Guilleaume: Kommentar zum Brief des Prälaten vom 2. 10. 2011

(28. November 2011)

 

Datiert mit dem Gründungstag des Opus Dei, hat Msgr. Echevarría einen ausführlichen Brief veröffentlicht, in dem er einige Aspekte der Bildung zu rechtfertigen sucht, die in der Prälatur erteilt wird und die Gegenstand einer Ermahnung durch den Heiligen Stuhl gewesen ist.

Wenn man den Brief untersucht, merkt man sofort, dass er sich nicht an die Mitglieder, sondern an die Vatikanische Hierarchie und an die spanischen Bischöfe richtet. Deshalb wurde er auch nicht in den Zentren des Werkes kommentiert, und er ist so weit weg von der Praxis im Werk, dass er viele von den Mitgliedern irritiert hat, die sich der Mühe unterzogen haben ihn zu lesen.

Ich treffe mich nach wie vor mit vielen Mitgliedern des Werkes, die nicht damit zurecht kommen, wie sehr sie betrogen worden sind. Deshalb erschien es mir angebracht, nur die Abschnitte wiederzugeben, die mir besonders bemerkenswert erschienen und einen Kommentar verdienen, den ich in roter Farbe hinzugefügt habe. Manchmal habe ich einen Satz unterstrichen, um ihn besonders hervorzuheben.

Meine Zusammenstellung scheint ein wenig umfangreich zu sein, aber ich denke, es zahlt sich aus sie durchzugehen.

Wer die Instruktionen kennenlernen möchte, auf Grund derer jene Informationen über Gewissensangelegenheiten erstellt wurden, wie sie in OpusLeaks, vorliegen, möge meinen Beitrag (vorerst nur auf Spanisch) vom 12. Februar 2010) lesen.

 

Guillaume

 

* * *

 

1. Seit die Kirche vom Herrn den Missionsbefehl empfing (vgl. Mt 28,19-20), hat sie nicht aufgehört, das Evangelium zu verkünden. Im Laufe der Jahrhunderte sind daraus viele Früchte erwachsen: dank der Gnade Gottes auch das Werk und jeder einzelne seiner Gläubigen. Wie schon zu anderen Zeiten ist auch gegenwärtig in vielen Bereichen ein markanter Prozess der Entchristlichung im Gang, der sehr schwere Verluste für die Menschheit mit sich bringt. Zweifellos befinden wie uns in einer besorgniserregenden Situation. Aber der Pessimismus, mit dem der Prälat den Brief beginnt, stellt den quälenden Mangel an Spiritualität unter den Leitern des Werkes drastisch vor Augen. Zu einer ganz ähnlichen gesellschaftlichen Situation äußert sich allerdings Gal. 5,22 f.: Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanft­mut und Selbstbeherrschung; dem allem widerspricht das Gesetz nicht.

 

Auch Benedikt XVI. leitet nun die Christen auf denselben Wegen. Die jüngst erfolgte Einrichtung des Päpstlichen Rates für die Förderung der Neuevangelisierung belegt dieses Interesse. Da es der Zweck dieses Briefes ist, sich vor dem Heiligen Stuhl zu rechtfertigen, beginnt er mit einer Schmeichelei für den Papst. Und dieser Brief ist, wie man aus seinem Inhalt ersehen kann, für den Papst und die spanischen Bischöfe geschrieben worden, um die Praxis des Werkes zu rechtfertigen, die Freiheit der Gewissen zu vergewaltigen.


4. »Der Herr hat uns mit Freiheit ausgestattet, die ein sehr hohes Gut und der Ursprung von vielen Übeln ist. Sie ist aber auch der Ursprung der Heiligkeit und der Liebe.“ [Anmerkung aus einem Familientreffen, 1963]. Die Freiheit ist nicht, wie der Gründer sagt, Ursprung der Heiligkeit, sondern Bedingung für die Heiligkeit: Dieser Text folgt einer semipelagianischen Vorstellung, die in der gesamten voluntaristischen Spiritualität Escrivás und der von ihm gegründeten Institution ständig anzutreffen ist.

Die persönliche Entscheidung unserer Antwort auf den Ruf Gottes ist – in der Kirche wie im Werk – der Grund für unsere Beharrlichkeit. Der Grund für die Beharrlichkeit muss die Liebe zu Gott sein, die Dankbarkeit für Seine Gaben und nicht, wie der Prälat andeutet, ein angestrengter Voluntarismus. Mehr noch, diese Freiheit verwirklicht sich vollkommen und er­reicht ihren ganzen Sinn allein durch die liebende Hingabe an den Willen Gottes, wie es Jesus getan hat. Mehr noch als in der Hingabe verwirklicht sich die Freiheit in der Annahme der Liebe Gottes und in der Entsprechung zu ihr.

 

5. Bei der Eingliederung in das Opus Dei geht jeder frei die Verpflichtung ein, sich bilden zu lassen, um so die Sendung des Werkes im Schoß der Kirche zu verwirklichen. Aus diesem Grund nimmt er dankbar die spezifischen Bildungsmittel in Anspruch, die der heilige Josefmaria in Treue zum Willen Gottes festgelegt hat.

Erwägen wir ernsthaft und häufig die »Pflicht, uns die Glaubenslehre gut anzueignen; die Pflicht, uns so vorzubereiten, dass man uns versteht, damit außerdem unsere Zuhörer sich nachher auszudrücken wissen«. [Hl. Josemaría, Brief 9-I-1932, Nr. 28].  Daher die Notwendigkeit, die Bildungsmittel in Anspruch zu nehmen und sie gründlich zu nützen. Man darf nicht als Pflicht auferlegen, was nach dem Gesetz der Kirche (vgl. CIC, c. 630) nur ein Angebot sein kann. Einerseits müssen die Mitglieder des Werkes ihre Christenpflicht erfüllen, sich zu bilden; andererseits muss das keinesfalls auf die Art und Weise erfolgen, die Escrivá durchsetzen wollte, um seine Jünger besser kontrollieren zu können.

 

Wie Johannes Paul II. ausführte, sind »bestimmte Überzeugungen besonders notwendig und fruchtbar, vor allem die, dass eine wahre, effektive Erziehung und Ausbildung nur dann vermittelt werden kann, wenn jeder selbst die Verantwortung dafür übernimmt und vertieft. Diese Worte verraten die Besorgnis der Leitung des Werkes darüber, dass die Mitglieder völlig motivationslos an den Bildungsmitteln teilnehmen, weil sie langweilig, matt, oberflächlich und ein Pflichttermin sind.

 

6. Zu einer gefestigten Persönlichkeit reift man heran in der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz, durch die Freund­schaften, in den verschiedensten Situationen des Lebens. Deshalb leiden auch so viele Numerarierinnen und Numerarier an psychischen Krankheiten, weil ihre Persönlichkeit in genau diesen Aspekten untergraben wird: Sie werden von ihrer Familie isoliert, man hindert sie an einem ernsthaften Studium, lässt sie ihre Arbeit aufgeben und sich internen Aufgaben oder der Arbeit in einer Privatschule des Werkes widmen; so kappt man ihre Wurzeln, erzwingt ihre Loyalität, man treibt sie von einem Ort zum anderen und hindert sie systematisch daran, Freunde zu finden.

Außerdem muss man lernen, sich lauter und rechtschaffen zu verhalten. Das ist das genaue Gegenteil von dem, worauf im Werk Wert gelegt wird. Hier überwiegt der Machiavellismus; der Wille Gottes äußert sich nicht durch das aufrechte Gewissen, sondern wird in jedem Augenblick durch die Befehle der Direktoren kundgegeben.

Gegenwärtig erscheinen uns vor allem Mäßigkeit und Starkmut von Bedeutung zu sein. Seltsam, dass ihm diese Tugenden besonders wichtig vorkommen und dass es ihm nicht vordringlicher erscheint, kluge Menschen zu bilden, die selber denken, die ihrem Gewissen folgen und gerecht, ehrenvoll sind und die Nächstenliebe leben.

 

7. Die Erfahrung zeigt, dass die Unmäßigkeit das rechte Urteil darüber erschwert, worin das wirklich Gute besteht. Wie bejammernswert sind die Menschen, bei denen die Lust das Kriterium ihrer Entscheidungen ist! Eine Person ohne Maß lässt sich von den vielfältigen Eindrücken leiten, welche die Umgebung in ihr weckt. Da so die Wahrheit der Dinge beiseite geschoben und das Glück in flüchtigen Erfahrungen gesucht wird - gerade weil sie flüchtig und rein sinnlich sind, befriedigen sie niemals ganz, sondern schaffen Unruhe und stören das Gleich­gewicht -, gerät das Geschöpf in eine Spirale der Selbstzer­störung. Im Gegensatz dazu vermittelt Maßhaltung Gelassenheit und Ruhe. Sie unterdrückt und verleugnet die guten Wünsche und edlen Leidenschaften nicht, sondern macht den Menschen zum Herrn über sich selbst. Die Herrschaft über sich selbst verleihen Nächstenliebe, Dankbarkeit, der Verzicht auf das Seine. Diese für das Opus typische Askese folgt einer voluntaristischen Ethik, keiner christlichen Moral.

 

9. Von besonderer Bedeutung ist das Interesse, eine solide Allgemeinbildung zu erlangen und zu verbreiten,  Das ist ein Bluff, denn im Werk tut man nichts  für eine fundierte Bildung, man begnügt sich mit einer oberflächlichen Firnis. die den Umständen eines jeden angemessen ist und seiner Ausbildung, dem sozialen Umfeld und den persönlichen Neigungen entspricht. Ich will mich darauf beschränken, Euch daran zu erinnern, dass dabei die Lektüre eine ebenso wichtige Rolle spielt wie das Bemühen, die der Erholung gewidmete Zeit sinnvoll zu nützen.

 

10. In den Zentren des Opus Dei und in den apostolischen Initiativen der Gläubigen der Prälatur achtet man darauf, dass die jungen Menschen es sich zur Gewohnheit machen, großzügig an die anderen zu denken, um ihnen mit Freude zu dienen. Ermutigen wir sie positiv dazu, eine Vorstellung vom Leben zu entwickeln, die sie nicht innerhalb der engen Grenzen des Kleinlichen, der Bequemlichkeit oder des Egoismus festhält. Denken wir daran, wie der heilige Josefmaria stets alle großen Ideale der jungen Menschen gefördert und wie er ihnen geholfen hat, sie auf die übernatürliche Ebene zu erheben.

Werden diese edlen Wünsche in einer Haltung der Großzügigkeit und des Opfergeistes gepflegt, dann leuchten Bedeutung und übernatürlicher Wert dieser Anstrengungen leichter ein, und es ist einfacher, diesen jungen Menschen zu helfen, im inneren Leben voranzukommen und zu tauglichen Werkzeugen Genau das will die Bildung im Werk erreichen: die Menschen instrumentalisieren und ihnen die bedingungslose Unterwerfung unter die Interessen der herrschenden Klüngel einimpfen. in den Händen Christi zu werden, um der Kirche und der Gesellschaft zu dienen.

 

13. Abgesehen von den in der Kirche üblichen Frömmigkeitsübungen, die das Opus Dei seinen Gläubigen und den Personen empfiehlt, die sich seiner apostolischen Arbeit nähern, vermittelt es ihnen eine Haltung dem Leben gegenüber, die auf der Gotteskindschaft in Christus gründet. Die ›Achse‹ oder die ›Türangel‹, um die sich das gesamte Mühen um die eigene Heiligung und die der anderen dreht, ist die berufliche Arbeit, die in Verbun­den­heit mit Jesus Christus bestmöglich zu verrichten ist, vom Wunsch getragen, den anderen zu dienen. Weder das eine noch das andere entspricht der Bildung, die tatsächlich in den Kreisen, bei den Einkehrtagen und Besinnungstagen vermittelt wird. Man spricht vor allem von Escrivá und kaum von Jesus Christus. Und praktisch nie ist von der Arbeit die Rede, vor allem deshalb nicht, weil man die Numerarierinnen und Numerarier nicht traumatisieren will, denen man ihren Beruf gestohlen und die man in interne Aufträge oder in die Privatschulen des Werkes gepresst hat.


14. Die Verbindung der Arbeit mit dem asketischen Kampf, der Kontemplation und der Aus­übung der apostolischen Sendung erfordert eine gründliche Vorbereitung. Daher bietet uns das Opus Dei Bietet es an, oder verpflichtet es? eine breite Palette an persönlichen und kollektiven Bildungsmitteln. Eines der persönlichen Bildungsmittel hat besondere Bedeutung: das brüderliche Gespräch, das wir aufgrund seines zwischenmenschlichen und vertrauensvollen Charakters auch ›Aussprache‹ nennen. Das ist eine Manipulation, denn „Confidencia“, vertrauensvolles Gespäch, suggeriert, dass der Inhalt der Besprechung vertraulich, unter vier Augen bleibt. Es ist ein ganz schlimmer Betrug, die „Aussprache“ so zu bezeichnen und dann ihren Inhalt an die Direktoren weiterzuleiten.

Schon im Neuen Testament sehen wir, wie sich der Herr der Vermittlung von Menschen bedienen wollte, um den Seelen den Weg zum Ziel der Heiligkeit zu erschließen. Als er den heiligen Paulus auf dem Weg nach Damaskus beruft, fordert er ihn auf, zu einem anderen Menschen - Hananias - zu gehen, damit dieser ihm eröffne, was er über den neuen Weg wissen muss, den einzuschlagen er im Begriff ist (vgl. Apg 9,6-18, 22,10-15). Später wird er nach Jerusalem gehen, videre Petrum, um Petrus zu treffen und von ihm viele Aspekte der Lehre und des christlichen Lebens zu lernen (vgl. Gal 1,18). Die Episode mit Ananias könnte noch als Beispiel für geistliche Leitung durchgehen. Bei Petrus stimmt das auf keinen Fall, denn Paulus wollte keinen persönlichen Rat einholen, sondern suchte nur durch Petrus die Gemeinschaft mit den Zwölfen. In der Tat ist die geistliche Leitung eine Tradition, deren Ursprung auf die Anfänge der Kirche zurückgeht.

Im Opus Dei soll diese geistliche Hilfe es den Menschen erleichtern, sich treu den Geist anzueignen, den unser Gründer von Gott empfangen und an uns weitergegeben hat und den die Kirche als einen Weg zur Heiligkeit bezeichnet hat. [Vgl. Johannes Paul II., Apost. Konst. Ut sit, 28-XI-1982]. An dieser Stelle beginnt er die Bedeutung von geistlicher Leitung zu verwirren, die nicht als Hilfe präsentiert wird, damit der Betroffene den Willen Gottes ihn betreffend erkennen möge, sondern als Mittel, seine Persönlichkeit so zu fomen, dass sie im Einklang mit den Interessen der Institution steht.

 

15. Der heilige Josefmaria erklärte stets, dass im Opus Dei die persönliche geistliche Leitung in actu erteilt wird, das heißt in dem Augenblick, in dem dieses Gespräch stattfindet. Das wurde immer dann angeschnitten, wenn  man unterstreichen wollte, dass der geistliche Leiter nur ein Werkzeug der Institution ist. Das soll so viel heißen wie dass es nicht die Organisation ist, die die geistliche Leitung erteilt, denn das hat der Heilige Stuhl verboten. Deshalb all diese Verrenkungen.

Dabei geht es darum, Rat und Hilfe zu erhalten, um im christlichen Leben voranzukommen. Unser Vater verglich die geistliche Leitung bisweilen mit der Aufgabe eines Bruders, der sich um das Wohl seiner jüngeren Geschwister kümmert, oder eines treuen Freundes bzw. einer Freundin, die sich vom Wunsch leiten lassen, andere einzuladen, bessere Christen zu werden. Die Aussprache ist ein Zwiegespräch von Bruder zu Bruder, nicht eine Unterredung des Untergebenen mit seinem Vorgesetzten. Im Werk ist es aber niemals so gewesen, denn  hier muss man sein Gewissen denen offenbaren, die einem die Direktoren bezeichnet haben. Diejenigen, die diese Aussprachen entgegennehmen, handeln mit außergewöhnlichem Takt, der die Frucht ihrer ausschließlichen Sorge um das innere Leben und um das apostolische Wirken ihrer Geschwister ist. Niemals werden sie versuchen, auf andere als geistliche Angelegenheiten - etwa solche beruflichen, sozialen, kulturellen oder politischen Charakters - Einfluss zu nehmen. Aber was soll das heißen? Immer wurde gesagt, dass man alle diese Aspekte der Berufung zum Opus Dei unterordnen müsse. Soll man etwa nicht um Erlaubnis bei der Lektüre bitten, bei der Benützung von Fernsehen und Internet, bei Reisen zu Familientreffen oder bei gesellschaftlichen Verpflichtungen? Ist es nicht eine der Verpflichtungen, die man vor Ablegen der Fidelitas eingeht, dass man jedesmal fragen wird, wenn man eine berufliche oder gesellschaftliche Entscheidung von einiger Bedeutung treffen wird?

Im Werk wird die Trennung zwischen Ausübung der Jurisdiktionsgewalt und geistlicher Leitung praktisch unter anderem dadurch sicher­gestellt, dass diejenigen, die Aussprachen der geistlichen Leitung entgegennehmen - die lokalen Leiter Damit gibt er zu, dass seiner Ansicht nach die geistliche Leitung in die Kompetenz der Örtlichen Direktoren fällt und dass sie nicht etwas ist, worüber jedes Mitglied in persönlicher Freiheit entscheiden könnte. und einige andere, entsprechend vorbereitete Gläubige sowie die Priester bei der Feier des Bußsakraments - keinerlei Lei­tungsgewalt über die betreffenden Personen besitzen. Das ist jetzt ganz falsch; die Statuten der Prälatur legen fest, dass die Leitung des Werkes eine lokale Ebene aufweist, die von den lokalen Direktoren gebildet wird (vgl. Art. 161). Außerdem kann man im Inhaltsverzeichnis des Vademecum del Gobierno local (Rom, 19.III.2002) nachlesen, dass sich die Zuständigkeit dieser Direktoren nicht auf organisatorische Belange beschränkt, sondern dass sie sich auf auf persönliche Dinge erstreckt, wie die Erlaubnis, Reisen zu unternehmen, Ausgaben zu tätigen, Fernsehen oder Telefon zu benutzen, und selbst wenn man annimmt, dass wahr wäre, was hier behauptet wird – was es aber nicht ist – wäre es egal, ob die Direktoren Leitungsgewalt besitzen oder nicht, denn im Hinblick auf die geistliche Leitung teilen sie deren Inhalt den höheren Direktoren mit und führen deren Anweisungen aus.

Die örtliche Leitung bezieht sich, soweit sie juridische Befugnisse mit sich bringt, nicht auf Personen, sondern allein auf die Organisation der Zentren und der apostolischen Aktivitäten. Auch das ist falsch: Man muss also nicht den Leiter fragen, wenn man abends weggehen will, eine Fernsehsendung ansehen, sich etwas kaufen, eine Dienstreise mache will? Was sagt er da? Hält er die Menschen für dumm? Damit wird er nur noch erreiche, dass alle Numerarierinnen und Numerarier, die noch keine Sedativa einnehmen, jeden Respekt vor dem Direktor verlieren. Deshalb wurde dieser Brief auch so weit wie möglich vor dem Mitgliedern geheimgehalten; er dient der Rechtfertigung vor der Hierarchie der Kirche, und es liegt nicht in ihrem Interesse, dass die Mitglieder des Werkes davon erfahren. Die Aufgabe der lokalen Leiter im Hinblick auf ihre Geschwister besteht darin, ihnen brüderlichen Rat zu erteilen. Das ist falsch. Daher fallen die Aufgaben der Jurisdiktion und der geistlichen Hilfe nicht in ein und derselben Person zusammen. Genau das ist allerdings der Fall, und das hat man dem heiligen Stuhl in Form einer Anzeige zur Kenntnis gebracht; und statt zu gehorchen, schickt man diese Lüge aus, um dem Vatikan Sand in die Augen zu streuen. Mit Aussagen wie dieser zeigen sie, dass sie nicht bereit sind zu gehorchen. In der Prälatur ist Grundlage der Leitungsgewalt über Personen einzig und allein die Jurisdiktion, die dem Prälaten und seinen Vikaren zukommt. So steht es aber nicht in den approbierten Statuten, wo verfügt wird, dass aller Leitungsebenen an der Leitungsgewalt der Prälatur Anteil haben, dass die unteren Leitungsebenen ihre Leitungsgewalt vom Prälaten übertragen bekommen haben und dass sie sie als seine Mitarbeiter übertragen bekommen haben.

Eine andere Frage ist es, ob die Natur dieser Machtbefugnis oder Jurisdiktion als hierarchische Herrschaft über die Personen zu verstehen ist, soweit die die Praxis der Evangelischen Räte Armut, Keuschheit und Gehorsam betrifft. Darüber haben sie sich aber keine Rechenschaft abgelegt: Nachdem sich der Gründer mit solchem Eifer bemüht hatte, sich durch die schließlich erlangte Rechtsfigur der Personalprälatur der Jurisdiktion der Bichöfe zu entziehen, hat die Prälatur nunmehr jenen Status der Obrigkeit gegenüber ihren Gläubigen verloren, den sie als Säkularinstitut hatte. Jetzt hat der Prälat lediglich die Jurisdiktionsgewalt über die in der Prälatur inkardinierten Priester, allerdings nicht hinsichtlich der persönlichen Aspekte dieser Priester – und über die Teilnahme der Laienmitglieder an den Apostolaten der Prälatur. Aber der Prälat kann, ebenso wenig wie dies ein Diözesanbischof tun kann, Verfügungen hinsichtlich Armut, Keuschheit und Gehorsam der Personen treffen. Das wäre eine Leitungsgewalt, wie sie die Oberen religiöser Orden ausüben.

Was hat also das Opus Dei anzubieten? Im Wesentlichen geistliche Leitung für seine Gläubigen und andere Personen, die darum bitten. Das ist falsch, denn den Gläubigen wird die Leitung nicht angeboten, sondern aufgedrungen unter dem Vorwand, sonst hätten sie keinen guten Geist. Da wir als Gläubige der Prälatur danach streben, uns persönlich zu heiligen und die Sendung des Opus Dei in der Kirche zu verwirklichen, haben wir normalerweise nichts dagegen, Was redet er da? Wer nicht bereit ist, sich der geistlichen Leitung zu unterwerfen, wird genötigt zu gehen. mit denjenigen zu sprechen, die von den Leitern benannt werden - auch wenn es sich um jemand Jüngeren handelt –, Abgesehen davon, dass wir nichts dagegen haben mit denjenigen zu sprechen, die von den Leitern benannt werden, weil wir heilig werden wollen, ist dies eine Art der Nötigung, uns dazu zu veranlassen, unsere Intimität preiszugeben. Und dies hat Leo XIII. in seinem Dekret Quemadmodum verboten, und ebenso verbieten das Canon 530 des Codex von 1917 und Canon 630 des Codex von 1983: Den Oberen ist es verboten, auf irgendeine Weise die Mitglieder zu veranlassen, ihr Gewissen offenzulegen (CIC, C. 630 § 5). wobei wir stets in voller Freiheit Wie kann es eine volle Freiheit geben, wenn es darauf hinausläuft zu behaupten, dass dies die ganz besondere Aufgabe dessen sei, der sich heiligen will, und wenn sie uns in den Bildungsmitteln drängen, dass wir die Aussprache pünktlich machen sollen, mit der uns zugewiesenen Person und mit wilder Aufrichtigkeit? und im Glauben an die Gnade Gottes handeln, die sich menschlicher Werkzeuge bedient. Das brüderliche Gespräch ist keine Offenlegung des Gewissens. Genau darum geht es. Man spricht nicht mit einem geistlichen Leiter, sondern mit einem Direktor des Werkes oder einer von ihm beauftragten Person, die über das Gehörte Rechenschaft ablegen muss. Und wenn man das noch so oft gegenüber dem Heiligen Stuhl abstreitet, so hat man es immer gemacht, wie aus den Las experiencias sobre el modo de llevar charlas fraternas (Erfahrungen über die Art, das brüderliche Gespräch zu machen) hervorgeht, jenen Heften, die man in einer Blitzaktion aus den Zentren entfernt hat, als der Heilige Stuhl diese Vorgangsweise ausdrücklich untersagte, damit nicht ans Licht dringt, dass man das immer schon so gemacht habe; genau aus diesem Grund hat man auch bei einem spanischen Gericht erwirkt, dass Opuslibros umgehend diese und andere interne Dokumente von seiner Website entfernt, nachdem sie hier sieben Jahre lang zugänglich waren und das Opus Dei kein geistiges Eigentum an ihnen reklamiert hat – sie sind übrigens weiterhin unter der Adresse http://www.opus-info.org/images/DocumentosOpusDei.zip  zugängig. Wenn man uns im Rahmen dieser geistlichen Leitung nach etwas fragt - und es kann manchmal gut oder sogar notwendig sein, dass man uns fragt -, wird dies mit großem Takt geschehen, denn niemand ist dazu verpflichtet, in der Aussprache etwas zu sagen, was Gegenstand der Beichte ist. Ich habe Direktoren des Generalrates das genaue Gegenteil sagen hören: dass wie uns nicht mit I-Pünktchen abgeben sollen und Unterscheidungen treffen zwischen dem, was wir in der Beichte und was wir in der Aussprache sagen.

Alles, was ich hier schreibe, wird Euch, meine Töchter und Söhne, selbstverständlich erscheinen. Was für ein Zynismus!  Es erscheint den Söhnen und Töchtern verwirrend, viele sind verärgert. Gleichwohl wollte ich es vor dem Hintergrund einer Gesellschaft in Erinnerung rufen, die sich heute, was den Respekt der Intimsphäre der Menschen betrifft, besonders sensibel zeigt, auch wenn auf der anderen Seite in bestimmten Kreisen ein großer Mangel an Scham und an Achtung vor dem Privatleben anderer herrscht. Uns allen hat man schon bei den ersten Kontakten mit dem Werk erklärt, dass wir nicht auf die Idee kommen sollten - und das tun wir auch nicht -, die Person, die unsere Aussprache entgegennimmt, ›meinen geistlichen Leiter‹ zu nennen. Der Grund dafür liegt schlicht und einfach darin – ich sage es nochmals –, dass es im Werk einen solchen Perso­na­lismus nicht gibt und auch nie gegeben hat. Genau hierin liegt das Problem: Das Werk als Institution führt die geistliche Leitung seiner Mitglieder durch. und eben das ist von der Kirche verboten, denn nur Gott kann auf die Gewissen Einfluss nehmen.   Wer eine Aussprache entgegennimmt, vermittelt den Geist des Opus Dei ohne Zusätze Wenn es nur so wäre, so wäre das sehr gut. Das Problem besteht aber darin, dass derjenige, der die Anweisungen weitergibt, auch seinerseits die vertraulichen Mitteilungen seines Gesprächspartners an die Direktoren weitergibt; wer den Auftrag hat, diese Hilfe anzubieten, tritt in den Hintergrund, um die Seelen – im Rahmen der Merkmale unseres Weges – vor den Herrn zu stellen. Ganz falsch: Er tritt in den Hintergrund, um zum Transmissionsriemen für das zu werden, was die Direktoren anordnen, und um die Informationen der Geleiteten an die Leiter weiterzugeben. Und dieser Weg des Werkes ist, wie unser Vater sagte, »sehr breit. Man kann auf ihm rechts oder links gehen; auf dem Pferd reiten oder mit dem Fahrrad fahren; auf den Knien rutschen oder auf allen Vieren krabbeln wie in eurer Kinderzeit; man kann auch den Straßengraben entlang gehen, immer vorausgesetzt, dass man vom Weg nicht abkommtDas stimmt nicht; wer auch nur im geringsten von der Verhaltensweise abweicht, die man von ihm erwartet, wird gezwungen zu gehen; „In einem Werk Gottes muss das der Geist sein, dass man gehorcht oder geht“, sagte der Gründer in Nr. 941 des „Weges“.

Zusätzlich zum brüderlichen Gespräch suchen wir - normalerweise wöchentlich - einen Priester auf, um die mit der sakramentalen Beichte verbundene geistliche Hilfe zu erhalten. Wenn man im Zusammenhang mit der Beichte von einer geistlichen Hilfe spricht, rückt man die sakramentale Gnade in den Hintergrund, die zweifellos die größte Hilfe ist, die der Büßende sucht. Der Prälat sucht hier allerdings ganz im Gegenteil die Zuweisung von Beichtvätern im Werk als Mittel zu präsentieren, um sich den Geist des Werkes anzueignen. Aber nein, Herr Prälat: Die Beichte dient der Vergebung der Sünden. Und wenn sie im Werk als Mittel gebraucht wurde, den Gläubigen der Institution zu unterwerfen, so ist das ein offenkundiger Missbrauch. Es ist naheliegend, Und indem er das sagt, unterdrückt er bereits die Freiheit, die die Gläubigen im Werk angeblich haben, um zu beichten bei wem sie wollen. Denn wenn unbestreitbar ist, dass die Priester vom Werk ihnen am besten helfen können, gibt es bereits keine solche unbefangene Freiheit mehr zu wählen, wen man will. Außerdem ist es gar nicht so sicher, dass die vom Werk wirklich die beste Eignung haben, denn tatsächlich sind sie zeimlich mangelhaft ausgebildet, denn ihre Vorgesetzten leiten sie während  des Studiums an allen Aspekten der christlichen Lehre vorbei, die sie in Konflikt mit der Praxis der Prälatur bringen könnte. dass uns die Beichtväter helfen, die für die einzelnen Zentren bestimmt werden. Sie sind geweiht worden, um an erster Stelle ihren Schwestern und Brüdern in voller Verfügbarkeit zu dienen, und sie sind - weil sie denselben Geist kennen und leben - dafür gerüstet, uns zu orientieren, niemals um zu befehlen. Pardon: In der Kirche ist es kein Verbrechen, wenn die Hirten befehlen, denn das kirchliche Amt – munus – ist ein dreifaches, das Priester-, Lehr- und Hirtenamt. Es ist noch kein Klerikalismus, wenn jemand Pfarrer, Weihbischof oder Bischof ist. Im Gegenteil, es ist eine kirchliche Anomalie, wenn der priesterliche Dienst auf eine sonst im Kirchenrecht nicht vorgesehene Weise der Leitung durch Laien unterworfen werden sollte, wie es im Werk üblich ist. Ähnlich verhält sich, wer seinen Hausarzt – falls er einen hat – aufsucht, statt zu einem unbekannten Arzt zu gehen. Das ist nur noch dumm; den Hausarzt sucht sich der Betroffene selbst aus, er wird ihm nicht aufgenötigt; und wenn er sich einen anderen suchen will, dass tut er das eben. Dieser Prälat hält die Gläubigen des Opus Dei für Idioten.

Zugeich genießen die Gläubigen der Prälatur – das hat der heilige Josefmaria stets klar betont – wie alle Katholiken volle Freiheit, bei jedem beliebigen Priester, der Beichtbefugnis hat, zu beichten oder mit ihm zu sprechen. Ihr werdet überrascht sein, dass ich euch an diese so klare Wahrheit erinnere. Ich möchte sie eigens erwähnen, weil sie vielleicht manchen Personen weniger bekannt ist, die vom Opus Dei und vom Geist der Freiheit nichts wissen, der den Jüngern Jesu Christi eigen ist. Dieser Paragraph zeigt deutlich, dass sein Zweck die Verteidigung gegenüber dem Vorwurf unchristlicher Praktiken ist. Außerdem hat unser Vater verfügt, dass es gewöhnlich verschiedene Personen sind, die unsere Aussprache entgegennehmen und unsere Beichte hören. Da hat ihm das Unterbewusstsein einen Streich gespielt; wenn er das erwähnt, gibt er zugleich zu, dass im Werk der Gründer verfügt hat, wer uns betreuen soll. Nein, sehen Sie, in der Kirche muss sich da jeder selber umsehen. Es ist sehr gut, dass das Werk Beichtväter und geistliche Leiter anbietet, damit sich die Menschen, die das wollen, an sie wenden, wann und wie sie das wollen. Aber die Kirche lässt es nicht zu, dass eingeteilt wird, bei wem die Mitglieder beichten und von wem sie die geistliche Leitung empfangen müssen.

17. Die geistliche Leitung erfordert bei den Menschen, die sie empfangen, den Wunsch, in der Nachfolge Christi voranzukommen. Sie sind in erster Linie selbst daran interessiert, mit der angemessenen Häufigkeit diesen Impuls zu suchen, Das geschieht in der Prälatur allerdings nicht, denn sie schreiben dir die Häufigkeit des Gesprächs vor und erinnern dich daran. Es sollte auch der Heilige Geist sein, der dazu drängt, um Rat zu bitten. Tatsächlich hat jeder Mensch die Pflicht, seine Intimität zu schützen, denn man ist Person in dem Maß, wie man Intimität besitzt, und die teilt man nur dem mit, dem das zugehört. Die Intimität des Gewissens gehört nur Gott an, und deshalb darf man, im Gegensatz zu dem, was im Werk gelehrt wird, sein Gewissen nur offenbaren, wenn man es für angebracht hält, um Rat zu fragen, weil man den Willen Gottes beser kennenlernen will, und nur insoweit es dafür nötig ist. indem sie ehrlich ihr Herz öffnen, Die Aufrichtigkeit in Gewissensangelegenheiten muss sich auf das beschränken, worum man um Rat fragen will, sie kann sich nicht auf eine erschöpfende und bedingungslose Auskunft über das Innenleben beziehen, wie man den Mitgliedern des Werks einschärft, indem der Name Gottes missbraucht wird und die Direktoren sich ein Recht anmaßen, das nur Gott zukommt, nämlich über das Innere der Person zu befinden. so dass man ihnen Ziele vorschlagen und mögliche Abwege aufzeigen, sie in schwierigen Momenten ermutigen und ihnen Trost und Verständnis zusprechen kann. Vorschlagen und vor möglichen Gefahren warnen, das ist Gegenstand der geistlichen Leitung. Aber zu ermutigen, Trost und Verständnis zuzusprechen, das ist Gegenstand der Psychotherapie, und indem man im Werk die Menschen an diese Unterstützung gewöhnt, schafft man Personen, die emotional und psychisch von der Institution abhängig werden. Jeder einzelne muss diese emotionale Hilfe, wenn er sie denn braucht, suchen, bei wem er will, bei einem Familienangehörigen, einem Freund, eben in der geistlichen Leitung etc. Aber die geistliche Leitung in Psychotherapie zu vewandeln ist ein Mittel, Menschen von der Institution abhängig zu machen. Deshalb handeln sie mit Eigeninitiative und Verantwortlichkeit. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Mehrzahl der Mitglieder des Werkes verwandelt sich in Personen ohne echte Kreativität, die ihre moralische Verantwortlichkeit in den geschuldeten Gehorsam umbiegen – und deshalb begehen sie echte Verbrechen gegen die Nächstenliebe und gegen die Gerechtigkeit, so wie Silas im „Da Vinci Code“, ohne sich dadurch moralisch erschüttern zu lassen. »Der Rat eines anderen Christen und besonders – was die Fragen der Moral und des Glaubens angeht – der Rat eines Priesters ist sicherlich eine wesentliche Hilfe, um zu erkennen, was Gott in einer bestimmten Situation von uns will. Aber ein Ratschlag schaltet niemals die persönliche Verantwortung aus; die Entscheidung liegt letztlich bei jedem Einzelnen von uns, und wir selbst haben sie persönlich vor Gott zu verantworten.«  [St. Josefmaría, Gespräche, Nr. 93] So sollte es sein, aber so ist es im Werk nicht, wo man uns immer gesagt hat, dass wir in Gewissensangelegenheiten den Direktoren gehorchen müssen, die für uns der Weg sind um den Willen Gottes zu erfahren – eine häretische Lehre, die in dem irrigen Slogan gipfelt: Wer gehorcht, irrt sich nie.

In der geistlichen Leitung müssen wir, um dem Wirken des Heiligen Geistes zu entsprechen, um geistlich zu wachsen und mit Christus eins zu werden, die Tugenden der Aufrichtigkeit und der Fügsamkeit pflegen, die die Haltung der gläubigen Seele gegenüber dem Heiligen Geist kennzeichnen. Ja, gegenüber dem Heiligen Geist. Aber, bitte, nehmen Sie nicht schon wieder zu eitlen Zwecken den Namen Gottes in den Mund, um den eigenen Gläubigen die Aufrichtigkeit und Fügsamkeit gegenüber den Direktoren als angebliche Aufrichtigkeit und Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist einzuhämmern. Das war die Empfehlung, die der heilige Josefmaria allen Gläubigen gab, ob sie nun dem Werk angehören oder nicht: »Ihr kennt eure Pflichten als Christen gut genug, um den Weg zur Heiligkeit ruhig und beständig gehen zu können; ebenso seid ihr vor den meisten Schwierigkeiten schon auf der Hut, denn sie werden bereits am Anfang des Weges erkennbar. Nun möchte ich euch ans Herz legen, dass ihr die Hilfe und Anleitung durch einen Seelenführer sucht, Ein Seelenführer, in Ordnung. Das widerspricht nicht der Lehre der Kirche. Aber das bedeutet nicht automatisch, dass er vom Werk sein muss, dass ihn die Direktoren festsetzen und dass das Gespräch mit ihm eine festgesetzte Regelmäßigkeit haben muss. und ihm alles an­vertraut: den Wunsch nach Heiligkeit, die alltäglichen Fragen eures inneren Lebens, die Siege und die Niederlagen. Nein, und nochmals nein: Einem geistlichen Leiter offenbart man, was nötig ist um einen Rat zu erbitten, wenn wir erkannt haben, dass wir einen Rat brauchen. Das Übrige sind Dinge, die wir Gott im Gebet sagen, und nur ihm.

Bei der geistlichen Leitung sollt ihr immer sehr aufrichtig sein: Sagt alles, Wenn es darum geht, alles zu sagen, was nötig ist, damit man uns den Rat gibt, den wir erbeten haben, dann ist das so in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, was im Werk verlangt wird, dass man nämlich den Direktoren seine Intimitäten enthüllt. öffnet die Seele ganz, unumwunden und ohne Angst. Sonst wird der anfangs ebene und gerade Weg immer verschlungener, und was erst nur eine Kleinigkeit war, wird schließlich zu einem erstickenden Brocken

Und im Einklang mit den Lehren der Kirchenväter und geistlichen Schriftsteller sowie gestützt auf die Erfahrung vieler Jahre pastoraler Tätigkeit, sagte er mit Nachdruck: »Wenn der stumme Teufel sich in eine Seele einschleicht, dann verdirbt er alles. Wirft man ihn hingegen sofort hinaus, dann ist alles gewonnen; wir sind glücklich, und unser Leben verläuft in geordneten Bahnen. Seien wir immer geradezu wild aufrichtig, freilich dabei auch klug und taktvoll[ St. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 15]. Kein Kirchenvater, kein rechtgläubiger geistlicher Autor hat so etwas gelehrt. Die eine Angelegenheit ist die Beichte, in der man sich der schweren Sünden der Zahl und der moralischen Qualität nach anklagt; und etwas anderes ist es, aufrichtig die notwendigen – und zwar nur die notwendigen - Grundlagen darzulegen, wen  man in einem Zweifelsfall um Rat bittet. Eins der grundlegenden Probleme im Werk besteht darin, dass sich der Gründer niemals in seine theologischen Studien vertieft hat (wie beispielsweise Giancarlo Rocca aufgezeigt hat), im Unterschied zur Mehrzahl seiner Kommilitonen im Priesterseminar in Saragossa; er wollte in Theologie kein Baccalaureat, Magisterium oder Doktorat ablegen, sondern hat in seinem letzten Jahr im Seminar in Zivilrecht immatrikuliert, und diesen Studien widmete er sich in jenem Sommer, bevor er zum Diakon und zum Priester geweiht wurde, und davon lebte er, indem er Unterricht in der Academie Amado erteilte, in jenen zwei Jahren, als er ohne Amt und Würden in Saragossa lebte, nachdem er die Pfarrstelle in Perdiguera verlassen hatte, und mit der Ausrede, in Madrid aus Zivilrecht zu dissertieren, verließ er seine Diözese; die theologischen Studien hat er niemals ernstgenommen. Eine der schmerzvollsten Enttäuschungen von uns Studenten, die wir nach Rom gingen, um uns zu guten Theologen ausbilden zu lassen, war, dass sie uns niemals in Ruhe ernsthaft studieren ließen und dass sie uns auch keine geeigneten Bücher zur Verfügung stellten. Wenn sich jemand im Werk besondere Kenntnisse in einem Fach erworben haben sollte, dann deshalb, weil er sich selbst darum gekümmert hat und den diesbezüglichen Ratschlägen der Direktoren nicht gefolgt ist. Der Herr gießt seine Gnade in reichem Maß über die Demut derjenigen aus, die mit übernatürlichem Blick die Ratschläge der geistlichen Leitung empfangen und in dieser Hilfe die Stimme des Heiligen Geistes sehen. In diesen Worten verdichtet sich der Anschlag gegen das zweite Gebot des Dekalogs, wie es in der Praxis des Opus ständig geschieht: Die göttliche Gnade wird davon abhängig gemacht, dass man einige menschliche Ratschläge als göttliche Eingebung betrachtet, während sie der Betroffene nur dann befolgen sollte, wenn er sie in seinem Gewissen als zutreffend beurteilt hat. Nur wahre Fügsamkeit von Herz und Verstand ermöglichen den Fortschritt auf dem Weg der Heiligkeit.

18. Ich möchte nun auf die Eigenschaften dessen eingehen, der anderen durch die geistliche Leitung beisteht. In erster Linie muss er die anderen lieben, so wie sie sind, und ausschließlich ihr Wohl suchen. Genau darin besteht das Problem; wenn Msgr. Escrivá davon spricht, dass er das Wohl der Person im Auge hat, die sich leiten lässt, so deshalb, so antwortet er damit nur auf den Vorwurf, dass dieses ganze System, das die Gewissen kontrolliert, eben nicht dem Wohl der betreuten Personen dient, sondern lediglich den Interessen der Institution. Andererseits muss er sich sorgfältig und auf die bestmögliche Weise darauf vorbereiten, den Dienst der geistlichen Leitung auszuüben. Er hat die Grundprinzipien des geistlichen Lebens, das die Seelen gewöhnlich durchlaufen, zu kennen und er muss auf kluge Weise zweifeln - das heißt, er darf sich nicht allein auf sein eigenes Urteil verlassen -, wenn besondere Situationen auftreten. In solchen Fällen wird er nicht nur mehr beten, sondern darüber hinaus vom Heiligen Geist mehr Licht erbitten, um die Angelegenheit zu studieren und ihr auf den Grund zu gehen. Wenn es notwendig ist, können, im Einklang mit den Grundsätzen der Moral, erfahrenere Personen um Rat gefragt werden. Diese Schutzbehauptung wird getroffen, um die im nächsten Absatz angesprochene Weitergabe von Gewissensinformationen im Opus Dei zu bemänteln – darauf das hier erwähnte moralische Prinzip anzuwenden, ist eine ungeheuerliche Lüge.

Man stellt dann die Anfrage als hypothetischen Fall dar und wandelt die Umstände so ab, dass - um die Verschwiegenheit streng [zu – hier ist dem diensthabenden Numerarier, der diese Lüge übersetzen musste, die Grammatik hinuntergerutscht] wahren – Aber nein, Echevarría, es handelt sich um keine Amtsverschwiegenheit, die unter bestimmten, schwerwiegenden Umständen auch aufgehoben werden könnte, sondern es handelt sich um das unverletzliche Geheimnis des Gewissens, wie Joseph Ratzinger in „Das Salz der Erde“ ausgeführt hat:  „Es handelt sich nicht um Beichten im strikten Sinn des Wortes, aber der Inhalt fällt in den Bereich des Gewissens, und deshalb muss er wie ein Beichtgeheimnis gewahrt bleiben.“ die Identität des Betreffenden in keiner Weise geoffenbart wird.

Im Werk haben wir schon immer gewusst und waren damit ausdrücklich einverstanden, dass die Person, mit der man das brüderliche Gespräch führt, den jeweiligen Leiter, wenn es angebracht scheint, um Rat fragen kann, um dem Betreffenden besser helfen zu können. Dieser Satz setzt voraus, dass bekannt ist, dass es im Werk üblich ist, in der geistlichen Leitung gewonnene Daten gegenüber den Vorgesetzten auszubreiten und zu kommentieren, und er zeigt, dass sie nicht bereit sind diesen Missbrauch zu beenden. Dass sie dies nicht anerkennen, ist ein schwerwiegender Eingriff gegenüber dem Recht auf Intimität, weil es das Geheimnis des Gewissens enthüllt, ein Bereich, der ausschließlich Gott vorbehalten ist.  Außerdem ist es entsetzlich, dass diese Praxis, das Gewissensgeheimnis zu verletzen, auch angesichts der Anzeige beim Heiligen Stuhl auf diese Weise zu verteidigen, indem man es auf eine Weise darstellt, die nicht der Realität entspricht. Denn so weiß außer denen, die die geistliche Leitung erteilen, niemand etwas davon, dass Informationen über Gewissensangelegenheiten ohne die Erlaubnis der Betroffenen den Oberen weitergegeben werden. Wir wussten über diese Weitergabe von Gewissens­angelegenheiten jedenfalls nichts. Damit in solchen Situationen - die weder laufend noch häufig vorkommen werden - der Geist der Freiheit und des Vertrauens noch besser zum Ausdruck kommt, fragt die Person, die die Aus­sprache hört, den Betreffenden, ob er selbst bei einem Leiter Rat suchen möchte oder ob es ihm lieber ist, dass dies derjenige tut, der die Aussprache entgegennimmt. Auch das ist falsch. Allerdings sagen sie seit einigen Monaten auf das Drängen des Heiligen Stuhls hin, dass das, was in der Aussprache mitge­teilt wurde, nicht den Direktoren weitergesagt werden dürfe, die Ausrede, dass man die Person, die die Aussprache macht, einlädt, es den Direktoren zu sagen, wenn etwas Besonderes auftaucht, oder dass sie erlauben, dass mit diesen  darüber gesprochen wird.  Und auch das ist weiterhin eine Verletzung des Gewissensgeheimnisses, analog dem, was auf den Seiten 263 und 264 der Experiencias de Práctica Pastoral (Erfahrungen über die seelsorgliche Praxis) steht.

Diese Vorgehensweise vertieft noch mehr die Fein­fühligkeit und Klugheit, Keineswegs. Von Anfang an wurde das Gewissensgeheimnis schamlos hinter dem Rücken der Betroffenen gebrochen. Erst seit der Prälat beim Heiligen Stuhl angezeigt und zu einer Änderung dieser Praxis gedrängt wurde, hat man diese Ausflucht gesucht. Es handelt sich um einen flagranten Ungehorsam, weil man im Werk nicht auf die Kontrolle über die Gewissen verzichten will; jetzt übt eben der geistliche Leiter Druck auf die betreffende Person aus, dem Direktor außerordentliche Ereignisse zu erzählen. die von Anfang an gelebt wurden.

Außerdem haben alle die Freiheit, sich direkt an den Vater oder einen Leiter der Region bzw. der Delegation zu wenden, um über ihr inneres Leben zu sprechen. Nicht darin besteht das Problem, sondern darin, dass man Druck ausübt, das Gewissen zu offenbaren. Damit ist die Garantie gegeben, dass wir, wen immer wir im Opus Dei aufsuchen, um geistliche Leitung zu erhalten, das bekommen werden, was wir brauchen und was wir wollen: den Geist, den uns der heilige Josefmaria vermittelt hat, ohne Zusätze oder Abwandlungen. Um den Geist des Gründers zu erwerben, ist es nicht notwendig, ihn mit der Lösung von Gewissenszweifeln zu vermengen. Diese Bildung, so wie die übrige christliche Bildung, ist in den kollektiven Bildungsmitteln zu erteilen. Im Opus Dei geschieht es allerdings, dass der Sinn der geistlichen Leitung pervertiert wird, indem man sie zu einem Mittel der Kontrolle über die Gläubigen durch ihr Gewissen macht. Gleichzeitig wird die Pflicht zur Wahrung eines Geheimnisses nicht im Entferntesten verletzt, vielmehr wird es mit größter Sorgfalt und Strenge gehütet. Wäre jemand in diesem Punkt nicht beispielhaft, so würde ihm eine Grund­voraus­setzung fehlen, geistliche Leitung zu erteilen. Das ist eine teuflische Lüge, dass die Personen, die von den Direktoren ausgewählt worden sind, mit niemandem über den Inhalt des vertraulichen Gesprächs reden; und es heißt die Menschen zu betrügen, wenn man davon spricht, dass die Aussprache unter dem Siegel der Verschwiegenheit steht. Wenn man also diesen Worten des Prälaten folgt, fehlt dem Opus Dei als solchem die Grundvoraussetzung, geistliche Leitung zu erteilen. Außerdem verwechselt der Prälat die Verschwiegenheit in Gewissensangelegenheiten mit Formen des Berufs­geheimnisses. Die Verschwiegenheitspflicht eines Arztes oder eines Anwalts lässt sich unter Umständen aufheben, wenn ein höheres Gut in Frage steht. Ein Gewissensgeheimnis bindet vor Gott unter einem unbedingten Siegel, wie Joseph Ratzinger im bereits zitierten Text Das Salz der Erde ausgeführt hat.

Wer andere anleitet, bemüht sich in jedem Augenblick darum, die innere Freiheit dieser Seelen zu fördern, damit sie bereitwillig auf das antworten, was die Liebe Gottes von ihnen verlangt. Das ist falsch. Im Werk leitet man die Seelen nicht dazu an, von selbst den Willen Gottes wahrzunehmen, sondern sie müssen sich völlig den Direktoren unterwerfen, die sich als Orakel Gottes präsentieren, autorisierte Interpreten des Willens Gottes hinsichtlich ihrer Untergebenen. Die geistliche Leitung wird daher so erteilt, dass die Gläubigen des Opus Dei nicht über einen Kamm geschoren werden, denn das wäre widersinnig und unnatürlich. […] Natürlich müssen jene, die geistlich leiten, mit dem nötigen Starkmut sprechen, um die Gläubigen anzuspornen, auf den von Gott gewiesenen Wegen zu gehen. Sie müssen dies aber mit äußerster Behutsamkeit tun, denn sie sind weder Eigentümer der Seelen, noch sollen sie sich als solche fühlen, sondern sie sind ihre Diener: fortiter in re, suaviter in modo. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint der Ratgeber wie eine Art Anführer, der sich bei seinem Gefolgsmann durchsetzen muss; das bringt eine unangebrachte Vorstellung von Gehorsam in die geistliche Leitung, bei der es ja lediglich um die Erteilung von Ratschlägen gehen kann, den der Gefragten immer mir Klarheit und Nächstenliebe erteilen muss, indem er allerdings auch den Betroffenen nicht seiner persönlichen Verantwortung Gott gegenüber enthebt. Sonst würde sich nämlich der Ratgeber in eine Autorität verwandeln und an die Stelle Gottes treten, wie es im Opus Dei ja auch tatsächlich geschieht.


19. Niemand, der gesunden Menschenverstand und übernatürlichen Sinn besitzt, wird denken, die Liturgie sei ›Sache des Klerus‹; oder der Klerus ›feiere‹ die Liturgie, während das Volk ihr lediglich ›beiwohnt‹. Weit enfernt von einer derartigen Auffassung hat der heilige Josefmaria immer die Teilnahme aller gefördert, ange­fangen beim Verständnis für den inneren Zusammenhang zwischen Liturgie des Wortes und eucharistischer Liturgie bzw. der wesentlichen Dimension der Anbetung bei der liturgischen Feier bis zu konkreten Einzelheiten wie den Gebrauch des Messbuchs seitens der Gläubigen, das die Mitfeier erleichtert – zuerst im Herzen und dann mittels der vorgesehenen Worte und Gesten. Wie ich von anderen weiß, wollte er, um diese Lehre zu unterstreichen, schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, dass in der Messe laut auf die vom Priester gesprochenen Worte geantwortet wird. Damals war dies keineswegs üblich, sollten doch noch dreißig Jahre bis zum II. Vatikanischen Konzil vergehen. Dieser Abschnitt zeigt, dass der Gründer des Werkes keinerlei Sinn für Liturgie hatte und diese Eigenschaft auch seiner Institurion weitervererbt hat. So wie er in das Seminar eingetreten ist – zwangsläufig, weil die finanziellen Mittel nach dem Konkurs seines Vaters für ein akademisches Studium nicht ausgereicht hätten – fühlte er sich als Außenseiter in diesem Milieu und pflegte ein Ressentiment gegen alles Kirchliche; er lernte niemals ordentlich Latein, ja, er verabscheute es, seine Frömmigkeit war sehr persönlich, und er wehrte sich gegen gemeinschaftliche liturgische Feiern; wenn er im Sommer seine Ferien als Seminarist mit seiner Familie verbrachte, dachte er nicht daran, in den betreffenden Pfarreien zu helfen; niemals beschäftigte er sich mit der liturgischen Bewegung, die sich in der Kirche seit der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts entwickelte und die ihre Gestalt in der Liturgiereform des Konzils gewann; seine Kenntnisse der Kirchenmusik waren kläglich, und dementsprechend war, was er auf diesem Gebiet anordnete; nur widerstrebend gehorchte er den neuen Anweisungen im Missale Romanum, und er suchte um Dispens an, um weiterhin die Messe nach dem Ritus Pius V. feiern zu dürfen. So verschuldete er unter seinen Priestern einen bemerkenswerten Mangel an liturgischer Bildung, und unter den dem Laien die Überzeugung, dass die äußerliche Teilnahme an der Liturgie eine Klerikalisierung sei, die man vermeiden müsse.

Zweifellos muss die Teilnahme der Gläubigen an der Liturgie zur Verinnerlichung der Feier führen, an der sie teilnehmen. Aber man darf auch nicht vergessen, dass wir auch einen Leib haben und dass unter dem richtigen Gesichtspunkt auch Äußerlichkeiten zu einer besseren Verinnerlichung der sakramentalen Riten beitragen.


20. Hier stoßen wir auf einen ganz konkreten Punkt, um uns zu erforschen und zu bessern. Welche Frucht schöpfen wir jeden Tag aus den Lesungen der Heiligen Messe? Im Opus Dei ist es sehr schwierig diesen Aspekt der Frömmigkeit zu leben.  In der Weile des Gebetes am Morgen kann man sich nicht auf die Eucharistie einstellen, weil in den Zentren der Numerarierinnen und Numerarier aus dem unerträglichen Buch Betrachtungen (Meditaciones) vorgelesen wird, wodurch jedes persönliche Gebet gestört wird, oder man lauscht einer vom Priester gehal­tenen Betrachtung, in der nicht das Wort Gottes, sondern die Worte Escrivás im Mittelpunkt stehen. Und wenn man das Glück hat, dass die Betrachtung von einem Priester gehalten wird, der von Gott spricht, dann geht es meistens nicht um die Texte der Messe vom Tag, denn die Themen der Predigt sind vorgeschrieben, er hat seine Leitfäden und Ausarbeitungen , die theoretisch die Vorbereitung der Predigt erleichtern sollen, in der Praxis bewirken sie aber lediglich, dass die Priestern nicht von dem ausgearbeiteten Schema abwichen, das ihnen die Direktoren vorschreiben.

22. Im Leben des heiligen Josefmaria verbinden sich Frömmigkeit und Gehorsam auf bewundernswerte Weise und sind Beispiel einer großen Wirklichkeit: »Unsere anteilnehmende Liebe zum heiligen Opfer lässt sich kaum besser bezeugen als durch die sorgfältige Beobachtung der Liturgie – bis in die kleinsten Details –, die die Kirche in ihrer Weisheit vorgeschrieben hat. Das stimmt nicht; der Gründer gehorchte dann, wenn es  ihm passte. Er widersetzte sich den Anweisungen verschiedener Bischofs­konferenzen und verbot seinen Söhnen, die neuen liturgischen Anweisungen zur Heiligen Messe und zur Verehrung der Eucharistie außerhalb der Messe zu umzusetzen.

23. Seit den Anfängen des Opus Dei und schon vorher war der heilige Josefmaria besonders darauf bedacht, dass die Personen, die er geistlich betreute, ihre doktrinell-religiöse Bildung vertieften, »denn jeder muss sich nach seinen Möglichkeiten um ein ernsthaftes, wissenschaftliches Studium des Glaubens bemühen«. [Christus begegnen, Nr. 10]. Im Werk ist das nicht möglich. Im Collegium Romanum ist es nicht ernsthaft möglich sich in eine Materie zu vertiefen, weil man mit materiellen Aufträgen überhäuft wird. Am Ende gehen die Studenten mit einer Handvoll pedantischer Weisheiten, und wenn sie wirklich ernsthaft Theologie betrieben haben, versuchen sie das vor den Direktoren eher zu verheimlichen, weil das nicht erwünscht ist. Und der Übersetzer merkt an: Einem Studenten, der neu am Collegium Romanum angekommen war und sich beim Gründer herzlich für die gediegene, ruhige Atmosphäre bedankte, die zum Studieren einlade, sagte dieser mit süffisanter Bosheit: “Du bist noch nicht lange da. In drei Tagen wirst du so viele Aufträge haben, dass du nicht mehr weißt wem du gehörst.”


24. Der heilige Gregor der Große hat geschrieben: »Die Frömmigkeit ist völlig unnütz, wenn ihr die Unter­scheidung der Wissenschaft fehlt«[San Gregorio Magno, Moralia, I, 32, 45 (PL 75, 517)]. Und: »Die Wissenschaft ist nichts ohne den Nutzen der Frömmigkeit«[ibidem].. Genauso hat unser Gründer darauf bestanden, dass das Studium der Lehre begleitet sein muss von einem aufrichtigen geistlichen Leben, Im Werk ist das unmöglich. Sie trichtern dir Religiosität ein, menschliche religiöse Übungen, aber vermitteln dir keine Spititualität, den Umgang mit Gott. Das erklärt auch, warum diejenigen, die kein spirituellen Leben hatten, bevor sie zum Werk kamen, häufig auch jede religiöse Praxis aufgeben, wenn sie das Werk verlassen. das auf dem vertrauten Umgang mit Jesus Christus im Gebet und in den Sakramenten beruht sowie auf der schlichten Verehrung der Muttergottes.

 

25. Der heilige Josefmaria hat sich an diese Linie gehalten und sie den Professoren und Professorinnen, die an den Studia generalia der Prälatur lehren, in Erinnerung gerufen. Zugleich hat er aus einer Haltung der Offenheit gegenüber dem Fortschritt der theologischen Wissenschaft erklärt, man dürfe aus dieser Empfehlung »nicht ableiten, dass wir uns darauf beschränken sollten, uns alle Lehren und nur die Lehren des heiligen Thomas anzueignen und sie zu wiederholen. Es handelt sich um etwas ganz Anderes: Wir sollen gewiss die Lehre des engelgleichen Lehrers pflegen, aber so wie er selbst sie pflegen würde, wenn er heute lebte. Deshalb wird man bisweilen zu Ende führen müssen, was er selbst nur beginnen konnte; und deshalb machen wir uns alle Erkenntnisse anderer Autoren zu eigen, die der Wahrheit entsprechen [Brief des hl. Josefmaria, 9-I-1951, Nr. 22]. Ich wäre begeistert gewesen, wenn es wirklich so gewesen wäre. Tatsächlich verlassen wir das Collegium Romanum und haben von vielen Gebieten der Theologie nicht die geringste Ahnung.


26. Wir müssen mit glühendem Eifer die Wahrheit Christi verbreiten, müssen bewirken, dass andere an dem Schatz, den wir empfangen haben, Anteil erhalten, so dass sie die Erfahrung machen, dass es »nichts Schöneres [gibt], als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken.«  In der Lebenspraxis des Werkes ist dieses Apostolat nur sehr schwer auszuführen, denn die Direktoren drängen die Gläubigen der Prälatur nicht ihren Freunden zu helfen, sondern sie zum Werk zu bringen.


27. Ziel der Neuevangeliserung ist es ja gerade, die Wurzeln dieser Nationen wieder mit christlichem Geist zu durchtränken [Vgl.  Benedicto XVI, Encíclica Caritas in veritate, 29-VI-2009, n. 29; Discursos del 19-X-2006, 11-VI-2007, 12-III-2010, 24-IX-2011, u. v. a.]. Für die Arbeit der Prälatur bedeutet das, jeden Einzelnen so anzuleiten und zu ermuntern, dass er den in der Taufe empfangenen Evangelisierungsauftrag im Geist und mit den spezifischen Mitteln des Opus Dei durchführt – durch das »Apostolat der Freundschaft und des Vertrauens«. In der Praxis gibt es weder Freundschaft noch vertraulichen Umgang. Im Augenblick ist die Mehrzahl der Mitglieder des Werkes nicht in der Lage, ein apostolisches Gespräch zu führen. Sie laden zu Bildungs­veranstaltungen ein, aber im persönlichen Gespräch fehlt ihnen die Basis, in die Tiefe zu gehen.

Johannes Paul II. hat nachdrücklich betont: Die Welt »bedarf glaubwürdiger Glaubensboten, in deren Leben in Gemeinschaft mit dem Kreuz und der Auferstehung Christi die Schönheit des Evangeliums erstrahlt (…). Jeder Getaufte muss sich als Zeuge Christi die seinem Stand entsprechende Bildung aneignen, nicht nur um zu vermeiden, dass der Glaube in einem feindlichen weltlichen Umfeld aus Mangel an Pflege verdorrt, sondern auch um das Zeugnis der Evangelisierung zu stützen und anzuregen.« [Juan Pablo II, Exhort. apost. Ecclesia in Europa, 28-VI-2003, n. 49]. Dieser Prälat scheint nicht zu wissen, dass die Glaubwürdigkeit mehr mit Aufrichtigkeit und dem eigenen Beispiel zu tun hat als mit der theoretischen Bildung.

 

29. Genau so müssen wir die Sorgen, Hoffnungen und Schwierigkeiten derjenigen teilen, mit denen wir Umgang pflegen. Wir müssen einer mehr unter unseren Berufskollegen sein, ohne dass uns die geringste Schranke von ihnen trennt. Wie soll das gehen, wenn die Numerarierinnen und Numerarier  und die Assoziierten – wie neulich ein Bischof zu einem Regionalvikar gesagt hat – ein Leben führen, dass der weltabgewandter ist als das Leben der strengsten Klarissen? Es handelt sich hier um eine besonders schöne Seite des Geistes des Werkes, das niemanden von seinem Platz entfernt, Wie kann es sich da um ein Charakteristikum der Numerarierinnen und Numerarier  und der Assoziierten handeln, die man aus ihren Familien reißt, denen man jeden Kontakt zu anderen kirchlichen Stellen verbietet, die man von einer Stadt in die andere versetzt, denen man verbietet Freundschaften zu schließen und deren Berufsweg abgebrochen wird, damit sie sich internen Aufgaben oder der Arbeit in einer Privatschule des Werkes widmen? Genau deshalb benötigen etwa die Hälfte der zölibatären Mitglieder im Werk Psychopharmaka. und uns dazu einlädt, in der Welt zu leben, ohne verweltlicht zu sein.

So müssen wir uns in unserem Umfeld verhalten, ohne je aus dem Blick zu verlieren, dass Jesus Christus – wenn wir treu sind – in uns wirkt und sich unseres Beispiels und unseres Wortes bedienen will, um andere Personen zu erreichen, die durch ihre Freundschaft ihrerseits eine Bereicherung für uns bedeuten. Nichts ist natürlicher, als dass wahre Freunde  Die Mitglieder des Werkes können keine wahren Freunde sein, wenn sie sich von den proselitistischen Anweisungen der Direktoren leiten lassen, und sie erreichen es nicht, dass ihre Bekannten ihnen vertrauen. Freud und Leid miteinander teilen, dass sie ihre Vorhaben besprechen und dass sie selbstverständlich vom größten Schatz reden, den ein Christ besitzt – vom Leben Christi. Wir müssen ihnen von Gott erzählen, vom Glück, das es bedeutet, ihn in unserer Seele im Stand der Gnade zu wissen, vom unermesslichen Wert, den nur er einer menschlichen Existenz verleihen kann.

Wenn die Christen sich so verhalten, arbeiten sie wirksam an der Evangelisierungssendung der Kirche mit, tragen Christus in die Herzen und in die Seelen ihrer Bekannten und tun das Ihre, um Christus an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten zu stellen. So sagt man im Hinblick auf die Bischöfe, aber in Wirklichkeit geht es nur darum, Mitarbeiter zu finden, die ihren materiellen Beitrag leisten, und Leute zu finden, die um die Aufnahme bitten.


32. Da nach dem Geist des Opus Dei die Arbeit die Achse der persönlichen Heiligung bildet und den normalen Rahmen für das apostolische Wirken seiner Gläubigen abgibt, wird in der Prälatur natürlich großer Wert auf eine gute berufliche Ausbildung gelegt. Das stimmt nicht. In den apostolischen Aktivitäten mit Jugendlichen achtet man keinesfalls darauf, dass diese ernsthaft lernen, sondern in den Clubs wird das Studium ständig unterbrochen, um die jungen  Leute zu Tutorengesprächen, zu Gebets- und Bildungstreffen zu holen. Die jungen Numerarier werden mit apostolischen Aufträgen überhäuft.  Und da es in den neuen Statuten von 1982 heißt, dass sich die NumerarierINNEN den besonderen apostolischen Unternehmungen der Prälatur mit allen Kräften und der größten persönlichen Verfügbarkeit widmen  (vgl. Art, 8), fördert man auf jeden Fall nicht gerade, dass sie sich ein berufliches Prestgige erwerben, denn das könnte ja eine Beeinträchtigung ihrer vollen Verfügbarkeit hinsichtlich der Aufträge bedeuten, die die Direktoren ihnen anvertrauen wollen. Seit Paul VI. dem Gründer verbot, das Werk en bloc politisch zu verpflichten, und sich dieser entschied, von nun an die Gesellschaftsspitze durch Schulen für die Kinder der Reichen zu beeinflussen, gibt es im Werk nur mehr sehr wenige NumerarierINNEN, die ein gewisses berufliches Prestige haben, und das kulturelle und berufliche Niveau der Leiter im Opus Dei hat sich in schlechtes Mittelmaß verwandelt.

In jüngerer Zeit beschäftigte sich das Lehramt der Kirche mit dem Thema Arbeit als Lebensbereich, in dem die gläubigen Laien nach Heiligkeit streben sollen – und wir alle denken, wenn wir von dieser Lehre lesen, an die Verkündigung des heiligen Josefmaria seit 1928. Hier versucht man Escrivá als den Pionier einer Theologie der Arbeit darzustellen, und das ist so nicht richtig. Die Predigt seiner ersten Jahre im Werk kopiert den hl. Pedro Poveda, den seligen Manuel González, die Enzyklika von Pius XI. „Rerum omnium perturbationem“ vom  26. Januar 1923 über Franz von Sales , und er imitiert andere Institutionen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Rolle der Laien in den Vordergrund zu rücken beginnen.  Im Übrigen beginnt seine Predigt über die Heiligung der Arbeit erst in den sechziger Jahren, als sich auch in den kirchlichen Milieus eine Theologie der Arbeit entwickelt, an die sich Escrivá aus Opportunismus anschließen wollte. Und schließlich ließ er, um sein Charisma rückwirkend zu rechtfertigen, ließ er einige angebliche Gründungsbriefe (die bis heute nicht publiziert sind!), in die dreißiger und vierziger Jahre rückdatieren.


33. Der Geist des Werkes leitet uns dazu an, diese Kenntnisse und Fertigkeiten [im Beruf] zu bewahren und beständig zu verbessern. Wir wissen alle, dass wir völlig frei sind – sowohl im Moment der Wahl als auch bei der Ausübung des Berufes. Das Werk lehrt nur, wie man sich in diesen Tätigkeiten heiligen kann, ohne sich in die beruflichen Entscheidungen des Einzelnen einzumischen. Häufig ist das jedoch nicht so, sondern die Direktoren mischen sich massiv in berufliche Entscheidungen der Mitglieder ein.

Alle Katholiken haben die Pflicht, das Ihre dazu beizutragen, dass Christus wirklich in der Gesellschaft herrscht. Wie Hans Urs von Balthasar schon sehr scharfsinnig in den sechziger Jahren dargestellt hat, ist dieser Ansatz, mit Hilfe der sozialen Strukturen evangelisieren zu wollen, ein neuer Anlauf, den katholischen Integrismus fortsetzen zu wollen, den das II. Vatikanische Konzil ja bereits abgeschafft hat. Dieser heilige Eifer kommt auch darin zum Ausdruck, dass man das notwendige berufliche Prestige zu erwerben trachtet, das der Leuchter ist, von dem aus das Licht Christi erstrahlt (vgl. Mt 4,21).


35. Meine Töchter und Söhne, ich habe Euch neuerlich vor Augen führen wollen: »Das einzige Bestreben, der einzige Wunsch des Opus Dei und jedes einzelnen seiner Kinder besteht darin, der Kirche zu dienen, wie sie will, dass man ihr dient, im Rahmen der spezifischen Berufung, die der Herr uns gegeben hat.« Bisweilen hat der heilige Josefmaria vom Opus Dei gesagt, es sei eine desorganisierte Organisation, weil die ihm eigene, von Gott gewollte Weise der Mitwirkung an der Sendung der Kirche darin besteht, den Menschen unter verschiedenen Aspekten Bildung anzubieten.

So lässt sich sagen, dass das Opus Dei alle seine Anstrengungen auf diese Aufgabe, auf diese Katechese konzentriert. Das stimmt so nicht. Bis in die sechziger Jahre, als Paul VI. Escrivá in einem Handschreiben die korporative politische Betätigung verboten hat (von diese Schreiben erfuhren wir nur den lobenden Schlussparagraphen), widmeten sie sich der Gründung von Banken, der Eroberung von Lehrstühlen, der Gründung von Zeitungen und Zeitschriften etc.  Und seither widmen sie sich vornehmlich der Gründung von Privat­gymnasien für die Kinder ein­fluss­reicher Leute sowie einiger Universitäten, als Mittel zum Zweck, um Anschluss an die Zirkel der Mächtigen zu finden. Deshalb haben die NumerarierINNEN auch nur sehr wenig Möglichkeiten, ein persönliches Apostolat der Freundschaft zu führen, vor allem weil sie in ihrer Persönlichkeit beschnitten, aus ihren Familien gerissen und an der Ausübung eines normalen Berufes gehindert werden. Und infolgedessen sind sie auch nicht in der Lage, die Assoziierten und Supernumerarier apostolisch zu bilden. Ausgestattet mit der Bildung, die Ihr empfangen und Euch angeeignet habt, bemüht Ihr Euch dann, jeder für sich, in persönlicher Freiheit und Verantwortung, den Lebenssaft des christlichen Geistes dem Blutkreislauf der Gesellschaft zuzuführen.


In seiner Antwort auf die Frage eines Journalisten nach diesem so charakteristischen Aspekt des Werkes hat unser Vater erklärt, »dass für uns die persönliche apostolische Spontaneität und die freie und verantwortliche, vom Wirken des Heiligen Geistes geleitete Initiative von grundlegender und erstrangiger Bedeutung sind. Das ist uns wichtiger als durchstrukturierte Organisation, taktische Weisungen und Pläne von oben [St. Josefmaria, Gespräche Nr. 19]. Dies ist eine nette Phrase, die allerdings nicht dem zu tun hat, was seit einigen Jahrzehnten im Werk gelebt wird, nämlich dem genauen Gegenteil – hier zählt nur das geleitete Apostolat.

Bevor ich schließe, komme ich zum Grundlegenden zurück: Setzen wir uns Tag für Tag ein in unserer christliche Hingabe an Gott und an die anderen. Trachten wir danach, Frauen und Männer zu sein, die ganz treu zum Papst stehen und beharrlich für ihn und seine Anliegen beten. Leben wir in affektiver und effektiver Einheit mit den Bischöfen und mit allen katholischen Gläubigen. Wie kann das Wirklichkeit werden, wenn dieser Brief zeigt, dass sie dem Hinweis des Papstes nicht folgen wollen, wenn er sie ermahnt, ihre Praxis des Bußsakraments und der geistlichen Leitung zu korrigieren und das Gewissensgeheimnis zu respektieren? Und da sie in dem Brief auch nicht anerkennen, was sie falsch machen, sind sie auch nicht imstande es besser zu machen.

Natürlich ist unser besonderer Fürsprecher bei dieser ganzen Bildungsarbeit der heilige Josefmaria, der dem Geist, den er von Gott am 2. Oktober 1928 empfangen hat, durch sein Leben und seine Lehre eine klare Form gegeben hat,  Geblieben ist ein ganzes System, das den Vorschriften der Kirche widerspricht und worüber der Heilige Stuhl jetzt in einer Anzeige informiert wurde. Nr. 83 der Statuten der Prälatur ist der einzige Artikel, der die Beichte und die geistliche Leitung im Werk  erwähnt. damit wir, seine Töchter und Söhne und viele andere Menschen, über alle Wege der Erde ziehen können, um sie mit der Gnade des Heiligen Geistes in göttliche Wege zu verwandeln.

Voll Liebe segnet Euch

Euer Vater

+ Javier

Rom, 2. Oktober 2011

 

Vergleiche auch: Adrenalina: Die Verlogenheit des Prälaten