D. S.: Escribas Lauschangriff

 

(18. März 2012)


Zweifellos ist das Opus Dei ein Geheimorden; das sagt bereits das Reglamento  vom 14. Februar 1941 deutlich; und wenn das Werk auch Geheime Berichte über die Diözesen anfertigt, in denen es arbeitet, und seine Mitglieder aushorcht, unterscheidet es sich von einem echten Geheimdienst  dadurch, dass es von der aragonesischen Oma Josefmaria gegründet wurde, die sehr gerne zu Familientreffen in knöchellangen schwarzen Kleidern anrauschte und die in ihrer zickigen Geschwätzigkeit genau das offenbarte, was sie zu vertuschen suchte.

Das Opus Dei lügt, und es hat seine Archive fest verschlossen. Trotzdem gibt es, neben dem in Scharen flüchtenden Mitgliedern, die als Zeitzeugen dienen, untrügliche Zeichen, wo es zwickt. Die eine Quelle sind die institutionalisierten Hinweise: Wenn der Verwaltung gesagt wird, sie solle die Kapelle mit Wasser putzen, dann deshalb, weil Josefmaria sich in jungen Jahren damit lächerlich gemacht hat, Parfum dafür zu verwenden; und wenn den neu eingefangenen Mitgliedern gesagt wird, sie sollen den Bußgürtel „mit den Dornen nach innen“ tragen, dann deshalb, weil sich da einmal ein Jungnumerarier, der sich´s leichter machen wollte, die Hosen zerrissen hat. So schreiben die knochentrockenen und stockkonservativen Gefolgsleute des toten Gründers die Archäologie vergessener Fehlleistungen bis in alle Ewigkeit fort.

Die andere Quelle sind die „Tertulias“, die geselligen Beisammenseins, zu denen es sich die Helden der Arbeit, deren Chefs durch die Bank ihre Doktorarbeit nicht selbst geschrieben haben, zweimal täglich selbstgefällig gemütlich machen. (Im Kloster heißt so etwas Rekreation, aber die Herren wollen ja nicht, dass man sie als Mönche mit Krawatte outet.) Hier wird dann in der Hitze des Gefechtes (und weil es unerträglich langweilig ist) manches erzählt, was tief blicken lässt.

Wie im voranstehenden Artikel geschildert ist, ließ Escriba die Besucherzimmer in Villa Tevere verkabeln, um die Kommentare der Gäste aufzufangen. Angeblich ging er irgendwann auch nicht mehr ans Telefon, weil er Angst hatte, abgehört zu werden – sein geistlicher Sohn Johannes B. Torelló, Priester und Psychiater, hätte ihn sicher gerne darüber aufgeklärt, dass andere nur der verfolgt, der sich selber verfolgt fühlt. Escriba ließ aber auch in den Kapellen Mikrofone anbringen, weil er nicht überall sein konnte und wollte und es ihm sehr wichtig war, was seine priesterlichen  Söhne den Mitgliedern in den Betrachtungen ans Herz legten. So verlegte einmal ein gewisser Jesus (im Spanischen kein ungewöhnlicher Name) mit einem Mitbruder ein Kabel in einer Kapelle; als der Kollege in der Sakristei nebenan von der Verwaltung (den putzenden Damen, die man nicht sehen darf) überrascht wurde, flüchtete er. Der Kollege, der nichts ahnte, führte in der Zwischenzeit laut und vernehmlich eine Sprechprobe durch: „Hier ist Jesus – kannst du mich hören?“ Jetzt war es an den Damen, zu erstarren.

 

So entstehen vermutlich Privatoffenbarungen.

D. S.