesetzeskonforme Vereinigungen, die nach den Umständen zu schaffen sind, lesen wir an der gleichen Stelle, Art. 8, Nr. 2. Ihm schwebte eine Handlungsweise vor wie die der „gottfeindlichen Geheimbünde“, von denen er im Kapitel Taktik seines Weges, Pkt. 833 schreibt. wenn er das auch deshalb tut, um Christus an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten zu stellen.

Seit Karl dem Großen verfügen die Päpste über einige kirchliche Territorien, in denen sie trotz der Tatsache, dass sie über viel Macht in zeitlichen Dingen verfügten, keine großartigen Früchte der Heiligkeit unter ihren Untergebenen hervorbrachten. Könige wie der hl. Ferdinand III. von Kastilien und León oder sein Cousin, der hl. Ludwig IX. von Frankreich erreichten ebenso wenig, es sei denn, man rechnet die Eroberung von Sevilla oder die Teilnahme Ludwigs am 7. Kreuzzug dazu.

Ich erinnere mich an eine Theorie von Don Antonio González Lobato (R.I.P.), einen spanischen Priester, der die Arbeit in Mexiko begonnen hatte, ein altes Mitglied des Opus Dei, einer von denen, die Don Alvaro auf die natürlichste Weise von der Welt noch Alvaro nannten. Er hatte seine ganz persönliche Theorie, die er gerne  und immer ausbreitete, auch ohne dass man ihn darum bat: die Theorie der Aristokratien. Dieser Priester hielt sogar „Betrachtungen“, die er à la carte servierte. Man konnte ihn bitten: Bitte diese Betrachtung. Er war sogar imstande sie zu wiederholen. Die Theorie der Aristokratien war allerdings nicht Bestandteil seiner Predigt. Er verkündigte sie nur im Scherz – und trotzdem bietet sie ein beredtes Zeugnis, welche Mentalität im Werk herrschte.

In der römischen Zeit konstituierte sich die Aristokratie durch die Kriegerklasse. Diese waren es – es mussten freie Männer sein –, die Kultur und Zivilisation der Welt beherrschten. Es war die Zeit der Aristokratie des Militär, später die mittelalterlichen Ritter, der Adel an der Spitze seiner Heere. Später erschien die Universität und mit ihr die Wissenschaft, das Studium, die Weisheit: die Aristokratie der Intelligenz. Das war der Adel, der Zutritt an die Universität hatte. Von der Aristokratie der Intelligenz, die aus der Universität erwuchs, kam die absolute Aristokratie: die Aristokratie der Heiligkeit. Diese Aristokratie der Heiligkeit erwuchs aus der früheren – der universitären Aristokratie – so wie diese aus der militärischen Aristokratie. Es kommt daher der Aristokratie der Heiligkeit zu, eine neue Kultur, neue Lebensformen einer neuen Weltordnung hervorzubringen. Man braucht gar nicht darüber zu reden, dass sie – wir – vom Opus Dei die Inkarnation der Aristokratie der Heiligkeit waren. Wir waren die Heiligen.

Die Heiligen an die Macht! Die Heiligen auf die Lehrstühle! Die Heiligen in den Zeitschriften! Die Heiligen in den Vatikan! Die Heiligen in die Ministerien! Die Heiligen in alle Berufe und Positionen! Es gilt, Christus an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten zu setzen! Das Schlimme an dieser Bestrebung, die Escrivá ergriffen  hatte, war, dass wir Heiligen, abgesehen von den etwas über zwei Stunden Gebet, ausschließlich darauf trainiert waren, die Interessen den Opus Dei wahrzunehmen und auf die Menschen – auch auf die Menschen  des Opus Dei zu bergessen. Mehr noch, die Heiligkeit besteht darin, dem Opus Dei beharrlich zu dienen. So war es auch mit jener menschlichen Tätigkeit, die in der Führung des Haushalts besteht. Viele Numerarierinnen heiligen sich und stellen Christus an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten, indem sie den Haushalt führen, im speziellen Fall, dass sie unentgeltlich und beträchtlich mehr als 40 Stunden in einem Haus des Werkes arbeiten.

Was die Menschen nicht verstehen wollen, ist, dass dieser Typ Heiligkeit nur im Dienst des Opus Dei funktioniert. Mich und – jede Familie – hätte es entzückt eine Frau zu haben, die sich und uns heiligt, und, indem sie auch ihre Arbeit heiligt, Stunden über Stunden unser Zuhause pflegt und nichts dafür verlangt. Das Opus Dei wäre wesentlich beliebter, wenn es jeder beliebigen Familie oder Person, die das wünscht, umsonst Hilfe im Haushalt anbietet. Warum tut es das nicht, wenn es sich doch zum Ziel gesetzt hat, die Heiligkeit beispielsweise durch Hausarbeit verbreiten zu helfen? Wir wären ihnen sehr dankbar, und sie würden Christus an die Spitze dieser konkreten Tätigkeit setzen. Und so setzt man doch nur völlig ungerechterweise die Heiligung des eigenen Berufs mit der Arbeit für oder im Dienste des Opus Dei gleich. Und wer Hausangestellte sagt, sagt auch Architekten, Anwälte, Klempner oder Minister. Sie würden uns ihren Gehalt abgeben und uns um Erlaubnis für ihre Ausgaben bitten, denn so erfordert es die Tugend der Armut. Sie müssten sich natürlich auch zu einem bescheidenen Begräbnis, ohne Nichtigkeiten irgendwelcher Art verpflichten (Reglamento Art. 9, Nr. 1). Wenn es so wäre, wäre auch ich bereit, mich zum Mitarbeiter ernennen zu lassen, und mehr als mit allem anderen würde ich durch mein Gebet beitragen.

Wie heißt es im Reglamento, Art. 10, Nr. 2: Die Beiträge sind stets gering zu halten, da die Ausgaben einzig der geistlichen Arbeit zugutekommen und sehr niedrig sein werden.

Gervasio

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